Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Ich muss auch noch mal zu bedenken geben und ich würde generell das Angebot auch gar nicht machen aus einem ganz anderen Grund. Sie haben in Ihrer Anfrage ja auch einige Fragen beantwortet bekommen. Zum Beispiel: Welche Hinderungsgründe gibt es, wenn ein Antrag auf dezentrale Unterbringung gestellt wurde, warum die Behörde das nicht gestattet hat? Und da taucht hier nur an einer Stelle auf: fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung, Verschleierung der Identität. Das sagte der Innenminister auch. Aber mir gegenüber hat man dieses Argument eigentlich in jeder Gemeinschaftsunterkunft gebracht, dass da auch noch einige Menschen untergebracht sind, die halt nicht bereit sind, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Aus menschlichem Ermessen sagt man, ist ja ganz klar. Wenn sie ihre Identität offenlegen, müssen sie damit rechnen, abgeschoben zu werden, wahrscheinlich. Und deswegen tun sie das nicht. Menschlich nachvollziehbar. Aber unsere Behörden legen hier nun mal bei der Ausführung ihres Ermessens die Maßstäbe nach Recht und Gesetz an. Und wenn diese Mitwirkungspflicht besteht und nicht mitgewirkt wird, kann man denen das nicht wirklich vorwerfen, dass sie das als Grund für eine Ablehnung nehmen.

Aber noch mal, ich wäre jederzeit dafür, die Möglichkeiten zu lockern. Aber das generell vorzuschreiben, dass es nach einem bestimmten Zeitraum so zu sein hat, würde ich schon aus den Gründen, die ich vorhin aus meinen Erfahrungen mit dieser Familie da ganz hautnah erlebt habe, nicht mit unterstreichen.

Es gibt viele Möglichkeiten und viele Dinge, die man verändern sollte, die man verbessern sollte vor allen Dingen bei der Unterbringung. Und für mich sind das Platzproblem und das Rückzugsproblem da immer von einem besonderen Gewicht, weil ich denke, jeder muss auch die Möglichkeit haben, sich mal zurückzuziehen, also einen Rückzugsraum für sich zu haben. Das scheint mir in den Gemeinschaftsunterkünften doch nur in sehr beschränkter Form möglich zu sein. Und andere Dinge könnte ich mir da auch noch vorstellen. Aber eine generelle Klausel zur generellen Freigabe nach zwölf Monaten unterstütze ich nach den persönlichen Erfahrungen, die

ich hier gesammelt habe, nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat die Vizepräsidentin Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Abgeordnete! Ja, das dritte Mal reden wir jetzt darüber und ich finde, es zeigt, wie dringend es ist, dass dieser Antrag endlich in den Ausschuss überwiesen wird, weil die letzten Male haben wir schon versucht, hier endlich noch mal zu Potte zu kommen.

Und, Herr Caffier, die Kritik, die Sie vorhin geäußert haben, die mag ja aus Ihrer Richtung richtig sein. Aber, ich denke, wir sitzen hier, weil wir unterschiedliche Ansätze haben. Und die Ansätze sind letztendlich auch in der Flüchtlingspolitik unterschiedlich und für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN ist ein Hauptaugenmerk, die Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern eben schneller dezentral in Wohnungen unterzubringen.

Frau Tegtmeier, ich habe das so verstanden, wer länger in einer Gemeinschaftsunterkunft leben möchte – egal aus welchen Gründen, das steht mir nicht zu, das zu beurteilen –, die oder der oder die Familie soll das auch können. Das, was ich in einer Novellierung sehe, ist eben die Möglichkeit, in die andere Richtung zu gehen, dass möglicherweise die Unterkunft in der Gemeinschaftsunterkunft dann der Einzelfall ist, und nicht, wie es jetzt ist, dass der oder die Familie, die rauszieht, letztendlich eine Einzelfallprüfung erfährt.

Wir haben von Herrn Al-Sabty, aber letztendlich auch von Frau Tegtmeier gehört, wie schwierig es gerade für Familien ist, dort zu wohnen. Es gibt einzelne Unterkünfte, das mag für schulpflichtige Kinder vielleicht einfacher sein, aber wie sieht es eben aus mit der Versorgung von Kranken und insbesondere von traumatisierten Frauen und Männern?

Wir haben es mehrfach gehört und ich möchte das Thema auch nicht überstrapazieren, weil ich denke, dass gerade dafür der Sozialausschuss der richtige ist, wo wir uns das Gesetz angucken – ich denke, hier wird dann auch noch der Innenausschuss dabei sein –, aber dass wir das prüfen, was Frau Tegtmeier zum Beispiel gesagt hat: In den Gemeinschaftsunterkünften ist zu wenig Raum für Privatheit. Was heißt das für uns? Auch dem müssen wir uns stellen. Auch das sind die Inhalte der letzten zwei Debatten hier im Landtag gewesen. Aber, das möchte ich noch mal hervorheben, es geht nicht nur um das Flüchtlingsaufnahmegesetz, was verändert werden und den Bedarfen angepasst werden muss, sondern auch um das Landesunterbringungsgesetz und die Zuwanderungszuständigkeitslandesverordnung. Diese müssen dringend betrachtet und auch angepasst werden. Für uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, heißt es, die dezentrale Unterbringung muss großzügiger erfolgen und zeitnah. Ausgrenzende Sondergesetze für Menschen sind niemals gut, auch nicht in MecklenburgVorpommern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert von der CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein in dieser Legislaturperiode beschäftigen wir uns heute zum dritten Mal mit der Frage der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern. Ihr Fleiß in allen Ehren, aber allein die Antragshäufung macht den Antrag nicht besser. Das beweist schon die Antragsbegründung. Darin nämlich führt die Fraktion DIE LINKE aus, dass in fünf anderen Bundesländern vorwiegend eine dezentrale Unterbringung erfolgt. Mit Verlaub, Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen, denn der Begriff „dezentrale Unterbringung“ meint nicht notwendigerweise die Unterbringung in einer Wohnung. Sie haben das eben vom Innenminister ja auch schon gehört. Auch die Unterbringung in Sammelunterkünften ist in vielen Bundesländern dezentrale Unterbringung. Außerdem sind in Mecklenburg-Vorpommern 28 Prozent der Asylbewerber in Wohnungen untergebracht. Das ist eine Quote, für die sich unser Land im bundesweiten Durchschnitt noch nicht zu verstecken braucht.

Auch der in der Begründung aufgeführte Beispielfall der LINKEN, dass ein achtjähriges, an Epilepsie erkranktes Kind erst nach Protesten der Öffentlichkeit dezentral in einer Wohnung untergebracht worden ist, stützt die Forderung nach grundsätzlicher dezentraler Unterbringung in Wohnungen nach Ablauf von zwölf Monaten der gemeinschaftlichen Unterbringung nicht. Selbstverständlich müssen kranke Menschen dezentral untergebracht werden, wenn das ihrer Genesung förderlich ist. Das sieht das Gesetz vor und so wird es umgesetzt. Unseren Behörden rechtswidriges Handeln zu unterstellen, ja, beweist eigentlich wieder einmal, dass die LINKEN in der Opposition besser aufgehoben sind.

(Egbert Liskow, CDU: Oh!)

Feststeht aber auch, nicht alle Asylbewerber sind krank. Sie können in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, um das Interesse des Staates an einer ordentlichen Durchführung des Asylverfahrens zu gewährleisten.

Ich habe mir das auch schon mehrfach angeschaut. Ich glaube, wir haben es sogar, Frau Gajek, gemeinsam gemacht. Und ich hatte eher den Eindruck, dass man sich dort in besonderer Weise um ein Stück Normalität und insbesondere um ordnungsgemäße Abläufe bemüht.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber sie sollen das selbst bestimmen können.)

Asylbewerber, meine Damen und Herren, werden in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, um das Asylverfahren ordnungsgemäß und zügig durchzuführen. Das ist der Grundsatz und dieser Grundsatz ist richtig. Der Antrag der Fraktion der LINKEN ist Schaufensterpolitik und Sie fordern wieder einmal etwas, was rechtlich nicht umsetzbar ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann haben Sie den Antrag nicht gelesen, Frau Friemann-Jennert.)

Deswegen ist unseres Erachtens auch dieser Antrag abzulehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Müller von der NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Obwohl der hier vorliegende Antrag der Sudelküche von Herrn Holter entstammt,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh nee, also! So nicht!)

ist er für das bundesrepublikanische System geradezu typisch. In der Antragsbegründung schreiben Sie ja selbst, dass die Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Berlin und Rheinland-Pfalz dazu übergegangen sind, Asylanten vorwiegend dezentral, also in Wohnungen unterzubringen. Dadurch wird bei den Asylbewerbern der subjektive Anspruch unterstützt, sich hier in Deutschland dauerhaft und gleichberechtigt aufhalten zu können.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, sie sollen auch hier leben, und zwar gerne. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind die Verantwortlichen dabei, ein üppiges Willkommenspaket zusammenzustellen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie sieht denn das aus?)

Erinnern wir uns: Spätestens 2006 gingen hierzulande sämtliche Kreise und kreisfreien Städte dazu über, statt Sach- auch Geldleistungen auszureichen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, wenn man das so anguckt, Herr Müller.)

Ende 2011 erfolgte die Aufhebung der Residenzpflicht, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. Weil wir das so durchgesetzt haben, Herr Müller. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das war auch gut so.)

Fortan dürfen sich Asylanten ohne Erlaubnis

(allgemeine Unruhe – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Natürlich dürfen sie das mit Erlaubnis. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

der für sie zuständigen Ausländerbehörde im gesamten Gebiet unseres Bundeslandes aufhalten.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sollen nach Vorstellung der LINKEN, ich zitiere, „Menschen, die auf der Grundlage des Flüchtlingsaufnahmegesetzes … in Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen wurden und werden, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedoch nach zwölf Monaten, dezentral in Wohnungen untergebracht werden“. Zitatende.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, weil sie Menschen sind, deswegen. – Michael Andrejewski, NPD: Ja, wir nehmen alle Menschen auf.)

In einigen Kommunen ist das schon gang und gäbe, Herr Holter. Nehmen wir Rostock, wo das Asylantenheim Satower Straße

(Helmut Holter, DIE LINKE: Asylbewerberheim.)

nur zu 75 Prozent ausgelastet werden soll. Mit Stand Juli 2011 waren in der Hansestadt 120 Asylbewerber in Wohnungen untergebracht. Oder nehmen wir den Altkreis Nordvorpommern. Erst kürzlich meldete die „Stralsunder Zeitung“, dass in den Kleinstädten Tribsees und Franzburg 40 beziehungsweise 80 Asylanten untergebracht werden sollen. Beide Kommunen liegen in sogenannten Entleerungsräumen, Gegenden also, aus denen in erster Linie gut qualifizierte junge Deutsche und ganze Familien abwandern,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh ja!)

weil eine volksfeindliche Politik sich in erster Linie auf die Förderung von Leuchttürmen beschränkt.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Der Rest darf dann sehen, wie er zurande kommt. Viele Menschen, auch in Tribsees und Franzburg, sahen und sehen dort keine Perspektive mehr. Der Selbstbeweihräucherung

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

von Ministerpräsidenten wie Ringstorff und Sellering überdrüssig geworden, stimmten die Menschen mit den Füßen ab und kehrten der Heimat den Rücken.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja. Da hat man ja den Schuldigen gefunden.)

In die leergezogenen Wohnungen sollen jetzt Asylanten gesteckt werden. Sie mögen diesen Vorgang als Wanderungsgewinn bezeichnen, wir Nationalen nennen ihn Bevölkerungsaustausch. Das bietet einmal mehr die Gelegenheit, Ihrem volksfeindlichen Handeln