Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, viele überpersönliche Eingaben, die sich mit Themen von gesamtgesellschaftlichem Interesse beschäftigen, wie etwa mit der Sicherheit an Schulen oder mit dem Lärm auf Bundesstraßen, sind, ob sie nun beim Bürgerbeauftragten oder im Petitionsausschuss auftauchen, sozusagen Politikfutter. Sie verlangen nach vertiefter Beschäftigung und sollten nicht zuletzt auch für die Fraktionen und die Landesregierung Anlass für Initiativen sein.

Aus dem Arbeitsbereich des Bürgerbeauftragten im vergangenen Jahr betrifft dies unserer Überzeugung nach insbesondere drei Themenkreise. Frau Borchardt hat diese auch schon angesprochen. Wir hatten hier gemeinsam entsprechende Änderungsanträge eingebracht:

1. die Aufstellung der Regionalen Raumentwicklungs

pläne im Sinne einer effektiven Bürgerbeteiligung im Beteiligungsverfahren

Nach dem Landesplanungsgesetz sind die Auslegungsfristen sinnvoll zu erweitern.

2. der Lärm auf Bundesstraßen

Hier erwarten wir von der Landesregierung, dass sie ihre Einflussmöglichkeiten auf Bundesebene verstärkt und im Rahmen ihrer Ermessensspielräume im Land alle Möglichkeiten nutzt, um eine Verbesserung der Situation der Betroffenen zu erzielen.

3. die Novellierung des KiföG

Wir fordern die Landesregierung auf, im Rahmen der anstehenden KiföG-Novellierung eine taggenaue Abrechnung aller Platzkostenzuschüsse zu prüfen und in die Neufassung mit aufzunehmen.

Insofern ist es, wenn wir heute den 17. Bericht des Bürgerbeauftragten verfahrensmäßig für erledigt erklären, nicht so, dass damit auch alle dort geschilderten Anliegen für uns Politikerinnen und Politiker abgeschlossen sind. Insbesondere bei der Nutzung von Ermessensspielräumen durch die Verwaltung auf Landes- und Kommunalebene besteht aus unserer Sicht noch erheblicher Verbesserungsbedarf. Im Sinne einer verbesserten Bürgerfreundlichkeit sollten diese innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen auch genutzt werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Saemann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch die Anspra- che der vorhergegangenen Abgeordneten wurde sehr viel gesagt, sehr viel Positives über den Bürgerbe-

auftragten, wobei es von meiner Seite her kaum Ergänzungen gibt. Aber um es gleich vorwegzunehmen, der Petitionsausschuss empfiehlt dem Landtag in seiner Beschlussempfehlung und dem Bericht, einer Entschließung zuzustimmen und den 17. Bericht des Bürgerbeauftragten verfahrensgemäß für erledigt zu erklären.

Die Koalitionsfraktionen haben im Ergebnis der Beratung mit dem Bürgerbeauftragten im Petitionsausschuss eine Entschließung formuliert, die Ihnen auf der Drucksache 6/1111 vorliegt. Ich will an dieser Stelle nicht auf alle drei Punkte der Entschließung eingehen, sondern nur auf den letzten, der uns unter anderem für die weitere Zusammenarbeit zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragtem wichtig erscheint. Es soll die Absicht des Bürgerbeauftragten unterstützt werden, im kommenden Tätigkeitsjahr für das Jahr 2012 eine statistische Auswertung der Erledigungsarten für einzelne Petitionen und eine repräsentative Auswahl der im Bericht dargestellten Einzelfälle vorzunehmen, aus der sich neben den Erfolgen auch die Grenzen der Arbeit des Bürgerbeauftragten ergeben. Denn dass es die Grenzen auch bei der Arbeit des Bürgerbeauftragten gibt, das stellt sich immer wieder dar. Auch wenn der Bericht 2011 die Ergebnisse fast aller dargestellten Beispiele alles in allem positiv hervorhebt, kann man schon mal fragen, ob das für die Mehrzahl der insgesamt 1.332 Eingaben im Jahr 2011 zutrifft.

Dem Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für eine Entschließung konnten wir nicht zustimmen, unter anderem weil in Punkt 1 unterstellt wird, dass der Bürgerbeauftragte die Belange der Bürgerinnen und Bürger zeitnah wahrnimmt. Das mag in Fällen der Behandlung der Anliegen für Menschen mit Behinderungen und in sozialen Angelegenheiten sowie für Anliegen der Bürgerinnen und Bürger aus dem SGB-II-Bereich zutreffend sein, aber generell wird sich dies sicher nicht ableiten lassen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich denke aber, doch.)

Wenn es dann so ist, dass der Bürgerbeauftragte in Einzelfällen schneller Abhilfe schaffen kann, so, wie von der Fraktion DIE LINKE immer wieder hier im Landtag dargestellt, ist für uns der Beweis dafür noch anzutreten, da es derzeit keine statistischen Daten im Bericht gibt. Wenn wir dann im nächsten Jahr feststellen sollten, dass der Bürgerbeauftragte bei Problemen im SGB-II-Bereich mehr und schneller für die Petenten und Petentinnen erreichen kann als der Petitionsausschuss, vielleicht auch gerade wegen der unterschiedlichen Zuständigkeit von Bund, Land und Kommunen, sollten wir gemeinsam über Änderungen im Petitionsrecht nachdenken. Vielleicht müssen wir uns dann auch fragen lassen, warum die Bearbeitung von Eingaben beim Petitionsausschuss so lange dauert, trotz der seit dem Jahr 2010 verkürzten Prüfungsfrist von vier Wochen durch die Mitglieder des Ausschusses. Die statistischen Daten wurden ja bereits in der Parlamentsdebatte am 25.04. dieses Jahres genannt. Daher von mir an dieser Stelle keine weiteren Zahlen und Prozente.

Danken möchte ich abschließend natürlich der konstanten Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich des Bürgerbeauftragten, ohne die die Bearbeitung der Vielzahl von Eingaben und die Gespräche vor Ort über

haupt nicht möglich wären. – Ich bedanke mich sehr für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

In Ziffer I seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Petitionsausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer I der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses mit den Stimmen der SPD, der CDU, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden, bei Enthaltung der Fraktion der NPD.

In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Petitionsausschuss, den Bericht des Bürgerbeauftragten auf Drucksache 6/558 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 6/1111 mit den Stimmen der SPD, der CDU, der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen, bei Enthaltung der Fraktion der NPD.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Europapolitische Schwerpunkte des Landes Mecklenburg-Vor- pommern im Jahr 2012 – Auswertung des Legislativ- und Arbeitsprogramms 2012 der Europäischen Kommission –, Drucksache 6/330, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses, Drucksache 6/1156. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1188 vor.

Unterrichtung durch die Landesregierung Europapolitische Schwerpunkte des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2012 – Auswertung des Legislativ- und Arbeitspro- gramms 2012 der Europäischen Kommission – – Drucksache 6/330 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses (3. Ausschuss) – Drucksache 6/1156 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1188 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses Herr Abgeordneter Müller. Bitte schön.

Vielen Dank.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Auf Drucksache 6/1156 liegt vor Ihnen die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses zur Unterrichtung durch die Landesregierung – Auswertung des Legislativ- und Arbeitsprogramms 2012 der

Europäischen Kommission. Die Unterrichtung war federführend an den Europa- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an alle anderen weiteren Fachausschüsse überwiesen worden.

Gestatten Sie mir kurz zur Struktur unserer Empfehlung einige Anmerkungen. Zunächst sollen einige Feststellungen zu der Unterrichtung getroffen werden. Und dann haben wir die inhaltlichen Vorstellungen der Fachausschüsse übernommen und in die Beschlussempfehlung aufgenommen. Dann soll drittens die Landesregierung auch zukünftig das jeweilige Arbeitsprogramm auswerten. Und unter Ziffer 4 der Empfehlung schlagen wir vor, einen Auftrag an die Fachausschüsse zu formulieren. Darauf komme ich später noch einmal zurück.

Mit unserer Empfehlung, meine sehr verehrten Damen und Herren, setzen wir eine Tradition fort, die wir in der vorigen Wahlperiode begründet haben, denn jährlich informiert die Europäische Kommission über ihr Arbeitsprogramm und jährlich wertet die Landesregierung, übrigens auf Grundlage eines Landtagsbeschlusses, dieses Arbeitsprogramm aus und informiert uns über ihre Schwerpunkte. Diese Schwerpunktsetzung wird in den Ausschüssen beraten und wir empfehlen – und heute kann ich sagen, auch jährlich –, dazu bestimmte Beschlüsse zu treffen.

Ich bin sehr froh, dass wir es gemeinsam geschafft haben, diese Tradition in die 6. Wahlperiode mit zu übernehmen. Das ist, wie ich finde, nicht selbstverständlich. Und insofern bedanke ich mich bei allen demokratischen Fraktionen hier im Landtag für ihre Mitwirkung.

Allerdings, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, waren wir uns im Europa- und Rechtsausschuss auch ein Stück weit einig, dass wir es im Landtag immer noch besser machen könnten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Wir können zum Beispiel, lieber Herr Kollege Ritter, schneller werden, denn das neue Arbeitsprogramm der EU-Kommission steht ja, wenn man das so sagen darf, schon fast vor der Tür. Und wir könnten vielleicht auch noch etwas detaillierter beraten. Ich bin mir allerdings sehr bewusst, dass wir alle in den Ausschüssen ein umfangreiches Programm haben und wir dann auch froh sind, wenn wir etwas zur Kenntnis nehmen können, ohne uns detailliert inhaltlich positionieren zu müssen. Und ich weiß auch, dass die Debatte über europäische Angelegenheiten eher von Rettungsschirmen bestimmt wird als vom vermeintlichen Klein-Klein des Tagesgeschäfts. Doch die Unterrichtung durch die Landesregierung zeigt eben auch, dass dieses Tagesgeschäft trotz der sozusagen großen Fragen der Europapolitik weiterläuft und wir gut beraten sind, uns mit diesem Tagesgeschäft auseinanderzusetzen. Sonst drohen wir abgehängt zu werden.

Um uns die Möglichkeit zu geben, uns über die Fachausschüsse in aktuellen Fragen an den Landtag zu wenden, haben wir, wie bereits gesagt, in der Ziffer 4 einen Auftrag formuliert. Der Auftrag ermöglicht es, dass dem Landtag Beschlüsse vorgeschlagen werden. Damit können wir auf aktuelle Entwicklungen reagieren und versuchen, sie mitzugestalten, indem wir uns positionieren.

Der Ausschuss hat die Beschlussempfehlung insgesamt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE, bei Enthaltung der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und gegen die Stimmen der NPDFraktion angenommen. Zuvor hatten die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE Änderungsanträge eingebracht. Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, die Landesregierung aufzufordern, den Landtag in Bezug auf die Auswirkungen und gesetzlichen Konsequenzen für das Land zeitnah einzubeziehen, hat der Ausschuss, wie Sie dem Text der Beschlussempfehlung entnehmen können, mehrheitlich zugestimmt, denn das entspricht dem Selbstverständnis des Parlaments.

Inhaltlich sehen wir wichtige Schwerpunkte der EUPolitik in den Kommissionsvorschlägen zur EU-Ko- häsionspolitik und zur Verbesserung der Zugänglichkeit des Marktes für Waren und Dienstleistungen für behinderte und ältere Menschen. Der Innenausschuss hat sich ja bereits mit der Bekämpfung der Cyberkriminalität befasst

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und auch die Vorratsdatenspeicherung ist wichtig für unsere Innenpolitiker.

Große Auswirkungen auf viele Bereiche der Landespolitik werden auch die EU-Strategie für erneuerbare Energien und der Energiefahrplan 2050 haben, der beabsichtigte Rahmenplan für die maritime Raumordnung sowie der Rahmen für den europäischen Forschungsraum, was auch der Energie- und der Bildungsausschuss hervorgehoben haben. Der Energieausschuss hat, wie ich finde, eine sehr umfangreiche mitberatende Stellungnahme vorgelegt. Ich verweise hier noch einmal auf meinen schriftlichen Bericht. Der Agrarausschuss hat betont, dass bei weiteren Rechtssetzungen der Europäischen Union insbesondere auf Entbürokratisierung Wert gelegt werden sollte. Insofern der Hinweis, dass die Kommission eine hochrangige Gruppe unter Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Stoiber eingesetzt hat, die sich speziell mit diesem Thema befasst und innerhalb der Kommission, wie ich finde, sehr ernst genommen wird. Für den Bildungsausschuss ist es die europäische Forschungspolitik, die besonders bedeutsam für das Land erscheint.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Mit großer Aufmerksamkeit werden wir darüber hinaus die weitere Entwicklung im Hinblick auf die für Ende dieses Jahres angekündigten Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik und der Strukturfonds nach 2013 zu verfolgen haben. Die Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen sollen ja spätestens bis Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein. Und in der jüngsten Beratung zur Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik im zuständigen Ausschuss im Europäischen Parlament gab es zu den Entwürfen der Kommission, man höre, über 7.000 Änderungsanträge.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Die Auswertung des Arbeitsprogramms durch die Landesregierung ist für uns ein wichtiges Medium, um die politischen Schwerpunkte des Landes zu identifizieren und zu begleiten. Wir empfehlen daher, der Unterrichtung der Landesregierung und damit den EU

Gesetzgebungsvorhaben weiterhin hohe Aufmerksamkeit zu widmen.

Ich darf Sie nun bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen der Mehrheit des Ausschusses um Zustimmung für die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.