Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Dies geschah in Deutschland bereits in mehrfachen Fällen, unter anderem hier auch bei uns vor Ort in Prerow. Das beklagt sowohl der Petent, die GEW als auch die Ihnen bekannte ARD-Panorama-Sendung. Dort wunderte sich der Lehrer, warum der Wehrdienstberater eine Karriere bei der Bundeswehr als einen Job wie jeden anderen auch, wie bei BMW, Mercedes oder einer Werft, darstellte, aber nicht sprach von Krieg und posttraumatischen Belastungsstörungen, also das Kontra gar nicht darstellte.

(Michael Andrejewski, NPD: Das können Sie in der freien Wirtschaft auch kriegen.)

Uns Bündnisgrünen ist es wichtig, dass auf der Grundlage des Beutelsbacher Konsens in den Schulen Mecklenburg-Vorpommerns eine umfassende politische Bildung gewährleistet wird. Dabei …

(Andreas Butzki, SPD: Das findet statt.)

Ah ja?

(allgemeine Unruhe – Dr. Margret Seemann, SPD: Waren Sie schon mal in irgendeiner Schule? Haben Sie da mal nachgefragt?)

Dabei möchten wir eine gleichberechtigte Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen demokratischen Institutionen,

(Marc Reinhardt, CDU: Haben Sie da Panzer vor einer Schule gesehen? – Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Renz, CDU)

wie Kirchen, Friedensorganisationen, Bundeswehr oder demokratischen Stiftungen. Hier dürfen einzelne Institutionen durch einen alleinigen Kooperationsvertrag nicht hervorgehoben werden. Da die Bundeswehr oftmals die einzige Organisation ist, die zu diesem gesamten Themenkomplex in den Schulen

(Torsten Renz, CDU: Jede andere Organisation kann sich da anmelden. Da spricht nichts dagegen.)

und in der Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren Angebote macht, wird der sogenannte Beutelsbacher Konsens

(Torsten Renz, CDU: Das Wort macht das auch nicht besser.)

nach unserer Auffassung und in der Praxis infrage gestellt.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Erfahrungen zeigen, dass die Bundeswehr entgegen der Kooperationsvereinbarung zum Teil die Besuche nutzt,

(Torsten Renz, CDU: Welche Erfahrungen? – Marc Reinhardt, CDU: Wessen Erfahrungen? – Torsten Renz, CDU: Das stellen Sie einfach in den Raum.)

um neue Rekruten anzuwerben, ohne in ausreichender und angemessener Form auf die Gefahren der Auslandseinsätze hinzuweisen.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Werden Sie mal konkret! – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist ein Skandal! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Es ist daher wirklich fraglich, inwiefern eine unabhängige politische Bildung mit dem Auftreten der Jugendoffiziere in Uniform zu vereinbaren ist.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Was unterstellen Sie eigentlich den Schulen? Das ist unglaublich, dass sie so was zulassen sollen!)

Bei dem einseitigen, sehr einseitigen Kooperationsvertrag zwischen dem Bildungsministerium und der Bundeswehr geht es um die offensichtlich politisch gewollte bevorzugte Behandlung einer Institution

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Unglaublich!)

beziehungsweise deren Vertreter, welche nicht für die zivilen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

sondern allein für die militärisch gestützten Ansätze internationaler Konfliktbearbeitung steht.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Meine Damen und Herren, diese institutionalisierte Bevorzugung gegenüber anderen für die Meinungsbildung ebenso wichtigen Akteuren hat eine hohe sowohl politische als auch pädagogische Symbolkraft. Dieser Konflikt lässt sich in unseren Augen nur lösen, indem wir die Kooperationsvereinbarung auflösen, aufheben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Von daher bitte ich um Zustimmung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Waldmüller, CDU: Nein, niemals.)

Vielen Dank, Frau Gerkan.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Brodkorb. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gleich vorweg: Selbstverständlich werde ich die Kooperationsvereinbarung nicht kündigen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Torsten Renz, CDU: Sehr gut. – Peter Ritter, DIE LINKE: Der Zivildienstleistende.)

Und in der Tat, Herr Ritter, ich bin Zivildienstleistender gewesen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja.)

Ich habe allerdings auch wahrscheinlich im Unterschied,

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

habe vielleicht auch im Unterschied zu den meisten hier in diesem Raum an einer solchen Veranstaltung während meiner Schulzeit teilgenommen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

wahrscheinlich auch im Unterschied zu Ihnen, Herr Ritter. Und in dieser Veranstaltung gab es keine Werbung für die Bundeswehr und den Einsatz in der Bundeswehr. Wenn es sie gegeben hätte, wäre der Jugendoffizier – bei mir jedenfalls – nicht erfolgreich gewesen. Wie gesagt, ich habe Zivildienst gemacht, und es war eine sachliche Diskussionsveranstaltung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na ja.)

Und ich bin mir sicher, dass das in den überwiegenden Fällen hier im Lande auch der Fall ist. Jedenfalls ist uns als Ministerium kein einziger Fall bekannt,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Jawohl.)

in dem etwas anderes passiert ist oder sich eine Lehrkraft oder andere beschwert haben. Natürlich kann man nicht ausschließen, dass auch mal etwas anderes passiert, aber dann kann man solchen Fällen in aller Sachlichkeit nachgehen und das aufklären und in Zukunft abstellen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Es verbinden sich mit dem Antrag zwei Dinge, auf die ich hinweisen möchte. Das eine: Es wird gesagt, die Bundeswehr soll keine besondere Rolle spielen, keine herausgehobene Rolle. Ich würde dagegen argumentieren aus bestimmten Gründen. Und ich würde an zweiter Stelle allerdings versuchen darzulegen, warum dies gar nicht der Fall ist. Das hört sich etwas widersprüchlich an, ist es aber nicht.

Die Forderung, die Bundeswehr zu behandeln wie alle anderen, erscheint mir deshalb nicht besonders plausibel, weil man vielleicht noch mal auf die Tatsache hinweisen muss, dass die Bundeswehr eine staatliche Institution ist.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es.)

Es ist kein privater Verein, keine Interessengemeinschaft, keine Arbeitsgemeinschaft, sondern es ist eine staatliche Institution. Man kann diese staatliche Institution, wenn man Pazifist ist, ja ablehnen. Aber solange sie zu diesem Staat gehört, tut sie es. Und da Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Mitglieder eines Verfassungsorganes dieses Staates sind, finde ich es zumindest bemerkenswert, wie Sie sich gegenüber einer anderen staatlichen Institution positionieren.