Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Sehr geehrter Minister, Ihr Vortrag war in der Tat bemerkenswert, anhörenswert, so, wie auch der Kollege Saalfeld es empfunden hat. Ich glaube aber, wenn Sie früher auf einem PDS-Landesparteitag einen Vortrag zum Thema Frieden gehalten hätten, wäre der in eine etwas andere Richtung gegangen.

Und zweitens, sehr geehrter Minister, Sie haben zu Recht festgestellt, dass Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit nicht immer übereinstimmen. Das ist auch bei der Umsetzung des Paragrafen 18a unserer Landesverfassung so, wenn man bedenkt, dass der Flughafen Neubrandenburg-Trollenhagen Drehscheibe im Afghanistaneinsatz war, und wenn man bedenkt, dass Patriot-Raketeneinheiten aus Mecklenburg-Vorpommern zurzeit in der Türkei im Einsatz sind, in einem Land, das gegenwärtig die Menschenrechte von der Straße knüppelt.

(Egbert Liskow, CDU: Und was hat das mit der Forschung jetzt zu tun? – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Entschuldigen Sie bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, das war eine Replik auf den Redebeitrag des Herrn Ministers und das wird wohl noch genehm sein, ohne dass ich Sie da um Zustimmung fragen muss, ja?

Und, liebe Frau Kollegin Dr. Seemann, es ist gut, dass Sie mit den Rektorinnen und Rektoren unserer Hochschulen und Universitäten sprechen. Wir sprechen auch mit ihnen, aber wir sprechen zum Beispiel auch mit den Studentinnen und Studenten, die an den Hochschulen und Universitäten unseres Landes studieren,

(Heinz Müller, SPD: Das machen wir über das Parteigremium oft genug.)

und die sollten Sie vielleicht mal fragen, welche Auffassungen sie zu einer Zivilklausel haben. Die Initiativen der Jusos hat Herr Saalfeld hier schon hinreichend gewürdigt.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, das ist doch in Ordnung, wenn die Hochschulen das selber machen. Da hat doch keiner was dagegen.)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ablehnung des Antrages war zu erwarten. Das verwundert mich nicht. Auch im Bundestag wurde ein ähnlicher Antrag unserer Fraktion abgelehnt. Was mich wundert oder aber auch nicht, ist, dass die Fraktionen von SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag auch nicht zustimmen konnten. Die Gründe für die Ablehnung sind ähnlich denen, die heute hier vorgetragen wurden.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte zum Beispiel, dass DIE LINKE versuchen würde, den Eindruck zu erwecken, die Bundesregierung treibe die Rüstungsforschung voran. Mit dem Blick auf die „Wehrtechnische Industrie“ – dieser Begriff ist hier auch gefallen, und man beachte die feine Formulierung, „Wehrtechnische Industrie“, also nicht Rüstungsindustrie – sei festzustellen, dass diese in den vergangenen Jahren von 500.000 Beschäftigten auf heute rund 80.000 zurückgegangen ist. Was für eine Erkenntnis! Da stellt sich doch die Frage, wie das mit dem Aufstieg Deutschlands zu einer der führenden Rüstungsexportnationen zu verbinden ist. Und es stellt sich auch die Frage: Wurden früher die Panzer handgeschmiedet und werden sie erst in der Gegenwart maschinell gefertigt? Also dieses Argument überzeugt nicht.

Die SPD im Bundestag hielt den Antrag für nicht konsensfähig, auch wenn sie die Einführung von Zivilklauseln für unterstützenswert und richtig hält. Auch das war ja in dem Redebeitrag von Frau Dr. Seemann durchaus zu hören. Wenn es denn so wäre, dürfte es ja für die SPD keine Schwierigkeit sein, dem Punkt 1 unseres Antrages zuzustimmen, weil wir der getrennten Abstimmung, wie vom Kollegen Saalfeld gefordert, durchaus etwas abgewinnen können.

Der Antrag der LINKEN im Bundestag musste aber dennoch abgelehnt werden, weil der Verweis auf die Friedenspflicht des Grundgesetzes unterstellen würde, dass die Pflicht in der Realität seit Jahrzehnten systematisch unterlaufen wird.

Auf die Verfassungsansprüche und auf die Verfassungswirklichkeit in unserem Bundesland habe ich bereits hingewiesen.

Die SPD erklärte, dass sie Zivilklauseln besonders dann für sinnvoll hält, wenn sie aus den Hochschulen heraus und aus Überzeugung entstehen, von Studierenden und Lehrenden gemeinsam getragen werden. Genau das findet sich ebenso in Punkt 1 unseres Antrages wieder und ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie auch diesem Punkt 1 nicht einmal Ihre Zustimmung geben können. Weil Sie genau in diesem Konflikt stehen, Frau Dr. Seemann, haben Sie sich fast ausnahmslos in Ihrem Redebeitrag auf Punkt 2 bezogen, der auch einen Prüfauftrag beinhaltet, ob eine solche Regelung gesetzlich notwendig ist im Land.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das machen Sie doch schon.)

Kein Wort zum Punkt 1, dass wir die Zivilklauselbewegung unterstützen, dass wir die Universitäten und Hochschulen unseres Landes ermutigen, solche Zivilklauseln in ihre Satzungen aufzunehmen, und kein Wort, warum Sie diesen Punkt 1 unseres Antrages ablehnen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ja, Herr Ritter, weil die Diskussion doch läuft an den Hochschulen.)

Und diese Herangehensweise erklärt, warum bisher in Niedersachsen die von meinem Kollegen Al-Sabty schon dargestellte Einfügung einer Zivilklausel in das dortige LHG von CDU und FDP eliminiert und unter der jetzigen rot-grünen Landesregierung nicht wieder aufgenommen wurde. Und das erklärt auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, warum in Baden-Württemberg im Wahlkampf sowohl SPD als auch GRÜNE die Etablierung einer Zivilklausel forderten, aber bisher nicht umgesetzt haben, obwohl beide an der Regierung sind.

Die FDP will ich an der Stelle der Vollständigkeit halber erwähnen, weil sie ja noch im Bundestag sitzt. Sie meinte, es müsse eine pauschale Einschränkung der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit vermieden werden. Die Einführung von Zivilklauseln ist Sache der Universitäten im Rahmen ihrer Autonomie.

Die bündnisgrüne Fraktion im Bundestag hat, anders als hier im Land, den Antrag meiner Fraktion mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller würden als einzige Fraktion das sich seit der Überwindung der Blockkonfrontation im Völkerrecht vorhandene Prinzip der subsidiären Schutzverantwortung der internationalen Staatengemeinschaft ablehnen. Dieses Prinzip schließt eben auch die Option internationaler militärischer Auslandseinsätze ein, wenn sie völkerrechtlich mandatiert und parlamentarisch legitimiert sind. Da kann ich nur sagen, richtig, meine Fraktion im Bundestag ist die einzige, die keinem dieser militärischen Auslandseinsätze zugestimmt hat, und das ist gut so.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, daraus kann man schlussfolgern, dass eine Zivilklausel trotz eiliger Lippenbekenntnisse eben nicht von jedem oder von jeder gewollt ist. Es ist auch ziemlich klar, warum nicht. Deutschland soll weiterhin an Auslandseinsätzen und Kriegseinsätzen teilnehmen können und muss dazu entsprechend ausgerüstet sein.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das muss man ganz laut sagen!)

Die Stellung Deutschlands im Rüstungsexport soll nicht angetastet und sogar noch ausgebaut werden, weil das ein lukratives Geschäft ist, und die für die Finanzierung militärischer Forschung von den Hochschulen eingeworbenen oder zugeteilten Mittel müssten vom Bund oder von den Ländern ausgeglichen werden, um die Gesamt- etats zu sichern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen abschließend versichern, dass wir an dem Thema dran- bleiben werden. Es wird interessant sein, wenn wir die nächste Gesprächsrunde mit den Studentinnen und Studenten führen und die Redebeiträge, die hier von den Koalitionsfraktionen gehalten worden sind, dort vorstellen.

Lassen Sie mich aber noch einmal zum Antrag zurückkehren und um Zustimmung in der Einzelabstimmung werben.

In Punkt 1 formulieren wir: „Der Landtag begrüßt, dass bundesweit immer mehr Hochschulen Zivilklauseln einführen … Der Landtag unterstützt die ZivilklauselBewegung … Deshalb werden die Hochschulen des Landes ermutigt, derartige Zivilklauseln auch in ihre Grundordnungen aufzunehmen.“ Was spricht gegen eine Zustimmung des Landtages zu diesem Punkt?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das frage ich mich auch.)

Diese Erklärung sind Sie mir, den Studentinnen und Studenten sowie den Zuhörerinnen und Zuhörern schuldig geblieben.

In Punkt 2 schlagen wir vor, dass die Landesregierung aufgefordert wird, „zu prüfen, inwiefern in MecklenburgVorpommern die gesetzliche Einführung einer Zivilklausel geboten ist“. Was spricht gegen diesen Prüfauftrag?

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nichts.)

Wenn Sie bei der Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass die Einführung einer Zivilklausel landesgesetzlich nicht notwendig ist, dann ist es doch okay. Das ist ein Prüfergebnis. Warum verweigern Sie sich an dieser Stelle dieser Zustimmung?

Und Punkt 3, natürlich, hat etwas mit den Finanzen zu tun. Ich erinnere hier an die Debatte auf der letzten Landtagssitzung, wo wir die finanziell bessere Ausstattung unserer Hochschulen und Universitäten gefordert haben. Da hat die Koalition in ihrer bekannten Art und Weise unseren Antrag mit der Meldung abgelehnt: Stimmt alles nicht, was ihr behauptet. Es ist alles in Ordnung. Die Hochschulen und Universitäten sind finanziell ausreichend ausgestattet.

(Egbert Liskow, CDU: Das hat doch gar keiner gesagt.)

Keine 48 Stunden später haben sich die Rektoren unserer Hochschulen wieder zu Wort gemeldet und haben die mangelnde Finanzausstattung unserer Universitäten und Hochschulen beklagt.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Ritter, das hat keiner von uns gesagt.)

Es hat damals keiner von uns gesagt?! Sie haben im letzten Monat unseren Antrag abgelehnt nach besserer Finanzausstattung der Hochschulen und Universitäten!

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wir haben aber nicht gesagt, dass sie genug ausgestattet sind. Wir haben auf die Haushaltsverhandlungen verwiesen. Das ist nicht richtig.)

Das ist der Fakt und Sie drücken sich heute hier wieder davor mit irgendwelchen Ausreden, die nicht plausibel sind,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

weil Sie nämlich keine tragfähigen Argumente haben, warum Sie den einzelnen Punkten unseres Antrages nicht zustimmen können.

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt noch mal der Abgeordnete Herr Pastörs von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner aus meiner Fraktion, Herr Petereit, hat hier eindeutig Stellung bezogen aus Sicht unserer Fraktion. Ich möchte jedoch noch ein, zwei Punkte ergänzen.

Was DIE LINKE hier versucht, ist eine verdeckte, ja, eine verdeckte Instrumentalisierung ihrer Forderung, auf Streitkräfte komplett zu verzichten. Wenn wir nämlich Streitkräfte, wie im Grundgesetz gefordert, bejahen, muss man natürlich den Streitkräften das Maximale an Möglichkeiten bieten, und bei einer sich dynamisch entwickelnden Waffentechnik ist es natürlich dann erforderlich, dass Forschungsaufträge möglichst breit und gezielt an die Universitäten und auch an Rüstungskonzerne gehen.

Insofern ist das sehr, sehr heuchlerisch, was auch hier von Herrn Minister Brodkorb abgelassen wurde, der dann noch den Dalai-Lama bemühte, um seine etwas, ich möchte mal sagen, holprige Argumentation am Ende doch noch mit Humanphrasen einzukleiden. Herr Minister, Sie wissen, was gerade in Tibet vor sich geht. Dort ist ein Volk, vollkommen wehrlos gemacht, einer Überfremdung ausgeliefert, weil es sich eben nicht schon vorher durch Signale der Wehrhaftigkeit dagegen schützen konnte.

Natürlich sind wir als NPD gegen einen Einsatz der Bundeswehr außerhalb unseres Territoriums, aber wir sind sehr wohl für die Landesverteidigung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dazu kommen wir morgen noch, Herr Pastörs.)

Wir sind für eine sehr moderne, schlagkräftige, maximal gut ausgerüstete deutsche Armee, mit dem Auftrag, die Souveränität unseres Landes auch schon,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)