Protokoll der Sitzung vom 17.11.2011

Im sensiblen Bereich, auch das ist mir wichtig, der Genehmigung für Tierversuche, werden die Tierschutzorganisationen über die Tierversuchskommission in die Entscheidungsfindung vor Erlass der Verwaltungsakten und damit des eigentlichen Bescheides einbezogen und damit in die Verantwortung genommen. Diese Tierversuchskommission hat ihren Sitz bei der Genehmigungsbehörde und damit im LALLF in Rostock, also im Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei.

Das heißt natürlich nicht, dass in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern nichts mehr für den Tierschutz zu tun ist. Aber ich weise darauf hin, Sie haben es auch angedeutet: Wenn wir es in ein Gesetz hineinschreiben, dann wird es vor den Gerichten immer um den speziellen Einzelfall gehen. Das haben Sie richtigerweise angedeutet. Uns geht es aber um mehr. Wir wollen mehr Tierschutz und das beginnt im häuslichen Bereich, bei den Heimtieren, und es hört letztendlich auf bei den Nutztieren in Mecklenburg-Vorpommern. Und deswegen trete ich ausdrücklich weiterhin für einen verbesserten Schutz der Tiere ein, denn wir erleben ja immer wieder, vor welche Probleme wir auch in unseren Tierheimen in Mecklenburg-Vorpommern gestellt werden.

Es ist die Pflicht der Landesregierung, einen gesell- schaftlichen Dialog zum Tierschutz und richtigen Umgang mit Tieren zu moderieren und sich dabei natür- lich auch für bessere Haltungsbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern, nein, in Deutschland, in Europa einzusetzen. Im Übrigen waren wir es auch gemein- sam, die die Käfighaltung für Legehennen abgeschafft haben. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass wir auch Haltungssysteme benötigen, die Alternativen aufzeigen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, natürlich will ich, dass in unserem Land, im Agrarland MecklenburgVorpommern, auch die Potenziale des Marktes genutzt werden können und wir damit auch Tierproduktion und Tierschutz für Mecklenburg-Vorpommern mit ganz oben auf der Agenda haben. Und wir wollen auch Konsens für eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft, das heißt, auch als Familienunternehmen oder Mehrfamilienunternehmen. Und dass auch in der Zukunft landwirtschaftliche Unternehmen Tierhaltung in diesem Lande betreiben können und Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen erzeugt werden können, auch das ist mir wichtig.

Eine der Hauptaufgaben, die vor uns stehen, muss dabei natürlich ausdrücklich die Überarbeitung des Tierschutzgesetzes auf der Bundesebene sein oder des BundesImmissionsschutzgesetzes. Hier ist dringender Handlungsbedarf. Auch da, glaube ich, gibt es im Wesent- lichen Konsens. Wir brauchen klare Festlegungen bezüglich der Verantwortung der Tierhalter für das Wohlbefinden der Tiere, wie es im Paragrafen 1 des Tierschutzgesetzes der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben ist, und zwar unabhängig von der Größe der Tierhaltungsanlage. Wir brauchen vor allen Dingen einen besseren Kontrollmechanismus.

Wir erleben ja gerade, was uns da in NordrheinWestfalen an Problemen auf den Tisch gelegt wird. Ich hoffe persönlich, wirklich persönlich, dass es zu keinen Sperrungen der Betriebe in Nordrhein-Westfalen kommt und damit erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte.

Ein Schwerpunkt im Übrigen war für uns die Legehennenhaltung. Ich habe das schon angedeutet. Ich will an dieser Stelle bezüglich der Kontrolltätigkeit nur darauf hinweisen, dass wir in den letzten Jahren trotz knapper werdender Ressourcen, vor allem personeller Art, über 80 Prozent unserer Betriebe in diesem Bereich überprüft haben.

Ich will insofern auch noch mal unterstreichen: Wir wollen weiterhin die Einführung eines Prüfungs- und Zulassungsverfahrens, auch das ist mir wichtig, nämlich für Stalleinrichtungen, für Anlagen zur Betäubung von Tieren im Rahmen der Schlachtung und Tötung. Und ich würde mich sehr freuen, wenn unsere Bundesratsinitiative länderübergreifend endlich zum Tragen kommt und wir damit auch zu mehr Tierschutz in Deutschland, in Europa und natürlich in Mecklenburg-Vorpommern kommen.

Nur diese Maßnahmen, für die allerdings auch eine breite Unterstützung notwendig ist, können aus meiner Sicht eine nachhaltige und dauerhafte Optimierung zum Schutz der Tiere bewirken. Und deswegen glaube ich, dass wir, wenn wir auf Bundesebene zu einem Durchbruch kommen wollen, an einem Strang ziehen müssen. Ich halte nichts davon, dass es unterschiedliche Kriterien und Bewertungen in den einzelnen Bundesländern gibt.

Sie haben angedeutet, der Gesetzentwurf aus NordrheinWestfalen ist Ihnen relativ sympathisch. Das kann ich bestätigen, das ist er für mich auch. Der Entwurf aus Bremen würde für mich schon eine ganze Reihe von Fragezeichen aufwerfen. Als Stadtstaat kann man die Bedingungen auf uns nicht so herunterbrechen. Und deswegen glaube ich, es ist wichtig und wir werden uns dafür einsetzen, dass wir auf Bundesebene in Richtung eines gesetzlichen Verfahrens kommen mit dem Ziel, für

mehr Tierschutz in Deutschland zu sorgen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir GRÜNEN unterstützen den Antrag der LINKEN.

(Burkhard Lenz, CDU: Nee! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Denn nachdem ethischer Tierschutz ein Staatsziel mit Verfassungsrang geworden ist, halten wir die Einführung des Rechts auf Verbandsklage für geboten. Wir haben es im Moment mit einem strukturellen Ungleichgewicht zu tun, ja, mit einem enormen Vollzugsdefizit im Bereich Tierschutz. So sagt zum Beispiel die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“, „der Beurteilungsspielraum, den die Tierschutzbehörden bei der Anwendung der Rechtsbegriffe des § 2“ des Tierschutzgesetzes „haben“, sei „mit Blick auf das einseitige Prozessrisiko nicht selten zu Lasten der Tiere“ ausgelegt worden, „so dass auch solche Haltungsformen, die bei näherem Hinsehen nicht mehr mit dem gesetzlichen Gebot der ,verhaltensgerechten‘ Unterbringung in Einklang zu bringen sind, toleriert“ und „genehmigt“ worden sind.

Das ist nicht länger hinnehmbar, denn, wie bereits erwähnt: Tierschutz ist seit dem Jahr 2002 als Staatsziel im Grundgesetz unserer Republik verankert.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Damit wurde auf Bundesebene eine lange Diskussion über den Rang des Tierschutzes – ich habe das über Jahrzehnte mit verfolgen dürfen – im Verfassungsgefüge endlich abgeschlossen. So heißt es nun in Artikel 20a unseres Grundgesetzes: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Wir haben ein Rechtsgut mit Verfassungsrang. Tiere werden um ihrer selbst willen geschützt. Da sie aber nicht selbst Kläger sein können, werden die Belange des Tierschutzes nicht durch die Gerichte kontrolliert in Mecklenburg-Vorpommern. Den Tiernutzern steht jedoch der Instanzenweg offen. Und das ist das Ungleichgewicht, das dazu führt, dass strittige Fragen des Öfteren zulasten der Tiere entschieden werden.

Das effektivste Mittel zur Umsetzung dieses Staatsziels ist die Verbandsklage für Tierschutzverbände. Genau wie beim Staatsziel Umweltschutz, wo ein solches Verbandsklagerecht ja eingeführt worden ist, treten wir GRÜNEN für das tierschutzrechtliche Verbandsklagerecht ein. Wenn wir in Mecklenburg-Vorpommern den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – auch im Grundgesetz zu finden, Artikel 3 – vermeiden wollen, dann stimmen Sie mit für diesen Antrag. In mehreren

Bundesländern, wir haben es bereits gehört, existiert dieses Recht bereits heute. In anderen Ländern steht es kurz davor, in den grünen Bereich zu kommen, BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz.

Lassen Sie mich noch einen Aspekt nennen: Nach Aussage des Deutschen Tierschutzbundes – wir haben es auch schon gehört –, des bundesweit größten Verbandes, den auch Herr Minister Backhaus anerkennt, ist nun keineswegs mit einer Prozessflut zu rechnen, da es sich nun mal so verhalten wird, dass ein einmal erstelltes Gerichtsurteil analog an allen Orten des Landes gelten würde. Und es wird ja keineswegs jede kleine örtliche Tierschutzgruppe in den Genuss dieses Verbandsklagerechts kommen. Nur landesweit tätige Tierschutzorganisationen werden dadurch klageberechtigt. Diese Klageberechtigung wird ja von uns diesen Verbänden zuvor anerkannt, sie müssen ja durch uns erst mal anerkannt werden. Denn bedenken Sie: Ein jedes Wesen – auch die Tiere, die hier mit uns leben – hat gleiches Recht auf Schutz. Auch angesichts des wachsenden Bedürfnisses der Bevölkerung nach einer Beteiligung, die diese Bezeichnung auch verdient, ist es in unseren Augen dringend notwendig, im Rahmen der Verbandsbeteiligung die rechtlichen Möglichkeiten dafür zu schaffen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Feike von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit diesem Antrag möchte die Linksfraktion per Gesetz ein Verbandsklagerecht für die Tierschutzverbände verankern mit der Begründung, dass der Schutz der Tiere Verfassungsrang besitzt. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass in Artikel 20a Grundgesetz der Tierschutz nur als ein Staatsziel bezeichnet wird und damit kein Grundrecht ist. Bezogen auf die rechtlichen Definitionen von Tieren finden wir noch heute einige Gesetze, in denen das Tier noch ein Gegenstand ist. Nur so viel dazu.

Für die SPD-Fraktion hier im Landtag ist die Forderung nach dieser Verbandsklage nicht neu. Doch auch wir stellen uns die Frage, ob es wirklich ein Weg ist, um das Leben und die Lebensbedingungen der Tiere hier in dem Land zu schützen, wenn in Medien die Bilder von misshandelten Nutz- und Haustieren, Bilder von erschütternden Tiertransporten und Bilder von tierunwürdigen Großmastanlagen gezeigt werden und immer wieder die Rufe nach einem verschärften Tierschutzgesetz zu hören sind.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Doch wir müssen uns die Frage stellen, ob man mit diesem Klagerecht im Tierschutzgesetz dem öffentlichen Tierschutz gerecht werden kann. Die SPD-Fraktion sagt dazu klar Nein. Hierfür sprechen drei wichtige Gründe:

Erstens. Ein landesspezifisches Klagerecht ist nicht sinnvoll, weil zum einen bei einer möglichen gerichtlichen Überprüfung nur ein Einzelvorhaben überprüft werden würde. Ich betone hier, Einzelvorhaben, da man bei dem

hier geforderten Klagerecht nur Einfluss nehmen kann auf ein Projekt oder dessen Genehmigungsverfahren. Für uns ist das nicht ausreichend und geht nicht weit genug, denn wir wollen weiterreichenden Tierschutz im Allgemeinen nach allgemeingültigen Vorschriften für alle bestehenden und bevorstehenden Vorhaben im Land.

Zum anderen stellen für alle Beteiligten die Klageverfahren immer einen hohen Kosten- und Zeitaufwand dar. Hierin sehen wir auch einen Grund, warum die Klagerechte nur immer in geringem Umfang in Anspruch genommen werden. Wenn Sie sich mal die Zahlen in den anderen Bundesländern anschauen, wie oft wurden diese Klagen eingereicht, wurde dieses Recht der Klage in Anspruch genommen, das zeigt uns, dass dieses Klagerecht nicht sinnvoll ist.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das ist doch nicht zu glauben!)

Hinzuzufügen ist die fehlende Nachhaltigkeit, da eine mögliche Verbandsklage nur einen Rechtsschutz während des Verfahrens bietet. Wir wollen einen weiterreichenden Tierschutz und nicht nur im Klageverfahren.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wer hindert Sie denn daran?)

Zweitens. Wir als SPD-Fraktion wollen einen anderen Weg beschreiten, das heißt, es müssen neue und zeitgerechte Standards beim Zulassungs- und Prüfungsverfahren von Stalleinrichtungen und Schlachtanlagen weiterentwickelt werden

(Regine Lück, DIE LINKE: Ja, na dann hauen Sie mal rein!)

und das Tierschutzgesetz und dessen Verordnungen auf Landes- und Bundesebene müssen aktualisiert und den gesellschaftlichen Werten und Erwartungen angepasst werden.

Und schließlich müssen wir für eine größere Unterstützung und Kompetenzstärkung von Naturschutzverbänden und deren Gremien werben, zum Beispiel Tierschutzbeirat, wie schon angesprochen wurde.

Die hier aufgezeigten nötigen Maßnahmen sehen wir als SPD als den richtigen Weg an, um einen umfangreichen Tierschutz in unserem Land gewährleisten zu können. Für uns ist die Verbandsklage im Naturschutzrecht ein zu schwaches Mittel für unser Ziel, einen starken Naturschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern zu erreichen. Mit den genannten Maßnahmen können wir es zum Beispiel schaffen, das Tierleben von Anfang an zu schützen, den Umgang und die Lebensbedingungen der Nutztiere zu verbessern und effektive Kontrollmechanismen auch im sensiblen Bereich der Genehmigung von Tierversuchen durchzusetzen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben doch nichts zu befürchten, wenn der Antrag gut ist.)

Daher lehnen wir den Antrag der Linkspartei ab.

Zum Schluss möchte ich noch einige Bemerkungen zu der Äußerung von Frau Schlupp machen. Es ist richtig, dass die Koalitionäre aus den genannten Gründen

gegenwärtig keinen Bedarf sehen, das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einzuführen. Die Bewertung der Verbandsklage für den Naturschutz durch die CDU teilen wir jedoch nicht.

(Marc Reinhardt, CDU: Das ist schade.)

Die teilen wir nicht.

Um es unmissverständlich noch einmal ganz klar zu sagen: Die SPD-Fraktion steht für die Verbands- klagemöglichkeit im Naturschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In der vergangenen Legis- laturperiode haben CDU und SPD gemeinsam das Gesetz zur Bereinigung des Landesnaturschutzgesetzes eingebracht und verabschiedet, in welchem die Verbandsklage im Landesnaturschutzgesetz bestätigt wird. Auch die von der CDU-Fraktion bisher gemachten Erfahrungen mit dem Verbandsklagerecht für Naturschutzverbände in M-V können wir bis jetzt nicht nachvollziehen.

(Beate Schlupp, CDU: Ich werde dazu ausführen.)

Die von der CDU bei Einführung des Verbandsklagerechtes im Naturschutzgesetz prophezeite Klagewelle ist nicht eingetreten. Nach meinem Kenntnisstand gab es 2002 14 Klagen in diesem Bereich. Und bei 14 Klagen kann man nun wirklich nicht von einer Klageschwemme sprechen. Für uns ist die Verbandsklage im Naturschutzgesetz ein Instrument des präventiven Regulativs für Verwaltungshandeln.

Zusammenfassend möchte ich sagen, wir lehnen den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab

(Peter Ritter, DIE LINKE: Eijeijeijei.)