Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

Ein kritischer Einwand der Landesärztekammer hat uns hingegen alle im Bildungsausschuss überzeugt. Daher kam es zu den Klarstellungen der Änderungen in Paragraf 39 zum Heilberufsgesetz. Der Änderungsantrag der Koalition wurde einstimmig im Bildungsausschuss angenommen.

Auch die Beschlussempfehlung zur Änderung des Be- rufsqualifikationsfeststellungsgesetzes für MecklenburgVorpommern wurde im Ausschuss in Gänze einstimmig beschlossen. Daher bitte ich den Landtag, diesem Votum des Bildungsausschusses zu folgen und ebenfalls zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bildungsminister Brodkorb! Der heute zur abschließenden Beratung und Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung scheint trotz seines sperrigen Namens unscheinbar daherzukommen. Europäische Vorgaben müssen in Landesrecht überführt werden, sonst nichts, dachte ich mir und dachten sich vermutlich fraktionsübergreifend auch die meisten anderen Kolleginnen und Kollegen. Da ich jedoch einen gleichermaßen erfahrenen wie hartnäckigen Referenten habe, der sich gut an frühere Befassungen mit dem Thema erinnern konnte, haben wir uns gemeinsam die Mühe gemacht, die ganze Sache dann doch etwas näher zu beleuchten. Dabei ist einiges Erstaunliches zutage getreten, auf das ich hier Bezug nehmen möchte.

Zur Erinnerung: Als Sie, Herr Brodkorb, das Gesetz in der 114. Sitzung am 9. März 2016 einbrachten, erklärten Sie sogleich, warum auch diese EU-Vorgabe und dieser Gesetzentwurf – wie viele andere dieser Landesregierung – nicht rechtzeitig den Landtag erreicht haben. Eigentlich hätte die Richtlinie schon zum 18. Januar in nationales Recht umgesetzt sein sollen, stattdessen reden wir heute, sechs Monate später, darüber. Als Grund führten Sie Empfehlungen und Entscheidungen der Kultusministerkonferenz an, denen Sie nicht vorgreifen wollten. Davon ist im Gesetzentwurf jedoch nichts zu lesen. Dort wird lediglich auf den späten Erlass des Durchführungsrechtsaktes verwiesen.

Weder die eine noch die andere Entschuldigung kann wirklich geltend gemacht werden, denn die Antworten aus der Verbandsanhörung zu diesem Gesetzentwurf sind dem Bildungsministerium bis zum 1. September 2015 zugegangen. Rechnet man einen Monat für die Überarbei

tung im Haus, einen Monat für die Abstimmung in der Runde der Staatssekretäre und dann noch einmal einen Monat bis zur Beschlussfassung im Kabinett zusammen, dann hätte der Gesetzentwurf den Landtag im Dezember, spätestens jedoch im Januar erreichen können. Das wäre zwar immer noch zu spät gewesen, hätte aber eine frühere Beschlussfassung ermöglicht und den Beratungsfahrplan des Landes entzerrt.

Nun hatten sich die Fraktionen im Bildungs- und Sozialausschuss mit Blick auf die zahlreichen Gesetzentwürfe im zurückliegenden Halbjahr darauf verständigt, zum heutigen Thema keine öffentliche Anhörung durchzuführen. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“, dieses Sprichwort gilt jedoch auch im vorliegenden Fall. Um sich mit dem Sachverhalt eingehender vertraut zu machen, hat meine Fraktion unter anderem die Bereitstellung der Stellungnahmen aus der üblichen Verbandsanhörung erbeten.

Da wir bei der Prüfung dieser Stellungnahmen feststellen mussten, dass einige aus unserer Sicht ebenfalls relevante Akteure nicht angehört wurden, haben wir selbst eine schriftliche Abfrage mit der Bitte um Stellungnahme zum nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf erbeten. Dabei stellten sich folgende Dinge heraus:

Erstens. Ob aus Versehen oder beabsichtigt wurden den Abgeordneten des Landtages gar nicht alle Stellungnahmen aus der Verbandsanhörung übergeben.

Zweitens. Die Tierärztekammer und das eigene Landwirtschaftsministerium wurden erst durch die Anfrage der Linksfraktion auf den Sachverhalt aufmerksam und in das Verfahren einbezogen.

Drittens. Die Hinweise der Industrie- und Handelskammern sowie der Ärztekammern zum Gesetzentwurf wurden ebenso ignoriert wie die in mehreren Punkten schon angesprochene sehr kritische Stellungnahme des Landesdatenschutzbeauftragten.

Damit sind wir dann beim Inhalt des Gesetzes angelangt. Der Minister hatte in seiner Einbringung auf den notwendigen Abstimmungsprozess zwischen den Ländern verwiesen und auch darauf, dass man den Empfehlungen und Entscheidungen der Kultusministerkonferenz nicht vorgreifen wolle. Im Protokoll der Einbringung des Gesetzes durch den Minister findet sich witzigerweise tatsächlich der Satz, dass die Landesregierung „ihrem Anspruch auf Gründlichkeit und Vollständigkeit gerecht werden“ wollte und deshalb die Vorlage so spät erfolgte. Wie gründlich tatsächlich gearbeitet wurde, möchte ich an zwei Beispielen verdeutlichen.

Beispiel eins: Die Kultusminister hatten sich in ihrem abgestimmten Mustergesetzentwurf in Paragraf 18 auf ein Evaluationsverfahren verständigt. Ziel war, die Vergleichbarkeit in Sachen Umsetzung und Wirksamkeit des Gesetzes länderübergreifend sicherzustellen. Besagtes Evaluationsverfahren, auf das man sich verständigt hatte, um eben jene Vergleichbarkeit herzustellen, wurde im Ministerium mit der Begründung abgeändert, dass dieses zu aufwendig wäre. Im Gesetzentwurf wird auf diese Abweichung übrigens gar nicht hingewiesen.

Beispiel zwei: Bei der Beantwortung unserer 15 Fragen an das Bildungsministerium unter Verweis auf diverse kritische Stellungnahmen musste dieses selbst einräumen, dass die Änderung des Heilberufsgesetzes in Arti

kel 2 Nummer 8 missverständlich formuliert sei und entweder ersatzlos gestrichen oder die Formulierung der Ärztekammer übernommen werden sollte. Der Vorschlag der Ärztekammer lag übrigens seit August 2015 vor, wurde aber bis dahin nicht berücksichtigt.

Diesen Missstand heilten die Koalitionsfraktionen, indem sie den im Nachgang zu unseren Fragen eingegangenen Formulierungsvorschlag aus dem Ministerium als ihren Änderungsantrag eingebracht haben, Frau Kaselitz hat darauf Bezug genommen. Da kann man nur sagen: Links wirkt!

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU – Beifall Regine Lück, DIE LINKE: Sehr gut!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir können sicher nicht alle Unstimmigkeiten und auch nicht alle problematischen Formulierungen im Gesetz ausmerzen, weshalb wir auch nur zwei Änderungen vorschlagen. Sie finden die Drucksache auf Ihrem Platz. Die Änderungen greifen Anregungen der Apothekerkammer und des Landesdatenschutzbeauftragten auf.

Der Datenschutzbeauftragte, auch das sprach Frau Kaselitz an, hat das vorliegende Gesetz in insgesamt sechs Punkten kritisiert. Zwei betreffen unseren Änderungsantrag, der Ihnen hier heute vorliegt. Worum geht es dabei? Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz, dass die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten beim Betroffenen zu erheben sind. Daher soll der Betroffene zunächst die Möglichkeit bekommen, möglicherweise begründete Zweifel durch die Vorlage entsprechender weiterer Nachweise ausräumen zu können. Erst im zweiten Schritt, wenn also die Zweifel nicht ausgeräumt werden konnten, sollen sich die zuständigen Stellen, also Handwerkskammer, IHK FOSA in Nürnberg, oder bei den Heilberufen beispielsweise das Landesprüfungsamt im LAGuS an die zuständigen Stellen im Herkunfts- beziehungsweise Ausbildungsland wenden. Zudem ist der Betroffene in jedem Fall darüber zu informieren.

Darüber hinaus hat der Datenschutzbeauftragte darauf hingewiesen, dass in Paragraf 13 Buchstabe b des BQFG sogar eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung festzustellen ist, und schreibt dazu, ich möchte das zitieren: „Dies wäre eine Datenerhebung auf Vorrat, die mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar ist.“ Zitatende. Dabei geht es darum, dass, obwohl gar nicht klar ist, ob der Betroffene überhaupt die Absicht hat, seinen Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat auszuüben, alle Mitgliedsstaaten bereits eine Warnmeldung über ihn erhalten sollen.

In der abschließenden Beratung des federführenden Bildungsausschusses konnte niemand der Bitte meiner Kollegin Simone Oldenburg um eine Bewertung nachkommen. Da hat man mir anderes erzählt als das, was Frau Kaselitz hier vorgetragen hat. Stattdessen zog man sich auf Allgemeinplätze zurück und verstieg sich zu Aussagen, nach denen Mecklenburg-Vorpommerns oberster Datenschützer öfter mal über das Ziel hinausschieße. Ich finde, das ist ein merkwürdiger Umgang mit der Stellungnahme eines gewählten Beauftragten, der seine Mahn- und Wächterfunktion ernst nimmt.

Ach ja, eine Frage habe ich noch beziehungsweise soll ich im Auftrag meiner geschätzten Kollegin Simone Oldenburg an Sie richten.

(Torsten Renz, CDU: Aha!)

Dabei geht es um die sehr umstrittene sogenannte partielle Berufsanerkennung für Ärzte.

(Torsten Renz, CDU: Spricht sie nicht mehr mit uns?)

Vielleicht können Sie uns erklären, Herr Renz, wie eine partielle Berufsanerkennung bei einem Zahnarzt oder einem Anästhesisten aussieht?

(Torsten Renz, CDU: Die Frage würde ich gern von Frau Oldenburg hören.)

Darf der eine dann nur Füllungen machen und der andere nur bis 5 Milliliter betäuben? Da kann man künftig nur hoffen, dass die OP beendet ist,

(Torsten Renz, CDU: Ich sage dann mal Herrn Liskow Bescheid, dass er Ihnen antwortet!)

bevor die partielle Anerkennung des Arztes ihre Grenzen erreicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Werte Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf die Zukunft erwartet meine Fraktion, dass eingehende Stellungnahmen von Expertinnen und Experten seriös und mit der notwendigen Ernsthaftigkeit behandelt werden. Für uns hat dies auch etwas mit einer vernünftigen Kultur des gegenseitigen Umgangs zu tun.

Da dies, zumindest in dieser Legislatur, jedoch meine letzte Rede zu einem Gesetzentwurf ist, möchte ich dennoch versöhnlich enden, will heißen, ich möchte mich bedanken. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen in der Landtagsverwaltung,

(Torsten Renz, CDU: Das machen doch nur die, die ausscheiden, Herr Foerster.)

insbesondere beim Ausschusssekretariat des Sozialausschusses.

(Torsten Renz, CDU: Nur die, die ausscheiden!)

Herr Renz, den Gefallen möchte ich Ihnen nun ehrlich gesagt nicht tun.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Warum hast du das dann nicht gemacht? – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie hätten doch Sehnsucht nach mir, glaube ich, und nach der Auseinandersetzung, gerade im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Also noch mal ernsthaft: Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Landtagsverwaltung, insbesondere beim Ausschusssekretariat des Sozialausschusses, sowie bei den Kolleginnen und Kollegen in den Ministerien und nachgeordneten Behörden für die zumeist konstruktive Zusammenarbeit, auch wenn die Meinungen naturgemäß öfter mal auseinanderlagen.

(Torsten Renz, CDU: Auch im Namen von Frau Oldenburg.)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Liskow.

(Torsten Renz, CDU: Antworte ihm mal, damit er Frau Oldenburg Bescheid sagen kann!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schon mehrfach jetzt gesagt, geht es um europäisches Recht, was in Landesrecht überführt werden soll. Frau Kaselitz hat hier schon etwas tiefgründiger eingeführt. Ich möchte noch sagen, dass es eigentlich um die Einführung des Europäischen Berufsausweises geht, die Berücksichtigung des lebenslangen Lernens, die Frist für Eingangsprüfungen, die elektronische Antragstellung, den Vorwarnmechanismus, den partiellen Berufszugang, von dem wir schon speziell gehört haben und der auch noch mal von der Ärztekammer gefordert worden ist, oder eine koordinierte Länderstatistik. Das sind alles Sachen, die in Landesrecht überführt werden sollen

(Udo Pastörs, NPD: Müssen!)

und auch müssen.