Protokoll der Sitzung vom 14.11.2013

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Man hat sie ein bisschen später gekriegt.

(Thomas Krüger, SPD: Sie lenken ab.)

Die dritte Generation war nach einem langen Lernprozess erst genauso professionell wie die drei Amateure aus der thüringischen Provinz, und das auch nur mit massiver Hilfe von östlichen Geheimdiensten. Und die sollen das einfach mal so geschafft haben aus dem Stand? Und wie soll es ihnen gelungen sein, aus einer von Spitzeln aller Geheimdienste durchsetzten Szene heraus elf Jahre lang unentdeckt zu agieren, obwohl eine riesige Sonderkommision hinter ihnen her war?

Allein im Rahmen der von 1997 bis 2003 vom Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Thüringischen Landesamt für Verfassungsschutz und dem MAD durchgeführten Operation „Rennsteig“ wurden mindestens zehn Spitzel in den thüringischen Heimatschutz eingeschleust. Mundlos,

Böhnhardt und Frau Zschäpe konnten keinen Schritt machen, ohne einem Spitzel auf die Füße zu treten. Sie konnten nicht niesen, ohne dass ihnen ein Spitzel sofort ein Taschentuch gereicht hätte. So viel Unfähigkeit gibt es ja gar nicht, unter diesen Umständen die Morde nicht verhindern zu können. Wem haben diese Spitzel denn berichtet? Der NSA vielleicht, unter Umgehung des Verfassungsschutzes, wer weiß?! Welche Erklärung hat der Untersuchungsausschuss hierfür gefunden? Keine. Was ist mit den Aktenvernichtungsaktionen, die hier nur am Rande erwähnt wurden? Ja, kleine Versehen, Zufall. Nichts sollte vertuscht werden. Natürlich nicht!

Was ist mit dem hessischen Verfassungsschützer Andreas T., der 2006 zum Zeitpunkt des Mordes an Halit Y. fast minutengenau in Kassel vor Ort war und in einem Internetcafé auf der Flirtseite „I love“ surfte? Wenn das ein NPD-Funktionär gewesen wäre, den hätten Sie ihn sofort geholt, Kapuze übern Kopf, Maschinenpistole an die Schläfe, ab in den Hubschrauber,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mann, Mann, Mann!)

und er wäre sofort auf der Anklagebank gelandet.

Den Hauptangeklagten Zschäpe und Wohlleben kann man nicht nachweisen, jemals vor Ort bei einem der Morde gewesen zu sein, diesem hessischen Verfassungsschützer schon. Was hat der Untersuchungsausschuss daraus gemacht? Gar nichts. War alles Zufall, Shit happens! Die Empfehlungen dieser Truppe, die kann man sich wirklich schenken.

Ich weiß, Sie haben sich ausgerechnet, Sie könnten den NSU-Komplex ausschlachten und gegen die NPD verwenden. Stattdessen hat die Ironie der Geschichte dafür gesorgt, dass jetzt das Vertrauen in Ihren Staat massiv geschädigt ist, und das gerade bei Ihren heiß geliebten türkischen Mitbürgern. – Viel Vergnügen dabei.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Erbärmlich, erbärmlich, erbärmlich, erbärmlich, erbärmlich.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ringguth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir, die Demokraten in diesem Hause, mussten gespannt darauf sein,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee, darauf war ich nicht gespannt.)

wie sich gerade die NPD-Fraktion zum diesem Antrag verhalten wird.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich muss sagen, die NPD-Fraktion hat unsere schlimmsten Erwartungshaltungen erfüllt.

(Michael Andrejewski, NPD: Übertroffen! Übertroffen!)

Es war perfide, es war zynisch und es war menschenverachtend, was Sie hier vorgetragen haben.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Und ich muss Ihnen sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Schande,

(Beifall Manfred Dachner, SPD)

eine Schande für dieses Haus, eine Schande für dieses Land, dass solche Menschen hier in einem Landtag in Mecklenburg-Vorpommern solches vortragen dürfen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen zu interfraktionellen Anträgen. Das war so und das ist so. Aber ich möchte ganz persönlich sagen, dass ich mich sehr freue, dass es die demokratischen Fraktionen des Landtages wirklich miteinander geschafft haben, eine gemeinsame Basis für den Umgang mit den Geschehnissen um den NSU zu finden. Das ist wichtig, das ist wichtig für die Menschen in unserem Land. Es ist wichtig, dass die Menschen sehen, dass der Landtag geschlossen die Verbrechen des NSU verurteilt, daraus lernt und nach Lösungen für die Zukunft sucht, und deshalb, Herr Kollege Ritter, deshalb gebe ich den Dank für die gute Zusammenarbeit gerne an Sie, aber auch an Herrn Suhr und an Herrn Müller zurück. Herzlichen Dank, das war eine gute Arbeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich war die Arbeit an diesem Antrag für keine der Fraktionen wirklich leicht, denn jede Fraktion hatte auch andere Vorstellungen, wie mit den bisherigen Erkenntnissen um den NSU denn nun umgegangen werden soll und wie wir solche Taten möglichst für die Zukunft immer vermeiden können. Schon die Interpretation der Erkenntnisse ging auseinander. Ich möchte aber gerade deshalb noch einmal im Vorwege die Gründe hervorheben, weshalb wir – wir, die demokratischen Fraktionen – uns entschlossen haben, diesen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Wir, die demokratischen Fraktionen des Landtages, verurteilen die Taten des NSU. Wir verabscheuen jede Form von Gewalt und Straftaten gegen unsere Mitmenschen und wir sehen uns in der Verantwortung, aus

diesen Taten zu lernen und unser Rechtssystem so weiter auszubauen, dass ähnliche Taten bereits in der Entstehungsphase entdeckt werden und eine Wiederholung solch schrecklicher Ereignisse in einem Rechtsstaat wie Deutschland für immer ausgeschlossen sein wird.

Meine Damen und Herren, das Thema NSU ist in der jüngeren deutschen Geschichte ein tiefer Einschnitt. Eine schreckliche Serie von Mordanschlägen und Raubüberfällen einer nationalsozialistischen Terrortruppe hat zahlreiche Opfer, Traumatisierte und eben leider auch zehn Tote hinterlassen und auch vor unserem Bundesland nicht halt gemacht. Das Ausmaß dieser Verbrechen, die Dauer, während der die Terrorgruppe agieren konnte, hat im ganzen Land tiefe Betroffenheit ausgelöst. Den Opfern, den Angehörigen und den Betroffenen möchte ich im Namen von uns allen noch einmal ausdrücklich unser Mitgefühl ausdrücken.

Liebe Kollegen, die Erkenntnisse aus den Geschehnissen um den NSU haben uns deutlich vor Augen geführt, dass trotz aller Bemühungen und Bestrebungen unser Rechtsstaat eben nicht immer fehlerfrei agiert. Wenn auch meine Fraktion und ich die Fehler nicht in unserem Bundesland ausmachen können, so müssen wir dennoch die Erkenntnisse aufnehmen und für uns verarbeiten, damit solche Fehler bei uns gar nicht erst passieren können. Ich bin deshalb unserem Innenminister auch sehr dankbar, dass er sich immer gegenüber diesem Thema sehr aufgeschlossen gezeigt hat und immer wieder betont hat, dass sein Haus die Erkenntnisse aufnehmen wird, landesspezifisch analysieren wird und dann entsprechende Regelungen finden wird.

Ich möchte noch mal ausdrücklich betonen, da können Sie sich auch jedes Protokoll der vergangenen Sitzungen gerne anschauen, wo es genau um das Thema NSU ging, unser Innenminister hat sich gerade nicht den entsprechenden Reformen und Verbesserungen verschlossen. Dass es dabei nicht gerade um blinden Aktionismus geht und gehen kann, sondern um Qualität in der Umsetzung, das zeigt ganz im Gegenteil, wie ernst das Thema bei uns in der Landesregierung genommen wird.

Meine liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, es ist ja nicht ganz unbekannt, dass gerade unsere Fraktionen in dem Punkt Verfassungsschutz teilweise diametral auseinandergehende Ansichten haben. Während Sie immer gerne von Transparenz und Öffentlichkeit reden, steht für meine Fraktion der qualitative Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Und ich persönlich kann auch immer noch nicht feststellen, dass der Landesverfassungsschutz oder die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern mit rassistisch geprägten Vorurteilen ermittelt hätten. Im ganzen Untersuchungsbericht des Bundestages findet sich dazu, dass konkrete Ermittlungen in MecklenburgVorpommern rassistisch vorurteilsbehaftet gewesen sein sollen, kein Wort. Wenn Sie, Herr Suhr, in Ihrer Presseinformation also von „Schlapphut-Haltung“ und einem „Mentalitätswechsel“ im Verfassungsschutz sprechen, dann mag das für andere Bundesländer gelten, darüber kann ich mir kein Urteil bilden, aber für uns, für Mecklenburg-Vorpommern gilt – und da kann ich mir ein Urteil bilden –, für uns in Mecklenburg-Vorpommern kann ich das nicht feststellen.

Lieber Herr Suhr, wir sitzen beide in der PKK. Uns sind die Verantwortlichen im Ministerium bekannt, auch der Abteilungsleiter 5 und seine Kolleginnen und Kollegen.

Und bei mir kam immer der Eindruck rüber, dass die Verantwortlichen unbedingt die Fehler, die gerade bei der länderübergreifenden Zusammenarbeit entstanden sind, dass sie diese Fehler ausmerzen wollen, dass dieser mangelnde Ermittlungserfolg an ihnen nagt und dass sie unbedingt daraus lernen wollen und dafür Sorge tragen werden, dass sich so etwas wie der NSU nicht wiederholen kann.

Meine Damen und Herren, im Untersuchungsbericht stehen die Fehler der länderübergreifenden Zusammenarbeit schwarz auf weiß. Im Untersuchungsbericht steht aber auch, und das wird gerne bei der Diskussion vergessen, im Untersuchungsbericht steht auch, dass es keine irgendwie geartete Unterstützung des NSU oder Vertuschungsaktionen durch irgendeine Behörde gegeben hat. Es gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, dass ein Mitglied des NSU oder jemand aus dessen Unterstützerfeld jemals als V-Person tätig war, und das ist wichtig. Es ist wichtig, dass das einmal festgehalten wird, wichtig für all diejenigen, die das Funktionieren unseres Rechtsstaates nach dem Bekanntwerden des NSU auch grundsätzlich infrage gestellt haben, wichtig, weil es dazugehört, in die Reihe der Erkenntnisse.

Meine Damen und Herren, der Untersuchungsbericht des Bundestages, und das ist schon gesagt worden, umfasst über 1.300 Seiten, die schließlich in 47 Empfehlungen münden. Mit unserem Antrag ist die Landesregierung aufgefordert, sich nochmals aktiv mit allen derzeit vorliegenden Erkenntnissen zu befassen. Nicht alle dieser 47 Empfehlungen werden für uns, für MecklenburgVorpommern, eine Relevanz haben, teilweise werden die Empfehlungen auch bereits umgesetzt oder in Angriff genommen. Umso wichtiger ist es aber, diese Arbeit weiter voranzutreiben und auch die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern viel intensiver als bisher zu suchen.

Der Innenminister hat in den vergangenen Landtagssitzungen, in denen das Thema auf der Tagesordnung stand, schon ausgeführt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und welche Maßnahmen unmittelbar geplant sind. Deshalb war es meiner Fraktion bei diesem Antrag besonders wichtig, dass herausgestellt wird, dass es entsprechende Reformbestrebungen im Land bereits gibt, dass sich die Landesregierung aktiv mit allen Erkenntnissen auseinandersetzt und dass die Landesregierung entsprechend reagiert. Und schon jetzt ist klar: Wir brauchen bei polizeilichen Ermittlungen über Ländergrenzen hinweg klare, deutlich klarere Lösungen, aber eine reine Schwarz-Weiß-Malerei im Sinne von Abschaffung des Verfassungsschutzes sehe ich bei diesem Thema als nicht angebracht an. Der Untersuchungsbericht hat doch gezeigt, dass es den einen Fehler, den einen Fehler, der das ganze System NSU unterstützte, dass es diesen einen Fehler eben nicht gegeben hat, und deshalb kann es doch auch nicht die eine Patentlösung für die Zukunft geben.

Herr Stracke hat in seiner Rede vor dem Bundestag gesagt, er wolle, dass die „Sicherheitsarchitektur“ in Deutschland zukünftig besser dastehe als bisher. Und genau dieses Ziel unterstützen wir, die Antragsteller, mit diesem Antrag. Alle im Antrag aufgeführten Maßnahmen stehen für meine Fraktion unter einem Vorbehalt, unter einem für mich besonders wichtigen Vorbehalt: Eine Reform oder Änderung muss die Arbeit der zuständigen Behörden im Land wirklich weiter qualitativ verbessern.

Die Verbrechensserie mag das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert haben, ich aber habe das Vertrauen in den Rechtsstaat, dass dieser auch aus seinen Fehlern lernen kann und lernen wird, und bisher sind auch unter Mitarbeit von Mecklenburg-Vorpommern bundesweit schon einige Reformen erfolgt.

Auch dies sollte bei der Bewertung des Themas nicht zurückstehen: Der Rechtsstaat hat nicht erst angefangen, sich zu reformieren als der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorgelegen hat, nein, der Rechtsstaat hat sofort nach Bekanntwerden der Umstände begonnen, daraus zu lernen. Mit der Errichtung des gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus sitzen die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern nun an einem Tisch. Mit der Errichtung der Rechtsextremismusdatei werden Polizei und Verfassungsschutz bereits jetzt ihre Erkenntnisse besser austauschen und das Bundesamt für Verfassungsschutz befindet sich in einer wichtigen Erneuerungsphase – alles Ergebnisse aus dem vielfach geforderten Umdenkungsprozess.

Zum Abschluss meiner Rede möchte ich kurz aus der Rede des Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert vom 2. September 2013 zum Untersuchungsbericht zitieren: „Der Schutz von Leib und Leben und die von“ der „Verfassung garantierten Grundrechte haben in diesem Land Geltung für jeden, der hier lebt, mit welcher Herkunft, mit welchem Glauben und welcher Orientierung auch immer. Dieser Deutsche Staat … hält unverrückbar und unwiderruflich an diesen Prinzipien fest...“ – Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich ebenfalls für meine Fraktion dafür bedanken, dass es möglich geworden ist, hier diesen gemeinsamen Antrag einzubringen. Peter Ritter hat von der hohen politischen Kultur gesprochen in diesem Zusammenhang und den Präsidenten des Deutschen Bundestages dabei zitiert. In der Tat, ich glaube, es war eine hohe politische Kultur, dass uns dies hier gelungen ist, aber ich sage auch gleichzeitig, um ein klein wenig in die Hinterzimmer hineinschauen zu lassen, wir haben, lieber Kollege Ringguth, Sie sind ja gerade auf den Unterschied eingegangen, der gerade zwischen unseren Fraktionen in Einschätzungen vorliegt, wir haben in der Tat gerungen um die Fassung, die jetzt im Augenblick vor Ihnen liegt und die heute Grundlage für den hoffentlich gemeinsamen Beschluss aller demokratischen Fraktionen ist. Denn in dieser Antragserarbeitung ist sehr wohl deutlich geworden, dass es sehr unterschiedliche Erwartungen zwischen den Fraktionen gibt, welche Konsequenzen aus den rassistisch motivierten Morden und Überfällen des NSU für Mecklenburg-Vorpommern zu ziehen sind. Und gerade vor dem Hintergrund halte ich es für überaus bemerkenswert. Das, glaube ich – ich nehme das für meine Person in Anspruch –, habe ich auch bei Ihnen wahrgenommen, dass Sie da über Hürden gesprungen sind, die nicht so ganz niedrig waren, mit den Abstimmungsprozessen, die dahinter gestanden haben. Ich glaube in der Tat, wir haben eine unterschiedliche Einschätzung.

Ich glaube, dass das bei der LINKEN auch anders ist als bei CDU und SPD, und ich nehme wahr, es ist anders zwischen CDU und SPD zu der Frage, welche Konsequenzen da zu ziehen sind. Wir haben das, glaube ich, in den Diskussionen, die wir geführt haben, durchaus wahrnehmen können und deshalb ist es sehr wichtig, dass wir heute zu dieser gemeinsamen Beschlussfassung kommen. Aber mit Verlaub und Respekt auch vor der vermutlichen Beschlussfassung sage ich eindeutig für meine Fraktion: Für uns ist es noch wichtiger und wirklich relevant, dass wir nach dieser Beschlussfassung, die ja eine Willenserklärung der demokratischen Fraktionen ist – das ist wichtig, Herr Ringguth, da wende ich mich insbesondere an die CDU-Fraktion –, tatsächlich auch zu Umsetzungen kommen. Und da werden wir noch mal vor Hürden stehen, wo wir uns, finde ich, den Willen bringe ich hier eindeutig für meine Fraktion ein, wo wir uns auch noch mal darum bemühen müssen, dass diese Umsetzungen und das Ziehen der Konsequenzen in der Tat in einem einvernehmlichen Prozess möglich sind. Ich bin dazu ausdrücklich bereit, aber das sind dann vielleicht noch mal Hürden, die noch mal deutlich höher sind als das, was wir bisher erlebt haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, in der Auseinandersetzung um die Ermittlungspannen ist ja die interessante Frage, ob man in der Tat zu dem Eindruck kommen kann, dass die Welt in Thüringen, in Sachsen, in Bayern anders ist als in Mecklenburg-Vorpommern, dass dort größere Fehler gemacht worden sind oder hier vielleicht nicht so große Fehler oder dass man zu dem Ergeb- nis kommen kann, hier ist eigentlich alles im Wesent- lichen korrekt gelaufen. Da hat es in der Vergangenheit sehr unterschiedliche Einschätzungen gegeben. Und vor dem Hintergrund bin ich sehr dankbar, dass dieser über 1.300 Seiten umfassende Bericht jetzt vorliegt, denn bei der Einschätzung hilft auch ein Blick in die Details.

Peter Ritter ist vorhin sehr grob eingegangen auf das, was einen Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern herstellt, und ich möchte das hier nicht wiederholen, aber ich möchte es vielleicht konkretisieren. Und zwar ist es mir nicht möglich in der begrenzten Redezeit, das zu allen Punkten zu machen, ich glaube, dass das notwendig ist, dass wir das gemeinsam tun, aber ich will das zumindest in einem Punkt mal exemplarisch und beispielhaft hier herausarbeiten. Und bei diesem Punkt, da wird sich herausstellen – und wenn Sie es aufmerksam gelesen haben, dann sind Sie zu dieser Erkenntnis schon gekommen –, es ist eine Feststellung zu treffen, auch für Mecklenburg-Vorpommern. Nach den Aussagen des Untersuchungsausschusses war die polizeiliche Ermittlungsarbeit auch hier nicht ausreichend offen für unterschiedliche Ermittlungsausrichtungen, und genau das ist das Kernproblem seinerzeit gewesen, was dazu geführt hat, dass diese schrecklichen Straftaten und Morde über einen so langen Zeitraum unentdeckt geblieben sind. Ich will dazu nur auszugsweise aus dem Bericht zitieren, wie gesagt, es ist nur ein Punkt.

Zu den Ermittlungen in Rostock nach dem Mord an Mehmet Turgut am 25. Februar 2004 heißt es auf Seite 594, die Quelle ist ja von Peter Ritter schon angegeben worden, ich will mal daraus zitieren: „Nicht festgestellt werden konnte die Bearbeitung von zwei Hinweisen des Bruders des Opfers auf einen möglichen rassistischen Hintergrund der Tat. Yunus Turgut hatte in seiner Vernehmung am 30. Juni 2004 den Ermittlern zum einen davon berichtet, dass ein Mitglied der Familie A., bei

denen Mehmet Turgut gearbeitet hatte, während der Trauerfeier für seinen ermordeten Bruder eine SMS erhalten hatte mit dem deutschen Text: ,Ich habe einen Türken getötet und du bist dran!‘ Weiterhin berichtete Yunus Turgut, dass ihm der erste Anrufer, der ihn über die Geschehnisse am 25. Februar 2004 informiert habe, gesagt habe, sein Bruder sei von ,Rechtsradikalen‘ verprügelt worden und liege nun im Krankenhaus.“ Ende des Zitats.

Sehr geehrte Damen und Herren, das muss doch die Frage provozieren danach, warum diesen Hinweisen hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht nachgegangen worden ist. Und an anderer Stelle heißt es, ich zitiere wieder: „Im Rahmen einer Besprechung zwischen der in dem Mordfall ermittelnden Polizei und dem Landesamt für Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2004 habe das Landesamt für Verfassungsschutz Informationen übermittelt, dass Rauschgiftschulden und Rauschgiftgegenstände ursächlich für die Ermordung sein sollten.“