Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Rösler, ich danke Ihnen erst mal für den Hinweis auf den moralisch-appellativen Charakter dieses Antrages und ich danke Ihnen auch für das gedankliche Durchspielen des Szenarios, wenn die Opposition einen solchen, zwar späten, aber immerhin selbstvergewissenden Antrag gestellt hätte. Dazu brauche ich jetzt nichts mehr zu sagen. Ich fand das sehr gut von Ihnen auf einen Punkt gebracht. Vielen Dank.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Jetzt komme ich zu meiner Rede.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Da der vorliegende Antrag fast wortgleich mit dem Antrag von SPD und GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni dieses Jahres ist, stimmt die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN diesem natürlich auch zu. Die Wortgleichheit sehe ich im Übrigen überhaupt nicht kritisch, denn sie verdeutlicht ja nur, dass in allen Bundesländern die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als große Herausforderung für die interkommunale Zusammenarbeit erkannt wurde, um das jetzt mal positiv zu formulieren.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja ’ne Binsenweisheit.)

Denn in Wirklichkeit wissen wir alle, meine Damen und Herren, dass die Zukunft der interkommunalen Zusammenarbeit durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes im Höchstmaße gefährdet ist. Hierzu zitiere ich die betreffende Passage aus dem nordrhein-westfälischen Antrag, wonach die, Zitatanfang: „gebotene Zusammenarbeit verschiedener Akteure der öffentlichen Hand über den Umweg des Umsatzsteuerrechts faktisch (unterbun- den) wird. Denn es wird schwer sein, im Einzelfall Synergieeffekte von mindestens 19 Prozent – also alleine den Steuermehraufwand – zu erwirtschaften.“ Zitatende.

Ich halte insgesamt die gegenseitige Besteuerung von öffentlichen Leistungen für großen Unfug, weil es aus gesamtstaatlicher Sicht zu nichts führt. Die zusätzlichen Steuerausgaben der Kommunen sind ja gleichzeitig wieder zusätzliche Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen. Das ist das Prinzip „Linke Tasche, rechte Tasche“. Man könnte sich nun zum Beispiel darauf einigen, dass in Zukunft die Kommunen einen höheren Anteil aller Umsatzsteuereinnahmen bekommen, um dann in etwa wieder ihre selbst gezahlten Beträge einzunehmen. Unter dem Strich wäre das von der Erhebung über die Bewirtschaftung bis zum Ausgleich ein riesiger Aufwand, um gesamtwirtschaftlich die Umsatzsteuerpflicht auf öffentliche Leistungen zu neutralisieren.

Ich habe die Hoffnung, dass wir uns diesen Finanzzirkus noch ersparen können. In diesem Sinne begrüße ich auch die vorläufige Nichtanwendung der Bestimmungen in Abstimmung mit den Ländern und dem Bund bis in das Jahr 2014 hinein. Hier haben sich ja bereits alle Finanzminister geeinigt. Also das gibt uns, wie gesagt, die nötige Zeit, Analysen anzufertigen und nach besseren Lösungswegen zu suchen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

als den eben gerade von mir vorgetragenen.

Dennoch sind die Auswirkungen auf die Kommunen gar nicht quantifiziert. Das wurde schon mehrfach gesagt. Umso wichtiger ist es nun, entsprechende Analysen und Berechnungen anzufertigen, um Klarheit über die Folgen und Kosten der Umsatzsteuerpflicht zu erlangen. Genau dies fordert der vorliegende Antrag und weist damit den richtigen Weg.

Mit der Suche nach Lösungswegen für die interkommunale Zusammenarbeit sollten wir aber auch gleich die einmalige Chance ergreifen, uns grundsätzlich mit dem Problem der Umsatzsteuerpflicht zwischen öffentlichen Institutionen beziehungsweise auf öffentliche Leistungen auseinanderzusetzen, denn das Problem ist ja bei Weitem nicht nur auf die interkommunale Zusammenarbeit beschränkt – ganz im Gegenteil: Bereits seit vielen Jahren frisst sich die Umsatzsteuerpflicht kontinuierlich durch die öffentlichen Leistungs- und Aufgabenbe- reiche.

Meine Damen und Herren, einige von Ihnen können sich sicherlich noch gut daran erinnern, dass wir vor wenigen Jahren mehr oder minder erfolgreiche Rechtsformänderungen bei den beiden Universitätsklinika im Land vornehmen mussten. In einer großen Rolle rückwärts wurden die erst wenige Jahre zuvor aus Wirtschaftlichkeitsgründen geteilten Bereiche – Kran

kenversorgung einerseits und Lehre und Forschung andererseits – wieder zu einer Teilkörperschaft der Universität zusammengeführt. Damit sollte verhindert werden, dass die Hochschulmedizin durch die Umsatzsteuerpflicht zwischen Krankenversorgung und Lehre und Forschung Millionensummen verliert. Das waren schwierige und kräftezehrende Prozesse, bei denen ich mir im Übrigen vom Land mehr Unterstützung gewünscht hätte, und bis heute sind nicht alle steuerrechtlichen Fragen optimal gelöst.

Aber auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im kulturellen Bereich, gibt es zunehmend Probleme mit der Umsatzsteuerpflicht. Wir werden uns ja bekanntlich morgen noch mit der besonderen Situation privater Musik-, Ballett- und Tanzschulen auseinandersetzen.

Um mich auch angesichts meines etwas angeschlagenen gesundheitlichen Zustandes kurzzufassen: Ich hätte mir eine solche gemeinsame Initiative und ein solches gemeinsames Handeln aller Bundesländer schon früher gewünscht. Aber nun ist die Initiative endlich da und wir sollten uns nicht nur mit Notlösungen zufriedengeben. Stattdessen sollten wir die Chance nutzen, eine grundsätzliche Lösung der Umsatzsteuerbarkeit auf öffentliche und kulturelle Leistungen zu finden. Wir stimmen also dem vorliegenden Antrag zu und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ringguth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist immer wieder erstaunlich, wie berechenbar ein Pastörs ist. Da gibt es einen Antrag, bei dem alle demokratischen Oppositionsfraktionen zustimmen, wo sie mitmachen,

(Udo Pastörs, NPD: Wir auch.)

und da gibt es dann einen Pastörs, der kommt nach vorne und nutzt genau diesen Antrag, um seinen Hass auf Europa hier zu versprühen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich sage Ihnen eins, Herr Pastörs,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist kein Hass, das ist Analyse.)

gerade vor dem Hintergrund der Geschichte des letzten Jahrhunderts ist Europa das Beste, die Europäische Union das Beste,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

was den Völkern hier in Europa überhaupt passieren konnte. Das Beste!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf aus dem Plenum: Genau.)

Und eines will ich Ihnen auch sagen: Ja, natürlich hat sich das Gericht europarechtskonform verhalten

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

und natürlich geht es um eine Richtlinie. Und ich sage Ihnen eins, Herr Pastörs,

(Udo Pastörs, NPD: Das haben Sie passagenweise abgeschrieben vom Europäischen Gerichtshof.)

das, was Sie jetzt einfach nur machen, ist, wieder Ängste zu schüren und den Leuten zu erzählen, dass sie mehr Geld bezahlen müssen, weil es Europa gibt. Das ist so billig, das glaubt Ihnen wirklich kein Mensch!

(Udo Pastörs, NPD: So ist es. Sie haben es genau verstanden. Richtig.)

Eins will ich Ihnen sagen, Herr Pastörs, Richtlinien, auch europäische Richtlinien sind von Menschen gemacht,

(Udo Pastörs, NPD: Jaja. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

und deswegen reden wir hier gemeinsam miteinander, weil wir alles dafür tun wollen,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

dass diese Richtlinie korrigiert wird.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dazu brauchen wir den Bund, dazu brauchen wir,

(Udo Pastörs, NPD: Europa brauchen Sie da. Ja.)

dafür brauchen wir auch Europa, wie für vieles andere, Herr Pastörs.

(Udo Pastörs, NPD: Dann gehen Sie mal wieder zum Europäischen Gerichtshof und lassen das revidieren.)

Ich bin mir sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, mit einer Kraftanstrengung – wo wir aber vor allen Dingen den Bund brauchen, den wir bitten, hier zu helfen – auch diese EU-Richtlinie so zu ändern, dass nicht nur die Kommunen, Herr Saalfeld, da gebe ich Ihnen ja recht …

(Udo Pastörs, NPD: Der Bund kann die nicht ändern.)

Der Schwerpunkt lag hier auf interkommunaler Zusammenarbeit aus einem einzigen Grund: Diesen Antrag haben nämlich die Kommunalen aus beiden Fraktionen gemacht, also die aus dem Innenausschuss, und dass die sich vor allen Dingen auf die Auswirkungen auf die Gemeinden und Städte unseres Landes konzentriert haben, ist, glaube ich, nachvollziehbar.

Zu Frau Rösler möchte ich sagen: Ja, Frau Rösler, man kann nachdenklich sein, wenn Sie angesprochen haben, wie es denn wohl gewesen wäre, also Konjunktiv, wenn das nun andersrum gelaufen wäre und Sie den Antrag gestellt hätten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das sehen wir nachher bei den Musikschulen.)