Genauso verfahren Sie bei der Einführung des Langzeitpraktikums. Hier verweisen Sie in der Gesetzesbegründung auf eine Festlegung in der Beschlussempfehlung zum Lehrerbildungsgesetz von 2011 und begründen damit seine Notwendigkeit. Richtig ist, dass es in der Beschlussempfehlung sinngemäß heißt, dass das Bildungsministerium im Umfeld der Hochschulstandorte Rostock und Greifswald Schulen finden soll, um an ihnen einen Modellversuch zu starten. Die Studierenden sollten ein sechs- bis zwölfmonatiges Langzeitpraktikum statt der bisher als Block vorgesehenen Praktika absolvieren. Sie sollten wöchentlich zwei Stunden im außerunterrichtlichen Bereich oder als Unterrichtsassistenz beschäftigt werden.
Falsch ist, Herr Minister, diesen Punkt in der Entschließung der SPD und CDU von 2011 nun zur Grundlage der Gesetzesänderung zu machen, ohne den Modellversuch überhaupt durchgeführt zu haben. Dieser Modellversuch fand zu keiner Zeit statt, aber Sie führen ihn als Begründung an. Sie tun so, als hätte es ihn gegeben.
An dieser Stelle wird durch das Weglassen einer wesentlichen Textpassage sehr zweifelhaft mit der Wahrheit umgegangen.
Falsch ist es weiterhin, die Warnungen und Hinweise der Anzuhörenden auch hier wieder zu ignorieren. In den Stellungnahmen wird die Einführung dieses Langzeitpraktikums einhellig abgelehnt. Richtig ist, dass es weder die Schulen gibt, die zahlreiche Studenten im Umkreis von Rostock und Greifswald einfach so nebenbei aufnehmen und betreuen können, noch diese Art des Praktikums in den modularisierten Studienablauf integriert werden kann.
Besonders richtig wäre, Herr Minister, Ihre eigenen Beschlussempfehlungen ernst zu nehmen und auch umzusetzen, denn der damalige Abgeordnete Brodkorb, der diese Formulierung so und nicht anders in die Entschließung einfließen ließ, wird sich bestimmt etwas dabei gedacht haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Gesetz steht unseres Erachtens auf tönernen Füßen. Nicht nur, dass Sie sich bei den Änderungen auf Empfehlungen berufen, die es so nicht gegeben hat, sondern auch, weil Sie die meisten Hinweise der Anzuhörenden einfach in den Wind schlagen. So haben alle Expertinnen und Experten sich für eine Stufenlehrerausbildung und damit für eine Ab
kehr von der derzeitigen schulartenabhängigen Lehrerausbildung ausgesprochen. Seit Jahren stützt sich das Schulrecht bundesweit auf Bildungsgänge und nicht mehr auf Schularten. Mit einer stufenbezogenen Ausbildung würde das Land Mecklenburg-Vorpommern den Bildungsgängen eine erhöhte Bedeutung beimessen, da die bisherige Einteilung der Lehrämter der notwendigen Flexibilität des Einsatzes der Lehrkräfte, vor allem unter Beachtung des perspektivischen Lehrkräftemangels, widerspricht. Um die Einsatzmöglichkeiten der Lehrerinnen und Lehrer zu erhöhen, wäre es zweckmäßig, die Lehrkräfte als Stufenlehrerinnen und Stufenlehrer auszubilden. Die neuen Lehrämter würden dann gewährleisten, dass die zukünftigen Lehrkräfte schulartübergreifend an Regionalen Schulen, Gesamtschulen sowie Gymnasien eingesetzt werden könnten.
Würden Sie, sehr geehrte Abgeordnete der Koalition, diesem Vorschlag und damit dem Änderungsantrag meiner Fraktion folgen, wäre Mecklenburg-Vorpommern künftig von Lehrerbedarfen im überdimensionalen Ausmaß verschont.
Es ist für mich auch nicht zu verstehen, warum Sie die Einstellung von Seiteneinsteigern ohne angemessene fachliche Qualifikation extrem fördern, aber Möglichkeiten eines flexiblen Einsatzes ausgebildeter Lehrkräfte schulart- übergreifend ablehnen. Stattdessen widmen Sie sich einer Schmalspurausbildung, denn mit der Novelle des Gesetzes ändert sich nichts an der Ausbildung oder vielmehr Nichtausbildung der Seiteneinsteiger. Wenn derartige Einstellungen in anderen Berufsgruppen die Runde machen würden, wäre folgende Glosse traurige Realität:
Im Oktober schrieb Wolfgang Hartmann einen Leserbrief an die „Ostsee-Zeitung“ zum Thema der Seiteneinsteiger, ich zitiere daraus: „Die neuesten Ideen der Landesregierung zur Bildung sollten ausgedehnt werden. Ich habe meine Bewerbung schon fertig: ,Liebes Krankenhaus, hiermit bewerbe ich mich als Quereinsteiger, denn ich fühle mich ambitioniert. Dass ich keinen entsprechenden Abschluss vorweisen kann, sollte Sie nicht daran hindern, mich als Hobby-Chirurg einzustellen. Ich kann Blut sehen … und wäre mit einem Oberarztgehalt einverstanden.‘“ Ende des Zitats.
Sehr geehrte Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpom- mern benötigt dringend Lehrkräfte und das Anliegen, diese zu finden und selbst auszubilden, eint alle demokratischen Fraktionen. Aber meine Fraktion möchte, dass jede und jeder, der die Mädchen und Jungen unterrichtet, eine qualifizierte und begleitende Ausbildung erhält, und zwar vom ersten Tag an und verpflichtend. Deshalb bringen wir heute nochmals die Änderungsanträge ein, die die berufsbegleitende Qualifizierung jedes Seiteneinsteigers vorsieht. Ich habe großen Respekt vor den Lehrkräften, die den Mut haben, unausgebildet in die Schulen zu gehen und ihr Fachwissen den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln. Aber eben zu dieser Vermittlung gehört auch das Wissen, was ich wie unterrichten muss, damit die Schülerinnen und Schüler lernen, verstehen, begreifen und behalten. Es bedarf also des Studiums der Bildungswissenschaften, der Methodik und vor allem der Didaktik, denn Fachwissen und didaktische Kompetenz sind zweierlei.
Ich erwarte von der Landesregierung, dass auch sie diesen Frauen und Männern den Respekt entgegenbringt, den sie verdient haben, und das kann nur in Form einer berufsbegleitenden Qualifizierung sein.
Einerseits möchte uns die Koalition weismachen, dass die Anerkennung der Lehramtsabschlüsse, die in anderen Bundesländern erworben worden sind, einen Meilenstein darstelle, andererseits werden Seiteneinsteiger eingestellt, unabhängig von ihrem ursprünglichen Studium oder Beruf und vor allem unabhängig von dem Bundesland, in dem sie diesen erworben haben. Die wirklich positive Regelung der Anerkennung der Lehramtsabschlüsse machen Sie wieder zunichte, indem Sie Frauen und Männer ganz ohne Lehramtsstudium, ganz ohne didaktische, pädagogische und methodische Vorkenntnisse und sogar ganz ohne verbindliche Regelungen zur Ausbildung vor die Klassen stellen.
Schieben Sie nicht jede Verantwortung von sich! Übernehmen Sie sie lieber und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, denn es geht um die qualifizierte pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen! Stimmen Sie zu, um den Schülerinnen und Schülern, den Eltern sowie den Lehrkräften zu beweisen, welch bedeutenden Stellenwert qualitativ hochwertige Bildung und Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern hat!
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Änderungsantrag der Koalition fordert die lehrerbildenden Hochschulen auf, sicherzustellen, dass alle Lehramtsstudienfächer auch als sogenannte Beifächer studiert werden können. Beifächer haben den Umfang von 20 Semesterwochenstunden, das entspricht einem Semester. Schon dies zeigt, dass es sich hier nur um eine ergänzende Qualifikation handelt. Wenn also ein Student in 10 Semestern für die Fächer Deutsch und Geschichte ausgebildet wird und als Beifach Mathematik im Schnelldurchlauf, konkret eben innerhalb eines Semesters absolvieren kann, dann führt das dazu, dass er auch Mathematik in allen Klassenstufen, dessen, was er studiert hat, unterrichten kann, obwohl ihm dazu eine tiefgreifende fachwissenschaftliche und fachdidaktische Ausbildung fehlt. Er ist also ein studierter Lehramtsseiteneinsteiger.
Tatsächlich werden zumindest an der Universität Rostock ab dem Wintersemester 2014 keine Studienmöglichkeiten für Beifächer mehr angeboten, weil dieser Sprint durch eine Fachwissenschaft nicht den Ansprüchen einer qualifizierten Lehrerausbildung entspricht. Folgen Sie dem Beispiel der Universität Rostock und nehmen auch Sie von dieser Lehrerschnellbesohlung Abstand!
Sehr geehrte Damen und Herren, es zeigt sich an dieser Novelle deutlich, dass Lehrerbildungsgesetze in unserem Land unter keinem guten Stern stehen. Erst gibt es sie viele Jahre gar nicht, dann kommt 2011 ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, weil es die Landesregierung damals nicht geschafft hat, dieses Gesetz innerhalb von fünf Jahren auf den Weg zu bringen. Nun, nach lediglich zwei Jahren, muss dieses Gesetz grundlegend novelliert werden. Und dennoch ist es wieder unausgereift, ungenau und bedarf schon jetzt dringend Änderungen. Wenn Sie unsere Anträge ignorieren, können wir es nicht verantworten, dieser Novelle zuzustimmen.
Wenn ich das jetzt, sehr geehrte Kollegin Frau Oldenburg, richtig verstanden habe, war das Kernargument, vor ein paar Jahren hat die Regierung, damals mein Vorgänger, noch schnell ein Gesetz zusammengeschustert
und weil das so miserabel zusammengeschustert war, müssen wir jetzt schon wieder die Fehler korrigieren. Ich finde das angesichts der Tatsache, dass Sie wissen, was der Grund für die Änderung des Gesetzes ist, bemerkenswert, denn Sie wissen, dass der Anlass für die Änderung dieses Gesetzes ein Beschluss der Kultusministerkonferenz ist
zur bundesweiten und vorbehaltlosen Anerkennung der Lehramtsabschlüsse in Deutschland. Es ist ja kurios genug, dass man im Jahre 2013 einen solchen Beschluss fassen muss, übrigens auf Anregung der damaligen Bundesministerin Frau Schavan, die in Aussicht gestellt hat, unter dieser Bedingung ein zu hundert Prozent vom Bund finanziertes Programm zur Steigerung der Qualität der Lehrerbildung auf den Weg zu bringen. Und dann haben die Bundesländer und der Bund sich darauf verständigt, dies zu tun, und Bedingung des Bundes war, bis zum Ende des Jahres müssten die Länder entsprechende gesetzliche Beschlüsse fassen. Das ist der Anlass für die Änderung des Gesetzes.
Ich vermute, hätte es diesen Anlass nicht gegeben, hätten wir heute keine Novelle des Lehrerbildungsgesetzes, weil man das Gesetz nicht ohne sehr tiefgreifenden Grund anfasst. Man hat immer Gründe, um etwas zu verändern, aber deswegen setzt man nicht einen Gesetzgebungsvorgang ins Werk. Also bitte ich Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass das der Anlass für die Änderung des Gesetzes ist.
Und in der Tat, angesichts des 50-Millionen-Paketes, der Höhergruppierung der Sekundarstufenlehrer, der Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern in diesem Land haben wir dann außerdem die Frage gestellt: Könnte und sollte denn dies alles auch eine Konsequenz haben für das Lehrerbildungsgesetz? Und wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Ja, das sollte es. Warum? Weil es, Frau Oldenburg, auch wenn es etwas ist, was Sie bis heute nicht anerkennen wollen, im Beamtenbereich ganz normal ist, dass man auch dann aufsteigen kann und verbeamtet werden kann, wenn man die nicht rechtlich dafür vorgeschriebene Ausbildung absolviert hat, sondern durch Eignung und Befähigung auf andere Art und Weise nachweist, dass man zu dem in der Lage ist, was die Aufgabe erfordert. Und das finde ich auch sachgerecht. Wenn jemand nachweisen kann und sich bewährt, dass er das, wozu er beauftragt ist, auch kann, warum soll ich ihn dann auf Dauer anders behandeln? Und dieses Prinzip der Bewährung nicht auf die Lehrerinnen und Lehrer
zu übertragen, jetzt, wo sie verbeamtet werden, wäre geradezu das Gegenteil von dem, was Sie sonst fordern, nämlich eine Benachteiligung von Lehrerinnen und Lehrern.
Ich weiß, ich glaube, Sie werden der Sache wirklich inhaltlich und auf andere Weise nicht gerecht. Sie kennen ja das Schreiben, das an den Bildungsausschuss gegangen ist, von einem Seiteneinsteiger. Also der hat 14 Jahre an unseren Schulen unterrichtet, der die entsprechenden Ausbildungen absolviert hat, die das L.I.S.A. da vorgesehen hat, erfolgreich im Beruf steht und sich die Frage stellt, warum verdiene ich 14 Jahre lang viel weniger als meine Kollegen, und der sich im Übrigen emotional, Frau Oldenburg, betroffen gezeigt hat von der Art und Weise, wie hier manche über Seiteneinsteiger diskutieren.
Solche Briefe habe ich auch. Die gehen nicht nur an den Ausschuss, die gehen auch an mich. Und ich hätte die herzliche Bitte, dass wir zwei in der Sache vielleicht hart streiten, aber doch in der Argumentation es nicht schon völlig ausschließen,
dass Seiteneinsteiger Menschen sind, die Kinder nicht anständig behandeln. Ihr Beispiel mit dem Chirurgen war ja auch, finde ich, etwas überzogen. Denn wenn Sie das wirklich ernst meinen, dass also nur jemand mit Kindern verkehren darf, der an der Universität Pädagogik studiert hat, was heißt das eigentlich für unsere Familien? Die sind ja an der Bildung und Erziehung unserer Kinder irgendwie auch beteiligt. Insofern, glaube ich, sollte man da einfach rhetorisch ein bisschen abrüsten und dann kann man die Diskussion auch sehr viel unproblematischer führen.
Ich stelle mir zum Beispiel folgende Frage, Frau Oldenburg, wir könnten dem ja nachgehen: Haben Sie eigentlich als Schulleiterin jemals eine Kollegin fachfremd eingesetzt oder einen Kollegen? Haben Sie das jemals getan?
Es ist doch eine rhetorische Frage. Ich bin sicher, dass es so ist. Und Sie werden das als Schulleiterin getan haben in der Entscheidung, welchem Kollegen und welcher Kollegin trauen Sie so etwas zu. Ganz spitz betrachtet ist das ein Seiteneinsteiger in diesem Fach, wenn er es nicht studiert hat. Ich frage mich auch: Haben an Ihrer Schule eigentlich Kolleginnen und Kollegen sich sehr engagiert und ein Beifach studiert, gute Kollegen? Ich nehme an, auch das wird vorkommen.
Und deswegen, glaube ich, ist es unangemessen und bringt auch in der Sache nicht viel, diese ganzen Dinge immer pauschal zu verdammen oder irgendwelche Verdächtigungen auszusprechen, sondern darüber zu sprechen, wie solche Wege organisiert werden können, dass sie auch Mindeststandards im Qualitätsbereich gerecht werden können. Und ja, Frau Oldenburg, ich halte es für falsch, jeden sogenannten Seiteneinsteiger oder jeden, der nicht die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wie ein Lehrer behandelt zu werden, in eine Pflichtweiterbildung zu bringen. Ja, das halte ich für falsch.
Und ich sage Ihnen auch, warum ich das für falsch halte, weil Sie damit die Regelungsmaterie des Gesetzes nicht ganz wiedergeben. Durch den Paragrafen 2 Absätze 5 und 6 sind zum Beispiel auch folgende Fälle abgedeckt. Eine exzellente Grundschullehrerin – sie hat die DDRAusbildung, arbeitet seit 15 Jahren in einer Sonderschule, hat eine Reihe von Qualifikationen absolviert – leistet blendende Arbeit und hätte jetzt die Möglichkeit, das Lehramt für Sonderpädagogik zugesprochen zu bekommen. Und warum soll eine solche Lehrkraft, die seit 15 Jahren ihre Arbeit macht, Qualifikationen absolviert hat, noch mal in einen Lehrgang, der mehrere Jahre dauert? Was soll das?
Dann gibt es Kollegen, die sind Pionierleiter, haben eine ähnliche Ausbildung wie Grundschullehrer in der DDR, sind aber nicht anerkannt, Herr Ringguth guckt schon so,
arbeiten seit 15 oder 20 Jahren in der Schule. Ich habe selbst Schulleitungen gesprochen, die mit solchen Kolleginnen und Kollegen sehr zufrieden sind. Aus welchem Grund sollten wir solchen Kollegen, wenn es ein einheitliches Urteil gibt, dass die ihre Arbeit gut machen und wissen, was sie tun, mit einer Qualifikation oder einer Prüfung behelligen? Und das ist der Punkt in diesem Gesetz. Wir müssen unterscheiden zwischen denen, die schon im System sind und dort gut ihre Arbeit machen …
Wir müssen also unterscheiden zwischen Kolleginnen und Kollegen, die schon seit vielen Jahren im Schuldienst sind, und denen, die entweder ganz kurz dabei sind oder neu hinzukommen. Und deswegen unterstütze ich ausdrücklich die Änderung, die die Koalitionsfraktionen eingebracht haben, weil dort dieser Unterschied berücksichtigt ist, indem abgehoben wird darauf, dass Qualifikationen grundsätzlich zu erfolgen haben bei neuen Lehrkräften, die hinzukommen.