Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Im Gegensatz zu den westdeutschen Bundesländern gibt es bei uns in Mecklenburg-Vorpommern bisher kaum Bürgerwindparks und Kommunalwindparks. Es gibt aber viele Aktivitäten vor Ort – Gott sei Dank, sage ich –, sodass Bürgerwindparks in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren entstehen könnten. Insbesondere im Zusammenhang mit der Neuausweisung von Windeignungsgebieten von circa 13.000 Hektar gibt es sehr, sehr konkrete Überlegungen vor Ort, einen Großteil dieser neu ausgewiesenen Eignungsgebiete für Bürgerwindparks und Kommunalwindparks zu nutzen.

(Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

All das, meine Damen und Herren, wäre nicht möglich, wäre nur graue Theorie, da können wir uns als Land noch so viel Mühe geben, hier Rahmenbedingungen zu schaffen. Wenn das Kapitalanlagegesetz so bleibt, wie es ist, werden alle diese Vorhaben, meine Damen und Herren, nicht möglich sein. Und das ist die eigentliche Dimension, um die es hier letztendlich geht. Insofern ist es sehr wichtig, dass wir heute dieses Thema beraten und, das wäre mein Wunsch gewesen, zu einer Beschlussfassung im Landtag kommen. Dazu muss ich deutlich sagen, meine Damen und Herren, da unterscheidet sich die Position der SPD- von der der CDUFraktion. So etwas soll es ja auch mal geben.

(Heinz Müller, SPD: Ab und zu, ja. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Es ist selbstverständlich richtig, das erkennen wir an, dass unsere Landesregierung, insbesondere das Energieministerium, aber auch das federführende Finanzministerium in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium und dem Wirtschaftsministerium, bereits handelt. Das ist lobenswert, aber das war, ganz ehrlich gesagt, auch von uns so zu erwarten. Das ist nicht das Thema. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist: Was passiert am 16. beziehungsweise 17. Mai im Bundestag? Es ist kein zustimmungspflichtiges Gesetz, das heißt, es wird am

7. Juni im Bundesrat zwar noch eine Befassung geben, aber entscheidend ist in dem Falle der Bundestag am 16. oder 17. Mai.

Und demzufolge, meine Damen und Herren, wäre es geradezu logisch und notwendig, dass wir uns heute hier im Landtag – ebenso wie bereits die Regierung – ebenfalls positioniert hätten, als Teil der Demokratie, als Legislative eine eigenständige Position als politisches Gewicht einzubringen. Das ist die Position der SPD.

Unser Koalitionspartner CDU war leider nicht bereit, über einen Änderungsantrag diesen Weg zu gehen,

(Heinz Müller, SPD: Warum das denn nicht?)

denn wir hätten durchaus die Landesregierung bitten können, sich auch zukünftig, wie bisher, im Sinne einer Beschlusslage hier im Landtag einzusetzen,

(Marc Reinhardt, CDU: Was ist das für eine Märchenstunde?)

um dieses Kapitalanlagegesetz im Bundestag zu ver- ändern.

Meine Damen und Herren, insofern wird es leider so sein, dass die SPD-Fraktion, jetzt sage ich mal, nicht nach bewährter Praxis, sondern nach bekannter Praxis den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen wird.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben zunächst in der Fraktion darüber diskutiert, ob das ein Finanzantrag ist oder ein Energieantrag.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD)

Wir sehen, es ist beides. Insofern haben wir uns entschieden, dass ich auch dazu sprechen soll hier im Landtag.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich gebe zu, dass das Problem an mir vorbeigegangen war. Spätestens allerdings, als ich den Artikel in der „neuen energie“ gelesen habe und Ihr Antrag auf dem Tisch lag, da ist uns bewusst geworden, dass das ein wichtiges und gefährliches Thema für die bürgernahe Energiewende ist. Und selbst, nachdem ich mir die Debatte zur Ersten Lesung im Bundestag angesehen hatte, das gebe ich freimütig zu, waren mir die Zusammenhänge immer noch nicht so ganz hundertprozentig klar. Aber inzwischen hat sich das geändert. Wie Sie sicherlich auch, habe ich mich schlau gemacht und es ist gut, dass wir heute darüber diskutieren.

Auch wenn die Koalitionsfraktionen den Antrag ablehnen, hoffe ich trotzdem, und davon gehe ich nach dem Redebeitrag der Justizministerin auch aus, dass die Landesregierung weiter im Sinne des Antrages handeln wird. Denn eins ist klar, die Energiewende hat inzwischen immer mehr und höhere Hürden zu überwinden. Wenn diese jetzt auch noch dazukommt, dann ist es nicht mehr weit bis zur Kapitulation.

Wir sind hier im Hause in vielerlei Fragen, auch bezüglich der Energiewende, sowohl einer Meinung als auch unterschiedlicher Meinung. Aber es dürfte allen klar sein, dass eine Grundvoraussetzung für ihr Gelingen die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ist. Und diese Akzeptanz kann und muss durch viele Bausteine erreicht werden.

Da ist zuallererst zu nennen, dass Strom natürlich kein Luxusgut werden darf, also bezahlbar bleiben muss. An anderer Stelle, darauf will ich jetzt nicht genauer eingehen, haben wir im Landtag darüber diskutiert und auch meine Fraktion hat dazu mehrfach Vorschläge unterbreitet.

Zweitens muss es darum gehen, dass Bürgerinnen und Bürger vor Ort einbezogen werden, gefragt werden, Vorschläge machen können, die dann auch ernst genommen werden, und das schon, bevor Planungsdokumente auf dem Tisch liegen, an denen nur noch marginal Änderungen vorgenommen werden können.

Und drittens, wie im Punkt 1 Ihres Antrages festgestellt wird, wird die Akzeptanz eines Windparks, einer Fotovoltaikanlage, einer Biogasanlage entscheidend davon beeinflusst, ob die Menschen etwas davon haben. Und dazu gehört selbstverständlich die Möglichkeit zur direkten finanziellen Beteiligung auch mit kleinen Summen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir LINKEN wollen alle drei dieser genannten Möglichkeiten. Diese betrachten wir alle drei als Notwendigkeit, aber Letzteres ist für uns einer der Grundpfeiler des Systemwechsels in der Energiewirtschaft und deshalb dringend erforderlich. Systemwechsel meint in diesem Fall, wir müssen weg – auch die Ministerin hat das gesagt – von der zentralistischen Struktur der Erzeugung durch Großkraftwerke hin zu einer dezentralen Struktur mit zahlreichen Eigentümern und Nutznießern. Kommunen, Genossenschaften und Bürgeranlagen gehören dazu.

Diese Beteiligten jetzt einem solchen Gesetz zu unterwerfen, würde ihre Existenz aufs Spiel setzen. Die Konzentration in den Händen weniger großer Investoren wäre nach unserer Auffassung die Folge und das Ziel des Gesetzes, die sogenannten alternativen Investmentfonds einer Regulierung zu unterwerfen, würde wahrscheinlich sogar konterkariert.

„Alternative Investmentfonds“ werden sie genannt in der EU-Richtlinie, die durch das vorgelegte Gesetz umgesetzt werden soll, ein Begriff, der wesentlich freundlicher klingt als Hedgefonds, Heuschrecken oder Schattenbanken, was sie aber eigentlich sind, und verschleiert, welche verheerenden Wirkungen sie mit der Finanzmarktkrise für ganz Europa und die Welt heraufbeschworen hatten. Aber sei es drum, das Ziel, solche Finanzhasardeure wenigstens ein Stück weit an die Kette zu legen und Anleger zu schützen, das ist zu begrüßen.

Die Diskussion im Bundestag hat gezeigt, dass Opposition und Regierung sehr unterschiedliche Meinungen darüber haben, ob dieses Ziel mit dem vorgelegten Gesetzentwurf erreicht werden kann, und auch der Bundesrat – die Bundesratsausschüsse – hat in seiner Stellungnahme eine ganze Reihe von Hinweisen beschlossen, die die Bundesregierung beachten möge. Wir werden sehen, ob die zahlreichen Vorschläge, die auch in den Anhörungen vorgebracht worden sind, Gehör finden. Bezeichnend ist allerdings, dass sich die Bundesregierung so viel Zeit gelassen hat, dieses Gesetzespaket vorzulegen, und jetzt aber alles doch ziemlich schnell gehen muss bis zum Juli 2013, das ist sozusagen das Enddatum, das die EU fordert.

Im Interesse der Energiewende ist, dass Beteiligungsformen, Bürgerbeteiligungsformen diesem Gesetz nicht unterworfen werden dürfen. Schon in der Begründung zum Antrag haben Sie, Kollege Jaeger, aufgeschrieben, um welche Punkte es dabei geht, die will ich nicht alle wiederholen: 20.000 Euro Mindestinvestitionssumme, Eigenkapitalquote und Weiteres.

Ich will aber ganz deutlich sagen, dass es gerade uns in Mecklenburg-Vorpommern darum gehen muss, möglichst vielen Bewohnern die Möglichkeit zu geben, sich direkt finanziell zu beteiligen, und zwar auch mit kleinen Summen. Selbst 500 Euro sind für manchen nicht zu erschwingen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

20.000 Euro können nur ganz, ganz wenige entbehren. Kommunen, Genossenschaften, Bürgergesellschaften sind nicht die, die man an die Kette legen muss. Herr Kollege Jaeger ist schon darauf eingegangen. Selbst, wenn da auch mal Fehler passieren sollten, sind die für die Betroffenen sicherlich schmerzlich, aber sie gefährden nicht die Weltwirtschaft.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An den vergangenen zwei Tagen sind die Beratungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung im Finanzausschuss fortgesetzt worden. Mehrere Fraktionen haben Änderungsvorschläge unterbreitet, entsprechende Anträge gestellt. Wichtig ist, dass ein gemeinsamer Änderungsantrag der schwarz-gelben Koalition Genossenschaften vom Gesetz ausnehmen will. Das ist mir zumindest übermittelt worden. Das wäre ein wichtiger Schritt. Ich hatte noch keine Gelegenheit, das genau zu überprüfen, ob es tatsächlich so ist.

Die Linksfraktion im Bundestag wird das Gesetz ab- lehnen, weil es nicht das erfüllt, was das Ziel formu- liert. Aber dem Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP, der Genossenschaften ausklammern will, haben meine Fraktionskollegen zugestimmt. Trotzdem denke ich, dass es wichtig wäre, heute dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen, weil bis zum endgültigen Beschluss im Bundestag noch viel passieren kann. Ich erinnere nur an die angeblichen Pläne zum Schließen der legalen, aber sittenwidrigen Steuerschlupflöcher, aus denen dann doch nichts geworden ist.

Auf eines ist Kollege Borchert schon eingegangen: Der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig. Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass wir zu allen unseren Kollegen in den Fraktionen im Deutschen Bundestag Kontakt aufnehmen und sie zu einem Abstimmungsver

halten im Bundestag einschwören, das auch unseren Interessen entspricht. Wir stimmen dem Antrag selbstverständlich zu.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier einen Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorliegen, und das ist ja jetzt schon mehrfach betont worden, der eigentlich von der Entwicklung etwas überholt ist. Ich will das auch nur ganz vorsichtig so ausdrücken.

Unter Punkt 1 soll der Landtag Feststellungen treffen, hier insbesondere zu der Frage der Akzeptanz im Hinblick auf erneuerbare Energien, die, und das darf ich wohl im Namen aller sagen, inzwischen Allgemeingut sind. Ich glaube, da sind wir uns nun wirklich einig, dass die Energiewende eine breite Akzeptanz braucht, ist unstrittig. Das können wir feststellen. Ich glaube, dazu müssen wir jetzt nicht noch mehrfach Anträge schreiben.

Im Übrigen will ich aber noch mal an dieser Stelle sagen, wenn wir das so inbrünstig hier darstellen, dann müssen wir uns natürlich fragen: Was ist denn für Akzeptanz auch alles erforderlich? Und da ist sicherlich das Thema Beteiligung eines, aber nicht jeder hat ein Stück Land und kann 60.000 Euro kassieren für eine Windkraftanlage.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau das meinen wir ja auch.)

Viele Menschen im Lande können sich eben leider nicht so beteiligen, wie wir das gerne möchten, sondern da müssen wir schon an viel mehr denken. Das, glaube ich, sehen Sie auch so.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da will ich das Thema der Kosten auch noch mal ansprechen an dieser Stelle, obwohl ich mir aber nicht ganz so sicher bin, Herr Jaeger, ob DIE GRÜNEN das genauso sehen, weil ich immer so ein bisschen im Hinterkopf habe, dass DIE GRÜNEN schon sagen,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir wollen die Energiewende.)

Energie muss richtig teuer sein, nur dann verhält der Bürger sich adäquat.