Protokoll der Sitzung vom 22.03.2013

Im vergangenen Jahr war bundesweit nochmals eine gestiegene Medienpräsenz zu verzeichnen. Ich glaube, dass wir insofern auch feststellen können, und damit komme ich im Wesentlichen zum Schluss, dass das LALLF, die Landesforstanstalt und die beteiligten diversen Einrichtungen die Schulungen zum Eichenprozessionsspinner vorgenommen haben, sodass vor Ort dann die Information stattfinden kann. Im Übrigen weise ich ausdrücklich darauf hin, dass die Landesregierung gerade in den letzten Tagen, es ist ja auch in den Medien gewesen, die Landkreise tatsächlich noch mal intensiv informiert hat.

Insofern darf ich noch mal auf die Komplexität des geltenden europäischen und nationalen Pflanzenschutz- und des Chemikalienrechtes hinweisen. Ich glaube, dass wir erkennen können, dass es jetzt an der Zeit ist, dass tatsächlich die Mittelzulassung erfolgt. Und wenn alle Stränge reißen, werden wir noch mal – ausdrücklich sage ich das hier auch – eine Notzulassung, die bereits beantragt worden ist, durchzusetzen haben und damit sind die Bundesministerien dann auch zuständig. Ich gehe davon aus, dass die Notzulassung für Dipel ES für uns, für Mecklenburg-Vorpommern, erfolgt und wir damit eine optimale Bekämpfungsmöglichkeit und -strategie zur Verfügung haben.

Ich bin im Übrigen selbstverständlich gerne bereit, im Agrarausschuss oder wo es von Interesse ist, über die

weiteren Maßnahmen und den Fortgang der Entwicklung zu informieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Friemann-Jennert und Herr Minister Dr. Backhaus haben ja eben mit großer Sachkunde über den Gegenstand dieses Tagesordnungspunkts, über dieses Tier gesprochen. Ich will ehrlich gestehen, dass ich bis vor einiger Zeit ziemlich ahnungslos in dieser Frage war. Die ersten Hinweise für mich, rein visuell, waren Warnschilder auf der B 96 in Richtung Oranienburg/Berlin.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Und ich hatte zunächst die irrige Annahme, dass der Eichenprozessionsspinner etwas mit Spinnen oder mit irgendetwas, was von oben herunterkommt, zu tun hat.

(Torsten Renz, CDU: Man lernt nie aus.)

Genau, man lernt nie aus.

Und wer sich in der Tat näher damit beschäftigt, mit diesem bösen, heimtückischen, widerborstigen, haarigen Getier beschäftigt, erfährt sehr schnell, also zum einen, es ist gesundheitsgefährdend, da brauche ich nicht zu wiederholen, was bereits gesagt wurde,

(Torsten Renz, CDU: Mir ist es auch so ergangen.)

und es ist bestandsgefährdend, denn wenn man sich mal einige Bilder in Publikationen anschaut, insbesondere der Minister sprach ja auch von Brandenburg,

(Torsten Renz, CDU: Ich glaub, ihr stimmt zu.)

das sieht schon grauenhaft aus,

(Torsten Renz, CDU: Ich glaub, ihr stimmt zu.)

welche Schäden diese Tiere verursachen können.

Die Auseinandersetzung mit dem Eichenprozessionsspinner hat zumindest bei uns zu drei sehr grundsätzlichen Erkenntnissen geführt. Also die eine Erkenntnis ist die, dass der Klimawandel nicht nur etwas mit Erderwärmung zu tun hat, nicht nur etwas zu tun hat mit Polschmelze und Wetterextremen, sondern auch mit dem Eichenprozessionsspinner.

Es ist in der Tat so, zumindest habe ich mich dahin gehend belesen, dass zunächst in den 30er-Jahren, dann massiver schon in den 50er-Jahren diese Tiere zu beobachten waren und die Schäden, die sie verursacht haben, aber in den letzten Jahren mit einer deutlichen Dynamik, insbesondere in Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und eben in zunehmendem Maße in MecklenburgVorpommern.

Die zweite Erkenntnis ist, der Eichenprozessionsspinner verlangt eine Ausweitung der gesundheitlichen Aufklärung. Darauf ist hingewiesen worden, das möchte ich jetzt nicht vertiefen.

Und drittens offenbart der Eichenprozessionsspinner das Spannungsfeld, das wir haben, einmal zwischen ökologischen Ansprüchen und andererseits auch den ökonomischen Möglichkeiten. Dazu werde ich nachher noch mal etwas sagen.

Letztendlich – das beweist dann die Auseinandersetzung damit – ist es notwendig, sich mit einem nachhaltigen sozialökologischen Umbau in dieser Gesellschaft auseinanderzusetzen. Das heißt aber, am ganz großen Rad drehen. Diese Aufgabe kann und soll dieser Antrag nicht erfüllen. Wir unterstützen das Anliegen schon, haben zu den einzelnen Punkten aber eine differenzierte Auffassung.

Die Frage, die wir uns vorgelegt haben, ist, ob der Antrag unter dem Blickwinkel der Herausforderungen, die sich ergeben, angemessene Lösungsvorschläge unterbreitet. Und wir sind zu der Erkenntnis gekommen: Ja, das tut der Antrag, und andererseits an einigen Stellen eben auch nicht.

Zum Punkt 1, wo es um die „Konzeption zur Bekämpfung“ geht. Also wir bejahen, dass es notwendig ist, eine Konzeption zu entwickeln. Und unsere Bedenken gehen dahin, dass hier nur von „betroffenen“ Kreisen die Rede ist, also speziell Ludwigslust-Parchim und Mecklenburgische Seenplatte, wo wir akut die Problemlagen haben. Aber es ist davon auszugehen – es ist ja auf die Alleen verwiesen worden, auf die Nahtstellen zwischen den Bundesländern –, dass sich das Problem ausweiten wird und wir an der Stelle dann auch an die anderen Kreise denken müssen. Also ein Konzept sollte nicht nur die betroffenen Kreise in den Blick nehmen.

Zum zweiten Punkt, der vorgeschlagen wird, nämlich die Aufklärung zu intensivieren, da sagen wir, ja, die Aufklärung ist zu intensivieren. Der Mangel an dem aufgeführten Punkt ist nur, es wird nicht ganz klar – zumindest nicht aus dem Antrag, der Minister ist da schon deutlicher geworden –, wie soll sie passieren, wann, durch wen und mit welchen Instrumenten. Also ich fand das sehr gut, dass es diese Warnhinweise an der B 96 gibt. Ich frage mich natürlich nur, warum nicht auch bei uns.

(Minister Dr. Till Backhaus: Weil er noch nicht da ist.)

Und zum dritten Punkt: Wird der Antrag den aktuellen Anforderungen gerecht in Bezug auf die In-die-PflichtNahme des Bundes? Und ich finde, an der Stelle eben ganz und gar nicht, deswegen haben wir Ihnen auch einen Änderungsantrag vorgelegt, für den ich sehr werben möchte.

In dem Antrag selbst, dem Ursprungsantrag, wird gesagt, also die Landesregierung soll sich gegenüber dem Bund weiter dafür einsetzen, „dass geeignete Insektizide … zur Bekämpfung“ – ich kürze etwas ab – „des Eichenprozessionsspinners zur Verfügung stehen“. Liest man, Frau Friemann-Jennert hat darauf hingewiesen, dass seit dem 20. März eine Konzeption des Bundesumweltministeriums vorliegt – ich finde, das heißt zwar Konzeption, aber so richtig erfüllt es nicht die Kriterien einer Konzeption,

aber das sei mal dahingestellt –, wenn ich jetzt aber das, was die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium veröffentlicht hat, nehme und diesen dritten Punkt sehe, dann könnte man sagen, ist eigentlich erfüllt.

Und wir wollen mit unserem Änderungsantrag Folgendes: Wir wollen, dass es eine konzertierte Aktion des Bundes gibt. Der Bund muss sich in die Pflicht nehmen lassen, mit dem Land, den Kommunen auch, den Privaten gemeinsam – letztendlich ist es ja eine nationale Aufgabe, wenn man sich das mal anschaut. Also zum einen brauchen wir eine konzertierte Aktion, dann sprechen wir uns auch – im Unterschied zu dem Änderungsantrag der GRÜNEN – für ein selektiv wirkendes Biozid, Dipel ES, aus und wir wollen, dass der Bund sich an der Finanzierung beteiligt.

Herr Minister Backhaus hat kurz darauf hingewiesen, hat schon eine Zahl genannt. Wir haben uns mal belesen. Also wir reden ja an dieser Stelle über viel Geld. Das Absaugen, in diesem Falle mechanische Bekämpfung, kostet allein an einem Baum 175 Euro. Ein Liter dieses Biozids, dessen Einsatz wir empfehlen, kostet 61 Euro, angewandt im Bodenumfeld eines Baumes 20 Euro und aus der Luft 300 Euro. Also das geht schnell in die Hunderttausende Euro, wenn wir allein das Schadenspotenzial in unserem Land sehen.

Insofern, wir wollen den Bund in die Pflicht nehmen, aus einem Grund: Es ist eine nationale Aufgabe, weil es mit dem globalen Klimawandel zu tun hat, und zum anderen sehen wir auch die rechtliche Grundlage dafür. Im Grundgesetz Artikel 74 Absatz 1 Punkt 19 ist ausdrücklich auf solche Sachverhalte abgestellt, konkurrierende Gesetzgebung, wo also Bund und Land aktiv werden können und müssen, nämlich wenn es um Gefahrenabwehr bei gesundheitlichen Schäden und durch Gifte geht.

Um auch deutlich zu machen, dass wir das Grundanliegen teilen, aber eben auch dafür einstehen, dass wir jetzt Änderungen vorgeschlagen haben, bitten wir um eine getrennte Abstimmung der einzelnen Punkte, weil es durchaus sein kann, die GRÜNEN haben ja einen eigenständigen Änderungsantrag eingebracht, dass wir divergierende Meinungen haben, wenn es um das Wie geht. Das macht die Sache eben auch noch spannend, dass wir uns hier fachlich auseinandersetzen und die Argumente austauschen. Ich zumindest darf für den Änderungsvorschlag der LINKEN werben und bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich habe in MecklenburgVorpommern vor wenigen Jahren an der Eichenallee nordwestlich von Dömitz die von dem Eichenprozessionsspinner befallenen Eichen gesehen. Dort waren Warnschilder aufgestellt und Absperrbänder, es war eine gute Information der Bevölkerung durch die Zeitungen festzustellen und alle Eichen sind jetzt gefällt.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Warum, lassen wir mal dahingestellt. Es kann sein, dass das Obstbaumkonzept der Elbeallee dort fortgesetzt werden soll oder dass es auch mit dem Eichenprozessionsspinner zusammenhängt. Darauf will ich jetzt aber auch gar nicht abzielen.

Wir haben in den Vorreden schon einiges über die Raupen dieses Schmetterlings gehört, der mit seinen brüchigen und flüchtigen Brennhaaren uns Menschen wirklich schwer zusetzen kann. Der Mechanismus dieser Nesselhaare funktioniert ein bisschen ähnlich wie bei der Brennnessel. Sie brechen leicht ab und setzen dann, nachdem sie sich in die Haut gebohrt haben, ihr Nesselgift frei. Im Unterschied zur Brennnessel ist es beim Eichenprozessionsspinner eine gravierende und langwierige Wirkung. Die Folgen der Brennnessel kennen wir alle, das ist nach einer kurzen Zeit wieder vorbei. Es sind also wirklich gravierende Folgen festzustellen, auch der Kontakt über die Atemwege ist natürlich sehr besorgniserregend und von daher nicht vergleichbar mit der Brennnessel, nur der Mechanismus mit den Brennhaaren ist sehr ähnlich. Es sind übrigens keine Widerhaken. Meines Erachtens sind sie einfach sehr rau außen, sodass es sich festhakt und -bohrt, aber ein Widerhaken müsste rückwärtsgerichtet sein.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Auch wir GRÜNEN sind der Meinung, dass genau an den Orten, wo sich menschliche Aktivitäten mit dem Auftreten dieses Schmetterlings, der seit Jahrhunderten bewundert wird für sein wunderbares Verhalten, das durch das Bilden langer Ketten aus Individuen schon unsere Vorväter und Vormütter begeistert hat und offensichtlich an kirchliche Prozessionen erinnert hat, dass dort eine angemessene und zeitlich genau stimmige Bekämpfung, der Einsatz von Gegenmaßnahmen stattfinden sollte.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das finde ich aber gut.)

Doch wir sprechen uns klar und deutlich gegen eine prophylaktische Anwendung von Pestiziden aus und gegen eine flächenhafte Ausbringung. Und wir können in dem Antrag der Regierungskoalition auch nicht nachvollziehen, dass dort aufgeführt wird, aus Gründen des Pflanzenschutzes sollen Insektizide zur Anwendung kommen. Die betroffenen Eichenbestände sind nicht in Gefahr.

Es gibt den berühmten Johannestrieb und die Eichenprozessionsspinnerraupen fressen die Blätter kahl, aber genau vor, zeitlich vor dem Johannestrieb. Die Eichen sind wunderbar in der Lage, ein zweites Mal Blätter zu bilden, und keine Eiche, die nicht durch andere Faktoren irgendwie geschädigt ist – Tausalz oder zu viel Dünger aus den benachbarten Agrarflächen – stirbt durch den Befall des Eichenprozessionsspinners ab. Keine Eiche wird dort sterben.

Mit Punkt 1 und 2 des Antrags sind wir im Grunde bis auf einzelne Differenzen weitgehend einverstanden. Wir fragen uns, ob es zu den Orten, wo der Prozessionsspinner im Vorjahr gemeldet wurde, wirklich genaue Erkundigungen gegeben hat oder ob dort nur diese Ärztebefragung stattgefunden hat.

Dann weisen wir darauf hin, das entscheidende Zeitfenster für eventuelle Gegenmaßnahmen wäre in der Zeit von

Ende April bis Ende Mai. Wir fragen uns, ob dieses Konzept, was gefordert wird, überhaupt schnell genug fertig vorliegen kann.

Die Aufklärung der Bevölkerung ist ganz wichtig und richtig und kann vor unnötiger Panikmache schützen.