Protokoll der Sitzung vom 15.11.2013

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Für zehn Kompetenzagenturen mit insgesamt 35 Mit- arbeitern in ganz Mecklenburg-Vorpommern bedeutet das ganze 5.000 Euro an finanzieller Unterstützung pro Jahr pro Kompetenzagentur seitens des Landes. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, meine Damen und Herren, zumal, um das noch einmal zu wiederholen, seitens Ministeriumsvertretern eine 50-prozentige Förderung seit einem Jahr in Aussicht gestellt wurde. Eine 50-prozentige Förderung würden 800.000 Euro bedeuten.

(Heiterkeit bei Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur allein um die wegfallende Bundesfinanzierung zu ersetzen, wären 450.000 Euro notwendig, wenn man alle Kompetenzagenturen erhalten wollte. Das konnten Sie auch in dem Brief des Geschäftsführers von der Kompetenzagentur hier in Schwerin, Herrn Thomas Littwin, gestern nochmals lesen. Wenn das Land nicht in der Lage ist, 450.000 Euro aufzubringen, dann müsste es doch zumindest möglich sein, seitens des Landes die bisherige Förderung in Höhe von 220.000 Euro bereitzustellen.

Und zur seriösen Landesfinanzierungspolitik, weshalb dieser Antrag abgelehnt wurde: Ich habe es beim KiföG gesehen, wo einfach mal locker 4 Millionen Euro aus dem Hut gezaubert wurden aus dem Titel „Sozialhilfefinanzierungsgesetz“. Wenn das eine seriöse Grundlage für das KiföG war, na dann frag ich mich.

Aber so wichtig scheinen Ihnen die Kompetenzagenturen dann doch nicht zu sein, wenn seitens der Landesregierung für die Jugendberufshilfe überhaupt keine finanzielle Unterstützung mehr zugesagt wurde und seitens der Koalitionsfraktionen ein Alibibetrag in Höhe von 50.000 Euro in Aussicht gestellt wurde. Ich kann Sie nur auffordern, Ihre Haltung im Sinne der Jugend- lichen zu überdenken und unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2340. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern I und II des Antrages einzeln abzustimmen.

Wer der Ziffer I des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer I des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2340 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Fraktion der NPD, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU und keinen Enthaltungen.

Wer der Ziffer II des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Danke. Damit ist die Ziffer II des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/2340 abgelehnt, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der NPD, bei Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Nachgang der gestrigen Sitzung erteile ich dem Abgeordneten Michael Andrejewski einen Ordnungsruf wegen eines Zwischenrufes, den er während der Rede des Abgeordneten Heinz Müller geäußert hat.

(Stefan Köster, NPD: Aus welchen Gründen?)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18 …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Das ist eine Unmöglichkeit!)

Dann kann er gern herkommen,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

ich erläutere das gern. Herr Andrejewski, wir können das klären.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Das geht ja gar nicht.)

Sie wissen ja, worum es geht. Ich habe den Sachverhalt im Nachgang zu der Beratung des Tagesordnungspunktes nochmals im Einzelnen geprüft und deshalb erteile ich Ihnen diesen. Und wie gesagt, wenn es da noch Klärungsbedarf gibt, später.

(Stefan Köster, NPD: Und wenn es eine Tatsachenbehauptung ist? – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Ambulante geriatrische Versorgung flächendeckend sicherstellen, Drucksache 6/2336.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Ambulante geriatrische Versorgung flächendeckend sicherstellen – Drucksache 6/2336 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Stramm von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der geriatrische Patient ist 70 Jahre alt oder älter, muss wegen mehrerer Krankheiten ärztlich behandelt werden und er oder sie ist in seiner Alltagsfähigkeit bedroht oder diese ist stark eingeschränkt. Oft hat er chronische Schmerzen, Schwindel und ist wahrscheinlich sturzgefährdet.

Um eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes und eine drohende Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, bedarf er einer speziellen geriatrischen Versor

gung. Auch für die geriatrische Versorgung gilt: ambulant vor stationär. Der Anspruch ist, dass diese ambulanten Angebote möglichst wohnortnah vorhanden sein sollten. Doch die Umsetzung dieses Anspruchs ist in Mecklenburg-Vorpommern für die meisten geriatrischen Patienten unmöglich, da es lediglich 16 ambulant tätige Geriater in unserem Bundesland gibt.

Wer seinen gesetzlich verbrieften Anspruch auf eine ambulante geriatrische Rehabilitation wahrnehmen will, findet in Mecklenburg-Vorpommern daher keine Möglichkeit. Es gibt schlichtweg kein Angebot. Eine niederschwellige ambulante geriatrische Komplexbehandlung existiert nur an drei Standorten: in Waren, in Ueckermünde und in Trassenheide. Das sind aus Sicht meiner Fraktion unhaltbare Zustände.

Wir wissen, dass sich der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung erhöht und dass die Lebenserwartung steigt. Allein zwischen 2007 und 2011 stieg die Zahl der älteren Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern um 7.300 Menschen und der Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung erhöhte sich von 20,9 Prozent im Jahr 2007 auf 22,1 Prozent im Jahr 2011, und nach der letzten Bevölkerungsprognose wird im Jahr 2020 mit einem Anteil von 24,9 Prozent gerechnet. Damit steigt der Bedarf an geriatrischer Versorgung.

Daher fordert meine Fraktion nicht zum ersten Mal, dass die Landesregierung ihrer Fürsorgepflicht nachkommen muss und ihre Pläne für den Ausbau der ambulanten geriatrischen Versorgung vorlegt. Der Mangel wird auch nicht nur von der Linksfraktion thematisiert, es gab dazu bereits Beschlüsse des 3. und des 5. Altenparlaments und in der kommenden Woche wird das 8. Altenparlament erneut über die mangelhafte geriatrische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern diskutieren.

Wir fordern die Landesregierung auf, uns bis zum 31. Mai 2014 zu sagen, welche Maßnahmen sie plant, um dem Mangel bei der ambulanten geriatrischen Versorgung abzuhelfen. Es muss doch möglich sein, die Zahl der Geriater zu erhöhen und so endlich das letzte Drittel in der Versorgungsstruktur beim Bundesländervergleich zu verlassen.

Ich bitte Sie: Lassen Sie die geriatrische Versorgung in unserem Land nicht zur unendlichen Geschichte verkommen, stimmen Sie diesem Antrag zu! – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb in Vertretung der Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Lieblingsabgeordneter Renz!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD: Oh!)

Der Wert einer Gesellschaftsform

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

wird einmal daran gemessen werden, wie sie ihre Alten behandelt hat, meinte Albert Einstein. In Anbetracht der demografischen Entwicklung müssen wir uns sehr anstrengen, um einer solchen Prüfung standhalten zu können. Die Zahl der Einwohner unseres Landes wird weiter sinken, bis 2030 um neun Prozent. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. 2030 wird deshalb jede und jeder Dritte in Mecklenburg-Vorpommern über 65 Jahre alt sein. Diese Entwicklung wird regional sehr unterschiedlich ausfallen, auch bei uns im Land.

Was bedeutet das? Wer an das Alter denkt, verbindet damit häufig Verlust und Versagen, Schwäche und Krankheit. Das war immer schon ein Zerrbild. Die Zahl der Menschen, die auch mit 60, 70 oder 80 gesund und selbstbestimmt leben, ist groß, mehr noch, sie steigt. Mit anderen Worten: Das Bild von den Alten, die mutlos vor sich hin kränkeln, ist falsch. Im Alter gesund leben, dieser Anspruch ist nicht nur etwas, was man jedem Einzelnen wünscht, er besitzt auch eine politische und wirtschaftliche Dimension.

Wissenschaftler weisen darauf hin, dass Menschen, die in die zweite Lebenshälfte kommen, sich immer noch zu wenig mit dem Erhalt ihrer Gesundheit beschäftigen. Ein wichtiges Ziel unseres Landesaktionsplanes zur Gesundheitsförderung und Prävention besteht daher darin, diese Potenziale zu entdecken und zu nutzen. Auf Prävention muss zuallererst gesetzt werden.

Aber auch bei den besten Ansätzen zur Prävention erkranken Menschen im fortgeschrittenen Alter häufiger als in jüngeren Jahren. Am Beispiel der Demenzerkrankungen wird dies besonders deutlich. Sie treten insbesondere nach dem 75. Lebensjahr auf.

Deshalb sind Konzepte notwendig, die dieser Situation gerecht werden. Mit dem im Sommer 2011 vorgelegten Geriatrieplan reagiert das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales auf diese Herausforderungen, die aus der demografischen Entwicklung resultieren. Das 1998 veröffentlichte Konzept zur geriatrischen Versorgung der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern musste den aktuellen Bedingungen angepasst und erweitert werden.

Im Geriatrieplan werden die Ausgangsbedingungen und die Vorgaben zur Weiterentwicklung der Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege alter Menschen mit spezifischen Versorgungsbedürfnissen analysiert. Ein Handlungsleitfaden fasst die Ergebnisse zusammen und gibt Empfehlungen. Der Geriatriebeirat setzt diese Empfehlungen schrittweise um, die Federführung hat hierbei das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales. Alle maßgeblichen Akteure der Geriatrie arbeiten im Beirat mit.

Der Geriatrieplan wird mit dem Psychiatrieplan verzahnt. Ein Schwerpunkt dieses Psychiatrieplans liegt in der Gerontopsychiatrie. Auch dieser Plan baut auf Erkenntnisse aus der Praxis auf und dient der Integration der bestehenden Hilfesysteme. Es wird darin nicht nur das psychiatrische Hilfesystem im engeren Sinne abgebildet, wie es in der Regel üblich ist, sondern auch die Psychosomatik und die Suchthilfe berücksichtigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Pläne sind nichts Statisches. Das Sozialministerium reagiert natürlich auf neue Entwicklungen. Deshalb wurde das Modellprojekt „Länger leben in MecklenburgVorpommern“ aufgelegt. Ausgehend von einer Situationsanalyse wird überlegt, wie das Hilfesystem weiterentwickelt werden kann. Es werden neue Hilfsformen entworfen und umgesetzt. Das Projekt der Universitäten zur Demenz ist gut mit dem Landesmodell verknüpft. Allerdings ist es ein Problem, dass es zu wenige qualifizierte Ärzte gibt. Gegenwärtig sind in MecklenburgVorpommern 58 Ärzte tätig, die die Zusatzbezeichnung „Geriatrie“ erworben haben.

Sehr geehrte Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, in Ihrem Antrag weisen Sie darauf hin, dass Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Geriatrie umgesetzt werden sollen. Es ist nicht klar, ob hier der Bundesverband Geriatrie, die Arbeitsgemeinschaft des Landesverbandes Geriatrie oder der Geriatriebeirat gemeint ist. Alle genannten Gremien sind der Auffassung, dass es zu wenig Geriater gibt.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)