Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

und dass es für die Entwicklung ortsansässiger Betriebe

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und den ländlichen Raum nicht egal ist, wem der Boden gehört.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diese Linie in der linken Politik im Landtag können Sie sehr deutlich seit dem Jahre 2007 in Form zahlreicher Anträge und anderer parlamentarischer Aktivitäten verfolgen.

Der Ihnen heute vorliegende Antrag zur Anpassung des Bodenrechtes und zum Schutz der Agrarstruktur geht unter anderem auf Anträge meiner Fraktion aus den Jahren 2008 und 2009 zurück. So haben wir beispielsweise

mit dem Antrag „Entwicklungschancen im ländlichen Raum erhalten – Bodenzugang für einheimische Land- wirtschaftsbetriebe sichern“ eine Prüfung der einschlägigen Gesetze des landwirtschaftlichen Bodenrechtes eingefordert. Zu finden war das auf der Drucksache 5/2263. Es ging darum, inwieweit die heute erneut in Rede stehenden grundlegenden Gesetze des landwirtschaftlichen Bodenrechtes, nämlich das Grundstückverkehrsgesetz, das Landpachtverkehrsgesetz und das Reichssiedlungsgesetz den aktuellen Erfordernissen entsprechen beziehungsweise welche Anpassungen vorzunehmen sind. Anlass war damals die Suche nach politischen Mehrheiten und rechtlichen Möglichkeiten, um die Höchstpreispolitik des Bundes und seiner BVVG zu stoppen.

Insbesondere das Grundstückverkehrsgesetz und seine stringente Anwendung hätten unserer Meinung nach die Möglichkeit geboten, landwirtschaftliche Bodenverkäufe der BVVG, die weit über dem ortsüblichen Preisniveau lagen, zu versagen. So kann nach Paragraf 9 Absatz 1 Ziffer 3 eine Genehmigung versagt werden, wenn der Gegenwert im groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht. Die aktuelle Rechtsprechung geht dabei von etwa 150 Prozent der Überschreitung des ortsüblichen Preises aus. Eine Absenkung dieser Interventionsgrenze durch gesetzliche Regelung auf 120 Prozent ist nicht nur aus unserer Sicht wirksamer und näher an der Realität. Bei einer Versagung des Grundstücksverkaufes kann das Siedlungsunternehmen des Landes, nämlich die Landgesellschaft, das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz Paragraf 4 ausüben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollten mit unseren Anträgen damals und auch heute noch vor allem die verfehlte Privatisierungspolitik des Bundes und seiner Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft stoppen, die entscheidend zur Kaufpreiserhöhung des landwirtschaftlichen Bodens beiträgt. Wir haben leider nicht die notwendigen politischen Mehrheiten in diesem Hause gefunden. Die BVVG konnte kürzlich wieder eine aus ihrer Sicht herausragende Bilanz vorstellen. Für die Bauern heißt eine gute BVVG-Bilanz nichts weiter als rasant steigende Boden- und Pachtpreise, die nicht mehr mit landwirtschaftlicher Tätigkeit und den Ergebnissen zu erwirtschaften sind.

Deshalb weisen wir im dritten Punkt unseres Antrages darauf hin, dass die angestrebte Übernahme der noch vorhandenen BVVG-Flächen in Landeshoheit die wirksamste Maßnahme ist, um eine ungesunde und für die Agrarstruktur schädliche Entwicklung endlich zu beenden. Sollten wir zu einer Übernahme der Flächen kommen, werden wir darum streiten müssen, was mit diesen Flächen passiert. Gegen die angedachte langfristige Privatisierung setzen wir unsere Auffassung, das Allgemeingut Boden auch in der Hand der Allgemeinheit zu behalten.

(Udo Pastörs, NPD: Was ist Allgemeinheit?)

Auf der zu Ende gegangenen erfolgreich durchgeführten MeLa erwähnte Minister Dr. Backhaus, dass kürzlich mit einem landwirtschaftlichen Bodenkauf erstmals die Schallmauer von 50.000 Euro pro Hektar in unserem Lande durchbrochen wurde. Das zeigt einen unheilvollen Trend auf, aber ich gehe davon aus, dass der Minister diesen Fall und die mögliche Versagung dieses Handels durch die Anwendung des landwirtschaftlichen Grund

stücksrechts sehr genau prüfen lässt und uns in Kürze über die Ergebnisse informieren wird.

Deutlich wird damit aber auch, dass landwirtschaftlich genutzter Boden im Fokus der Geldanleger steht, weil er in der Krise eine sichere Geldanlage ist, deren Wert auch durch das EEG ständig weiter wächst. In jeder Ausgabe der „BauernZeitung“ werden verstärkt land- und forstwirtschaftliche Flächen zum Kauf für solvente Interessenten gesucht. Wir haben es heute auch mit dem sich verstärkenden Trend zu tun, dass ganze Betriebe beziehungsweise Gesellschafteranteile von landwirtschaftlichen

Betrieben gekauft werden.

Ich sage es hier ganz deutlich, wir wollen nicht, dass die jetzigen kleinen und mittelständischen Agrarbetriebe, zu denen fast alle Agrarunternehmen unseres Landes gehören, von Fondsgesellschaften aufgekauft werden. Der ordnungspolitische Rahmen bietet dafür aber derzeit keine Regelungs- und Eingriffsmöglichkeiten. Die müssen aus unserer Sicht unbedingt geschaffen werden.

2007 und 2008 standen wir mit unseren Warnungen vor der zunehmenden Bodenspekulation wie die Rufer in der Wüste. Heute liegt uns beispielsweise ein Gutachten des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften mit dem Titel „Landwirtschaftlicher Bodenmarkt, Perspektiven und Grenzen der Weiterentwicklung des bodenpolitischen Ordnungsrahmens beim Grundstücksverkehr“ vor, das diese Warnungen in der Realität bestätigt und auf das wir uns hier auch beziehen. Dieses Gutachten ist nur entstanden, weil die Zunahme der Preis- entwicklung und das Kaufinteresse von außerlandwirtschaftlichen Kapitalanlegern bedrohlich für den Erhalt der Agrarstruktur werden.

Die Agrarministerkonferenz hat sich ebenfalls mit diesem Gutachten beschäftigt, jedoch sind noch keine Ergebnisse bekannt. Leider reichen Zeit und Möglichkeiten hier nicht, den Gesamtinhalt dieses hochinteressanten Gutachtens und die aufgezeigten Änderungsmöglichkeiten des ordnungspolitischen Rahmens des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs wiederzugeben, daher zeige ich Ihnen die Notwendigkeit zum Handeln anhand der Entwicklung auf.

Im Jahre 2011 wurden in unserem Lande fast 23.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verkauft. Das entspricht 1,68 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche. Außer Brandenburg hat kein Land in dieser Zeit solche Flächenumsätze zu vermelden. Der Durchschnitt in Ostdeutschland liegt bei 1,24 Prozent, der im Westen der Bundesrepublik bei 0,42 Prozent. Der durchschnittliche Bodenpreis hat sich in unserem Lande von 2008 bis 2011 mehr als verdoppelt. Allein der Anstieg von 2010 bis 2011 beträgt 28,3 Prozent. Damit ist unser Land Spitzenreiter, das heißt, und das sagt auch unser Antrag, das Land MecklenburgVorpommern hat eine besondere Verpflichtung zu handeln. Daraus resultieren die Formulierungen in Punkt 1 unseres Antrages.

Unsere Handlungsvorstellungen haben wir formuliert. Da es ein Problem der gesamten Bundesrepublik ist, sollte auch der derzeit noch nach der Föderalismusreform bestehende bundeseinheitliche Rahmen durch die Länder gemeinsam weiterentwickelt werden. Das hat den Vorteil der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit, die man nicht ohne Not aufs Spiel setzen sollte. Es wäre

aber auch ein Alleingang des Landes möglich. Den wollen wir aber erst, wenn die Bemühungen im Bund, Neuregelungen zu erreichen, fehlschlagen. Wir wissen aber auch, dass jeder weitere Tag ohne Neuregelung des Bodenrechtes weiter zu unglaublichen Preisanstiegen und unkontrollierten Betriebsübernahmen im Lande führt.

Meine Damen und Herren, wir müssen handeln! Deshalb soll bis spätestens Ende 2013 ein eigener Gesetzentwurf vorgelegt werden, wenn keine Bundeslösung erreichbar ist. Das Land Baden-Württemberg hat diesen Weg beschritten und ein eigenes Agrarstrukturverbesserungsgesetz erlassen, das alle drei in Rede stehenden Gesetze zusammenfasst. Dieses Gesetz wird durch die Gutachter beispielhaft erwähnt und könnte eine gute Grundlage auch für unser Land sein.

(Regine Lück, DIE LINKE: Genau.)

Meine Damen und Herren, wir möchten, dass Sie diesem Antrag zustimmen. Wenn Sie das nicht können, überweisen Sie ihn bitte in den Agrarausschuss. Dann haben wir immer noch die Möglichkeit, gemeinsam mit Fachleuten einen Weg zur Anpassung des Bodenrechts und zum Schutz der Agrarstruktur zu finden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Bodenpolitik befasst uns ja hier zum zigsten Mal und selbstverständlich ist es immer wieder richtig, auf das Thema hinzuweisen.

Ich will heute noch mal in aller Kürze unsere Position verdeutlichen und ich erinnere daran, dass ich immer wieder deutlich gemacht habe, wo und in welcher Form die Landesregierung auch Erfolge erarbeitet hat. Und wenn man sich die Bodenpolitik der letzten 22 Jahre anschaut, dann ist es richtig, jawohl, die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern – auch die Zahl ist mir wichtig – hat über 2,5 Milliarden Euro in Grund und Boden investiert. Dieses Geld steht dann nicht für andere Investitionen zur Verfügung.

Mein Grundproblem ist, dass im Zuge der deutschen Einheit, das habe ich im Übrigen auch immer wieder gesagt, ein Kardinalproblem der Zwang der Privatisierung von Grund und Boden ist und war. Ich glaube nach wie vor, es wäre besser gewesen, und das habe ich hier immer wieder deutlich gemacht, wenn wir das Prinzip der Privatisierung auf die langfristige Verpachtung übertragen hätten und wir damit auch die agrarstrukturellen Besonderheiten der Region hätten berücksichtigen können. Das ist damals nicht gelungen, weil es andere Mehrheiten gab. Das ist uns allen bekannt.

Und auf der anderen Seite, Herr Professor Tack hat eben darauf hingewiesen, ich sehe schon mit großer Sorge,

mit ganz großer Sorge, dass zurzeit in diesem Lande ein Ausverkauf – auch über die Hintertür – von ganzen Unternehmen stattfindet. Wenn man sich überlegt, der ehemalige Parteisekretär von Margarete Müller – Sie auf der linken Seite werden ihn besser kennen als ich – hat einen Betrieb verkauft und es wird gemunkelt, dass dieser Betrieb für 50 Millionen Euro an einen großen Heizungskonzern veräußert worden ist.

(Udo Pastörs, NPD: Viessmann.)

Ich weiß es nicht, aber ich will nur an dieser Stelle andeuten, wir müssen aufpassen, dass wir das Kind hier nicht mit dem Bade ausschütten.

Und selbstverständlich ist es so, dass bei allen Gesetzen, die hier angesprochen worden sind, …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ja, eine frühere LPG war das, das ist so.

(Udo Pastörs, NPD: Jaja. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ja, in dem Betrieb, in dem ich gearbeitet habe, arbeiten heute zum Glück noch die Menschen und er ist im Eigentum einer Genossenschaft. In dem Betrieb waren mal über 600 Leute beschäftigt, heute sind es noch 50. Ich lasse zurzeit gerade prüfen, Herr Ritter, wie denn die Vermögensauseinandersetzung dort gelaufen ist und ob man da gegebenenfalls tatsächlich noch einschreiten kann.

(Peter Ritter, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD: Sehr gut.)

Ich finde das sehr traurig, was hier abläuft, und ich werde auch in meinem Redebeitrag ein bisschen darauf eingehen, sehr geehrter Herr Professor Tack, dass die Anpassung des Grundstückverkehrsgesetzes oder des Landpachtgesetzes oder auch des Reichssiedlungsgesetzes als solches mit dem, was Baden-Württemberg jetzt gemacht hat, nämlich die nackte Zusammenlegung der Gesetze, uns überhaupt nichts bringt, denn es ändert sich nichts an den Tatsachen. Deswegen müssen wir aufpassen, bei allen drei Gesetzen handelt sich um relativ alte Bestimmungen, welche im Interesse der Agrarstruktur natürlich auch weitreichende Einschnitte in die Privatrechtsordnung zulassen. Und wir nutzen das auch.

Wer ein bisschen in der Szene drinsteckt, der weiß, dass die Landgesellschaft – und nicht umsonst ist das Gutachten gemacht worden, ich bin selber daran beteiligt gewesen –, dass wir das auch über Landesgrenzen hinweg auf den Weg bringen, dass wir das Landpachtgesetz und auch die drei Gesetze insgesamt in Mecklenburg-Vor- pommern anwenden, und zwar schärfer anwenden als andere Regionen.

Sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch bei den Gerichten, auch das ist mir wichtig, lässt jedoch die Akzeptanz für Sondervorschriften zugunsten der Landwirtschaft deutlich nach. Das hängt natürlich auch mit den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zusammen. Die Landesregierung sieht daher folgende Schwerpunkte und schwerwiegende Risiken, falls der Landtag die mit den Föderalismusdebatten hier angesprochenen Themen erneut in partielles Landesrecht überführen und damit

auch ändern sollte. Es hat keinen Sinn zu glauben, wir können hier in Mecklenburg-Vorpommern den Föderalismusgedanken in dem Sinne jedenfalls so verändern. Das würde automatisch eine Klagewelle über das Land bringen und ich weiß nicht, das sage ich jetzt mit einem Augenzwinkern, den sozialistischen Frühling, glaube ich, wollen Sie auch nicht.

Zum anderen, auch das ist mir wichtig, könnten weitergehende Eingriffe in das Eigentum natürlich verfassungsrechtliche Bedenken auslösen. Das ist ein hohes Gut und wir wissen alle, was in den letzten Jahren nach der Wende in der Eigentumssicherung und damit auch in der Wertschätzung des Eigentums hier wieder in vernünftige Bahnen gebracht worden ist. Das wissen wir hoffentlich alle gemeinsam.

Wenn ich mir überlege, ich will das nur hier andeuten, dass wir 30.000 Gebäudeeigentumsfragen geklärt haben, da können Sie sich vorstellen, was hier in den Jahren vor der Wende eben auch, was das Eigentum anbetrifft, an Problemen ausgelöst worden ist. Auch, und das ist mir sehr wichtig, der Europäische Gerichtshof zieht in den sogenannten Vorarlberg-Entscheidungen enge Grenzen für den Eingriff in den Grundstücksmarkt. Auch das sollten Sie hier aufnehmen, dass der Europäische Gerichtshof sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.

Die Länder täten sich mit einer Straffung eigener landesrechtlicher Bestimmungen keinen Gefallen, wenn wir innerhalb der einzelnen Bundesländer solche Grundlagen schaffen. Es bestünde nämlich die Gefahr der Zersplitterung eines landwirtschaftlichen Bodenrechtes und das können wir insgesamt nicht wollen. Im Ergebnis würde ein hoher Preis für einen wahrscheinlich geringen Erfolg gezahlt, nämlich dass wir hier Rechtsunsicherheiten bekommen und gegebenenfalls noch Verfassungsklagen.

Ich bitte insofern um Verständnis, denn die Lücken des bestehenden Grundstückverkehrsrechtes lassen sich nicht ohne weitreichende Eingriffe in die Rechtsstellung auch der Erwerber von landwirtschaftlichen Flächen schließen. Wie Sie sicherlich wissen, und ich habe das auch schon angedeutet, kaufen heute viele außerlandwirtschaftliche Erwerber mittlerweile eben nicht einzelne Flächen, nein, sie machen das ganz geschickt anders, sie kaufen nämlich ganze Unternehmen. Wenn der eine oder andere hier nickt, dann wissen wir alle, das heißt, dass vom Prinzip her die, für die wir uns eingesetzt haben und die auch tatsächlich den Vorteil hatten nach der Wende,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

landwirtschaftliche Unternehmen zu übernehmen und letztendlich auch zu entwickeln, dass diese heute Kasse machen und ganze Betriebe veräußert

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)