Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern 1 bis 4 des Antrages einzeln abzustimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, bei keinen Enthaltungen.

Wer der Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD, bei keinen Enthaltungen.

Wer der Ziffer 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 3 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, bei keinen Enthaltungen.

Wer der Ziffer 4 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Und Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 4 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1947 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, bei keinen Enthaltungen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bau von studentischen Wohnheimplätzen sicherstellen – Studentenwerke und Studierende nicht mit steigenden Mieten alleine lassen!, Drucksache 6/1959. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/2018 vor.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bau von studentischen Wohnheimplätzen sicherstellen – Studentenwerke und Studierende nicht mit steigenden Mieten alleine lassen! – Drucksache 6/1959 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/2018 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fange mit einem kurzen Blick in die Historie an, bevor ich auf die aktuelle Situation der Studierenden hier im Land eingehe.

Im Koalitionsvertrag von SPD und PDS aus dem Jahr 1998 finden wir unter Ziffer 47 folgende bemerkenswerte poli- tische Zielstellung, ich zitiere: „Die Landesregierung unterstützt den Wohnheimbau der Studentenwerke, um mittelfristig eine deutliche Verbesserung der Versorgungsquote mit Wohnheimplätzen zu erreichen.“ Zitatende. Als dieser Koalitionsvertrag 1998 vereinbart wurde, gab es rund 25.000 Studierende im Land und insgesamt 5.090 Wohnheimplätze bei den Studentenwerken. Die Versorgungsquote lag also damals bei 20,4 Prozent. Die damalige rotrote Landesregierung förderte zwischen 1998 und 2002 das studentische Wohnen mit etwa 1,32 Millionen Euro. Das wars dann auch. Seitdem hat das Land keinen einzigen Euro mehr in ein Wohnheim der Studentenwerke investiert. Offensichtlich schienen die nachfolgenden Landesregierungen der Auffassung zu sein, dass das Ziel des damaligen Koalitionsvertrages erfüllt ist, nämlich, dass eine deutliche Verbesserung der Versorgungsquote erreicht wurde.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: So ist es.)

Heute studieren in unserem Land nicht mehr 25.000 Stu- dierende, sondern über 40.000 Studierende, und die Anzahl der Wohnheimplätze sank von 5.090 auf heute rund 3.900 Plätze. Die Versorgungsquote im Land liegt demnach nicht mehr bei über 20 Prozent, sondern nur noch bei 9,8 Prozent. Sie hat sich also halbiert.

(Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Auf diese Problematik angesprochen, erklärte die Landesregierung kürzlich in meiner Kleinen Anfrage mit der Drucksachennummer 6/1523, dass Studierende nicht mehr so gern in Wohnheimen wohnen würden und immerhin seit der Wende 40 Millionen Euro in Wohnheime investiert wurden.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, beide Aussagen der Landesregierung sind nur die halbe Wahrheit und sie ergeben leider zusammen auch nicht die ganze Wahrheit.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt kommt gleich die grüne Wahrheit.)

Wenn von der allgemeinen enormen Investitionsphase Anfang der 90er-Jahre abgesehen wird, wurden zwischen 1998 und heute gerade einmal 1,3 Millionen Euro durch das Land investiert, seit 1998 nur 1,3 Millionen bis zum heutigen Tag,

(Torsten Renz, CDU: Okay, jetzt zur grünen Wahrheit.)

und das, obwohl die Studentenwerke gemäß Paragraf 13 des Studentenwerksgesetzes zur Erfüllung ihrer Aufgaben Zuwendungen des Landes erhalten sollen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Und eine zentrale gesetzliche Aufgabe der Studentenwerke ist bekanntermaßen, Wohnheime zu errichten und zu bewirtschaften.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Die Aussage der Landesregierung, dass Studierende heute nicht mehr so gern in Wohnheimen wohnen möchten, wie noch zu früheren Zeiten, verkennt leider die Realität.

(Marc Reinhardt, CDU: Das glaube ich nicht.)

Herr Saalfeld, lassen Sie eine Anfrage zu?

Das können wir nachher in der Aussprache machen. Ich bringe erst mal den Antrag ein und dann ergeben sich vielleicht noch Fragen. Vielen Dank.

(Marc Reinhardt, CDU: Die sind ja schon da, die Fragen. Deswegen ist er ja nach vorne gegangen.)

Die Wohnheime in Greifswald und Rostock sind bis auf den letzten Platz ausgebucht, meine Damen und Herren. Also ich kann nicht erkennen, dass die Studierenden nicht mehr in Wohnheimen wohnen wollen, wenn alle Plätze ausgebucht sind.

Die angespannte Situation auf dem Immobilienmarkt infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der stetige Zuzug von Menschen in die Universitätsstädte verschärfen zudem die Wohnraumsituation. Wer heute aufmerksam die Zeitung gelesen hat, wird die großen Artikel zu diesem Thema kaum übersehen haben. Sozialverträgliche Wohnungen für Studierende sind in den beiden Universitätsstädten Mangelware. Die Mietpreisspirale dreht sich für alle Bürgerinnen und Bürger immer weiter.

Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, stehen die beiden Studentenwerke in Rostock und Greifswald zusätzlich vor der Problematik, dass sie ihren Bestand an Wohnheimplätzen nicht mehr sichern können. Ihnen feh- len die Mittel zur Instandsetzung. Zum Beispiel drohen in Greifswald rund 240 Wohnheimplätze, also gut 20 Pro

zent aller Plätze, wegzufallen, weil das Studentenwerk die Wohnheime in der Johann-Sebastian-Bach-Straße und in der Makarenko-Straße nicht sanieren kann und deswegen aus wirtschaftlichen Gründen demnächst abstoßen muss, wenn nicht noch in diesem Jahr eine Finanzierung sichergestellt werden kann.

An dieser Stelle muss ich ganz kurz darauf hinweisen, dass mir da ein redaktioneller Fehler im Begründungstext des Antrages unterlaufen ist. Dort wird fälschlicherweise von der Majakowski-Straße gesprochen, gemeint ist natürlich das Wohnheim in der Makarenko-Straße.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Haben wir alles so verstanden. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich bitte das zu entschuldigen und entsprechend zu berücksichtigen. Ich wusste, dass Ihnen dieses Haar in der Suppe natürlich große Freude macht.

(Torsten Renz, CDU: Das Abstimmungs- verhalten ändert sich grundlegend. – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Meine Damen und Herren, in Greifswald käme es im Übrigen zu einer absurden Situation: Wenn das Studentenwerk die beiden Wohnheime abstoßen muss, würden sie von privaten Investoren gekauft. Diese hätten dann aber im Gegensatz zum Studentenwerk Anspruch auf Wohnraumförderung oder auf Städtebaufördermittel. Und diese würden sie zur reinen Gewinnmaximierung abschöpfen,

(Torsten Renz, CDU: Oh, böses Wort!)

denn natürlich würden sie die Wohnungen hinterher zu marktüblichen Preisen anbieten. Das Studentenwerk würde dagegen eine Landesförderung ausschließlich zur Senkung der Mieten nutzen. Es wäre ein trauriges und absurdes Schauspiel, was sich da in Greifswald abspielen würde. Studierende säßen in teuren Wohnungen, die mit Landesmitteln saniert wurden. Private Investoren rieben sich die Hände und das Studentenwerk würde in die Röhre schauen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Da gebe ich Ihnen sogar recht, Herr Saalfeld. – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

während – und das muss man sich dann auch noch mal auf der Zunge zergehen lassen – die Unterbringungsquote von aktuell mageren 8,04 Prozent in Greifswald auf noch magerere 6 Prozent sinken würde. Das wäre ein Debakel, unter dem das Ansehen des Landes und insbesondere der Landesregierung enorm leiden würde. Ich könnte mir vorstellen, dass über diesen Schildbürgerstreich auch das satirische Nachrichtenformat Extra 3 einen Beitrag senden würde.

(Torsten Renz, CDU: Da würden Sie sicher vorher anrufen, um darauf aufmerksam zu machen.)

Meine Damen und Herren, damit das alles nicht eintritt, brauchen wir ein eigenes Landesförderprogramm. Die Studentenwerke tragen eine besondere Verantwortung für eine sozialverträgliche Gestaltung von Mieten. Dieser können sie allerdings ohne zusätzliche Unterstützung im Bereich des Baus von Wohnheimplätzen nicht nach

kommen. Das Land ist daher in der Verantwortung für die Studierenden und die Studentenwerke, so, wie es der Paragraf 13 des Studentenwerksgesetzes vorsieht. Die Bereitstellung günstigen Mietraums ist auch eine Frage der Attraktivität der Hochschulstandorte in MecklenburgVorpommern.

Meine Damen und Herren, der Ausbau der Studien- platzkapazitäten war wünschenswert. Wir haben heute 15.000 Studierende mehr als 1998. Dieser Ausbau muss aber im Einklang mit dem Ausbau der sozialen Infrastruktur erfolgen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN macht daher heute einen ganz konkreten, maßvollen und durchfinanzierten Vorschlag. Wir wollen ein Landesprogramm im kommenden Landeshaushalt über 7 Millionen Euro aufstellen, um anteilig den Neubau oder die Sanierung von 500 Wohnheimplätzen zu fördern. Über eine entsprechende Förderrichtlinie könnte sichergestellt werden, dass die Förderung auch wirklich nur dorthin fließt, wo es die angespannte Wohnraumsituation tatsächlich erforderlich macht.

Woher sollen nun diese 7 Millionen Euro kommen? Ganz einfach: Seit der Föderalismusreform II zahlt der Bund dem Land Mecklenburg-Vorpommern sogenannte Entflechtungsmittel in Höhe von jährlich gut 20 Millionen Euro für die Wohnraumförderung. Diese Mittel flossen bisher zur einen Hälfte in einen Fonds, aus dem später einmal zinsgünstige Darlehen ausgereicht werden sollen. Das ist das sogenannte Sondervermögen Wohnraumförderung Mecklenburg-Vorpommern. Die andere Hälfte der jährlich 20 Millionen Euro wurde sofort als zinsgünstiger Kredit zur Wohnraumförderung ausgereicht und floss danach in den gleichen Fonds. Das Entflechtungsgesetz, aus dem diese Entflechtungsmittel stammen, hatte eine Zahlung des Bundes bis 2013 zugesichert. Eine Option bis 2019 ist im Gesetz enthalten. Bund und Länder haben sich bereits zumindest darauf geeinigt, dass diese Mittel nochmals für das Jahr 2014 vom Bund ausgezahlt werden.

Wir GRÜNE sind nun der Meinung, dass in das Sondervermögen Wohnraumförderung zwischenzeitlich genügend Mittel geflossen sind. Die nochmalige Zahlung von über 20 Millionen Euro soll in 2014 deshalb nicht komplett in das Sondervermögen fließen. Stattdessen sollen die Studentenwerke 7 Millionen Euro für 500 Wohnheimplätze bekommen. Das entspräche einer Förderung von maximal 14.000 Euro pro Wohnheimplatz.

Zahlreiche andere Bundesländer machen es ja vor, wie der Bau von Wohnheimplätzen gefördert werden kann, zeigen also auch, dass es rechtlich völlig möglich ist. Baden-Württemberg vergibt einen Zuschuss von 8.000 Euro pro Platz. Bayern fördert den Bau mit 26.500 Euro pro Platz.