Protokoll der Sitzung vom 17.11.2011

4. Flexibilisierung des Bildungsgutscheins und

5. Rücknahme der Kürzung der Förderdauer des Ein

gliederungszuschusses für Ältere

In diesen Punkten ist der Vermittlungsausschuss ange- rufen worden. Es gab also gute Gründe, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Diese finden sich ja

dann auch zum Teil im Antrag der Fraktion der LINKEN wieder. Deshalb bin ich der Meinung, dass man erst im Lichte der Ergebnisse des Vermittlungsausschusses am 22. November 2011 eine abschließende Entscheidung über das Stimmverhalten der Landesregierung treffen kann. Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn man einen Vermittlungsausschuss anruft und bevor die Arbeit im Vermittlungsausschuss das endgültige Ergebnis vorlegt, man schon Entscheidungen trifft, man ist eigentlich nicht mehr dabei.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber Sie müssen doch eine Position haben, die Sie da vertreten wollen.)

Natürlich haben wir eine Position. Die habe ich auch eben deutlich gemacht. Es geht um diese fünf Punkte. Und wenn Sie darauf sozusagen zurückgreifen, was ich vor dem Erwerbslosenparlament gesagt habe, dann habe ich mich dazu geäußert, wie groß die Chance ist, dass man überhaupt was in diesem Ausschuss durchsetzen kann, die ist geringer als bei Gesetzgebungsverfahren, wo die Bundesregierung auf unsere Zustimmung angewiesen ist. Die Bundesregierung ist nämlich im Endeffekt auf die Zustimmung der Länder bei diesem Gesetz nicht angewiesen wie bei anderen Gesetzen und deswegen macht es unsere Position schwieriger. Ich sehe das, was derzeit vorliegt, skeptisch. Es handelt sich nur um Protokollerklärungen und Protokollerklärungen der Bundesregierung sind nicht so viel wert wie konkrete Gesetzesänderungen.

Aber noch mal: Dass Sie heute vorschlagen, dass der Landtag heute schon eine Entscheidung trifft über das Ergebnis des Vermittlungsausschusses, dass wir doch schon mal pauschal ablehnen sollen, obwohl wir uns gerade bemüht haben, in diesen Vermittlungsausschuss zu gehen, das zeugt davon, dass es typisch nach Ihrer Politikmethode geht – gegen alles sein und nirgendwo tatsächlich ernsthaft versuchen, was rauszuholen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Eijeijeijeijei! – Torsten Renz, CDU: Vollkommen korrekt.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zweitens, die SPDgeführten Bundesländer haben für die 88. Arbeits- und Sozialministerkonferenz, die am 23./24. November 2011 tagen wird, einen Antrag mit dem Titel „Perspektive für Langzeitarbeitslose“ eingebracht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland

nachhaltig verringert wird. Damit wurde dem Anliegen der LINKEN bereits entsprochen.

Drittens nun zu dem, was in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU mit Blick auf die Arbeitsmarktpolitik festgehalten wurde:

Zur Koalitionsziffer 239: Wir wollen die Chancen von Langzeitarbeitslosen zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erhöhen. Langzeitarbeitslosigkeit führt nachweislich bei einer großen Zahl der Betroffenen zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Wir werden daher unsere Integrationsprojekte um Angebote zur Bewegungs- und Gesundheitsförderung für langzeitarbeitslose Frauen und Männer erweitern. Bis Jahresende werden etwa 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesen Programmen mitmachen.

Koalitionsziffer 240: Die Landesregierung hat angesichts der Rückgänge bei den Eingliederungstiteln der Jobcenter ein Pilotprojekt mit der Arbeitsagentur Neubrandenburg und den Jobcentern Demmin, Mecklenburg-Strelitz und Uecker-Randow angeschoben. Hier werden für Langzeitarbeitslose, für die keine Maßnahmen der Jobcenter zur Verfügung stehen, Qualifizierungsmaßnahmen für etwa 300 Teilnehmer in den Bereichen Pflegedienste, Hotel- und Gaststätten, Metallverarbeitung, Bau- und Telearbeit angeboten. Das Fördervolumen umfasst knapp 1 Million Euro und wird am 1. Dezember 2011 anlaufen.

Zur Koalitionsziffer 241: 1.697 langzeitarbeitslose Frauen und Männer im Land, die derzeit keine Chance auf eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, sollen über das Bundesmodellprojekt „Bürgerarbeit“ für maximal drei Jahre eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten.

Mein Ministerium fördert 25 Integrationsbegleiterinnen und -begleiter, die die Jobcenter bei der Umsetzung der Bürgerarbeit unterstützen. Wir haben dafür insgesamt 1,8 Millionen Euro für zwei Jahre bereitgestellt. Ich bin optimistisch, dass wir alle 1.697 Bürgerarbeitsplätze im Lande bis zum 1. Mai 2012 besetzen werden.

Lassen Sie mich jetzt auf die Frage nach weiteren Maßnahmen zur Arbeitsmarktpolitik eingehen, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.

Koalitionsziffer 242 – Berufsfrühorientierung: Die Landesregierung hat im September die neue Richtlinie zur Berufsorientierung an allgemein bildenden und beruflichen Schulen aufgelegt. Diese Richtlinie ist jetzt umzusetzen und kann flankiert werden durch diverse Projekte der Berufsorientierung. Dazu gehören das außerschulische Berufsfrühorientierungsprogramm, Schülerexkursionen in Unternehmen, die vertiefte und erweiterte Berufsorientierung der BA, Förderung der Berufsorientierung in überbetriebliche und vergleichbare Berufsbildungsstätten und anderes.

Und, Herr Foerster, wenn Sie fragen, was daran so neu ist, ich weiß, dass Sie ein echter Praktiker in diesem Bereich sind, und deswegen überrascht es mich, dass Sie nicht wissen, bei der Berufsfrühorientierung läuft so einiges nicht. Es gibt viele Schüler, die von bestimmten Arbeitsplätzen überhaupt gar keine Ahnung haben, die das nie gesehen haben und sagen, ich weiß eigentlich nicht so richtig, was ich machen soll. Und ich glaube, in

diesem Bereich ist es wichtig und richtig, dass da eine ganze Menge noch unterstützt wird. Das ist schon auf dem Weg, schon durch die alte Landesregierung auf den Weg gebracht worden.

Und dass wir hier nicht die Einzelheiten in den Koalitionsvertrag schreiben, ist auch üblich, denn ich denke, man muss sich auch in den fünf Jahren immer wieder der aktuellen Situation anpassen. Das können Sie nicht am Anfang in Stein meißeln. Insofern, finde ich, ist es völlig wichtig und richtig, dass noch mal auf die Berufsfrühorientierung diese Landesregierung besonderen Wert gelegt hat, und ich hoffe, mit dem, was ich eben gesagt habe, habe ich es Ihnen dann auch näher erläutert.

Ziffer 243 – Ausbildungserfolge: Bereits im Ausbildungspakt 2008 bis 2013 – Fachkräfte für M-V – haben die Sozialpartner und die Kammern zugesagt, die Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen bei der Berufsorientierung zu fördern sowie die Integration von benachteiligten Jugendlichen zu stärken. Dazu gehören Lernpartnerschaften zwischen Unternehmen und Schulen, der Girls‘Day und anderes. Dies wird fortgesetzt.

Ziffer 244 – Chancen Älterer im Berufsleben erhöhen: Mögliche Pilotprojekte sollten sich einpassen in bereits bestehende Maßnahmen. So fördert der Bund mit dem Programm „Perspektive 50plus – Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen“, „Kommunal-Kombi“ und „Bürgerarbeit“ bereits die angesprochenen Zielgruppen. Außerdem möchte ich hinweisen auf das geplante Aktionsprogramm zur Förderung des betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Ziffer 250 – die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt, Ziffer 251 – die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben: Diese Punkte, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten der Linksfraktion, habe ich in Ihrem Antrag vermisst. Zwei ganz wichtige Themen haben Sie vergessen, die wir klar in den Koalitionsvereinbarungen benannt haben:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie sollen doch nicht alle Punkte der Koalitions- vereinbarung abschreiben.)

die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt und die Vereinbarkeit von Arbeits-, Familien- und Privatleben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Mit Blick auf den demografischen Wandel in unserem Land werden beide Themen, die eng miteinander verbunden sind, an Bedeutung gewinnen. Wir haben es nicht nur aufgeschrieben, lieber Herr Ritter, wir machen auch ganz konkret was.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja. Das haben wir jetzt eine Viertelstunde lang gehört.)

Wir haben bereits im vergangenen Jahr das erste Aktionsprogramm zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben gestartet. Es hat eine sehr breite Resonanz gegeben und die Zahl der guten und förderwürdigen Projektideen überstieg alle unsere Erwartungen. Es wird deshalb nun ein zweites Aktionsprogramm zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben geben. Es umfasst ein Budget für Projekte in Höhe von 1 Million Euro, das

erste war genauso hoch. Gefördert werden innovative und für unser Land zukunftsweisende Projekte, welche die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben bedarfsgerecht, praxiswirksam und nachhaltig ermöglichen. Hier stehen vor allem Alleinerziehende, Familien und der Bereich Familie und Pflege im Vordergrund.

Damit komme ich gleich zu meinem zweiten Schwerpunkt – Verbesserung der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Alle Statistiken belegen es: Alleinerziehende, und das sind etwa zu 95 Prozent Mütter, haben es besonders schwer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. In Schwerin beispielsweise gibt es aktuell 891 arbeitslose Alleinerziehende. 800 von ihnen sind beim Jobcenter und nur ein viel kleinerer Teil fällt in die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit, also die Mehrheit ist langzeitarbeitslos.

Wir wollen alle diese Alleinerziehenden ansprechen und mit ihnen gemeinsam überlegen, welche Möglichkeiten es für ihren ganz individuellen Weg zurück in Arbeit geben kann. Dabei sind die altersgemäßen Bedarfe der Kinder ebenso zu beachten wie die Arbeits- und Lebenssituation von Großeltern und Freunden, die Hilfe leisten können. Wir wollen auf diese Weise ein möglichst passgenaues individuelles Familienmanagement entwickeln, was es Alleinerziehenden ermöglicht, Schritt für Schritt Arbeit und Familie wieder vereinbaren zu können. Wir werden mit diesem modellhaften Projekt im Januar in Schwerin beginnen. Andere Städte und Regionen haben bereits ihr Interesse bekundet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, wir haben gerade bei der Vereinbarkeit und bei der Chancengleichheit von Frauen und Männern neue Schwerpunkte gesetzt. Wir wollen im Interesse von Familien die Arbeitsmarktpolitik des Landes viel enger mit der Sozialpolitik verbinden. Ich lade Sie ein, das mit uns gemeinsam zu tun und es kritisch zu begleiten. Und ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass wir schon viel weiter und viel konkreter sind, als es der Antrag der Fraktion DIE LINKE hergibt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Ministerin hat ihre Redezeit um sechs Minuten überzogen. Diese Zeit steht der Opposition zur Verfügung.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Barlen von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE lehnen wir ab. Lassen Sie mich das kurz begründen.

Erstens, dass wir aus sozialdemokratischer Sicht mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt der schwarz-gelben Bundesregierung, sagen wir mal, eher unzufrieden sind, das dürfte sich rumgesprochen haben,

(Torsten Renz, CDU: Na ja.)

und daher akzeptieren wir natürlich nicht, dass Eingliederungschancen für Langzeitarbeitslose und für benachtei

ligte Gruppen einem Spardiktat, wie auch immer, geopfert werden. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses war folgerichtig und hatte dementsprechend auch gute Gründe, für die es sich zu kämpfen lohnt. Ministerin Schwesig ist darauf eingegangen.

Und da in einem Vermittlungsausschuss, das ist die Idee eines solchen Ausschusses, theoretisch Verbesserungen erreicht werden können,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Theoretisch.)

wird das Ergebnis der Verhandlungen zuerst durch uns zur Kenntnis genommen, noch ist es nicht so weit, und dann werden diese Ergebnisse geprüft und bewertet

(Torsten Renz, CDU: Ja, richtig. Sehr richtig.)

und nicht andersherum. Möglicherweise unterscheidet uns das auch voneinander, dass wir diese Dinge nicht pauschal ablehnen, sondern versuchen, bis zuletzt – auch wenn man manchmal den Eindruck haben kann, dass das eine sehr schwere und auch wenig erfolgversprechende Aufgabe ist – etwas Besseres auf die Reihe zu bekommen.

Und ich greife vielleicht auch mal zu einem weiteren Redner. Ich weiß nicht, Herr Renz, machen Sie das?

(Torsten Renz, CDU: Klar, ich bin bereit.)

Da ist auch nicht alles Gold, was glänzt.

(Torsten Renz, CDU: Nein, das haben wir auch nicht gesagt. Deswegen stellen wir ja auch einen Änderungsantrag.)