Ich will nur ausdrücklich sagen, weil Sie haben es so ein bisschen zitiert, meine Eingangsworte, als ob ich jetzt schon über den Betrieb rede. Ich habe eingangs extra gesagt, ich will kurz skizzieren, wie sich dieses Projekt zum Betrieb verhält, was sie da eigentlich machen wollen. Und ich habe dann gesagt, jetzt sage ich, wo wir stehen. Und wir stehen nur bei der Errichtungsgenehmigung mit den Auflagen. Wir stehen bei keinem Probebetrieb, wir stehen bei keiner Betriebsgenehmigung und auch nicht bei dem Antrag. Also das kann ich hier klar zusagen, das habe ich auch mehrfach so gesagt. Wenn mir das heute durch meinen Vortrag nicht gelungen ist, dann habe ich das jetzt noch mal richtig nachgebessert. Also mir ist es einfach wichtig, dass es nicht vermischt wird.
Kann ich davon ausgehen, dass es auch keinen Probebetrieb geben wird, ohne dass die Strahlenschutzauflagen, die im Genehmigungsbescheid der Errichtungsgenehmigung stehen, eingehalten werden?
Es gibt grundsätzlich – das will ich allen sagen, das wissen Sie auch – per Gesetz die Möglichkeit eines Probebetriebes. Es ist nicht mein Ziel und ich gehe davon aus, dass wir zunächst das Gutachten abwarten müssen, dass der uns sagt: Wo stehen wir? Gibt es Mängel und wie können diese Mängel nachgewiesen werden? Und wenn er uns Vorschläge macht, wie diese Mängel nachgewiesen werden, dann müssen wir darüber reden, ob das adäquate Vorschläge sind. Und deswegen ist das Thema Probebetrieb für mich jetzt gar kein Thema, wissen Sie. Okay? Gut.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern „Für einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde“. Das ist die Drucksache 6/1020.
Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern „Für einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde“ – Drucksache 6/1020 –
Ein bisschen Ruhe, meine Kollegen. Herr Liskow! Ich bitte, die Dialoge zu unterbrechen oder nach draußen zu gehen.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt der Antrag zur Volksinitiative „Für einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde“ vor. Das ist natürlich ein Thema – auf der einen Seite flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 10 Euro bundesweit einzuführen, auf der anderen Seite die Ausgestaltung eines öffentlichen Vergabegesetzes hier in MecklenburgVorpommern, auch mit der Zielsetzung eines Mindestarbeitsentgeltes, will ich es mal formulieren, in Höhe von 10 Euro pro Stunde –, wie es diesen Landtag ohnehin schon lange beschäftigt hat.
Ich will jetzt gar nicht noch mal zurückkommen auf das Vergabegesetz, das ja nun auch vor der Sommerpause hier in diesem Landtag beschlossen worden ist,
obwohl es da natürlich Verbindungen gibt. Aber es macht schon deutlich, dass das Thema natürlich Menschen in diesem Lande bewegt und auch, so, wie es sich in der Vergangenheit ja immer wieder gezeigt hat, dass es richtig war, dass wir uns entsprechend damit beschäftigt haben und auch entsprechende gesetzliche Regelungen getroffen haben, obwohl der eine oder andere an dieser Stelle in diesem Haus sicherlich mit dem Umfang der gesetzlichen Regelung, so, wie sie heute vorliegt, vielleicht noch nicht ganz zufrieden war.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich vorab zwei Dinge sagen: Meine Fraktion, die Koalitionsfraktionen möchten Ihnen vorschlagen, dass diese Volksinitiative zur eingehenden Behandlung federführend in den Arbeits- und Sozialausschuss überwiesen wird
Herr Kollege Ritter, weil ich es auch noch mal deutlich machen möchte, warum das so geschehen soll, und zwar in diese beiden Ausschüsse, in dieser Reihenfolge:
Weil es aus meiner Sicht hier halt nicht nur um die Frage von wirtschaftlichen Beziehungen geht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sondern es tatsächlich auch in den Auseinandersetzungen um Arbeits- und Sozialpolitik gehen sollte und deswegen sicherlich die Bedeutung des Arbeits- und Sozialausschusses auch im Vordergrund steht.
Grundsätzlich, gestatten Sie mir das, grundsätzlich kann man sich in der Bundesrepublik Deutschland auf den Standpunkt stellen, dass wir mit 41 Millionen Erwerbstätigen bundesweit und derzeit rund 2,9 Millionen Arbeitslosen natürlich arbeitsmarktpolitisch und wirtschaftspolitisch besser dastehen als weltweit viele andere Länder. Aber – auch das muss man an dieser Stelle einräumen – wir haben natürlich eine Situation, wo die Arbeitsmarktzahlen nur die Hälfte der Wahrheit, wenn man das überhaupt so sagen kann, tatsächlich widerspiegeln. Wir haben in Deutschland, wir haben hier in MecklenburgVorpommern heutzutage einen hohen Anteil von sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen.
Und diese atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind wiederum in einer Beziehung typisch oder für sie ist es typisch, dass in diesen Verhältnissen häufig nicht so viel verdient wird, dass die Menschen tatsächlich mit diesem Geld ihren Lebensunterhalt verdienen können. Deswegen ist es sinnvoll, sich entsprechend auch im Rahmen der Volksinitiative damit noch mal eingehend zu beschäftigen.
Wir als Koalitionsfraktionen – auch das möchte ich an dieser Stelle noch mal klarstellen – hatten ohnehin schon beim Vergabegesetz dafür plädiert und das auch entsprechend hier im Landtag beschlossen, dass ohnehin die bestehenden Regelungen zu 8,50 Euro und auch andere Inhalte des Gesetzes evaluiert und entsprechend noch mal dann auch überdacht werden sollten. Deswegen gehe ich auch davon aus, dass es von unserer Seite nie infrage gestellt worden wäre oder auch nicht infrage gestellt wird, sich entsprechend eingehend mit diesem Thema noch zu beschäftigen. Uns als SPD ist es insgesamt wichtig in dieser Diskussion, auch unabhängig von dieser Volksinitiative, dass wir bundesweit die Normalarbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland stärken und auf diese Art und Weise gerechte Löhne sichern.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch deswegen den Hinweis, dass Mindestlöhne alleine nicht das Problem lösen. Was wir brauchen, ist insgesamt eine Orientierung, eine neue Orientierung an wesentlichen Standards, die zur Grundlage der sozialen Marktwirtschaft gehören.
Dazu gehört aus Sicht meiner Fraktion, aus Sicht meiner Partei unabdingbar die Stärkung der Tarifbindung.
Das ist nämlich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das wesentliche Problem, auch bei uns in MecklenburgVorpommern, dass die Tarifbindung seit Jahren schon zurückgeht und im Jahre 2008 noch 63 Prozent – das sind die Zahlen von Westdeutschland – der Beschäftigten über einen Tarifvertrag verfügten, in Ostdeutschland insgesamt nur noch 52 Prozent. Es gibt bei uns im Land Bereiche, wo die Situation noch viel schlechter ist, und deswegen ist alleine natürlich die Frage eines bundesweiten Mindestlohnes nicht ausreichend. Sie ist aus meiner Sicht, aus Sicht meiner Fraktion, meiner Partei ein Mosaikstein von vielen, um das Problem insgesamt zu lösen. Ob man nachher zu dem Ergebnis kommt, auch im Rahmen der Behandlung der Volksinitiative, dass es tatsächlich ein Arbeitsentgelt in Höhe von 10 Euro pro Stunde sein wird, das möchte ich den entsprechenden Beratungen und Anhörungen anheimgestellt sein lassen.
Allerdings erlauben Sie mir an dieser Stelle natürlich schon den Hinweis: Keiner von uns ist so blauäugig, nicht zu erkennen, dass dieser Landtag gerade vor der Sommerpause ein Gesetz beschlossen hat mit 8,50 Euro und die Argumente in vielen Bereichen schon ausgetauscht worden sind. Ob wir uns innerhalb weniger Monate dazu durchringen werden und ob tatsächlich dann 10 Euro dort eingesetzt werden, ich glaube es momentan nicht, aber ich bin natürlich für die Argumente der Anzuhörenden dort offen. Ich habe das entsprechend in der Vergangenheit auch schon vertreten, dass man durchaus über andere Positionen dann auch sprechen kann, und ich glaube, wir sollten offen und aufgeschlossen mit diesem Thema umgehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden heute die zweite und dritte Volksinitiative behandeln, mit denen sich innerhalb weniger Monate Tausende Bürgerinnen und Bürger an uns, an diesen Landtag wenden, damit dieser selbst tätig wird oder im Sinne der Initiativen Einfluss auf die Landesregierung nimmt. Nicht eine Fraktion, sondern Tausende Bürgerinnen und Bürger machen von ihrem Recht Gebrauch, den Landtag zur Auseinandersetzung mit einem bestimmten drängenden Problem zu bewegen.
Meine Damen und Herren, dass so viele Menschen dieses Recht wahrnehmen, ist aus meiner Sicht, aus der Sicht meiner Fraktion nur zu begrüßen. Wir sollten dieses Engagement der Initiatoren mit ihren vielen Hundert Helferinnen und Helfern und nicht zuletzt die vielen Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrer Unterschrift ihre Unterstützung gegeben haben, hoch achten – zum einen im Verfahren und zum anderen auch in der Argumentation. Warum ich das sage, werden Sie fragen. Ich will an die Aktuelle Stunde vom 23. Mai erinnern, in der wir uns –
damals von der CDU aufgesetzt – mit dem Thema „Arbeit muss sich lohnen“ auseinandergesetzt haben und die Redner der CDU die Forderung nach 10 Euro Mindestlohn als, ich darf zitieren, „pure Polemik“ bezeichnet haben.
Wenn ich mich an die Debatte von heute früh erinnere, als dann begründet wurde, wie viel Pflegerinnen und Pfleger verdienen und 10 Euro ja gar nicht das seien, was da verdient wird, weiß ich jetzt nicht, wo Sie ganz konkret stehen. Ich weiß, dass die Argumentation aus den Reihen der SPD kam.
Diesen Vorwurf, wie gesagt, muss ich energisch zurückweisen, denn die Auswirkungen von Armut durch Niedriglöhne sind keine Polemik, sondern das ist knallharter Alltag, und zwar in Zehntausenden Haushalten, ist der bittere Alltag von Zehntausenden Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern und von Millionen Kindern und Jugendlichen bundesweit.
Die Volksinitiative „Für einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde“ fordert deshalb den Landtag auf, sich gegenüber der Landesregierung dafür einzusetzen, dass diese im Bundesrat unverzüglich eine entsprechende Initiative einbringt. In einem zweiten Punkt, Herr Schulte ist darauf eingegangen, fordert die Initiative, dass die Einhaltung von Tarifverträgen und ein Mindeststundenlohn von 10 Euro bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch das Land gesichert sein müssen.
Wir haben immer wieder im Landtag über den Mindestlohn und auch über die Höhe des Mindestlohns diskutiert und gestritten. Wenn wir uns aber Umfragen unter der Bevölkerung in Deutschland anschauen, dann spricht sich eben eine überdeutliche Mehrheit der Menschen, der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger für die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns aus, weil sie es für notwendig erachten. Das sind immerhin 86 Prozent nach einer Emnid-Umfrage aus dem November 2011.
Warum das so ist, das hat mein Kollege Henning Foerster in der Landtagsdebatte am 1. Februar ausführlich begründet – Sie werden sich an diese dezidierte Argumentation erinnern – und auch in der Begründung zur Volksinitiative ist diese Argumentation nachzulesen. Ich will diese Argumente nicht wiederholen, ich will sie nur kurz zusammenfassen, zwei, drei Zahlen hinzufügen und einige Ergänzungen machen.
Erstens. Der Niedriglohn ist teuer, und zwar kommt er der Gesellschaft und dem Staat teuer, weil er jetzt und in Zukunft die sozialen Sicherungssysteme und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schwer belastet.
Zweitens. Der Niedriglohn ist unwürdig, weil er Armut und soziale Benachteiligung produziert und den Wert der Arbeit von Menschen in unzumutbarer Weise niedrig hält.