Es geht beim Thema Organspende gar nicht in erster Linie darum, die Menschen, die skeptisch sind oder verunsichert sind, jetzt irgendwie zu überzeugen oder vielleicht sogar zu überreden, sondern es geht uns in erster Linie darum – auch denen, die in den letzten Monaten das neue Gesetz auf Bundesebene vorangebracht haben –, uns geht es vor allem darum, zunächst mit der Entscheidungslösung die Schere zwischen denen, die eigentlich Organe spenden wollen, und denen, die es dokumentiert haben, möglichst zu schließen und damit mehr Leute zu finden, die ihre Organspendebereitschaft, die da ist, wenn man sie befragt, auch dokumentieren.
Das ist wichtig, wichtig im Übrigen auch für die Angehörigen dieser Menschen. Denn, das habe ich immer wieder
als Argument vorgetragen, ich finde, dass jeder Bürger, jede Bürgerin doch einmal im Leben über dieses Thema nachdenken sollte, sich entscheiden sollte und es dokumentieren sollte – auch deshalb, um den Angehörigen diese Entscheidung abzunehmen. Denn die Realität ist, dass immer weniger ihre Entscheidung dokumentieren und dann die Angehörigen im Falle eines Todes in dieser schweren Situation mit der Frage konfrontiert werden. Und ich finde, ich habe das auch so für mich persönlich beantwortet, dass man schon gegenüber den eigenen Angehörigen die Verantwortung hat, diese Entscheidung zu Lebzeiten zu treffen. Man kann Ja oder Nein sagen, es gibt sogar auch die Möglichkeit, zu sagen, ich weiß nicht oder ich möchte mich nicht entscheiden. Aber diese Entscheidung Ja oder Nein sollte man treffen, weil ich finde, man sollte nicht seine Angehörigen damit sozusagen dann alleinelassen. Das ist deswegen eine wichtige Entscheidung.
Deshalb war ich schon immer eine Befürworterin dieser Entscheidungslösung und kann mich sehr gut an eine Gesundheitsministerkonferenz erinnern, in der alle 16 Län- der völlig losgelöst von Parteizugehörigkeit und Landes- interessen, weil darum kann es bei diesem Thema gar nicht gehen, darüber diskutiert haben. Da gab es Befürworter für die Widerspruchslösung, das heißt, jeder von uns ist per se Organspender, es sei denn, er hat zu Lebzeiten widersprochen, bis hin zu denen, die jegliche Lösung in diese Richtung abgelehnt haben. Also die Vielfalt der Meinungen dazu ist unheimlich groß und ich finde, man kann jede Position in dieser Frage und sollte jede Position respektieren, weil es am Ende immer auch eine Frage von Ethik, Werten und für viele eine Frage der Religion ist. Deshalb, finde ich, ist es ein sensibles Thema, und es war toll, allen 16 Gesundheitsministern ist es gelungen, sich auf eine Lösung zu einigen, und zwar auf diese Entscheidungslösung.
Und genau eine so gute Debatte, fand ich, hat der Deutsche Bundestag gemacht. Im Gegensatz zu anderen Sachen, bei denen es oft heiß hergeht, hat hier der Deutsche Bundestag über Parteigrenzen hinweg darüber diskutiert: Was ist denn jetzt die richtige Lösung, in der Frage Organspende voranzukommen? Er hat sich dann für die Entscheidungslösung entschieden. Insofern, es gibt selten Themen, die zwischen Bundestag und Bundesrat in so großer Einmütigkeit und mit so einem großen Vorlauf an qualitativer Diskussion auf den Weg gebracht worden sind.
Und ich will ausdrücklich sagen, liebe Abgeordnete Silke Gajek, Ziel des Gesetzes ist es, die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland zu fördern. Deshalb ist dieses Gesetz auf den Weg gebracht worden und das darf man auch nicht infrage stellen. Das heißt nicht, dass diejenigen, die sich trotz der Entscheidungslösung nicht entscheiden oder sogar dagegen entscheiden, dass das ein Problem ist. Nein, das ist gewollt, dass diejenigen sich auch mit Nein entscheiden können. Entscheidung heißt immer, dass es ein Ja oder Nein geben muss.
Und ich war immer dafür, dass man auch sagen kann: Ich möchte mich nicht entscheiden. Also insofern, glaube ich, ist die Entscheidungslösung sozusagen der Weg, mit dem wir die Organspende weiter befördern können, weil wir einfach die, die eh bereit sind, ihre Organe zu spen
den, abholen mit der Dokumentation und weil wir das Thema weiter in die Öffentlichkeit bringen, ohne Bürgerrechte einzuschränken.
Diese Debatte wegen des Themas „Organspende befördern“ findet seit vielen Monaten statt. Deswegen kam die Entscheidungslösung und deswegen sind wir jetzt an einem Zeitpunkt, wo die Krankenkassen ihre Versicherten anschreiben, informieren und bitten, diese Entscheidung zu dokumentieren. In diese Diskussion fällt jetzt der Organspendeskandal und natürlich führt so ein Skandal massiv zur Verunsicherung. Deshalb ist es richtig, dass entsprechend das Bundesgesundheitsministerium in Ab- sprache mit den Ländern zu der Entscheidung gekommen ist, hier nachzubessern. Ich warne trotzdem davor, dass man diese Sache jetzt sozusagen mit der Entscheidungslösung vermischt. Ich glaube, unabhängig davon, ob es eine Entscheidungslösung in unserem Land gibt oder nicht, muss klar sein, dass beim Thema Organspende Transparenz und Menschenleben natürlich im Vordergrund stehen müssen, und nicht der Profit von irgendjemandem.
Deshalb weise ich zurück, liebe Silke Gajek, dass irgendwie Missstände übertüncht werden sollen. Ich will auch mal sagen, mir sind keine Missstände in Mecklenburg-Vorpommern bekannt – im Gegenteil.
Wir haben hier mit Professor Schareck einen der ausgewiesensten Experten an der Uniklinik Rostock, wir haben seit Jahren an jedem Krankenhaus einen Transplantationsmediziner. Das ist das, was jetzt das Gesetz vorschreibt, das läuft schon längst in Mecklenburg-Vorpom- mern.
diese Missstände auch anzusagen, aufzudecken, denn was ich nicht stehen lassen möchte, ist, dass es vielleicht Missstände geben könnte. Ich kann es nur noch mal sagen: Mir sind bisher keine bekannt! Sollte es so sein, dann fordere ich jeden auf, sofort diese Missstände zu benennen, denn darüber dürften wir ja nicht hinwegsehen. Ich kann nur sagen, dass sicherlich mit Hinblick auf die Skandale bundesweit natürlich Verschärfungen in diesem Bereich notwendig sind, die ja auch diskutiert werden. Aber ich warne davor, daraus jetzt Rückschlüsse zu ziehen, dass es überall so wäre. Und, ich finde, wenn man diese Sorge hat, dann muss man sie auch konkret benennen.
Deshalb finde ich, dass der Antrag nämlich genau in die richtige Richtung geht. Thema war heute nicht, bundesgesetzliche Regelungen sozusagen gemeinsam zu entwickeln, wie wir diese Skandale verhindern können – das wird schon längst beraten –, sondern Thema war heute das, was auch hier im Landtag seit vielen Jahren sehr gut debattiert wird, und zwar: Wie können wir die Organspendebereitschaft befördern, mit welcher Lösung, Wi
derspruchslösung, Entscheidungslösung, gar keiner? Wie können wir diese Entscheidungslösung flankieren?
Und wenn der Landtag, alle demokratischen Fraktionen, in der letzten Legislatur sich sehr ausdrücklich für die Organspende ausgesprochen hat, dann, finde ich, müsste es heute auch gelingen, dass die Entscheidungslösung durch den Landtag flankiert wird – und darum geht es. Es geht heute darum, dass der Landtag deutlich macht: Ja, die Entscheidungslösung ist gut und wir appellieren an die Bürgerinnen und Bürger, jetzt davon Gebrauch zu machen. Und von einer Entscheidungslösung Gebrauch zu machen heißt, dass man sich entscheiden kann, und entscheiden heißt, ich habe die Wahl zwischen Ja und Nein. Hier wird niemand zu irgendeiner Organspende gezwungen.
Uns geht es darum, dass jeder Mensch sich zu Lebzeiten mit der Frage Organspende auseinandersetzt, für sich eine Entscheidung trifft und diese auch dokumentiert. Und uns geht es darum, auch den Krankenkassen sozusagen Rückendeckung zu geben, dass gerade jetzt die richtige Zeit ist, diese Entscheidungslösung auf den Weg zu bringen, die entsprechenden Unterlagen, die entsprechende Aufklärung zu machen, dass wir uns gerade nicht wegen des Skandals davon abhalten lassen sollten, denn das haben auch einige überlegt: Ist es denn jetzt die richtige Zeit? Aber ich sage, ja, gerade jetzt ist die richtige Zeit, gerade jetzt, wo die Menschen Fragen haben und verunsichert sind, ist es doch die richtige Zeit, genau über dieses Thema aufzuklären und auch diese Verun- sicherung aufzunehmen und weiterzutransportieren in Überlegungen, wie wir hier zu besseren Regeln kommen können.
Deswegen werbe ich sehr für den Entschließungsantrag „Leben schenken durch Organspende“, weil wir auch hier als Landtag in dieser wichtigen Frage ein Zeichen setzen sollten. – Vielen Dank, und ich werbe um Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Regelmäßig bringt die NPD-Fraktion das Thema Organspende oder Organspendepraxis auf die Tagesordnung dieses Landtages
und jetzt haben sich die Fraktionen der CDU und SPD mal an dieses Thema gewagt und im Rahmen einer Entschließung hier einen Beschlussantrag letztendlich vorgelegt. Und aus dieser Entschließung springt sozusagen schon die ganze Hilflosigkeit beider Fraktionen hier auf die Tagesordnung des Landtages.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Kann man Organspenden eigentlich auch ablehnen? Die von Köster würde ich nicht nehmen.)
Sicherlich, Organspenden sind wichtig, aber das Vertrauen in das System der Organspendepraxis ist auf breiter Front bei den Bürgern im Land nicht mehr vorhanden. Dafür sind nicht nur allein die Organspende-
skandale, die jüngst bekannt geworden sind, verantwortlich, aber diese jüngst bekannt gewordenen Organspendeskandale sind ein Beleg für die Machtlosigkeit der Politik im Besonderen und des Staates im Allgemeinen.
(Heinz Müller, SPD: Deutsche Organe. – Peter Ritter, DIE LINKE: Systemorgane. – Zuruf von Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE)
Wir von der NPD sind der Meinung, dass der Staat endlich wieder die Gestaltungsmöglichkeit zurückerlangen muss, die er schon lange nicht mehr hat. Ein großes Hindernis sind die Privatisierungen im Gesundheitswesen. Wir von der NPD treten für die staatliche Kontrolle und für den staatlichen Einfluss ein, denn nur diese verhindern das reine Profitdenken im Gesundheitswesen.
Wir werden dennoch den Änderungsanträgen zustimmen als auch dieser doch sehr schwachen Entschließung von CDU und SPD.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Viele drängende Fragen im Bereich Gesundheit, Prävention und Aufklärung sind im Landtag zum Jahresende auf der Tagesordnung. Dieser Antrag soll nur ein Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger Mecklenburg-Vorpommerns sein, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen.
Meine Damen und Herren, zu diesem Antrag wurde durch meine Vorredner, durch Herrn Barlen und die Ministerin alles gesagt. Wir werden diesem Antrag zustimmen und den Änderungsanträgen nicht.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1417 abstimmen. Hierzu ist im Rahmen der Debatte beantragt worden, die Ziffern 1 und 2 des Änderungsantrages einzeln abzustimmen.
Wer der Ziffer 1 des Änderungsantrages der Fraktion DIE LINKE zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Änderungsantrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1417 abgelehnt, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD.
Wer der Ziffer 2 des Änderungsantrages der Fraktion DIE LINKE zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 des Änderungsantrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1417 abgelehnt, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und NPD und Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1422 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1422 abgelehnt, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD.
Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1368 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/1368 angenommen, mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE, der NPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei zwei Stimmenthaltungen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Vorbehandlung von Krankenhausabwässern, Drucksache 6/1358.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer krank ist, braucht medizinische Versorgung und natürlich auch Medikamente. Medikamente sind also unverzichtbar. Gleichzeitig handelt es sich bei Arzneimitteln um Chemikalien, die wegen ihrer besonderen stofflichen Eigenschaften in der Umwelt unerwünscht sind, und das, weil sie häufig biologisch nicht abbaubar oder schwer abbaubar sind und ein spezifisches physiologisches Funktions- und Wirkpotenzial haben.
In deutschen Gewässern und Böden lassen sich Arzneimittelrückstände mittlerweile immer häufiger nachweisen. Es gibt eine Menge aktuelle Daten aus Forschungsprojekten und der Gewässerüberwachung, die das belegen. Jeden Tag gelangen mehrere Tonnen an Arzneimittelwirkstoffen in die Umwelt, hauptsächlich durch menschliche Ausscheidungen, mehrere Hundert Tonnen pro Jahr zusätzlich durch die unsachgemäße Entsorgung von übrig gebliebenen Medikamenten über die Toilette oder die Spüle.