Also sich jetzt hier hinzustellen und so zu tun, als wenn wir mit dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz Sparpolitik betreiben, das ist absurd, weil das Ganze funktioniert folgendermaßen: Grundlage für die Ermittlung des Betrages für das Jahr 2013 sind die Istzahlen, die die örtlichen Sozialhilfeträger im Jahr 2011 melden. Die kommen irgendwann im Spätsommer beim Sozialministerium rein und dann wird quasi auf dieser Basis die Summe für den
nächsten Finanzierungszeitraum verhandelt. Das heißt, hier ist man nicht rangegangen und hat gesagt, wir müssten euch jetzt mal anständig Geld aus der Tasche ziehen, sondern der Betrag ist ermittelt worden, indem man sich angeguckt hat, was ist ausgegeben worden, und dann wurde festgesetzt, was letztendlich für den Finanzierungszeitraum zu zahlen ist.
Das Sozialhilfefinanzierungsgesetz hat keinen konzeptionellen Ansatz. Das Sozialhilfefinanzierungsgesetz regelt Finanzströme. Und ich stehe inzwischen über Jahre immer wieder hier und bin mit dem, was wir Ihnen vorlegen müssen, nicht zufrieden, weil es Ambulantisierungstendenzen auf der örtlichen Ebene konterkariert.
Vor ein paar Wochen war in der Zeitung zu lesen, Landkreis Vorpommern-Greifswald schreibt in seine Sozialplanung, wir brauchen weitere 700 Pflegeplätze. Und das liegt einfach daran, dass nur die Angebote, die in Werkstätten für Behinderte laufen beziehungsweise die in stationären Einrichtungen laufen, über das Sozialhilfefinanzierungsgesetz finanziert werden. Das heißt, jeder örtliche Sozialhilfeträger, der sich im ambulanten Bereich bewegt, sei es über Beratungsstellen, sei es über ambulante Angebote, der kriegt dafür keinen Cent. Also Geld gibt es nur in den entsprechenden Einrichtungen. Das halten wir nicht mehr für zeitgemäß. Das hält übrigens auch die Regierung nicht mehr für zeitgemäß und beide Ministerien, das heißt das Sozialministerium und das Finanzministerium, haben Verhandlungen geführt mit den kommunalen Landesverbänden, wo es darum ging, von dieser Orientierung wegzukommen.
Das heißt, es ist ein Pauschalbetrag zu ermitteln, den zu dynamisieren und da auch noch mal anständig was obendrauf zu packen und damit zu gewährleisten, das vor Ort jetzt unter dem Gesichtspunkt entschieden werden kann, was braucht der jeweilige Hilfesuchende, lebensfeldorientiert und personenzentriert. Das passiert mit dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz nicht. Es ist nur falsch und unfair, das bei der Sozialministerin abladen zu wollen, weil die hat an der Stelle keine andere Meinung als Sie, sondern möchte auch gern, dass sich in dem Bereich mehr tut, weil es dem Interesse und dem Willen der Menschen entspricht, nicht in Pflegeeinrichtungen letztendlich die letzten Tage zu verbringen, sondern das zu Hause zu tun.
Hier ist das Thema „Integrierte Sozialplanung“ angesprochen worden, nach dem Motto: Was ist integrierte Sozialplanung? Integrierte Sozialplanung ist eine Form von Planung, die die unterschiedlichen Versorgungsmodule im alten Hilfesystem in angemessener Art und Weise berücksichtigt. Ob die Kommunen ein Interesse haben an einer solchen wirklich integrierten Sozialplanung, kann man im Augenblick dahingestellt sein lassen. Das heißt, deren Geld ist klamm und sie haben Interesse, möglichst die Soziallasten refinanziert zu bekommen. Ich erinnere daran, das Sozialhilfefinanzierungsgesetz ist nach dem Finanzausgleich der größte Kapitaltransfer, den wir in Mecklenburg-Vorpommern haben, also mit fast jetzt 255 Millionen Euro. Das war auch schon mal mehr.
Ich glaube, dass es richtig ist, jetzt gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir die Finanzierung umgestellt bekommen. Also wir sind meines Erachtens in einem Dilemma, man kann Ambulantisierung und örtliche Hilfen nicht von der Landesebene machen. Das wird nicht funktionieren. Dazu braucht man die kommunale Ebene, weil nur die
wissen, was vor Ort los ist, was es für Angebote gibt und wo man wie ansetzen muss, um da entsprechend weiterzukommen. Das heißt, wir können nur darauf setzen, dass auch die kommunalen Landesverbände sagen, wir machen da weiter mit, und inhaltlich ist man da auch nicht auseinander.
Wir haben vor einiger Zeit sowohl mit dem Städte- und Gemeindetag gesprochen als auch mit dem Landkreistag. Die sagen, was die inhaltliche Ausrichtung angeht, gibt es insoweit keinen Dissens. Was das Thema Geld angeht, sind sie ein bisschen vorsichtiger. Daran muss man arbeiten.
Ich bin froh, dass wir diese 1,5 Millionen Euro da rein- gebracht haben, also für diese integrierte kommunale Pflegeplanung und für Modellmittel, weil das in einen großen Topf zu bringen, würde meines Erachtens einfach dazu führen, dass das Geld versandet. Also wir müssen schon sagen, bitte schön, diese 1,5 Millionen Euro sollen nicht im Großen und Ganzen untergehen, sondern diese 1,5 Millionen Euro sind explizit dazu da, um vor Ort eine qualifizierte Sozialplanung voranzutreiben beziehungsweise entsprechende Modellprojekte zu entwickeln, die darüber finanziert werden können, bis man vielleicht ein Stück weiter ist und das Sozialhilfefinanzierungsgesetz auf Füße gestellt hat, die sich eben nicht mehr an Istkosten und an Sozialhilfeleistungen der örtlichen Träger und an älteren orientieren, sondern wo man sagt, wir gucken uns an, wie viel Geld wird da jetzt zurzeit ausgegeben und wie man das ausgestalten kann, dass es für die kommunale Ebene möglich ist, da ihrer Verantwortung sachgerecht gerecht zu werden und auf der anderen Seite nun das auch finanziert zu bekommen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin meinem Kollegen Abgeordneten Herrn Heydorn sehr dankbar für die Ausführungen und es zeigt mir, dass – und es verwundert mich nicht, er, der seit Jahren sich intensiv in dieser Debatte, Diskussion, die wir seit Jahren mit Kommunen haben, wie stellen wir die Sozialhilfefinanzierung im Land auf, sehr gut auskennt – er zumindest offensichtlich verstanden hat, worum es geht. Und deswegen will ich noch mal ausdrücklich die Wortbeiträge meiner Kollegen Silke Gajek von den GRÜNEN und auch Frau Stramm von den LINKEN zurückweisen, dass wir hier eine Kürzung bei der Sozialhilfe vornehmen. Das ist mitnichten so, im Gegenteil.
Ich habe hier vorgetragen – und leider gehen Ihre Redebeiträge, die ja eh schon immer vorgefertigt sind, nie darauf ein, was man hier vorträgt –, ich habe hier vorgetragen, dass wir verpflichtet sind. So ist die bisherige Systematik, die können Sie infrage stellen, Sie können Änderungsanträge machen, dass wir was anders machen, aber Sie können es nicht generell ablehnen. Die bisherige Systematik ist so, wir wollen den Kommunen und wir müssen den Kommunen, Landkreisen und kreisfreien Städten Geld geben, damit sie ihre sozialen Aufgaben bezahlen können. Ich habe ein Beispiel gebracht.
Wir geben allein 91 Millionen Euro aus als zusätzliche Unterstützung für Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten arbeiten. Das wird ja hier wohl niemand infrage stellen wollen, dass wir solche Kosten bezahlen wollen und müssen, und wir geben dafür Geld.
Was ist die Berechnungsgrundlage? Es ist seit Jahren so, dass man jedes Jahr diesen Zuweisungsbetrag neu festschreibt. Wir müssen den auch für 2013 neu festschreiben. Die bisherige Grundlage ist das Vorjahr, das Vorvorjahr, also 2011. Und wir stellen fest, dass in 2011, wo übrigens auch schon Kommunen und Opposition gesagt haben, wir würden viel zu wenig geben, dass die Abrechnung von 2011 ja vorliegt und die Abrechnung zeigt, dass wir den Kommunen 16,6 Millionen Euro mehr gezahlt haben, als ausgegeben worden ist. Also davon, dass wir etwas unterfinanzieren, kann nicht die Rede sein, wenn wir 16,6 Millionen Euro mehr gegeben haben. Und unser Land hat sich eingesetzt, im Übrigen nicht mit Unterstützung der Linkspartei, dafür, dass die Kommunen außerdem bei der Grundsicherung im Alter noch zusätzlich entlastet werden. Auch das muss man ja berücksichtigen. Insofern kann ich nur den Vorwurf, dass wir hier irgendwas kürzen in den Angeboten und damit Ausgaben vor Ort, zurückweisen.
Das ist die Berechnungsgrundlage und ich habe hier eingeräumt und angeboten, dass in der parlamentarischen Debatte, die wir jetzt haben, natürlich die Kommunen die Möglichkeit haben, gern schon bis heute, aber sie haben es noch nicht vorliegen, die aktuellen Zahlen 2012 vorzulegen. Dann können wir noch mal gucken, ob 2012 auch die Entwicklung wie 2011 war. Aber hier einfach, ohne dass man den Stoff durchdringt, so muss ich es mal wirklich sagen, vorzuwerfen, dass wir irgendwas kürzen und damit wieder Ängste schüren, das finde ich unverantwortlich. Das finde ich übrigens erst recht unverantwortlich von Abgeordneten, die hier die Regierung beim Einsatz für gute Löhne bei ambulanter Pflege nicht unterstützt haben. Das ist sehr unehrlich, Frau Stramm.
Und deshalb bin ich natürlich den Regierungsfraktionen, aber auch der Oppositionsfraktion der GRÜNEN dankbar, dass wir diesen Gesetzentwurf überweisen und dort über alles Weitere reden. Gern wie man die Finanzierung neu ausrichtet, aber ich sage, wer nicht in diese Neuausrichtung auch die Ergebnisse der Debatte auf Bundesebene über Eingliederungshilfe, die 12 Milliarden Euro deutschlandweit bedeutet, einbezieht, der würde auch Schnellschüsse machen, die übrigens unsere Kommunen auch nicht wollen. Aber bei diesem Pakt zwischen Bund und Ländern, dass die Kommunen bei Eingliederungshilfe entlastet werden, war ja die Linkspartei nicht dabei, so, wie sie nie dabei ist, wenn es mal darum geht, tatsächlich was für die Menschen vor Ort zu machen.
(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Hören Sie doch langsam auf mit den Unterstellungen, Frau Ministerin! Das ist ja unerträglich.)
Und deswegen kann ich nur sagen, wenn die Linkspartei heute nicht mal der Überweisung für das Sozialhilfefinanzierungsgesetz zustimmt, nicht mal einer Überweisung und der weiteren Debatte, sondern hier und heute das Gesetz ablehnt, so, wie ich das verstanden habe, dann werde ich auch den Menschen im Land sagen, dass Sie
Kämpfen Sie für mehr, für andere Berechnungen, dafür habe ich gutes Verständnis, aber 254 Millionen Euro abzulehnen für wichtige soziale Leistungen in unserem Land, das hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun. Das ist unehrlich und unverantwortlich, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/1629 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherungs- und Ordnungsgesetzes zur Regelung der Bestandsdatenauskunft, Drucksache 6/1630.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zur Regelung der Bestandsdatenauskunft (Erste Lesung) – Drucksache 6/1630 –
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um das Sicherheitsgesetz, nicht um das Sicherungsgesetz. Das war wahrscheinlich ein Versprecher, aber kein Problem. Die Anpassung des Gesetzes ist deswegen notwendig geworden, weil vom Bundesverfassungsgericht neue Vorgaben gemacht
wurden. Diese setzen wir jetzt um, nicht mehr und nicht weniger. Ich glaube, in der jetzigen Zeit ist auch jeder Landesinnenminister gut beraten, nicht mehr umzusetzen als das, was das Gesetz vorgibt, und das werden wir auch dementsprechend tun.
Die Verfassungsschutzbehörden und die Polizeien von Bund und Ländern können derzeit bestimmte Dienste von Dienstanbietern für Telekommunikationsdienste
verlangen. Grundlage dafür sind bisher der Paragraf 113 des Telekommunikationsgesetzes und die allgemeinen Datenerhebungsbefugnisse in den Verfassungsschutzgesetzen beziehungsweise in den Polizeigesetzen der Länder.
Im Paragrafen 113 Absatz 1 Telekommunikationsgesetz geht es um die sogenannten manuellen Auskünfte der Dienstanbieter. Danach geben sie Auskunft über Zugangssicherungscodes, mittels derer der Zugriff auf End
geräte beziehungsweise auf den Speicher geschützt ist. Außerdem geht es dabei um die von den Dienstanbietern gespeicherten Bestandsdaten. Es geht hier also nicht um die sogenannte Vorratsdatenspeicherung, also die Festlegung von Mindestspeicherungsfristen und die Neuregelung der Auskunft für bestimmte Verkehrsdaten.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Bestandsauskunft nur festgelegt, dass im Paragrafen 113 Telekommunikationsgesetz die Befugnisse und die Verpflichtungen für die Dienstanbieter geregelt werden können, bestimmte Telekommunikationsdaten an die berechtigten Stellen im manuellen Verfahren zu übermitteln. Ergänzend bedürfe es aber in den jeweiligen Fachgesetzen des Bundes und der Länder qualifizierter Vorschriften, die den berechtigten Stellen erlauben, diese Daten bei den Dienstanbietern abzufordern. Man spricht hier in der Fachwelt vom sogenannten Doppeltürenmodell.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Datenerhebung nicht für unzulässig erklärt. Das verlangt nur eine gesetzliche Grundlage für die Abfrage dieser Daten und diese Grundlagen schaffen wir in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Vorlegen dieses Gesetzes und der Beratung in dem jeweiligen Fachausschuss.
Da das Gesetz im Ganzen und die Diskussion jetzt hier sehr fachspezifisch über einzelne Paragrafen wäre, verweise ich auf die Beratung im Innenausschuss, auf die Aussprache dazu und noch mal darauf, dass wir eine Anpassung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durchführen. Ich bitte um Überweisung des Gesetzes und eine dementsprechend sachgemäße Beratung in den Fachausschüssen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Innenminister, natürlich werden wir uns einer sachlichen und fachlichen Debatte im Innenausschuss nicht verwehren, aber allein dabei will ich es bei der Ersten Lesung nicht schon belassen, weil aus meiner Sicht es doch notwendig ist, das eine oder andere zum vorliegenden Gesetzentwurf heute hier schon zu sagen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Landesregierung das SOG und das Landesverfassungsschutzgesetz ändern und nun könnte man wohlwollend meinen, jetzt versucht die Landesregierung ernsthaft, erste konkrete Konsequenzen aus den NSU-Ermittlungspannen Mecklenburg-Vorpommerns zu ziehen, also etwa die Informationspolitik unserer Verfassungsschutzbehörde gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft rechtlich anders auszugestalten. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, diese Hoffnung erfüllt sich nach nunmehr fast eineinhalb Jahren leider nicht und es geht mit
dem vorliegenden Entwurf nicht um Veränderung, sondern um Wahrnehmung des Status quo. Also nicht diese eben von mir benannten Ursachen sind Grundlage für den Gesetzentwurf, sondern Ursache für die Gesetzesnovelle ist, dass Bundes- und Landesregierung wieder einmal Gesetzentwürfe vorlegen müssen, weil sie vom Bundesverfassungsgericht zu Korrekturen gezwungen sind, was der Innenminister hier vorsichtig umschrieben hat als Hinweise und Festlegungen des Bundesverfassungsgerichtes.