Protokoll der Sitzung vom 06.12.2012

lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: „Munition und andere Kampfmittel wurden zu unterschiedlichen Zeiten in Nord- und Ostsee versenkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg, bis etwa 1948, waren es über eine Million Tonnen. Noch heute gelangt Munition im Zusammenhang mit militärischen Schießübungen der Bundeswehr (z. B. auf den Truppenübungsplätzen Putlos und Todendorf in Schleswig-Holstein) ins Meer.“

Diese Vorbemerkung beziehungsweise dieses Zitat stammt aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag mit der Drucksache 17/10795. Auf 26 Seiten geht die Bundesregierung sehr ausführlich auf die Problematik von Munition in Nord- und Ostsee ein. Diese Antwort stellt ja möglicherweise auch die Grundlage des jetzt hier zu behandelnden Antrages dar.

Für mich allerdings sind die wichtigsten Fragen in Sachen Munitionsbelastung unserer Küstengewässer nach wie vor offen, zum Beispiel: Welche Mengen Munition und Kampfmittel lagern wo vor unserer Küste? Wie hoch ist das tatsächliche Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt? Und noch viel wichtiger: Was muss unbedingt aus dem Wasser, was muss im Wasser vernichtet werden, was sollte lieber im Wasser bleiben? Und auch: Wer bezahlt das Ganze? Ich glaube, dass wir uns hier auf einem juristisch und faktisch sehr komplizierten Gebiet bewegen mit zudem unkalkulierbaren Kosten.

Küstengewässer sind Seewasserstraßen und Eigentümer ist der Bund. Die Verwaltung der Bundeswasserstraßen obliegt der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Damit sollte eigentlich die Frage der Kostenübernahme geklärt sein. Dass dem nicht so ist, kann man in der bereits zitierten Kleinen Anfrage nachlesen. Es ist hier wie immer im wahren Leben, gerade wenn es mehrere Betroffene gibt, wie Bund und Küstenländer, dann ist es die Frage nach dem lieben Geld, um die sich alles dreht. Und es geht auch um die Frage nach dem Wissen um die Munitions- und Kampfmittelbelastung gerade vor unserer Küste.

Mein Eindruck war bisher, dass der Bund und die Küstenländer seit vielen Jahren an dieser Stelle gut zusam

menarbeiten, allerdings mit dem Vorbehalt, möglichst wenig Geld auszugeben oder nur das, was höchst notwendig ist. Deshalb ist an vielen Stellen die Faktenlage – wie zum Beispiel vor der Insel Usedom – bisher sehr dünn. Die Munitions- und Kampfmittelbeseitigung ist auf See noch mehr als auf dem Land ein komplexes, technisch schwieriges und teures Unterfangen. Und wie ich schon sagte, betrifft es nicht nur Mecklenburg

Vorpommern, sondern alle deutschen Küstenländer an Nord- und Ostsee, den Bund und auch die anderen Ostseeanrainerstaaten.

Im Jahr 2008 stellte die FDP bei ihrem kurzen Gastspiel hier im Landtag einen Antrag, das Land möge bitte eine Studie zur Gefährdungsabschätzung für Mensch und Umwelt in Bezug auf Munition und Kampfstoffe in den Küstengewässern von Mecklenburg-Vorpommern erstellen und in einem weiteren Schritt Handlungsmöglich- keiten erarbeiten. Dabei sollte die Frage der Kosten- aufteilung untersucht werden. Einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Hause werden sich sicherlich noch an die Debatte erinnern. Der alleinige Weg von Mecklenburg-Vorpommern – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen, aber das hat Frau Karlowski auch getan – ist für uns weder praktikabel noch gangbar, und das nicht nur aus Kostengründen.

Innenminister Caffier führte damals aus, ich darf zitieren: „Ich möchte nicht missverstanden werden, die Belastung der Küstengewässer ist vorhanden. Die erheblich geringere Gefährdung durch Kampfmittel in der See aufgrund ihrer eingeschränkten Zugänglichkeit hat zur Folge, dass diese nicht der Beräumung der Landflächen voranzustellen ist, denn die Kampfmittel an Land sind für jedermann zugänglich und erreichbar, ob als Wanderer, Spaziergänger, Pilzsucher oder durch die Land- und Forstwirtschaft sowie Baumaßnahmen.“ Zitatende.

Und nun haben wir den Salat: Durch Großprojekte wie Nord Stream und die geplanten und bereits errichteten Offshorewindparks in Nord- und Ostsee wird die Gefährdung auf einmal ganz real. Insoweit unterstützt meine Fraktion die Intention des Antrages von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bei genauerem Hinschauen ist aber aus unserer Sicht manches selbstverständlich, wird auch schon getan oder geht nicht in die richtige Richtung.

Keiner der hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen wird leugnen, dass die Munitionsbelastung unserer Gewässer, wie in Punkt 1 gefordert, als besonderes Problem anzusehen ist. Und dass Mecklenburg-Vorpommern weiterhin zeitnah über die landeseigenen Vorkommen und Funde von Munition im Meer sowie über deren Zustand informiert, das ist auch eine Selbstverständlichkeit. Die Forderung, jährlich über den Fortgang der Arbeiten des Expertenkreises „Munition im Meer“ der BundKüstenländer-Arbeitsgemeinschaft Nord- und Ostsee zu berichten, wäre aus meiner Sicht im Umweltausschuss, im Rahmen der Selbstbefassung auch in anderen Ausschüssen, am besten aufgehoben. Insofern unterstützen wir den Überweisungsantrag.

Punkt 4 des Antrages kann ich allerdings nicht so richtig nachvollziehen, weil für meine Fraktion die finanzielle Zuständigkeit hauptsächlich und eindeutig beim Bund liegt.

Mit dem Punkt 5 Ihres Antrages, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, können wir einverstanden

sein, wenn er denn nicht allein auf Mecklenburg-Vor- pommern gerichtet ist, und das habe ich zumindest so verstanden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie sprechen mit Ihrem Antrag ein wichtiges und kompliziertes Feld an, Frau Dr. Karlowski. Die Gefahren für Mensch und Umwelt sind real. Dagegen muss etwas unternommen werden, insbesondere da mit einer weiteren neuen Gasleitung, möglicherweise von Russland nach Lubmin, mit der Errichtung von Offshorewindanlagen, dem Verlegen von Stromleitungen von den Offshoreparks zum Land der Meeresboden unruhigen Zeiten entgegensieht. Aber die Verantwortung des Bundes, die kommt uns in Ihrem Antrag zu kurz.

Es ist Zeit, das Thema zu beraten. Einer Überwei- sung des Antrages in den Agrar- und Umweltausschuss würden wir zustimmen. Sollte das nicht zustande kommen, würden wir uns zu Punkt 1 bis 4 enthalten und dem Punkt 5 zustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Reinhardt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Karlowski, Ihr Antrag greift bereits bestehende Initiativen und Erkenntnisse der BundLänder-Arbeitsgruppe auf. Wir haben das heute schon gehört. Die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern – auch das hat der Wirtschaftsminister in Vertretung des Innenministers gesagt – ist in dieser AG durch das Umweltministerium und durch das Innenministerium ver- treten.

Ihr Landtagsantrag spiegelt also im Großen und Ganzen wie gesagt die Erkenntnisse dieser Bund-Länder-AG wider. Nun könnte ich das alles noch mal wiederholen, was der Wirtschaftsminister gesagt hat, ich erspare uns das aber, gebe aber auch noch den Tipp, dass dieser Bericht der AG auch im Internet unter www.munition-immeer.de veröffentlicht ist, auch regelmäßig aktualisiert wird.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Als ob ich den nicht kennen würde!)

Diese gewonnenen Erkenntnisse werden durch die Landesregierung auch umgesetzt. Das zeigt also aus unserer Sicht, dass die Landesregierung mit dem Thema ver- und betraut ist, und es muss mit dieser Problematik auch in dieser martialischen Art, wie Sie es getan haben, Frau Karlowski, glaube ich, hier nicht thematisiert werden. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun noch einmal Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Problem wird nicht ernst genug genommen in diesem Land.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Ach!)

Eine Teilnahme der zwei genannten Ministerien, Innenministerium und Umweltministerium, an dieser Arbeitsgruppe allein ist nicht ausreichend. Warum findet nicht auch in diesem Land eine aktive Archivrecherche statt? Warum werden nur Zufallsfunde gemeldet, und auch die recht sporadisch?

Sie stellen sich den Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen, nicht korrekt. Das ist nicht ausreichend.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Gut, dass Sie uns das sagen.)

Kurz zu Herrn Mucha: Sie haben recherchiert, dass die letzte Sprengung im Jahr 2007 war. Das ist nicht zutreffend, das war im April dieses Jahres, wo vor Ahrenshoop eine britische Luftmine mit 300 Kilogramm Sprengkraft gesprengt wurde, und eben, wie meine Anfrage an die Landesregierung auf der Drucksache 6/742 und deren Beantwortung darlegt, ohne die Beteiligung der zuständigen Behörden. Also es wurde weder das LUNG noch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Munition im Meer“ beteiligt.

(Marc Reinhardt, CDU: Außerhalb der Zwölfmeilenzone.)

Es wurde auch diese Bombe eben ohne jede Schutzvorkehrung für die Meeressäuger gesprengt, obwohl sie vor der Sprengung noch verschleppt wurde. Sie wurde aus dem Gebiet, wo sie gefunden wurde, verzogen. Das bedeutet, sie kann ja nicht so explosiv bei jeder Bewegung gewesen sein. Man hat sie verzogen und dann an einem anderen Ort gesprengt.

Zur Verantwortung des Bundes: Wir haben in Punkt 4 des Antrages gefordert, zur Senkung der Landeskosten die Kooperation der Küstenländer zu verbessern. Da geht es ja um die Technik, die dann zum Einsatz kommt, wenn ein Munitionsfund stattfindet, dass dann eben die Technik von Land zu Land hin- und herwandern kann, dass nicht beides parallel entwickelt wird und dass auch die Ideen und die technische Weiterentwicklung eben zentral stattfindet. Natürlich ist es richtig, die Verantwortung für bestimmte Bereiche liegt im Bund und das ist vielleicht tatsächlich zukünftig noch stärker zu betonen in dem nächsten Antrag, den wir in der Sache stellen werden. Aber der Punkt 4 bezieht sich eben auf die Senkung der Kosten, die dann entstehen, wenn die Kooperation zwischen den Ländern verbessert wird.

Meine Damen und Herren, bedenken Sie Ihre Entscheidung! Um ein Signal an die Öffentlichkeit zu geben, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern wirklich sich diesem Problem stellt, stimmen Sie der Überweisung in die zuständigen Ausschüsse, wie ich beantragt habe, zu! – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen, dann schließe ich die Aussprache.

Seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Agrarausschuss sowie an den Energieausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag abgelehnt, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE sowie Enthaltungen der Fraktion der NPD.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347. Es ist seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN beantragt worden, die Ziffern 1 bis 4 sowie die Ziffer 5 getrennt abzustimmen.

Ich lasse nun zunächst über die Ziffern 1 bis 4 des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegen- probe. – Enthaltungen? – Damit sind die Ziffern 1 bis 4 des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347 mit den Stimmen der SPD und der CDU abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und Enthaltungen der Fraktion DIE LINKE und der NPD.

Wer der Ziffer 5 des Antrages der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 5 des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1347 mit den Stimmen der SPD und der CDU abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE, bei Enthaltung der Fraktion der NPD.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – 5 Jahre Schengen II – Wir feiern nicht – Grenzkontrollen wieder einführen und die geplante weitere Ausdünnung der Bundespolizei in Grenznähe unverzüglich stoppen!, Drucksache 6/1349.

Antrag der Fraktion der NPD 5 Jahre Schengen II – Wir feiern nicht – Grenzkontrollen wieder einführen und die geplante weitere Ausdünnung der Bundes- polizei in Grenznähe unverzüglich stoppen! – Drucksache 6/1349 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Müller von der NPD-Fraktion.

(Heinz Müller, SPD: Tino Müller.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Polnische Diebesbande verhaftet“, „Menschenschleuser verhaftet“, „Mehr illegale Einreisen“, russischer „Autodieb gefasst“, „Gestohlene Fahrräder sichergestellt“, „Rumänische Diebesbande“ aufgegriffen – diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

(Heinz Müller, SPD: Und morgen werden wir am Boden liegende Frauen treten. – Peter Ritter, DIE LINKE: Pastörs wegen Volksverhetzung verurteilt. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Andererseits werden wir wohl nie erfahren, welches Ausmaß die grenzüberschreitende Kriminalität seit 2007 tatsächlich angenommen hat, da vor nunmehr fünf Jahren bekanntlich die altbewährten Grenzkontrollen zu Polen und zur Tschechischen Republik entfallen sind. Seitdem heißt das Motto nicht nur „Freie Fahrt für Touristen“, sondern auch für Diebesbanden aus dem osteuropäischen Raum.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Hetz, hetz!)

Im Zentrum des grenzübergreifenden Kriminalitätsgeschehens stehen fraglos die Autodiebstähle. Wie eine Kleine Anfrage der NPD, Drucksache 6/1172, ergeben hat, betrug der Anteil der nicht deutschen Tatverdächtigen hierbei im Vorjahr 28 Prozent. 2007 belief sich dieser Anteil auf – in Anführungszeichen – nur 8,1 Prozent. Im Gegenzug sank die Aufklärungsquote überaus deutlich von 41,8 Prozent im Jahr 2007

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ganz schön kriminell, die Deutschen.)