Sie haben in die Zukunft hinein Forderungen formuliert, ohne konkret abzuheben auf die reale Situation im Lande. Sie haben das getan mit Ihren Hinweisen auf Innovationen, neue Produkte, die erforderlich seien. Sie haben uns berichtet, dass man hier in Mecklenburg-Vorpom- mern seine Ausbildung machen solle. Sie haben davon gesprochen, dass jetzt die Schulabgänger auswählen könnten aufgrund der Situation am Stellenmarkt, was und wo sie eine Lehre beginnen wollten. Und Sie haben dann noch auf die Tatsache hingewiesen, dass wir eine Arbeitslosenzahl haben, die historisch nach 1989 einmalig sei.
Tatsache ist aber, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpom- mern bis heute überhaupt gar keine Wirtschaftskraft haben, die dieses leisten kann. Es gibt hier keinen Mittelstand in dem Sinne, dass die Finanzkraft vorhanden sei, hier jedes Jahr um die 800 oder 900 Millionen, was das Minimum ist, das sagen Fachleute, zusätzlich zur Verfügung zu stellen, um auch nur ganz bescheiden Innovationen und neue Produkte kreieren zu können.
Sie haben gesagt, die Auszubildenden könnten sich ihre Ausbildungsplätze suchen. Dann schauen wir uns doch mal an, was dieses Land an Ausbildungsstellen zur Verfügung stellt und was konkret die Mittelständler, die es gibt, und die etwas größeren Betriebe denn zu den Auszubildenden, die sich bewerben, sagen.
Über 14 Prozent der jungen Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern, die Arbeit suchen, sind nicht ausbildungsfähig. Das heißt, sie verfügen entweder über keinen qualifizierten Abschluss, sodass die Arbeitgeber sagen, wir können dich nicht gebrauchen, oder sie haben einen Abschluss, aber der Abschluss ist nichts wert, er ist geschönt. Und das sage nicht ich, sondern das sagt der Mittelstand,
das sagt die Industrie- und Handelskammer, das sagen die Wirtschaftsverbände ganz deutlich und die Gewerkschaften stimmen dem selbst auch zu. Also bitte schön, wenn Sie über Ausbildungsplätze und Hierbleiben in Mecklenburg-Vorpommern sprechen, dann sorgen Sie auch bildungspolitisch dafür, dass die Leute einen Wissensstand haben, wenn sie denn Arbeit suchen, der sie
Der nächste Punkt, den Sie ansprachen, ist, dass also hier attraktive Arbeitsplätze geschaffen werden müssen und auch vorhanden seien. Dann schauen wir uns doch mal an: Was ist denn der Durchschnittslohn heute im Jahre 2013? Davon haben Sie nicht gesprochen. Ich sage es Ihnen: Mecklenburg-Vorpommern hat nach wie vor bundesweit verglichen grottenschlechte Löhne. Der Durchschnittslohn hier liegt knapp unter 2.000 Euro brutto, Herr Wirtschaftsminister, brutto! Und welcher Facharbeiter, welcher Chemiefacharbeiter, welcher Handwerks- meister soll denn aus Baden-Württemberg nach Mecklenburg-Vorpommern kommen, weil sie durchstarten wollen, wenn Sie ihm hier einen Lohn von 2.800 Euro brutto servieren können?
Kommen wir zu den Not leidenden Lehrstellen. Die fünf größten Probleme bei der Suche nach Lehrstellen sind alle im Bereich der Touristik. Dort können, …
… dort können die Lehrstellen nicht besetzt werden, weil die Arbeitsbedingungen und die Löhne Armutslöhne darstellen.
(Der Abgeordnete Udo Pastörs spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)
(Der Abgeordnete Udo Pastörs spricht bei abgeschaltetem Mikrofon. – Minister Harry Glawe: Ja, ja, Herr Pastörs, so ist das. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! An- gesichts der Aktuellen Stunde und der vorliegenden Probleme hier bei uns im Land habe ich mir doch die eine oder andere konstruktive Idee vorgestellt. Stattdessen habe ich insbesondere von der CDU, von Herrn Glawe und von Herrn Waldmüller, Werbeblasen gehört, leider.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Wundert Sie das? – Wolfgang Waldmüller, CDU: Da haben Sie aber nicht zugehört. Da haben Sie nicht zugehört. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
„Durchstarten in MV – Dein Land, deine Chance!“, das ist ein etwas sperriger Name eines Onlineportals,
es wurde bereits genannt, das das Wirtschaftsministerium im Rahmen seiner Imagekampagne seit Oktober 2009 betreibt, also auch nichts Neues, gefördert unter anderem, man höre und staune, aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
Die Webseite mit dem dicken roten Button zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie viele Informationen bietet, die bereits so oder ähnlich auch in anderen Portalen für Jugendliche in der Berufsorientierungsphase bereitgehalten werden. Da gibt es zum Beispiel Bewerbungstipps und Erläuterungen zu den rund 350 Ausbildungs- berufen, die, so der Werbetext, man in Deutschland und M-V lernen kann.
Schöne Sache, aber wer sich auch nur einigermaßen oberflächlich mit der Materie befasst, der weiß, solche Tipps gibt es in jedem BIZ, also Berufsinformations- zentrum, und die Onlinedatenbanken BERUFENET und KURSNET der Bundesagentur für Arbeit bieten diese Informationen noch dazu deutlich ausführlicher und interaktiver an. Wohl deshalb wird auch gleich nach dem ersten Klick in die Berufsübersicht fröhlich zu BERUFENET verlinkt, insbesondere auch zu den dort eingestellten Videos.
Nebenbei: Dass die Anzahl der in M-V erlernbaren Berufe weit unterhalb der 350er-Marge liegt, ist in Fachkreisen und unter Jugendlichen kein Geheimnis. Die Datenbank des Wirtschaftsministeriums moppelt ihre Einträge künstlich auf, indem etwa die Fischwirtausbildung mit sämtlichen Fachrichtungen gelistet wird, Rehaberufe mit aufgeführt werden und neben grundständigen Ausbildungen auch duale Studiengänge im selben Beruf als eigenständige Einträge auftauchen. So lässt sich vielleicht auch künstliche Fülle erzeugen, meine Damen und Herren. Aber ist es das, was Jugendliche brauchen und was unser Land voranbringt? Sind es solche Aktivitäten, für die wir Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds einsetzen sollten?
Da habe ich doch starke Zweifel. Nun soll das Portal noch zielgruppenfreundlicher und interaktiver werden. Auch sind zusätzliche Aktionen mit authentischen Akteuren aus dem Land geplant.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns hier Klartext reden. Die Ausbildungssituation in unserem Land hat sich radikal verändert. Waren es noch vor wenigen Jahren die Ausbildungsplätze, die fehlten, so sind es jetzt in zunehmendem Maße die Auszubildenden. Wer aber glaubt, damit habe sich das Problem erledigt, der befindet sich auf dem Holzweg, es sei denn, die Landesregierung wollte jetzt auch noch den demografischen Wandel als ihre Leistung verkaufen.
Dass ausweislich der aktuellen Statistik noch 3.400 Ausbildungsplätze in unserem Bundesland unbesetzt sind, ist
eine Seite. Schauen Sie sich die sogenannten Top Five dieser Stellen an, dann wird deutlich, dass es vor allem Ausbildungen im Hotel- und Gaststättengewerbe sind, für die sich keine Bewerber/-innen finden. Das hat satt- sam bekannte Gründe: Da geht es um Erreichbarkeit, um Arbeitszeiten, um Entlohnung, um mangelnde Perspek- tiven,
kurzum, um mangelnde Qualität der Ausbildung. Damit steht das Hotel- und Gaststättengewerbe zwar nicht alleine da, aber es macht in unserem Land ein besonders großes Arbeitsmarktsegment aus.
Auch wenn der Präsident der IHK Neubrandenburg in einem Interview in der „Ostsee-Zeitung“ am vergangenen Donnerstag darauf hinweist, Geld sei ja nur das eine und die Unternehmen könnten gerade jungen Leuten angesichts des anstehenden Generationswechsels durchaus etwas bieten, dann passt das sehr schlecht zu der Tatsache, dass nur knapp 50 Prozent der Auszubildenden in unserem Bundesland, Herr Glawe, von ihrem Betrieb übernommen werden. Die Bundeswerte liegen um gut zehn Prozentpunkte höher.
Die zweite Schwelle ist Teil des problematischen Gesamtbildes: Erst durchstarten, dann ausgebremst werden? Wenn nicht nur das Image aufpoliert, sondern wirklicher Wandel erzeugt werden soll, dann gibt es für die Landesregierung noch sehr viel zu tun.
(Torsten Renz, CDU: Sie können gar nicht mehr sprechen, da ist die rote Lampe. – Vincent Kokert, CDU: Herzlichen Dank.)