Protokoll der Sitzung vom 30.01.2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch immer wird mir und uns hier im Plenum ein bunter Blumenstrauß von eigenartigen Argumenten und Ausflüchten präsentiert, das sei so. Ich gehe allerdings jetzt nicht auf jedes einzelne ein, frage mich aber, warum Sie scheinbar glauben, dass das, was in anderen Ländern gut funktioniert, möglicherweise zu gut für unsere Bürgerinnen und Bürger hier im Land ist.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von Manfred Dachner, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Also es ist ja nicht so, dass wir hier etwas Revolutionäres fordern, sondern es wird in der Praxis bereits wunderbar vorgelebt in anderen Bundesländern. Ich freue mich aber ganz besonders über die Gesprächsbereitschaft, Herr Müller, um zu einer gemeinsamen Gesetzesnovelle zu kommen. Wir kommen gerne darauf zurück. Allerdings erlauben wir GRÜNEN uns natürlich bis dahin, da haben Sie sicherlich Verständnis, auch weiterhin den Reformbedarf in der Kommunalverfassung zu thematisieren, hier im Plenum wie auch in der Öffentlichkeit.

Ich möchte allerdings noch mal ganz kurz darauf eingehen, dass Herr Müller sagte, dass wir den Kostendeckungsvorschlag aufweichen wollen.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Das hat natürlich auch eine Begründung. Wir möchten, und das hatte ich auch schon in der Ersten Lesung vorgetragen, dass die Gemeinde einen gewissen Ermessensspielraum bekommt, dass sie also, wenn sie feststellt, dass ein Vorhaben, eine Initiative nicht genau quantifizierbar ist, nicht genau kapitalisierbar ist, dass sie dann von diesem Kostendeckungsvorschlag abrücken kann. Und nichts anderes steht in unserem Gesetzesvorschlag, dass nämlich nicht die Initiatoren darüber entscheiden können, ob sie einen Kostendeckungsvorschlag einrichten, sondern dass der Ermessensspielraum der Gemeinde eingeräumt wird und entsprechend die Gemeinde dann darüber befinden kann. Das heißt, wenn sie selbst der Meinung ist, kommt, lasst uns darüber abstimmen, dann soll das auch möglich sein. Und nichts anderes fordern wir.

Und, Herr Müller, Sie meinten eben gerade, wir haben gar nicht begründet, warum wir denn nun genau das Zustimmungsquorum auf 20 Prozent von 25 Prozent absenken wollen. Ich habe es in meiner Begründung, in meiner mündlichen Begründung in der Ersten Lesung vorgetragen. Ich will das hier kurzhalten und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Udo Pastörs, NPD: Das war ein guter Vortrag.)

Vielen Dank, Herr Saalfeld.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1231 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen nun zur Einzelberatung über den von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 6/1231.

Ich rufe auf die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit sind die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der NPD sowie Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1231 mit dem soeben dargestellten Stimmverhalten abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 6/1533 ein Antrag zum Thema „Akute Bedrohung von Jugend- und Schulsozialarbeiterstellen durch Förderstopp des Landes“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte schön.

Im Dezember 2012 erfolgte seitens der Landesregierung ein Auszahlungsstopp für ESF-Mittel für den Bereich der Jugend- und Schulsozialarbeiter an den überwiegenden Teil der Landkreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern. Daraufhin wurde die Ministerin für Gleichstellung, Arbeit und Soziales auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der Linksfraktion gebeten, auf der 22. Sitzung des Sozialausschusses am 17. Januar 2013 einen mündlichen Bericht vorzutragen, was dann auch geschehen ist. Die von der Linksfraktion unter dem Titel „Information des Minis- teriums zur aktuellen Situation und zu Problemen sowie zur Zukunft der Förderung der Jugend- und Schulsozialarbeit in M-V“ erbetenen Ausführungen waren unvollständig

(Torsten Renz, CDU: Das stimmt nicht. Die waren vollständig.)

und die schriftliche Beantwortung von elf eingereichten Fragen der Linksfraktion steht weiterhin aus.

Am 22. Januar 2013 sind der Linksfraktion neue Fakten, unter anderem zur akuten Gefährdung von Stellen von im Land geförderter Jugend- und Schulsozialar- beit, bekannt geworden. Aufgrund dessen hatten wir das am 23. Januar 2013 im Sozialausschuss beantragt,

(Torsten Renz, CDU: Aber jetzt mal zur Dringlichkeit, bitte!)

was sowohl vom zuständigen Ministerium als auch von den Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt wurde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das war immerhin der Antragsschluss, der 22.)

Ihnen seien keine neuen Fakten oder Umstände bekannt,

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

die eine neuerliche Aufsetzung auf die Tagesordnung rechtfertigen würden.

Der Landtag ist aufgefordert, sich des Problems der Jugend- und Schulsozialarbeit vollumfänglich anzunehmen und Hinweisen auf akute Gefährdung, insbesondere von Kündigungen, nachzugehen, die auf eine Gefährdung der Angebote insgesamt aufmerksam machen.

Vielen Dank, Frau Bernhardt.

Das Wort zur Gegenrede wird gewünscht. Herr Müller steht schon am Mikrofon. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Probleme, über die wir hier reden, entstehen durch eine durch die Europäische Union veranlasste Prüfung der Finanzen, liegen also nicht ursächlich bei der Landesregierung. Dennoch ist es,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dennoch ist es berechtigt …

Ich wäre Ihnen dankbar, Kollege Ritter, wenn Sie mich aussprechen lassen

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bitte.)

zur Geschäftsordnung und zu einem Dringlichkeitsantrag.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Dennoch ist es selbstverständlich berechtigt, dass die Landesregierung über die Situation hier informiert. Die Information der Landesregierung ist im Sozialausschuss, in zwei Sitzungen des Sozialausschusses erfolgt

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: In einer und unzureichend.)

und die Landesregierung, vertreten durch die Sozialministerin, hat im Sozialausschuss zugesichert, dass sie, wenn ihr weitere Erkenntnisse vorliegen, unverzüglich unterrichten wird. Was also ein weiteres Unterrichtungsbegehren jetzt hier soll, erschließt sich mir überhaupt nicht. Wir lehnen daher die Dringlichkeit dieses Antrags ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller.

Ich stelle jetzt die Frage: Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und NPD gegen die Stimmen von SPD und CDU abgelehnt.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 6/1534 ein Antrag zum Thema: „Drohende Entlassungen von Untersuchungshäftlingen verhindern“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages diese Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte schön, Frau Borchardt.

Frau Präsidentin! Anfang Juni 2012 hat das Schweriner Landgericht angezeigt, dass zwei Entlassungen von Untersuchungshäftlingen drohen würden, da man die Hauptverfahren nicht fristgemäß eröffnen können würde. Es wurde dem Justizministerium ebenfalls mitgeteilt, dass eine Entlastung der Strafkammer nicht möglich sei. Das Justizministerium bestand jedoch darauf, dass das Landgericht Schwerin über eine ausreichende Anzahl von Richterinnen und Richtern verfüge, um das Problem zu beheben.

Das Landgericht Schwerin wurde aufgefordert, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Strafkammern des Landgerichts Schwerin entsprechend besetzt werden. Wie in der Überlastungsanzeige vom Juni aber bereits mitgeteilt, hat sich das Landgericht Schwerin hierzu nicht in der Lage gesehen. Im September 2012 kam es dann zu zwei Haftentlassungen. Es wurden in der Folge vom Ministerium zwei Richter in das Landgericht Schwerin abgeordnet und eine zusätzliche Strafkammer eingerichtet.

Wie jetzt öffentlich bekannt wurde, drohen in den nächsten Monaten wiederum drei Entlassungen von Untersuchungshäftlingen, denen man schwere Straftaten vorwirft. Die zuständige Strafkammer hat dem Justizministerium mitgeteilt, dass sie die jeweiligen Hauptverfahren am Landgericht Schwerin nicht fristgemäß eröffnen können wird. Wie auch in den Verfahren aus dem Jahre 2012 teilte das Justizministerium mit, dass es erwarte, das Landgericht Schwerin werde geeignete Maßnahmen beschließen, um die Untersuchungshaftentlassungen zu vermeiden. Somit sind die Ausgangssituationen und das Verhalten des Justizministeriums die gleichen wie die, die bereits im Jahre 2012 zu den Haftentlassungen führten. Die erste Haftentlassung droht bereits am 25.02.2013, die Dringlichkeit ist somit gegeben.

Vielen Dank, Frau Borchardt.

Gibt es den Wunsch zur Gegenrede? – Das ist nicht der Fall.