Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Finanzministerin zur Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag angenommen mit den Stimmen der Fraktion der SPD, den Stimmen der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in Tierhaltungen in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/170. Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/195 und ein Änderungsan
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in Tierhaltungen in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/170 –
(Zurufe aus dem Plenum: Frau! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und das passiert ausgerechnet Ihnen, Frau Präsidentin. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich stehe heute hier für die CDU- und die SPD-Fraktion, einen Antrag einzubringen, der die Landesregierung zum einen auffordert, eine Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung in MecklenburgVorpommern zu entwickeln, und zum anderen, sich mit einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass das Arzneimittelgesetz und die Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Arzneimittel des Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) dahin gehend geändert wird, dass eine umfassende Transparenz
über abgegebene geflügelspezifische Arzneimittel von pharmazeutischen Unternehmen an Tierärzte erreicht wird und zum anderen, dass ermittelte Daten den zuständigen Ländern nicht nur zum Monitoring, sondern auch zu Überwachungszwecken zur Verfügung stehen.
Ich möchte den Antrag der Koalitionspartner wie folgt begründen: Im ersten Abschnitt des Antrages fordern wir von der Landesregierung, dass sie eine Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt. Stichprobenartige Auswertungen bei Hähnchen- und Putenmastanlagen in M-V haben gezeigt, dass die durchschnittliche Behandlungsquote mit Antibiotika bei deutlich über zwei Behandlungen je Mastdurchgang liegt. Einfacher ausgedrückt, in der kurzen Lebensdauer jedes Tieres in der Geflügelanlage – kurz heißt hier, vom Schlüpfen bis zur Schlachtung etwa 35 Tage – ist das Tier mindestens an zwei Tagen so krank gewesen, dass es zwei verschiedene Medikamente von Antibiotika benötigte.
Bei den Kontrollen konnte sogar nachgewiesen werden, dass in Hähnchen- und Putenmastanlagen mitunter bis
zu sieben unterschiedliche antibiotikahaltige Substanzen zum Einsatz kamen. Diese Ergebnisse können nicht im Sinne der hier in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Menschen sein, in einem Gesundheits- und Tourismusland.
Unser Ziel ist eine artgerechte Tierhaltung und hochwertige Lebensmittel. Hierfür ist es notwendig, dass Tierhaltungsanlagen überprüft werden und der Einsatz von Antibiotika deutlich minimiert wird. Aber nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht: Die erfolgten Kontrollen durch das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittel- sicherheit und Fischerei haben gezeigt, dass der Einsatz von Arzneimitteln in Geflügelmastanlagen nach arzneimittelrechtlichen Vorgaben erfolgte. Aus lebensmittelrechtlicher Sicht gab es keinen Nachweis von antibiotikahaltigen Rückständen in den Schlachttieren.
Unser Ziel ist es, die Voraussetzung für ein behördliches, überprüfbares Eigenkontroll- und Dokumentationssystem für Tierhalter und Tierärzte zu schaffen und aus den verarbeiteten Daten und Kennzahlen ein nachvollziehbares betriebsspezifisches Minimierungskonzept bezüglich des Einsatzes von Antibiotika unter Berücksichtigung der Mortalitätsraten und der Daten der Schlachtgeflügel- und Fleischuntersuchung zu erstellen.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass für die Entwicklung der Strategie zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes die notwendigen Änderungen des Arzneimittelgesetzes und die Änderung der DIMDI-Verordnung umgesetzt werden. Eine solche Gesetzesänderung ist unentbehrlich, da nur eine umfangreiche gesicherte Datenlage helfen kann, ein funktionales betriebsspezifisches Minimierungskonzept zu erstellen. Auch muss die Rechtsgrundlage erweitert werden, sodass den zuständigen Ländern die ermittelten Daten aus dem Arzneimittelgesetz und der DIMDIVerordnung nicht nur für das Monitoring, sondern auch zu Überwachungszwecken zur Verfügung stehen.
Bitte unterstützen Sie unser Ansinnen und damit den Antrag 6/170, die Ursachen für den hohen Antibiotikaeinsatz zu untersuchen und aus den gewonnenen Erkenntnissen Lösungsansätze zu erarbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie aus der Einbringungsrede entnehmen konnten, haben die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD fast zeitgleich auf Durchführung einer Sondersitzung des Agrarausschusses zur Problematik des Antibiotikaeinsatzes in der Geflügelhaltung gedrängt.
Vorausgegangen war eine Kleine Anfrage, die mein Kollege Dr. André Brie und ich zu dieser Thematik gestellt hatten. Sie sehen daran, dass meine Fraktion diese Frage für sehr wichtig erachtet. Deshalb haben wir heute einen Änderungsantrag zum Antrag der Regierungskoalition vorgelegt. Damit sagen wir schon einmal grundsätzlich, dass der Antrag, den das Ministerium hierzu formuliert hat, in die richtige Richtung geht und von uns unterstützt wird. Jedoch gibt es drei Punkte, die aus unserer Sicht zur Konkretisierung des vorliegenden Antrages beitragen sollten. Diese Konkretisierung werde ich im Weiteren dann erläutern.
Doch lassen Sie mich zunächst auf einige grundsätzliche Fragen des Antibiotikaeinsatzes eingehen. Die Antibio- tika sind eine wichtige Errungenschaft, sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin. Wenn nichts mehr hilft, dann sind Antibiotika oftmals das letzte Mittel. Damit das erhalten bleibt, meine Damen und Herren, muss die Anwendung dieser Medikamente reduziert und auf unvermeidliche Fälle begrenzt werden. Das gilt sowohl für die Human- als auch für die Tiermedizin. In der Humanmedizin, so heißt es in wissenschaftlichen Untersuchungen, wären mit nur wenig Mühe bis zu 40 Prozent der Antibiotika einzusparen. Jede Behandlung mit Antibiotika birgt das Risiko von Resistenzbildungen, kann also zur Unwirksamkeit der Wirkstoffe führen.
Das Risiko besteht in der Tiermedizin insbesondere bei nicht sachgerechter Anwendung oder bei Behandlung eines ganzen Bestandes, weil es einige erkrankte Tiere gibt – das ist die sogenannte Metaphylaxe. Vorrang müssen aus meiner Sicht stattdessen Vermeidungsstrategien haben. Dazu gehören zum Beispiel eine integrierte veterinärmedizinische Bestandsbetreuung, ein gutes Stallklima und ein effektives Stallhygienemanagement.
EU-Gesundheitskommissar Dalli hat vor wenigen Tagen einen 12-Punkte-Aktionsplan vorgestellt. Dazu gehört eine Forderung, die DIE LINKE schon mehrfach vorgetragen hat: Keine parallele Anwendung von Wirkstoffen in der Human- und Veterinärmedizin! Uns geht es nicht um Verbote, denn Antibiotika müssen eine Option zur Behandlung von Infektionen auch bei Nutztieren bleiben. Es geht um die Sensibilisierung für das Problem zu häufiger nicht sachgerechter Anwendung und die Sicherung einer effektiven Überwachung.
Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium hat jetzt reagiert. Die mehrfach kritisierte Ausnahmeregelung für die Geflügelwirtschaft, die von den Dokumentationspflichten für Nutztierhalter bei Antibiotikaanwendungen befreit ist, soll fallen und Meldepflichten für die Tierärzteschaft verschärft werden. Kritik sollte aber sachlicher sein als die vom grünen NRW-Landwirtschaftsminister Remmel, die anlässlich der Studie in Nordrhein-Westfalen geäußert wurde.
Direkte Auswirkungen auf den Menschen sind nicht zwangsläufig zu erwarten, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeiten zwischen der letzten Behand
lung und der Schlachtung eingehalten werden. Das haben auch die Ergebnisse der im Lande durchgeführten Untersuchungen gezeigt. So sind antibiotische Medikamentenrückstände in Nahrungsmitteln eher selten zu finden. Auch die Behauptung, die häufigen Antibiotika- anwendungen bei Nutztieren würden zu den schwerwiegenden Problemen mit multiresistenten Keimen, sogenannten MRSA-Keimen, in Krankenhäusern beitragen, ist bislang nicht belegbar. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung spielen nutztierassoziierte MRSA eine „sehr untergeordnete Rolle“, wörtliches Zitat. Bei keinem der 21 in 3 Jahren untersuchten MRSA-Fälle war Fleisch die Infektionsquelle. Das bedeutet aber nicht Entwarnung, meine Damen und Herren, sondern Minimierung und sorgfältiger Einsatz sind dringend geboten!
Dazu muss diese im Antrag beschriebene Zusammen- arbeit der Tierhalter, der Tierärzte, der Wirtschaftsunternehmen, der Verbraucherzentrale mit dem Tierschutz- beirat entwickelt werden. Zugleich gehören aber auch die strikte Kontrolle, die genaue und einsehbare transparente Dokumentation dazu.
Die im Agrarausschuss genannten durchschnittlichen Behandlungsquoten – sie waren hier eben auch zitiert worden –, die deutlich über zwei Behandlungen pro Mastdurchgang bei der Geflügelhaltung liegen, sind eindeutig zu hoch und nicht akzeptabel.
Die erste Änderung, die sich auf den vierten Anstrich des Punktes 1 bezieht, soll eindeutig klarstellen, dass sich dieser Antrag und die Minimierung des Antibiotikaeinsatzes auf alle, ich betone, auf alle Nutztierarten beziehen muss. Auch wenn die Geflügelhaltung seit der Veröffentlichung der Studie aus Nordrhein-Westfalen im Fokus steht, muss es uns immer um die gesamte Nutztierhaltung gehen.
Die zweite Änderung ist eine Ergänzung des Antrages durch einen neu einzufügenden Satz in diesem Punkt. Mit der Zielstellung, den Medikamenteneinsatz in Bezug auf Haltungsformen und Bestandsgrößen in der Nutztierhaltung zu untersuchen, soll der Einfluss zum Beispiel von Stallgrößen auf diese Frage festgestellt werden. Bisher gibt es keine eindeutigen Aussagen zum Einfluss großer oder kleiner Bestände auf die angewendete Medikamentenmenge. Es gibt groß und gut, klein und fein, aber auch gegenteilige Beispiele. Für die Beurteilung der tiergerechten Haltung in Ställen brauchen wir aber auch gesicherte Aussagen. Damit wären möglicherweise auch Grundlagen für ein Beurteilungskriterium, Zitat: „Gesundheitsmanagement und Antibiotikaeinsatz“, wie es Minister Dr. Backhaus für den Geflügelbereich des Agrarinvestitionsprogramms anstrebt, dann geeignet.
Die dritte Änderung soll dem Antrag die notwendige Verbindlichkeit geben und dem Parlament die nötige Kontrollmöglichkeit verschaffen. Das erreichen wir nur, wenn wir Fristen und Berichtszyklen festsetzen.
Mit diesen Ergänzungen, so meinen wir, ist eine gute Grundlage für die Erarbeitung der Minimierungsstrategie gegeben, die eigentlich, so meine Auffassung, schon vor Erscheinen dieses Antrages begonnen hat. – Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weihnachten steht vor der Tür und Sie können sich vorstellen,