Sechstens. Die EU-Saatgutverordnung muss so gestrickt sein, dass alte, insbesondere für den ökologischen Landbau interessante Sorten möglichst attraktiv für die Betriebe bleiben beziehungsweise dies werden, Stichwort „Standardabbau“, habe ich eben schon ausgeführt.
Siebtens. Der Bereich der Hobby- und Kleingärtner muss frei bleiben, solange eine kommerzielle Vermarktung angestrebt wird.
Meine Damen und Herren, die völlige Liberalisierung, so, wie es im Antrag der GRÜNEN beschrieben ist, lehnen wir ab. Und für jeden, der den Antrag vor sich hat, wenn Frau Dr. Karlowski uns jetzt gleich erzählen will, dass das im Antrag nicht steht, bitte ich, im Antrag noch mal nachzulesen, da steht: „den zulassungsfreien unbeschränkten Handel mit Sorten aus konventioneller Züchtung“. – Besten Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits im Frühjahr dieses Jahres haben wir von der NPD-Fraktion an dieser Stelle auf die massiven Verwerfungen hingewiesen, die die EU-Saatgutverordnung für unser Land verursachen wird. Und wir haben Ihnen ganz deutlich zu verstehen gegeben, dass die NPD-Fraktion die EUSaatgutverordnung entschieden ablehnt.
Und wir haben es heute wieder einmal gehört, Herr Backhaus ist immer noch EU-gläubig. Bekanntlich beherrschen schon heute Agrarmonopolisten wie der internationale Konzern Monsanto nahezu die Hälfte des europäischen Saatgutmarktes mit einem Gesamtvolumen von mehr als 200 Milliarden Euro jährlich. Sollten die Planungen der EU umgesetzt werden, werden insbesondere kleine Züchter skrupellos aus dem Markt gedrängt und die Monopolisierung wird weiter zementiert.
Und auch auf den Pflanzenanbau in Privatgärten sollte sich ursprünglich ja die Saatgutverordnung auswirken.
Heute Morgen war noch den Medien zu entnehmen, dass gerade jetzt auch ein indischer Agrarverband die Agrarverbände hier in der EU aufgefordert hat, massiv gegen diese Verordnung vorzugehen, weil sie gerade kleine Bauern und Privatanbauer enorm benachteiligen wird.
Spätestens wenn Hobbygärtner ihr Saatgut im Fachhandel erwerben wollen, sind diese von den Regelungen und den Auswirkungen der Verordnung direkt betroffen. Gewohntes und bewährtes Saatgut könnte dann nicht mehr käuflich zu erwerben sein, wenn es nicht das vorgesehene Zulassungsverfahren durchlaufen hat.
Ihnen ist bekannt, dass wir es hier mit einem weiteren europäischen Monstrum zu tun haben, das über 70 Einzelregelungen, die teilweise aus den 60er-Jahren stammen, zusammenfasst. Die Kommission schlägt eine Verordnung mit nur 45.755 Wörtern und gerade einmal 280.000 Zeichen vor, die eine Vereinfachung, Modernisierung und Stärkung der Lebensmittelkette in der EU erreichen soll.
Dabei wäre es so einfach. Wie könnte eine vernünftige Regelung aussehen, die sich wirklich an den Bedürfnissen der Menschen ausrichtet? Wir schlagen Ihnen folgende Regelung vor – einfach, verständlich und vernünftig:
Artikel 1: Jedes Saatgut- und Pflanzenvermehrungsmaterial, das einer verantwortungsbewussten, also zukunftszugewandten Landwirtschaft hilft, unter bestmöglichen ökologischen Herstellungsbedingungen eine weitgehende, vielfältige nationale Eigenversorgung sicherzustellen, ist zuzulassen.
Artikel 2: Um der bisherigen großen Bedrohung der Nutzpflanzenvielfalt durch Saatgutkonzerne zu begegnen,
sind der ungehinderte Anbau und die mengenmäßig zulassungsfreie und unbeschränkte Vermarktung von allen heimischen, regionaltypischen Kulturpflanzen und deren Saatgut erlaubt. Dies gilt ebenso für Rückzüchtungen mit dem Ziel der Rekultivierung alter Kulturpflanzen.
Artikel 3: Jeglicher Einsatz der sogenannten grünen Gentechnik, die sich mit der Erzeugung, der Aussaat, dem Anbau, der Verarbeitung und so weiter gentechnisch veränderter Nahrungsmittel beschäftigt, ist verboten.
Die Einfuhr und der Verkauf von gentechnisch verändertem Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial sind verboten und unter Strafe zu stellen.
Artikel 4: Eine Patentierung von pflanzlichem Erbgut, also Saatgut, Pflanzenvermehrungsmaterial, Früchten und so weiter, findet weder im Ganzen noch in Teilen statt. Den Landwirten ist es für den eigenen Bedarf unbegrenzt erlaubt, Saatgut und Pflanzenvermehrungsmaterial aus der eigenen Ernte für die nächste Aussaat zu verwenden.
Dies sind 159 Wörter mit weniger als 1.200 Zeichen. Stattdessen müssen wir uns mit einer unglaublichen Regulierungswut auf 8.438 Zeilen auf 156 Seiten auseinandersetzen.
Viele Abgeordnete im Europäischen Parlament kritisierten vor wenigen Tagen insbesondere die zu befürchtende weitere Konzentration am Saatgutmarkt, die Unbestimmtheit des Verordnungsvorschlags und sie fragten nach der Freiheit für die Kleinerzeuger und nach der Transparenz von Züchtungsmethoden. Unter dem Titel „Konzernmacht über Saatgut – Nein danke! EU-Gesetzesreform braucht eine radikale Richtungsänderung – das Menschenrecht auf vielfältiges Saatgut und Nahrung steht auf dem Spiel!“ wurde auch eine Onlinepetition gestartet und diese Pe- tition hat mittlerweile schon 260.000 Unterstützer.
Ohne lange Begründung trage ich daher noch einmal die Position der NPD-Fraktion vor: Die EU-Saatgutverordnung ist eine weitere Maßnahme zur Erlangung einer Monopol- oder Oligopolstellung der sogenannten großen Global Player auf dem weltweiten Saatgutmarkt. Viele Bauern in der sogenannten Dritten Welt können ein Lied davon singen, was es bedeutet, von einem Saatgutlieferanten abhängig zu sein und wenn es verboten ist, sein selbst gewonnenes Saatgut zu verwenden. Und das ist die Politik, Herr Krüger, die Sie vertreten.
Insofern ist der erste Satz Ihres Antrages im Antrag der GRÜNEN absolut richtig. Da Sie im zweiten Satz aber die Landesregierung beauftragen wollen, sich für eine Überarbeitung der Verordnung einzusetzen, wird Ihr Antrag illusorisch, also unrealistisch. Glauben Sie wirklich, dass die Landesregierung hierzu den nötigen Einfluss hat? Sie sind Träumer oder Fantasten.
(Heiterkeit bei Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)
Da die Saatgutvielfalt allerdings wieder einmal in Gefahr ist, stimmen wir von der NPD-Fraktion dem Antrag zu, da das Problem zumindest mal thematisiert wird.
(Der Abgeordnete Stefan Köster beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Thomas Krüger, SPD: Das ist natürlich logisch, wenn ein Thema wichtig ist.)