Der Antrag nennt hier auch Handlungsfelder wie zum Beispiel etwas unbestimmt die Begleitung des demografischen Wandels. Ich kann mir hierbei vorstellen, dass künftig sorgsam geplant und vor Ort entschieden werden muss, zum Beispiel in welcher der antragstellenden Gemeinden eines Gebietes die Kita oder der Dorftreff oder die altersgerechten Wohnungen entstehen sollen.
Am Anfang aller Maßnahmen sollte jedoch zukünftig immer ein Demografiecheck stehen, der die Potenziale des jeweiligen ländlichen Raumes auslotet. Auch die hier im Antrag erwähnte Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die Kompensationsmaßnahmen und die Anwendung der Ökokontenregelungen stellen viel komplexere Anforderungen an die Maßnahmen der Flurneuordnung.
Für meine Fraktion ist es wichtig, dass in den künftigen Konzeptionen die Unterstützung und die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements eine wichtige Rolle spielen müssen, wenn es um den zu erreichenden Mehrfachnutzen geht. Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen muss sichergestellt werden. Das heißt, dass auch die Teilnahme von Gemeinden an dem Programm möglich sein muss, die nicht zu den Begütertsten gehören. Mit diesen „Auflagen“ können wir – und das werden wir – dem Antrag zustimmen und werden natürlich zwischenzeitlich mit nach dem Rechten sehen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
So, das Wort hat nun der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass das Thema Flurneuordnungsverfahren heute in diesem Hohen Hause eine Rolle spielt. Viele können sich vielleicht gar nichts darunter vorstellen. Ich glaube, dass es eines der wirklich interessantesten Verfahren und Projekte darstellt, die wir in dieser Landesregierung betreiben, nämlich die Sanierung von Dörfern, die sich auch in den letzten 20 Jahren sehr schön herausgeputzt haben, und die Schaffung von klaren Eigentumsverhältnissen.
Ich will hier nur ein paar Zahlen jetzt mal nennen. Am Ende dieser Förderperiode werden in MecklenburgVorpommern die ländlichen Gebiete im Rahmen von Flurneuordnungsmaßnahmen sowohl was die private Dorferneuerung anbetrifft – der eine oder andere von Ihnen wird auch das Glück gehabt haben, daraus gefördert worden zu sein – und die öffentliche Dorferneuerung von Kindergärten, Schulen, aber auch die Abwasser-/ Trinkwasserversorgung, aber auch die Infrastrukturen, insbesondere Wegebau über 3 Milliarden Euro an Investitionen ausgelöst haben. Ich glaube, man kann daran erkennen, der eine oder andere Bürgermeister hat ja auch davon profitiert, dass diese Flurneuordnungsmaßnahmen tatsächlich einen sehr, sehr großen Nutzeffekt haben.
Und genau das, was wir uns immer wünschen, nämlich ehrenamtliches Engagement damit zu unterstützen, findet gerade im Rahmen von Flurneuordnungsmaßnahmen statt. Die sogenannten Teilnehmergemeinschaften entwickeln in Gemeinschaft für ihr Dorf ihr eigenes Konzept, wie sich die Gemeinde entwickeln soll, welche Schwerpunkte man ausrichten will. Und damit, glaube ich, haben wir einen Beitrag auch zur Entwicklung der ländlichen Räume geleistet, worum uns andere Regionen in Deutschland beneiden.
Ich erlebe das gerade immer wieder, wenn man im ländlichen Raum unterwegs ist, in der Sommerperiode und in der Urlaubszeit, dass viele Menschen, gerade aus anderen Bundesländern, sich wirklich hochgradig positiv zur Entwicklung unserer Dörfer und Gemeinden äußern. Ich glaube wirklich, das ist mal einen Applaus wert, was hier geleistet worden ist von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Und es ist so, meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Drittel der Menschen des Landes MecklenburgVorpommern leben in ländlichen Räumen. Das sind tatsächlich 1,1 Millionen Menschen, die über diese Verfahren der Flurneuordnung, der Dorfentwicklung oder der integrativen Entwicklung der ländlichen Räume an unserem Programm partizipieren. Daher hat die Entwicklung der ländlichen Räume schon immer in diesem Hohen Hause und auch in unserem Ministerium eine wichtige Rolle gespielt. Ja, ich sage es ganz bewusst, seit 1998, als ich dieses Haus übernehmen durfte, haben wir das zu einem Schwerpunkt gemacht.
Und ich glaube, es hat sich ausgezahlt, nämlich in den letzten 20 Jahren ist es gelungen, die Arbeits- und Lebensbedingungen in den ländlichen Räumen erheblich zu verbessern. Wenn Sie sich mal anschauen, einfach mal darüber nachdenken, wie es denn vor 20, 21, 22 Jahren in unseren Dörfern aussah, wie die Infrastrukturen sich
dargestellt haben, dann will ich auch da ein paar Zahlen nennen. Allein was die eigentumsrechtlichen Fragestellungen anbetrifft, niemand hätte investieren können, weil zu DDR-Zeiten eigentumsrechtliche Fragen keine Rolle gespielt haben.
Meine Damen und Herren, jawohl, auch die Zahl ist, glaube ich, interessant. Wir haben über 30.000 Gebäude und Grund und Boden zusammengeführt. Nur dadurch konnte überhaupt in diese Gebäude und in den Grund und Boden investiert werden. Wir haben über 3.700 Verfahren, um Gebäude oder auch Flächen zusammenzuführen, um damit Rechtssicherheit für Investitionen zu schaffen.
Und wir haben natürlich, und darauf zielt ja auch der Antrag der GRÜNEN hin, selbstverständlich haben wir die unterschiedlichsten Nutzungsansprüche auf der Fläche. Die einen möchten Naturschutz betreiben, die Nächsten müssen die Wasserrahmenrichtlinie umsetzen, der Nächste will darauf Landwirtschaft betreiben oder ein anderer Bereich will Infrastruktur entwickeln. Und deswegen halte ich es eben ausdrücklich für sinnvoll, dieses Flurneuordnungsverfahren als eines der Instrumente zu nutzen, wo die verschiedenen Nutzungsansprüche am besten miteinander in Übereinstimmung gebracht werden können. Und wir erleben es immer wieder, dass diejenigen Gemeinden – und Herr Professor Tack hat darauf zu Recht hingewiesen, sicherlich wird der eine oder andere das auch noch mal sagen –, die das große Glück haben, in einem Flurneuordnungsverfahren zu sein, sich alle hochgradig lobend über diese Möglichkeit der eigenen Entwicklung äußern.
Wir haben 387 Verfahren heute in Bearbeitung. Das heißt in der Konsequenz, dass knapp 450.000 Hektar an Flurneuordnungsverfahren in der Fläche laufen. Das heißt, wir haben noch nicht die Hälfte der Flächen in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Verfahren und damit auch noch nicht ganz die Hälfte der Gemeinden damit abgedeckt. Und ich kann heute auch berichten, dass wir 138.000 Hektar komplett abgerechnet haben, das heißt, wo auch die Grundbücher auf Vordermann sind und damit jeder Eigentümer, jede Eigentümerin über das Eigentum frei verfügen kann und damit letzten Endes Rechtssicherheit auch insgesamt geschaffen werden konnte.
Und die Bedeutung in Richtung der Anträge will ich nur mit einer Zahl untermauern: Wir haben im Haus über 300 Anträge liegen von Gemeinden, die gerne in das Flurneuordnungsverfahren eintreten möchten, aber wo wir zurzeit eben die finanziellen Mittel so in der Form nicht zur Verfügung haben.
Allein in dieser Förderperiode, auch das ist in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen Häusern ja erfolgt, haben wir allein, ich finde das schon mal interessant, nur in dieser Förderperiode von 2007 bis 2011 dann 34 Kindertagesstätten neu gebaut und damit in neue Entwicklungen hineingegeben oder 21 Schulen saniert und letzten Endes damit zu dem ländlichen Raum auch die Attraktivität der sozioökonomischen Faktoren
aufgewertet und damit auch zu neuen Perspektiven geführt. Auch da, glaube ich, kann man sagen, jawohl, das sind tolle Entwicklungen, die wir hier vorgenommen haben.
Und zu den Straßen, auch das ist hier angedeutet worden, allein Ortsverbindungen, und da lege ich großen Wert darauf, Ortverbindungsstraßen, die wir gebaut haben in einer Größenordnung von 600 Kilometern, das ist eine sinnvolle Ergänzung gewesen im Rahmen der Flurneuordnungsverfahren. Und ich glaube auch, dass jeder, der im ländlichen Raum lebt, eine Chance haben muss, auf vernünftigen Wegen/Straßen von einem Ort zum anderen zu kommen. Insofern weiß ich ja, dass es immer wieder in der Kritik ist, insbesondere bei den GRÜNEN, ländliche Wege auszubauen. Diese werden beschränkt ausgebaut auf die Breite von 4,50 Metern, auch darauf will ich ausdrücklich hinweisen. Andere Straßen werden viel breiter und auch viel intensiver ausgebaut, aber wir sind dabei, eben eine angepasste sinnvolle Infrastruktur in diesem Lande vorzuhalten und den demografischen Wandel darin auch zu berücksichtigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will unterstreichen, ich möchte gerne versuchen, auch in der nächsten Förderperiode die Flurneuordnung weiter beizubehalten. Sie beginnt mit dem Jahr 2014, darauf ist hingewiesen worden, aber alle zerren natürlich an den Budgets. Bis heute wissen wir noch gar nicht, welche Budgets überhaupt zur Verfügung stehen, das heißt unter dem Strich, wie viel Geld wir eigentlich im ELER, im Europäischen Fonds zur Entwicklung der ländlichen Räume, zur Verfügung bekommen.
Ich hoffe, dass die Kofinanzierungsfrage, nämlich 50 zu 50 Prozent, im Vergleich zu den anderen Fonds auch in der kommenden Woche oder übernächsten Woche in der MPK, der Ministerpräsidentenkonferenz erneut angesprochen wird. Ich bin da unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird, weil ich der Auffassung bin, die Fonds müssen gleich behandelt werden. Das heißt, eine Finanzierung von 75 Prozent zu 25 Prozent muss möglichst durchgesetzt werden. Und ich erwarte von der Bundesregierung, dass man sich hier wirklich aktiv jetzt einbringt, ansonsten wird der ländliche Raum, und das sage ich hier auch so deutlich, ansonsten wird der ländliche Raum in Deutschland insgesamt von der Gesamtentwicklung abgekoppelt. Und das darf nicht passieren, meine Damen und Herren.
Abschließend, ich glaube, wenn man sich auch anschaut, allein von 1991 bis Ende 2011 sind jetzt 3 Milliarden Euro an Investitionen über die Dorferneuerung, Dorfentwicklung in dem Flurneuordnungsverfahren umgesetzt worden. Und das betrifft insbesondere, ich betone das noch mal, Maßnahmen, die auch in der Zukunft ausgebaut werden sollen, nämlich zur Daseinsvorsorge. Damit ist der demografische Wandel auch angedeutet, das ist nicht als Schreckgespenst, sondern als Chance zu begreifen, aber auch der generationsgerechte Umbau einschließlich der ortsinneren Entwicklung, aber auch die Beschleunigung von privaten und öffentlichen Investitionen, das Flächenmanagement und die Ermöglichung von flächenbeanspruchten Investitionen, die Kostenminimierung, auch für notwendige kommunale Flächenankäufe, oder die Vermeidung von Enteignungen, auch das ist Ziel von Flurneuordnungsverfahren in der Zukunft, um sie noch effizienter zu machen.
Aber auch die Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit oder die Anwendung von Ökokonten halten wir für richtig und notwendig, um damit die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Umsetzen in der neuen Förderperiode aufzunehmen. Insofern glaube ich, dass wir im Rahmen der knapper werdenden finanziellen Ressourcen, aber auch der personellen Ressourcen, die wir haben – und für die Flurneuordnungsverfahren sind wir direkt zuständig, auch das ist noch mal abschließend aus meiner Sicht wichtig zu benennen, das Ministerium mit seinen nachgeordneten Einrichtungen ist hier direkt zuständig und führt diese Verfahren –, und es ist natürlich auch so, dass wir aufgrund des Personalabbaus, zu dem ich stehe, noch effizienter werden wollen und werden müssen, um uns dann auf diese Prioritäten, die ich angedeutet habe, zu konzentrieren.
Insofern würde ich mich sehr freuen, wenn dieser Antrag Unterstützung bekommt. Ich höre das so heraus, dass Flurneuordnungsverfahren in Mecklenburg-Vorpommern hochgradig anerkannt sind. Von allen Landrätinnen und Landräten, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern wird das immer wieder betont. Und ich glaube, ich darf es noch mal abschließend sagen, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten in dieser Frage wirklich eine hervorragende Arbeit. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits in der Koalitionsvereinbarung haben sich die Koalitionäre zur Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen im ländlichen Raum bekannt. Die Stärkung der ländlichen Räume bleibt für uns eine vordringliche Aufgabe. Aus diesem Grund gilt es, die Dorferneuerung und Flurneuordnung als Gestaltungselemente im ländlichen Raum noch effektiver und zielgerichteter zu nutzen.
Ein Blick in den Haushalt verdeutlicht aber, dass die Finanzmittel in den kommenden Jahren für den Bereich der Flurneuordnung sinken. Dies ist der Haushaltssituation des Bundes, aber auch des Landes geschuldet. Mit weiteren Einschnitten ist im Bereich der Zuweisungen aus den Mitteln des ELER zu rechnen. Derzeit erfolgt hier eine Förderung von 75 Prozent, welche ab dem Jahr 2014 auf 50 Prozent Förderung reduziert werden soll.
Allein aufgrund dieser Tatsache ist es notwendig, die Instrumente der Flurneuordnung zu überprüfen und so weiterzuentwickeln, dass mit den vorhandenen Mitteln der größtmögliche Nutzen erreicht werden kann. Hierzu zählt gerade für meine Fraktion auch die Möglichkeit, Flurneuordnungsverfahren durch nicht staatliche Institutionen, die sogenannten „beliehenen Stellen“, durchführen zu lassen. Hierfür haben wir uns in den zurückliegenden Jahren mehrfach eingesetzt.
Gleichzeitig sind wir der Auffassung, dass Flurneuordnungsverfahren vorrangig dort zum Einsatz kommen sollten, wo Investitionen durch die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse ausgelöst werden. Eine Um
schichtung der Mittel zur Flurneuordnung für Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder zur Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit sehen wir als nachrangig an. Hierzu sollten die dafür vorhandenen Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe für die Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes sowie des ELER verwandt werden.
Meine Damen und Herren, in den zurückliegenden Jahren war die Flurneuordnung in unserem Land ein Erfolgsmodell. Und auch ich kann sagen, da ich 18 Jahre Bürgermeister in der Grünen Stadt Marlow war, die 26 Ortsteile hat und eine Fläche von 140 Quadratkilometern,
dass Sie heute von jedem Ort zum anderen über diesen ländlichen Wegebau fahren können, und das immer mit trockenen Füßen.
Vor dem Hintergrund der begrenzten Haushaltsmittel im Bereich der Flurneuordnung ist eine Neuausrichtung der Flurneuordnung als Gestaltungselement im ländlichen Raum notwendig. Hierfür bedarf es umfangreicher Untersuchungen und Bewertungen.
Dennoch ist meine Fraktion der Auffassung, dass sich der Agrarausschuss schon vor dem Jahre 2015 mit der Umsetzung der neuen Vorgaben befassen sollte, um eine ausreichende Beteiligung des Parlaments an der Neuausrichtung der Flurneuordnung zu sichern. Aus diesem Grund bin ich mir sicher, dass der Agrarausschuss sich im Rahmen seines Selbstbefassungsrechtes früher mit dieser Thematik befassen wird.
Dennoch erachtet meine Fraktion die Neuausrichtung der Flurneuordnung in Mecklenburg-Vorpommern aus den zuvor genannten Gründen als zwingend notwendig und fordert Sie deshalb auf, dem vorliegenden Antrag Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön.
(Zuruf aus dem Plenum: Jetzt gehts aber los. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja richtig Vorfreude, Mensch.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe, es gibt eine Menge Vorfreude auf die GRÜNEN-Rede. Machen Sie sich auf was gefasst!
Denn vorab gleich unsere Position: Wir können dem Antrag in der vorliegenden Form jetzt leider nicht zustimmen.