Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss den Gedanken aufgreifen, dass Frieden nicht nur etwas Äußeres, sondern etwas Inneres ist, und das könnte nach der Debatte zum Kindertagesförderungsgesetz ja vielleicht sogar nützlich sein.
Ich möchte gerne mit der Genehmigung der Präsidentin zitieren aus dem „Buch der Menschlichkeit“ des DalaiLama. Zitat: „Frieden ist nichts, was unabhängig von uns existiert, genauso wenig wie Krieg. Bestimmte Menschen – Staatsoberhäupter, Parlamentarier, Generäle – haben zweifellos hinsichtlich des Friedens eine besonders schwere Verantwortung zu tragen. Doch diese Leute tauchen schließlich nicht aus dem Nichts auf. Sie werden
nicht irgendwo im Weltraum geboren und erzogen. Ebenso wie wir wurden sie von ihrer Mutter genährt und in Liebe umsorgt. Sie gehören zu unserer Menschheitsfamilie und wuchsen in derselben Gesellschaft auf, die wir als Einzelne mit erschaffen haben. Der Frieden auf der Welt hängt somit vom Frieden in den Herzen der Menschen ab. Und der wiederum ist davon abhängig, dass unser Verhalten ethisch ist, indem wir lernen, unsere Reaktionen auf negative Gedanken und Gefühle in den Griff zu bekommen, und grundlegende geistige Qualitäten entwickeln.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe keine Zweifel, dass unsere Hochschulen und unsere Wissenschaftler genau in diesem Sinne in Mecklenburg-Vorpom- mern auf der Grundlage der geltenden Gesetze tätig sind und so auch heute schon einen erheblichen Beitrag zu einer friedvollen Gesellschaft leisten. Dieses Vertrauen, glaube ich, rechtfertigt auch, dass man auf eine gesetzliche Vorschrift zu einer Zivilklausel nach heutigem Stand verzichtet. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE möchte, dass der Landtag begrüßt, dass bundesweit immer mehr Hochschulen Zivilklauseln einführen.
Zunächst – es gibt tatsächlich einige Hochschulen in Deutschland, die sich eine sogenannte Zivilklausel gegeben haben. Ich stelle für meine Fraktion fest, wenn sich Hochschulen eine Zivilklausel geben wollen, dann sollen sie dies tun dürfen. Das ist ihr gutes Recht. Ich schätze die akademische Selbstverwaltung und ich achte die Freiheit von Forschung und Lehre. Ob eine solche Entwicklung begrüßenswert ist, möchte ich dahingestellt sein lassen.
Der Grund dafür wird deutlich, wenn ich die weiteren Punkte des Antrages aufgreife, denn: Was ist eine Zivilklausel? – Eine Zivilklausel ist eine Selbstverpflichtung von wissenschaftlichen Einrichtungen, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen. Das Problem beginnt bei der Frage: Was ist ein ziviler Zweck? Dient das Forschen an Satellitennavigation einem zivilen Zweck? Hikmat hat es ja schon selber gesagt: Dient medizinische Forschung, die hilft, Verletzungen durch Granatsplitter zu behandeln, einem zivilen Zweck? Dient die Forschung an einem Raupenantriebssystem einem zivilen Zweck?
Wie Sie wissen, ein eindeutiger Unterschied zwischen einem militärischen und einem zivilen Zweck besteht nicht immer und schon gar nicht zwangsläufig. Wenn eine Hochschule sich mit diesen Fragen nach ziviler und möglicherweise militärischer Nutzung gern auseinandersetzen möchte, um ihrer Zivilklausel Genüge zu tun, so soll sie dies dürfen. Wie schon gesagt, ich achte die Freiheit von Forschung und Lehre. Ob eine solche Form der Selbstbeschäftigung zu begrüßen ist, möchte ich dahingestellt sein lassen.
Auch dem Punkt 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE kann ich nicht zustimmen. Zunächst widerspreche ich der impliziten Unterstellung, die Landesregierung würde die Hochschulen durch Unterfinanzierung dazu zwingen, mit der Rüstungsindustrie oder der Bundeswehr zu kooperieren. Richtig ist, Drittmittelfinanzierung ist ein wesentlicher Bestandteil der Hochschulfinanzierung geworden.
Dass diese Hochschulen auf das Einwerben von Drittmitteln verzichten sollen, fordert meines Wissens nicht mal die Fraktion DIE LINKE. Also werden sich die Hochschulen immer die Frage stellen müssen, mit wem sie unter welchen Bedingungen zusammenarbeiten beziehungsweise für wen sie forschen wollen.
Im Übrigen halte ich gerade die Bundeswehr für einen sehr hochgeschätzten Kooperationspartner. Unsere Streitkräfte leisten im Inland, etwa beim Kampf gegen das Hochwasser, und im Ausland, etwa am Balkan, einen hervorragenden Dienst.
ganz im Gegenteil. Starke, in die Gesellschaft eingebundene Streitkräfte wie die Bundeswehr tragen massiv zum Erhalt und zum Durchsetzen von Frieden bei, aus meiner Sicht im Übrigen deutlich mehr als die meisten Friedensforschungsinstitute, die Sie unter Punkt 4 Ihres Antrags fordern. Auch hier gilt, wenn eine Hochschule ein Friedensforschungsinstitut gründen möchte, dann habe ich nichts dagegen.
Das ist die Freiheit von Forschung und Lehre. Aber der Staat ist gut beraten, die Wissenschaft ideologiefrei zu halten und ihr nicht vorzuschreiben, woran sie forscht. Mit einer ideologiefreien Wissenschaft hat Deutschland in seiner Geschichte gute Erfahrungen gemacht. Wissenschaft mit einem politisch-ideologischen Auftrag hat schon viel Schaden angerichtet. Diesen möglichen Schaden gilt es abzuwenden.
Die Fraktion der CDU lehnt den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sehr sachliche Rede des Bildungsministers hat mich sehr berührt, gleichwohl wurde eine tiefe innere Zerrissenheit des Ministers offenbar. Gleichzeitig lobt Herr Brodkorb die Zivilklausel der Universität Rostock
Das passt für mich nicht zusammen. Ich glaube vielmehr, dass sich die Koalition mal wieder nicht einig ist,
dass SPD und CDU hier anderer Auffassung sind und dass sich die CDU durchgesetzt hat. Ich finde das schade, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es gerade die Jusos waren, die Hochschulgruppe der Jusos, die die Zivilklausel an der Universität Rostock initiiert und intensiv vorangetrieben haben.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Das wissen wir doch auch. Was erzählen Sie denn für einen Unsinn, Herr Saalfeld?)
Ich begrüße den vorliegenden Antrag sehr, und zwar nicht nur, weil ich schon im zweiten Monat meines Mandats hier im Landtag mit einer Kleinen Anfrage die militärische Forschung an öffentlichen Einrichtungen im Land erheben ließ, sondern auch, weil wir GRÜNE selbst beabsichtigten, einen solchen Antrag in den Landtag einzubringen. Hier war die Fraktion DIE LINKE schneller und darüber ärgere ich mich natürlich ein klein wenig,
Den Ausführungen von Hikmat Al-Sabty ist nur weniges hinzuzufügen. Öffentliche Mittel, gleich welcher Art, sollten ausschließlich für zivile Forschungsprojekte an Hochschulen verausgabt werden. Dies ist ein Gebot des Humanismus und vor allem der Transparenz, denn ich vermute, dass viele hier im Hohen Haus bei der Verabschiedung des letzten Landeshaushalts stillschweigend davon ausgegangen waren, dass die bewilligten Mittel nicht zur militärischen und wehrtechnischen Forschung eingesetzt wer- den. Wäre stattdessen ein Haushaltstitel für solche fragwürdigen und umstrittenen Forschungsvorhaben explizit im Landeshaushalt eingestellt worden, dann hätten wir sicherlich eine veritable Auseinandersetzung hier im Landtag, in den Medien und in der gesamten Öffentlichkeit erlebt.
Die Gefahr, dass öffentliche Mittel des Landes direkt oder indirekt in drittmittelfinanzierte Forschungsprojekte fließen könnten, ist in der Realität sehr groß, denn Drittmittelforschung profitiert immer von der staatlichen Grundausstattung vor Ort. Das fängt mit der Arbeitszeit von wissenschaftlichen Angestellten an, wenn sie einen Drittmittelantrag schreiben oder wenn sie später, obwohl in Vollzeit durch öffentliche Mittel angestellt, das Drittmittelprojekt begleiten, koordinieren und daran mitarbeiten. Es geht weiter bei der Nutzung und Abnutzung der Räume und Flächen, die durch eine Overheadpauschale des Drittmittelprojektes nicht immer komplett abgegolten werden. Zudem werden vorhandene Geräte und die vor- handene Ausstattung in die Forschungsarbeit des Drittmittelprojektes regelmäßig mit eingebunden.
Eine weitere Gefahr sehe ich in der gewollt engen Verzahnung von Lehre und Forschung an den Hochschulen.
Die Inhalte der Forschung sollen ja in die Lehre übergehen. Ich bin aber davon überzeugt, dass Studierende, die sich explizit für wehrtechnische Lehre und Forschung interessieren, genügend Möglichkeiten in Deutschland haben, ihren Interessen nachzugehen. Es gibt schließlich die beiden Bundeswehruniversitäten in München und Hamburg. Dagegen sind wir dem Vertrauensschutz derjenigen Studierenden verpflichtet, die an eine zivile Universität gegangen und nicht an wehrtechnischer Forschung interessiert sind. Wenn diese dann im Laufe ihres Studiums feststellen müssen, dass ihr Professor ein Waffennarr ist,
dann bliebe ihnen nur noch die Möglichkeit des Hochschulwechsels, und ihr dem Staat entgegengebrachtes Vertrauen zum Zeitpunkt,
Das ist ein theoretischer Fall, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen, wenn wir über Gesetze et cetera nachdenken.
Wenn diese dann im Laufe ihres Studiums feststellen müssen, dass ihr Professor, wie gesagt, ein Waffennarr sein könnte, dann bliebe ihnen nur noch die Möglichkeit des Hochschulwechsels, und ihr dem Staat entgegengebrachtes Vertrauen zum Zeitpunkt, als sie sich besten Wissens und Gewissens an der Hochschule einschrieben, wäre enttäuscht worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, an immer mehr Hochschulen in Deutschland wird die Einführung einer Zivilklausel diskutiert. Dies entspricht auch der akademischen Tradition, sich nach Albert Einstein und Wernher von Braun mit Technologiefolgeabschätzungen unter ethischen Dimensionen des Forschungsbetriebes aktiv auseinanderzusetzen. Diese Diskussionen vor Ort führen erfreulicherweise dazu, dass an immer mehr Hochschulen eine solche Zivilklausel verabschiedet wird. Infolgedessen sucht sich die wehrtechnische Forschung neue Orte. Der Druck auf Hochschulen ohne Zivilklauseln nimmt daher zu.