Während Asylbewerber zu Beginn des Verfahrens verpflichtet sind, längstens bis zu drei Monaten in der jeweils zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, regelt Paragraf 53 des Asylverfahrensgesetzes die nähere Ausgestaltung des Aufenthaltes für den weiteren Verlauf des Asylverfahrens. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift sollen Asylsuchende, die nicht oder nicht mehr der Wohnverpflichtung der Aufnahmeeinrichtungen unterfallen, in der Regel, ich betone, in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Dies zu beachten, ist die Pflicht,
ist die Pflicht der Landkreise und kreisfreien Städte, die in unserem Bundesland für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und die Umsetzung des Ausländerrechtes zuständig sind.
Dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern obliegt hierbei die Fachaufsicht und wir haben uns ja auch gemeinsam mit Vertretern vor Kurzem in Jürgenstorf informiert. Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, versichern, dass ich und meine Ausländerverwaltung uns dieser Verantwortung bewusst sind und darauf achten, dass die bundesgesetzlichen Vorschriften konsequent umgesetzt werden. Dies gilt selbstverständlich auch für das Flüchtlingsaufnahmegesetz, das der Landtag beschlossen hat und das die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, für die Aufnahme von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern Gemeinschaftsunterkünfte vorzuhalten.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auch nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht die auf die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften abzielende Vorschrift, den Paragrafen 53 des Asylverfahrensgesetzes, für verfassungsrechtlich unbedenklich hält.
Begründet wurde dies damit, dass der Gesetzgeber mit dieser Sollvorschrift die Absicht verbinde, und jetzt zitiere ich: „… den Asylbewerbern sowohl für ihre eigene Person als auch im Hinblick auf mögliche künftige Asylantragsteller vor Augen zu führen, dass mit dem Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter vor dessen unanfechtbarer Stattgabe kein Aufenthalt im Bundesgebiet zu erreichen ist, wie er nach allgemeinem Ausländerrecht eingeräumt wird.
Die mit der Wohnsitznahme in Gemeinschaftsunterkünften typischerweise verbundenen Einschränkungen sind – auch vor dem Hintergrund der von der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet des Asylrechts eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen – grundsätzlich erforderlich, um im Interesse derjenigen Flüchtlinge, die letztlich bestandskräftig anerkannt werden, das Asylverfahren von Belastungen freizuhalten, für die es weder gedacht noch geeignet ist.“ Zitatende.
Abgesehen davon, meine Damen und Herren, stehen auch andere Hemmnisse einer Zustimmung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE entgegen. Die überwiegende
Anzahl der zu uns kommenden Asylbewerber ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Auch die christlich geprägte europäische Kultur ist vielen Asylbewerbern fremd. Durch die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die damit einhergehende Betreuung werden die Kompetenzen erworben, die für den späteren Aufenthalt in Deutschland von erheblicher Bedeutung sind. Zwölf Monate reichen dafür in der Regel nicht. Darüber hinaus gibt es,
darüber hinaus gibt es erfahrungsgemäß auch andere Gründe, die gegen eine Beendigung der zentralen Unterbringung sprechen, nämlich wenn zum Beispiel aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustandes die eigene Versorgung nicht gewährleistet wäre oder angemessener Wohnraum nicht zur Verfügung steht, und das ist in einigen Regionen dieses Landes, insbesondere in Studentenstädten, wahrhaftig zu einem Problem geworden.
Außerdem sieht Paragraf 53 Absatz 1 Satz 2 Asylverfahrensgesetz hinsichtlich der Unterbringungsform eine Ermessensentscheidung vor, wobei sowohl das öffentliche Interesse als auch die Belange des Ausländers zu berücksichtigen sind. Die pflichtgemäße Ermessensausübung und letztendlich die Entscheidung, ob und gegebenenfalls ab wann ein Asylbewerber dezentral untergebracht werden kann, obliegt nach dem Willen des Gesetzgebers allein den kommunalen Behörden. Und dass die Kommunen von der Möglichkeit der dezentralen Unterbringung Gebrauch machen, zeigt doch die Tatsache, dass von den im Antrag genannten rund 2.200 gegenwärtigen und ehemaligen Asylbewerbern 569 in Wohnungen leben. Zieht man von dieser Zahl noch mal circa 160 Asylbewerber ab, die in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet sind, wohnen 28 Prozent der Männer und Frauen in Wohnungen in MecklenburgVorpommern. Das ist eine Quote, mit der wir uns im Bundesdurchschnitt nicht zu verstecken brauchen.
Insofern, meine Damen und Herren, die dezentrale Unterbringung dieser Personen, so wie die Fraktion DIE LINKE es fordert, ist in der Form nicht umzusetzen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Wortbeitrag des Innenministers, sehr geehrter Herr Dr. Al-Sabty, werden Sie sich wahrscheinlich ausrechnen können, dass die SPD-Fraktion Ihren Antrag nicht unterstützen wird,
Sehr geehrte Damen und Herren, Millionen Menschen verlieren jedes Jahr wegen Flucht und Vertreibung ihre Heimat. Ein sehr kleiner Teil davon kommt auch in Mecklenburg-Vorpommern an. Diese Menschen haben eine traumatisierende Odyssee in der Regel hinter sich und haben bei uns das Recht auf ihre Würde, also die Menschenrechte. Wenn jemand Asyl suchend ist und vielleicht kein Anrecht auf Asyl hat letztendlich nach der gerichtlichen Klärung, gelten trotz alledem seine Menschenrechte, die auch hier gewahrt werden müssen. Sie haben das vorhin teilweise ausgeführt. An erster Stelle für mich steht hier immer das Recht auf Leben, Unversehrtheit und Sicherheit noch über dem Recht auf eine eigene angemessene Wohnung, wobei die Unterbringung von Menschen sicherlich auch mit ihrer persönlichen Gesundheit und ihrer Unversehrtheit viel zu tun hat.
Menschen, die als Asylsuchende bei uns ankommen, haben in der Regel eine dringende Notwendigkeit an psychischer und physischer ärztlicher Betreuung,
Rechtsberatung, sie brauchen andere Beratungsmöglichkeiten. All diese Dinge sind eigentlich geregelt und müssen bereits im Erstaufnahmelager ihnen zur Verfügung gestellt werden. Dass es da in der Vergangenheit Probleme gegeben hat, das wissen wir. Viele von uns waren in Horst nach den Protesten und mussten allerdings registrieren, dass auch nach unserer Begehung und Nachgesprächen – damals war Herr Lenz vor Ort, der Staatssekretär – trotz allem weitere Vorfälle zu verzeichnen waren. Ich gehe davon aus, dass die umfänglich aufgeklärt und, so es sich um Missstände und Verfehlungen handelt, auch abgestellt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Asylverfahrensgesetz in der Bundesrepublik Deutschland ist vor ungefähr 30 Jahren entstanden, nachdem es zunächst einen Anwerbestopp von ausländischen Arbeitskräften gegeben hat, und war dem Umstand geschuldet, dass erstmals die Asylsuchendenzahl die Hunderttausendermarke in der Bundesrepublik Deutschland überstieg. Es ist ganz klar konzipiert als Abschreckungsgesetz und fand 1993, also vor fast 20 Jahren, mit dem Asylbewerberleistungsgesetz eine weitere, ich will jetzt nicht sagen Schikane, aber weitere Einschränkungen für die Menschen, die hier Asyl suchend ankommen. Da nehme ich als Stichwort nur das Arbeitsverbot.
Die gesetzliche Grundlage oder vielmehr den gesetzlichen Rahmen, in dem wir uns hier bewegen, hat der Innenminister eben sehr ausführlich dargestellt. Trotz alledem muss man verzeichnen, dass hier die Bundesländer sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Alle neuen Bundesländer haben eine sehr hohe Anzahl an Asylbewerbern oder geduldeten Menschen in Gemeinschaftsunterkünften, in der Regel höher als in den alten Bundesländern. Das ist sicherlich auch der Hilflosigkeit der frühen 90er-Jahre geschuldet, als man Asylsuchende zugewiesen bekam und eigentlich nicht darauf eingerichtet war und Unterkünfte mehr oder weniger aus dem Boden stampfte.
Und dann hatten wir hier noch diese Ereignisse damals in Lichtenhagen. Das wird auch immer gerne wieder als Beispiel herangezogen, um zu sagen, diese Unterbringung ist aber auch ein Stück Sicherheit. Mittlerweile kann dieses Argument aber auch nicht mehr ziehen. Wir wis
sen, dass Menschen fremder Herkunft in MecklenburgVorpommern, egal, ob sie Asyl suchend sind, ob sie geduldet sind oder ob sie einen Aufenthaltstitel haben, mitten auf der Straße angepöbelt werden, beschimpft werden, bedroht werden. Und wenn ich dann nach rechts gucke, sitzen genau die Vertreter dort, aus deren Reihen das ja besonders häufig zu verzeichnen ist.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Stefan Köster, NPD: Die ganzen Angriffe von Ausländern auf Deutsche, die gibt es gar nicht. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Die Unterbringung, wie ich eben sagte, der Asylsuchenden in der Bundesrepublik Deutschland ist sehr unterschiedlich. Der Deutsche Flüchtlingsrat hat im letzten Jahr in einer Publikation einmal eine Übersicht herausgegeben, wie das Verhältnis bundesweit sich darstellt. Und so müssen wir resümieren, Herr Innenminister, wir waren hier in Mecklenburg-Vorpommern schon mal wesentlich besser aufgestellt.
Im Jahr 2009 stellte es sich nämlich so dar, dass der Vergleichswert von 2002 auf 2009 sich signifikant verbessert hatte. Von ursprünglich im Jahr 2009 79 Prozent Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften war diese Zahl bis 2009 auf 52 Prozent zurückgegangen. Die Zahlen, Dr. El-Sba…, jetzt muss ich doch noch mal gucken,
Al-Sabty, die Sie eben nannten, fallen aus dieser Statistik heraus, weil wir in den letzten beiden Jahren einen wesentlich höheren Anteil an Asylsuchenden zu verzeichnen hatten. Die Zahlen sind angestiegen und somit sind wir wieder ungefähr auf 30 Prozent praktisch zurückgefallen. Von daher also kann man diese Quote sicherlich auch wieder wesentlich verbessern.
Spitzenreiter bei der Tabelle ist im negativen Sinne das Land Bayern. Im Bundesland Bayern war der Anteil der Menschen in Gemeinschaftsunterkünften 2002 bei 85 Prozent und war auch 2009 noch bei 83 Prozent. Ganz anders da die Rheinland-Pfälzer – da hält sich der prozentuale Anteil der Menschen in Gemeinschaftsunterkünften bei 9 Prozent. 9 Prozent! Also dort sind wirklich nur, genau umgekehrt wie im allgemeinen Verfahren, Menschen, die – das, was der Innenminister eigentlich eben erwähnte – in besonderen Situationen sind, die sind in Gemeinschaftsunterkünften. Die große Masse ist integriert, ist zumindest in Wohnungen untergebracht. Also es ist eine Sache, wie man damit auch von Land zu Land umgeht.
Was ich eben bei den Ausführungen des Innenministers eigentlich vermisst habe, ist die Tatsache, dass in einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion aus dem März dieses Jahres die Auskunft gegeben wurde: „Das Innenministerium arbeitet derzeit an einer Novellierung der Erlasslage zur zentralen/dezentralen Unterbringung. Ziel ist es, die Unterbringung von Asylbewerbern,“
„ehemaligen Asylbewerbern und unerlaubt eingereisten Ausländern landeseinheitlich zu regeln. Die Kommunen sind an der Novellierung beteiligt und haben Vorschläge eingereicht.“
In dem Zusammenhang hätte es mich ja mal interessiert, in welche Richtung wir uns da bewegen. Wir haben allerdings die klare Auskunft des Innenministers, dass die Sollregelung in Bezug auf die Gemeinschaftsunterkünfte erhalten bleibt. Aber inwieweit die Kommunen vielleicht signalisiert haben, dass sie offener damit umgehen werden, diese Information ist leider nicht gegeben worden. Vielleicht können wir das noch mal erfahren.
Egal, wie die Menschen in unserem Land untergebracht sind, ich würde mir mehr dezentrale Möglichkeiten wünschen. Die Kommunen sind mit in der Pflicht, auf jeden Fall, und teilweise sind sie auch dazu bereit und teilweise, das sagen die Zahlen, die ich gerade vorgetragen habe, ist man bemüht und ist die Einstellung zu dieser Thematik, denke ich mal, eine andere als Anfang der 90er-Jahre. Deswegen bin ich da eigentlich zuversichtlich, dass wir auf dem Wege der kommunalen Kommunikation auch in dieser Richtung wieder ein Stück weiter kommen.
In jedem Falle aber gilt, dass die Unterbringung von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen menschenwürdig sein muss, einen gewissen Grad an Privatsphäre gewährleisten muss. Das Land hat Mindestansprüche für die Ausstattung von Unterkünften definiert. Das muss man sich noch mal genau anschauen: Entsprechen die dem, was wir heutzutage als menschenwürdig und als gesellschaftsfähig empfinden? Und bietet die Art der Unterbringung den Menschen auch Möglichkeiten der Partizipation? Auch das ist bei der Länge der Aufenthalte und der Länge der Asylverfahren, denke ich mal, eine Angelegenheit, die gewährleistet werden soll.
Und wenn ich hier so manche Zwischenrufe mir angehört habe, vor allen Dingen natürlich von der Fensterfront, dann möchte ich doch nur mal daran erinnern, jeder, der hier sitzt, findet, wenn er mal ein bisschen drüber nachdenkt, in seiner Familie oder in seinem Bekanntschaftsfeld Menschen, die vor einigen Jahrzehnten nämlich genau in einer Situation waren, dass sie vertrieben wurden oder geflüchtet sind. Und ich denke da jetzt nicht an die Menschen, die man von der Scholle vertrieben hat, die nichts anderes verloren haben als ein Stück Land, sondern die Familienangehörige verloren haben, Brüder, Schwestern, Eltern, Kinder, und denen nur die Möglichkeit der Flucht übrig blieb, um ihr nacktes Leben zu retten. Sie sind dann zwar vielleicht nur aus dem jetzigen Polen nach Nordrhein-Westfalen oder sonst wohin geflüchtet,
aber auch diese Menschen waren mal in einer Situation, in der sie mit Nichts irgendwo standen und Vorurteilen begegnet sind. Diese Menschen hatten natürlich das Glück, dass sie der deutschen Sprache mächtig waren. Wenn man in einem fremden Land aufschlagen muss, weil man im Heimatland keinen Fuß an die Erde kriegt, ist das noch mal ein paar Grad schärfer.
Und ich möchte nur mal daran erinnern und möchte fragen: Wer hätte seinen Vorfahren – in meinem Fall waren es meine Eltern – gewünscht, dass sie so lange schwebenden Verfahren ausgeliefert wären, auf engstem Raum hätten leben müssen, ohne Kontaktmöglichkeiten, ohne alles? Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich wünsche mir hier auch ein bisschen mehr Menschlichkeit, was möglich ist. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte, Frau Gajek.
Ja, verehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bitte doch noch um ein bisschen Aufmerksamkeit, auch wenn die Zeit schon vorangeschritten ist.