Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

(Udo Pastörs, NPD: Ohne Straftaten gibt es erst mal keine Straftäter.)

Auch die Extremismusklausel, die ja letztendlich ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung darstellt, hört sich in dieser Version doch etwas anders an. Denn ich habe kein Problem, und das hat der Kollege Dachner, der ja selber Vorsitzender von diversen Vereinen ist und diverse Projekte laufen hat, selbst auch noch mal dargestellt, auch er hatte kein Problem damit, dieses Bekenntnis abzugeben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das wäre ja auch schlimm gewesen.)

Die Ermittler, die mit der Aufklärung der Verbrechen des NSU befasst sind, beklagen täglich, dass durch die Speicherfrist null wertvolle Daten zum terroristischen Umfeld der Gruppe nicht verfügbar sind oder ihre Herausgabe von privaten Providern verweigert wird. Im „Spiegel online“ war am 2. Dezember 2011 zu lesen: „Datenschutzchaos behindert Neonazi-Fahnder... Im Fall der Zwickauer Terrorzelle könnte sich das“ kurzfristig „rächen...“

Die Bundesanwaltschaft warnt schon heute davor, dass es aufgrund fehlender Informationen immer schwieriger werden könnte, den Terrorvorwurf aufrechtzuerhalten. Dem geht der Bundesanwalt heute wieder leicht entgegen, also zumindest wird er heute medial in dieser Richtung zitiert.

Meine liebe Fraktion DIE LINKE, ich gehe nicht so weit, Ihnen vielleicht sogar unlautere Absichten zu unterstellen. Allerdings drängen sich angesichts Ihres Widerstandes gegen die Erfassung von Daten extremistischer Bestrebungen schon entsprechende Fragen auf. Deshalb möchte ich Ihnen eines aus der letzten Landtagssitzung nochmals in Erinnerung rufen: Extremismus und Terror können überall sein!

Sie haben vorhin das Thema „Friedliches Demonstrieren“ angesprochen. Ich sage mal so, ich bin der Letzte, der sich gegen friedliches Demonstrieren sperrt. Sie wissen selbst, als Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben uns oft genug vorm Schloss gesehen, das stimmt.)

haben wir von diesem Instrument häufig Gebrauch gemacht – zur Freude vieler Abgeordneter. Aber friedliches Demonstrieren hat nichts mit verletzten Polizisten zu tun. Friedliches Demonstrieren hat nichts mit Pyrotechnik zu tun. Friedliches Demonstrieren findet seinen Ausdruck auch nicht in mit Nägeln gespickten Kartoffeln.

(Udo Pastörs, NPD: Das war Rostock.)

Das ist nicht friedliches Demonstrieren, sondern das ist eine Steilvorlage für die Fensterfraktion, nämlich für andere extremistische Kräfte, Herr Ritter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Deswegen rede ich ja auch von friedlichen Demonstrationen und nicht von Unterstellungen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich habe Ihnen nur die Extremversion gezeigt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weil Sie uns was unterstellen damit!)

Wir können und dürfen weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sein!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Ritter, es gibt aber einen zweiten Grund, nämlich einen rein sachlich formalen Grund, weshalb der zweite Teil Ihres Antrages abzulehnen war, weil er nämlich einen Widerspruch in sich beinhaltet. Sie lehnen die von Ihnen genannte zentrale Datenbank unter Punkt 4 ab, fordern uns aber gleichzeitig auf, der Entschließung des Bundesrates zuzustimmen. Bestandteil dieser Entschließung ist auch der Satz, ich zitiere: „Dazu sollen eine Gemeinsame Verbunddatei Rechtsextremismus und ein Gemeinsames Abwehrzentrum Rechtsextremismus geprüft werden.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Geprüft werden, geprüft werden!)

Ich kann nicht auf der einen Seite einer Sache zustimmen und auf der anderen Seite mich dieser Sache verweigern. Da ist irgendwo ein Konflikt und deshalb empfehle ich, den ersten Teil Ihres Antrages anzunehmen und den zweiten Teil abzulehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist ein schönes Beispiel für die kurzatmige und damit letztendlich nutzlose Art und Weise, wie in diesem Land nicht nur Terrorismus bekämpft, sondern Politik allgemein gemacht wird. Nach Medienberichten soll es im Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz im Jahre 2001 einen einzigen Mitarbeiter gegeben haben, der sich um islamistische Extremisten kümmerte. Der Großteil seiner Kollegen sei hinter den Rechten her, kein Skinhead durfte ohne eigenen Schatten sein.

(Thomas Krüger, SPD: Zu Recht.)

Währenddessen planten Herr Mohammed Atta und seine Freunde, wenn diese Version denn stimmt, fröhlich und in aller Ruhe den welterschütternden Anschlag vom 11. September. Unter den Augen der damals schon nutzlosen BRD-Sicherheitsbehörden geschah das – jahrelang.

Es war die Zeit des NPD-Verbotsverfahrens, da muss- ten Beweise gefunden werden gegen die bösen Nationalen. Alles sah nur nach rechts. Dann, nach dem 11. September, stürzte man sich mit der gleichen Einseitigkeit auf den Islamismus. Die Verfassungsschützer kauften ganze Orientalistikfakultäten an den Universitäten leer. Jeder wurde eingestellt, der drei Worte Arabisch konnte. Es war nur noch die Rede vom Islamismus, bis mutmaßlich eine neonazistische Gruppe Anschläge verübt haben soll.

Jetzt stürzt sich alles wieder auf rechts und schaut nur nach rechts und der Islamismus ist vergessen. Und nach dem nächsten Anschlag aus dieser Ecke, der nur eine Frage der Zeit ist, wenn man Sicherheitsexperten mal fragt, geht das ganze Theater wieder von vorne los – kurzatmig und nutzlos.

Die LINKE versucht den Eindruck zu erwecken, Terrorismus käme nur von rechts und könne nur von rechts kommen. Aber zu den NSU-Anschlägen gibt es bislang schon zwei Wahrheiten:

Die erste galt 13 Jahre lang und wurde von den Sicherheitsbehörden auf der Höhe ihrer kriminalistischen Expertise erarbeitet und vertreten, sie lautete: Nur die Mafia könne diese Morde begangen haben. Sogar die Angehörigen der Opfer wurden verdächtigt, sie könnten darin verwickelt gewesen sein.

Die zweite Wahrheit gilt seit etwa sechs Wochen. Dieselben Sicherheitsbehörden, die sich nach eigenem Bekunden total geirrt haben, treten jetzt wieder auf mit dem Anspruch auf Allwissenheit und Unfehlbarkeit und behaupten etwas ganz anderes. Und wer weiß, was sie morgen behaupten.

Solange man solche schrottreifen Sicherheitsapparate hat, die nicht die geringste Ahnung haben und total inkompetent sind,

(David Petereit, NPD: Keine Beweise.)

können wir gar nicht wissen, was wahr ist. Vielleicht war es ja doch die Mafia oder angesichts der Verstrickung des Verfassungsschutzes kann es auch in Richtung Staatsterrorismus gehen – oder eine Überschneidung von allem, auch das kann sein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hättet ihr gerne, was?!)

Wir werden sehen, was wahr ist.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Abgesehen davon sind die Vorschläge der LINKEN vorsintflutlich. Die neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Terrorismus werden gar nicht gesehen. Das Gefährlichste sind nicht terroristische Gruppen mit Unterstützerumfeld, wie es die RAF war und der NSU gewesen sein soll. Die sind viel zu leicht zu infiltrieren und auf- zuklären bei den heutigen Überwachungsmöglichkeiten und der heutigen Technologie. Solche Gruppen können nur Erfolg haben, wenn die Geheimdienste entweder total unfähig sind – dann soll man sie gleich ersatzlos abreißen – oder solche Terrorgruppen auch noch tolerieren oder gar unterstützen.

Die wahre Gefahr droht von einer Kombination aus dem Internet und Einzelgängern oder ganz kleinen Gruppen. Im Internet gibt es unzählige Seiten, die aus allen ideologischen Ecken – links, rechts, besonders aber islamistisch – zum Terror aufhetzen und terroristisches Knowhow verbreiten. Vor dem Bildschirm sitzen Einzelne oder kleine Gruppen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie Herr Breivik zum Beispiel, oder?)

die sich das ansehen und irgendwann losschlagen. Wenn die nicht ganz inkompetent sind und sich von bekannten und von den Geheimdiensten überwachten Gruppen und Plätzen fernhalten, kann man sie mit den bestehenden unterentwickelten Sicherheitskonzepten gar nicht aufhalten, und schon gar nicht mit der Phrasensammlung der LINKEN in diesem Antrag.

Während man den BRD-Sicherheitsbehörden hinsichtlich der mutmaßlichen NSU-Anschläge jeden Vorwurf machen kann, egal was dahintersteckt, wäre das etwa im Fall Breivik gegenüber den norwegischen Sicherheitsbehörden unangebracht. Solche Einzelgänger, motiviert und mit Kenntnissen ausgestattet aus einem völlig unkontrollierbaren weltweiten Netz mit Millionen von Seiten, das ist die Bedrohung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Darauf wird eine Antwort benötigt und die besteht sicher nicht in rituellen Beschwörungsformeln nur gegen rechts.

Ich erinnere an den jetzt schon nach wenigen Monaten vergessenen Anschlag auf die zwei US-Soldaten in Frankfurt am Main im Mai dieses Jahres, verübt von einem islamistischen, nicht von einem rechten, von einem islamistischen Einzelgänger, der sich im Internet jahrelang Al-Kaida-Videos angesehen hatte. Der hat denen von hinten in den Kopf geschossen. Da gab es hier keine Gedenkminute, weil die Täter nicht rechts waren.

Völlig übersehen wird von der LINKEN, die geistig im 19. Jahrhundert bei Marx stehen geblieben ist, die Gefahr des Cyberterrorismus. Diese Bedrohung geht auch nicht von rechts aus, sondern in erster Linie von Islamisten und Geheimdiensten. Wenn man sich anschaut, welchen Schaden schon einzelne jugendliche Hacker

anrichten können, die nur mal ihre Fähigkeiten vorführen wollen, dann kann man sich ausmalen, wie ein zweiter 11. September aussehen würde.

All dies, der erste islamistische große Terroranschlag auf deutschem Boden vor allem, wird auch kommen, eher früher als später. Bis dahin mag die LINKE versuchen, aus den mutmaßlichen NSU-Anschlägen Honig zu saugen. Nach dem nächsten Islamistenanschlag spricht davon sowieso kein Mensch mehr, in dieser Gesellschaft ohne Langzeitgedächtnis, wofür die LINKE das traurigste Beispiel ist. Wenn man bedenkt, in welchen Händen in diesem Land die Wacht über die Sicherheit der Menschen liegt, dann kann einem angst und bange werden.

Sie wollen weltoffen sein und haben Deutschland doch nur geöffnet für organisierte Kriminalität und Terrorismus aus aller Welt, aber für deren Opfer gibt es keine Gedenkveranstaltung. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

(Udo Pastörs, NPD: Na, wie war das beim G-8-Gipfel mit den Kartoffeln und Nägeln, Herr Ritter? Jetzt klären Sie uns aber auf!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!