Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

Wer sich das nicht aussuchen kann, ist der Informationsanbieter, der darauf angewiesen ist, über die Telekom an die Kunden der Telekom zu kommen. Nur über die Telekom kommt er nämlich an diese Kunden. Und insofern ist die Telekom, was dieses Verhältnis angeht, dann auch wettbewerbs- beziehungsweise marktbeherrschend. Da kommt es auch nicht mehr darauf an, dass es drei, vier, fünf, sieben, acht andere Anbieter gibt. Im Verhältnis zwischen dem Kunden der Telekom und demjenigen, der über die Telekom Informationen an diese Kunden bringen will, gibt es keinen anderen Anbieter.

Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist das, was die Telekom macht und was möglicherweise auch in Zukunft andere Unternehmen machen, wettbewerbsrechtlich, kartellrechtlich höchst bedenklich.

Und, meine Damen und Herren, es ist ja die Bundestagsfraktion der SPD gewesen, die 2011 schon bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes eben auch auf diesen Aspekt hingewiesen hat. Und auch in der Vergangenheit ist es durch die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Bundestagsfraktion ja immer wieder ins Gespräch gebracht worden und sie haben eine entsprechende Initiative angekündigt, um darauf noch mal hinzuweisen.

Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will auch auf ein Problem hinweisen, das in dem Zusammenhang steht, und das ist gar nicht mal ein inhaltliches Problem. Das ist natürlich dann eine Frage, wie das alles vonstattengehen soll.

Und, sehr geehrter Herr Kollege Ritter, ich gehe mal davon aus, dass Ihnen das Problem selbst bekannt ist, weil Sie wissen ja auch, dass Ihre Bundestagsfraktion – ich habe jetzt nur eine elektronische Vorabfassung vom 14.05., aber ich gehe mal davon aus, dass der Text dann auch so geblieben ist –, dass Ihre Bundestagsfraktion einen entsprechenden Antrag in den Bundestag, ich vermute mal, inzwischen eingebracht hat, in dem die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben wird.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das kann ich Ihnen sagen.)

Wir müssen jetzt darüber auch nicht streiten, was aller Wahrscheinlichkeit nach mit diesen oder ähnlichen Bundestagsinitiativen passieren wird. Ich glaube nicht, dass sie bis zum Ende der derzeitigen Wahlperiode positiv beschieden werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn die SPD zustimmen würde, dann ja.)

Ja, ich glaube nicht mal, dass das reichen würde, Herr Kollege Ritter,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch, doch!)

aber lassen Sie das mal außen vor.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Rot-rot-grüne Mehrheiten reichen aus im Bundestag.)

Gut. Lassen wir das mal außen vor. Ob das dann hinhauen würde, also ich habe daran momentan meine Zweifel.

(Jörg Heydorn, SPD: Dann müssen wir unsere Position ja noch mal überdenken, ne?)

Sehr geehrter Herr Kollege Heydorn, ich glaube, das können wir den Kolleginnen und Kollegen der Bundestagsfraktionen beider Parteien überlassen, die das dann entsprechend bewerten müssen. Ich kenne auch nicht die inhaltlichen Forderungen, die da möglicherweise gegeneinander gestellt werden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

Aber ich will einfach nur mal auf den Punkt hinweisen, dass es natürlich das Problem der Diskontinuität geben wird.

Ich will auf ein anderes Problem auch noch mal hinweisen. Das muss man auch ganz deutlich sagen und das ist natürlich die Frage: Wer ist überhaupt dafür zuständig? Und worüber man vielleicht auch in diesem Zusammenhang diskutieren sollte, bevor man in die Zukunft greift, entsprechend der gesetzlichen Regelungen, die ja dann doch eine gewisse Zeit brauchen: Was kann man eigentlich momentan machen?

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß ja, dass die Bereitschaft des Bundeswirtschaftsministers bei vielen Punkten nicht allzu groß ist, und das ist in der Vergangenheit auch bei diesem Punkt so gewesen. Aber man muss feststellen, das Telekommunikationsgesetz hat nach seiner Novellierung ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, dass der Bundeswirtschaftsminister eine entsprechende Rechtsverordnung zur Sicherung der Netzfreiheit erlassen kann. Und deswegen stehe ich eigentlich auf dem Standpunkt, man sollte den Bundeswirtschaftsminister in diesem Punkt nicht aus seiner Verantwortung entlassen.

Aber auch da gibt es natürlich wieder Wasser in den Wein, weil da kommen wir zu einem Punkt, der Bundeswirtschaftsminister ist erst mal derjenige, der es machen kann, aber niemand kann ihn dazu zwingen. Es steht in seinem Ermessen. Wenn er es denn machen will, muss er die Zustimmung sowohl des Bundestages als auch des Bundesrates haben. Und wie das momentan aussieht, das wissen Sie alle selbst.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einen Satz zum Schluss noch zu dem Antrag sagen. Es ist hier ausgeführt worden, ich glaube, Herr Kollege Ritter ist es gewesen, der gesagt hat, dass NordrheinWestfalen eine entsprechende Bundesratsinitiative angekündigt hat. Der Minister hat eben ausgeführt, dass das Land oder die Verbraucherminister insgesamt sich auf ihrer Konferenz hinter die entsprechenden Initiativen

gestellt haben. Ich denke mal, es ist auf einem guten Weg, und wir werden vor diesem Hintergrund den Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rede des Abgeordneten Ritter ist nur wenig hinzuzufügen. Sie war sehr, sehr gut. Vielen Dank.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Danke, danke!)

Für den Erhalt der Netzneutralität setzen wir GRÜNE uns seit langer Zeit mit aller Kraft ein. Unter Netzneutralität verstehen wir die gleichwertige Übertragung von Daten im Internet ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Zieles, ihres Inhalts, verwendeter Anwendungen oder verwendeter Geräte. Was die Telekom nun angekündigt hat, ist genau das Gegenteil davon. Bestimmte Dienste und Daten sollen in Zukunft bevorzugt werden, indem sie auf ein begrenztes Datenkontingent nicht angerechnet werden.

Das ist der erste Schritt zu einem Zweiklasseninternet, in welchem in Zukunft nur noch diejenigen komfortabel unterwegs sein können, die das entsprechende Kleingeld mitbringen. Damit dieses Zweiklassennetz nicht Wirklichkeit wird, bedarf es einer gesetzlichen Regelung. Und der richtige Ort für eine solche gesetzliche Regelung ist das Telekommunikationsgesetz. Deswegen hatte die GRÜNEN-Bundestagsfraktion bereits im Jahr 2011 einen recht einschlägigen Änderungsantrag zur Netzneutralität im Deutschen Bundestag eingebracht.

Damals wurde im Bundestag gerade eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes beraten. Ich verweise hier auf die Bundestagsdrucksache 17/7526. Entsprechend dieses Änderungsantrages sollte jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes die Neutralität seines Netzes und dessen Konnektivität für alle angebotenen Dienste und Inhalte auch zum Endverbund gewährleisten. Insbesondere sollten die Betreiber die Telekommunikationsdienste nicht inhaltlich und technisch verändern dürfen. Eine Maßnahme, die eine Verschlechterung von Diensten oder eine Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Netzen zur Folge hat, sollte unzulässig sein.

Eine solche Verankerung im Telekommunikationsgesetz, wie sie die GRÜNEN-Bundestagsfraktion im Jahr 2011 vorgeschlagen hatte, ist geeignet, die Netzneutralität für Bürgerinnen und Bürger abzusichern. Und ich freue mich ganz besonders, dass NRW jetzt unter Rot-Grün hier in gleicher Weise aktiv wird.

Die bisherige Regelung im Paragrafen 41a im TKG greift dagegen viel zu kurz, wir hatten es vom Kollegen Ritter schon gehört, und ist im Übrigen nur eine Kannvorschrift, nach der die Bundesregierung regulierend eingreifen kann, tut sie aber nicht. Sie nutzt diese Kannregelung nicht einmal aus, obwohl es dafür allerhöchste Eisenbahn ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.)

Dass eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität möglich und überhaupt nicht abwegig ist, zeigen im Übrigen die Niederlande. Dort ist die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität zumindest auf nationaler Ebene bereits Realität.

Mich erstaunt allerdings das Verhalten der CDU. Während sich die CDU vehement gegen Tempolimits auf deutschen Autobahnen ausspricht, unternimmt sie nichts gegen die Versuche der Telekom, die Geschwindigkeit auf den Datenautobahnen im Internet zu drosseln. Daran erkennen die Bürgerinnen und Bürger einmal mehr, welchen veralteten Infrastrukturbegriff die CDU vertritt und wie sie die Zeichen der Zeit einmal mehr nicht erkennt.

(Torsten Renz, CDU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wie wir gestern wieder in der Aktuellen Stunde erleben durften, verzettelte sich die CDU stattdessen in unsinnigen Rückzugsgefechten und verliert den Blick für das Wesentliche. Die CDU setzt sich lieber dafür ein, dass einige wenige Sportwagenfahrer und Möchtegernrennfahrer auch in Zukunft mit ihrem Wagen in riskanter Weise über die deutschen Autobahnen schießen dürfen, anstatt sicherzustellen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dass Millionen Bürgerinnen und Bürger möglichst schnell durchs Internet kommen

(Torsten Renz, CDU: Jetzt kommen Sie mal wieder zum Inhalt zurück!)

und dafür nicht tiefer in die Tasche greifen müssen.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt kommen Sie mal wieder zum Inhalt zurück, nachdem Sie die Polemik abgearbeitet haben!)

Also, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

justieren Sie bitte Ihre Prioritäten neu und lassen Sie sich dabei von den wirklichen Problemen der Bevölkerung leiten!

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Torsten Renz, CDU: Das ist ja nicht auszuhalten!)

Bitte, Herr Saalfeld, einen kleinen Moment.

Meine lieben Damen und Herren, ich bitte um Ruhe, ansonsten steht Ihnen doch das Redner/-innenpult zur Verfügung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist vorwiegend Herr Renz. Sprechen Sie ihn ruhig an! – Heiterkeit bei Stefanie Drese, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ja, Ihr Engagement, Herr Renz, in allen Ehren, aber dann äußern Sie das doch gegenüber Ihrer Bundeskanzlerin, dass sie sich mal intensiv einsetzen soll für die Netzneutralität.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)