sondern offensichtlich in ein Fass voll Weichspüler gefallen sind? Bei der CDU erstaunt mich das wenig. Erstaunt bin ich nur über die SPD, die sich noch kürzlich auf Bundesebene energisch gegen diese Wischiwaschiformulierungen engagiert hat. Eine Regierungsbildung im Bund später hat die SPD dann ihre hehren Ziele offensichtlich aus den Augen verloren, denn sonst würde dieser Gesetzentwurf heute hier nicht im Landtag vorliegen.
Meine Damen und Herren, der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht, das ist also nicht irgendwer, der Vorsitzende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes, Ulf Domgörgen, trug in der Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages zu dieser Vorschrift vor, dass diese weit hinter den Erwartungen zurückbleibe, die Politiker auf dem Höhepunkt des Bürgerprotestes um das Projekt „Stuttgart 21“ geweckt hätten.
Ich zitiere ihn einmal, Zitat: „Damals hieß es, man wolle aus dem Protest die ,Lehreʻ ziehen, Zulassungsver- fahren für Großprojekte so auszugestalten, dass die Bürger ,mitgenommenʻ würden, indem sie früher und besser an der Entscheidungsfindung beteiligt würden. Angesichts solcher Ankündigungen erscheint § 25 Absatz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz als denkbar kleinste, unverbindliche und flexible Regelung, als möglichst schadlose Soft- und Minimallösung, mit der das The-
Meine Damen und Herren, deutlicher und enttäuschter kann sich ein Vorsitzender eines Bundesgerichtes nicht äußern. Insbesondere wird seiner Meinung nach keine unmittelbare Pflicht des Vorhabenträgers, die Öffentlichkeit frühzeitig zu unterrichten, eingeführt, sondern nur eine Pflicht der „zuständigen Behörde“, auf eine frühzeitige Information der Öffentlichkeit hinzuwirken. „Diese Hinwirkungspflicht ist wohl die denkbar schwächste Handlungsanweisung, die man sich für ein Behördenhandeln … vorstellen“ könne, so der Vorsitzende Richter. Eine Sanktion bei einem Verstoß gegen die Hinwirkungspflicht, erst recht beim Unterbleiben der frühzeitigen Öffentlichkeitsunterrichtung, ist nicht vorgesehen. Verstöße bleiben also ohne rechtliche Konsequenzen. Das alles sagt Ulf Domgörgen, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht.
Die entsprechenden Änderungsanträge der SPD im Bundestag und des Landes Baden-Württemberg im Bundesrat fanden leider keine Mehrheit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer auf ein Gesetz vorne auf den Aktendeckel „Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung“ schreibt, der sollte dann unter dem wohlklingenden Aktendeckel nicht implodieren. Bisher ist dieses Gesetz aus unserer Sicht ein reiner Etikettenschwindel.
Kommen wir zum Gesetz zur Regelung von De-MailDiensten. Durch dieses Gesetz soll der rechtliche Rahmen geschaffen werden, der zur Einführung vertrauenswürdiger De-Mail-Dienste im Internet benötigt wird. Die Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Verwaltung soll mittels De-Mail sicher und rechtsverbindlich erfolgen können.
Nach Ansicht meiner Fraktion sind die Grundanliegen des De-Mail-Gesetzes auf jeden Fall unterstützenswert. Die konkrete Ausgestaltung stieß aber bei Datenschutzbeauftragten und Zivilgesellschaft auf massive Kritik. Insbesondere fehlt momentan für die De-Mail eine Pflicht zur Ende-zu-Ende-Verschlüsslung. Außerdem gibt es momentan im Gesetzentwurf eine nicht nachvollziehbare Beweislastumkehr für den Fehlschlag des Zugangs von De-Mail-Nachrichten. Diese Beweislastumkehr benachteiligt Bürgerinnen und Bürger, die in Zukunft bereitwillig auf das De-Mail-Verfahren umstellen, gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, die weiterhin die altgediente Briefpost nutzen.
Stefan Brink, Leiter der Abteilung privater Datenschutz beim Landesbeauftragten für den Datenschutz Rheinland-Pfalz, stellte in der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages fest, dass der Nachweis des Fehlschlags des Zugangs nunmehr komplett dem Nutzer aufgebürdet werde. Eine dem Gesetzentwurf entsprechende Regelung gibt es für den Empfang von Briefpost bisher nicht.
Vielleicht behalten Sie im Hinterkopf das Prinzip des Einschreibens. Ich komme gleich darauf zurück.
Daraus ergeben sich für den Nutzer von De-Mail-Diens- ten gegenüber dem Empfang von Briefpost erhebliche Nachteile. In dieser Hinsicht müsste man allen Bürgerinnen und Bürgern raten, darauf zu bestehen, dass Ihnen
statt De-Mails lieber weiterhin Briefe aus der Amtsstube zugesendet werden, denn andernfalls gehen sie einen rechtlichen Nachteil ein.
Im Streitfall, ob die De-Mail beim Bürger überhaupt angekommen ist, muss das in Zukunft der Bürger nachweisen, anstatt wie bisher im Zweifelsfall der Absender nachweisen musste, ob der Brief beim Empfänger überhaupt angekommen ist. Hinter diesem bewährten Prinzip steckt ja das Einschreiben. Da weiß der Absender, dass das Schreiben beim Empfänger angekommen ist, und muss es auch entsprechend nachweisen, weil er dann eine entsprechende Quittung in der Hand hat. Ein solches De-Mail-Gesetz brauchen wir, meine Damen und Herren, nicht, weil es nicht gut für die Bürgerinnen und Bürger ist.
Ich komme zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung. Ziel dieses Gesetzes ist es, durch den Abbau bundesrechtlicher Hindernisse die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung zu erleichtern. Das Gesetz soll Bund, Ländern und Kommunen ermöglichen, einfachere, nutzerfreundlichere und effizientere elektronische Verwaltungsdienste anzubieten.
Meine Fraktion teilt auch hier die grundlegende Inten- tion dieses Gesetzes. Allerdings bringt die Digitalisierung auch von Verwaltungsvorgängen enorme Risiken mit sich, wie wir spätestens seit der NSA-Affäre wissen. Diese Risiken müssen wir kennen und dann möglichst klein halten. Aber das gelingt dem vorliegenden Gesetz nicht. Ermöglicht wird dort unter anderem die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form, und zwar zum einen durch die Versendung einer De-MailNachricht und zum anderen durch die unmittelbare Abgabe einer Erklärung in einem elektronischen Formular, das von der Behörde in einem Eingabegerät oder über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung gestellt wird.
In der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages zu dem Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung monierte unser Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Herr Reinhard Dankert, dass die DeMail keine Ende-zu-Ende-Verschlüsslung der übermittelten Nachrichten biete. Ich zitiere ihn: „Zwischen Nutzern und De-Mail-Diensteanbieter findet somit lediglich eine Transportverschlüsselung statt. Die Diensteanbieter haben jederzeit Zugriff auf die zur Entschlüsselung nötigen Schlüssel“ und somit sind De-Mails zumindest kurzfristig zu entschlüsseln. „Das E-Government-Gesetz soll aber ausdrücklich Verfahren der Steuerverwaltung und der Sozialversicherung unterstützen. Insbesondere in diesen Bereichen sind Nachrichten mit hohem und sehr hohem Schutzbedarf in der Vertraulichkeit nicht selten. In diesen Anwendungsfällen ist der Einsatz von Ende-zu-Ende-Verschlüsselungsverfahren angezeigt, weil sie die Kenntnisnahme von Nachrichteninhalten bei den De-Mail-Providern technisch ausschließen.“ Zitatende von unserem Herrn Dankert.
Ich will das Problem nochmals mit anderen Worten kurz zusammenfassen: Hochsensible Daten der Steuerverwaltung und der Sozialversicherung sollen in Zukunft per De-Mail versendet werden. Dieses Format stellt aber nicht sicher, dass nur Absender und Empfänger die Inhalte lesen können, sondern es findet nur eine Verschlüsselung bis zum De-Mail-Provider/Anbieter statt.
Das heißt, De-Mail-Anbieter, wie GMX, web.de oder die Telekom können diese Daten lesen, weil keine durchgängige Verschlüsselung stattfindet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten wenigstens auf die berufenen Sachverständigen aus dem eigenen Land hören
und nach denen gibt es an diesen Gesetzen noch viel zu tun. Die Landesregierung sollte sich nicht hinter dem Etikettenschwindel der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung verstecken.
Wir GRÜNE sehen also erheblichen Nachbesserungsbedarf. Dabei darf uns auch die sogenannte Konkordanzgesetzgebung, die aus dem Jahre 1976 stammt, nicht abschrecken. Juristisch notwendig ist die Einheitlichkeit der Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern nämlich nicht. Sie ist zwar wünschenswert, sie ist aber nicht notwendig. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, die einerseits eine einheitliche Gesetzgebung wahren, andererseits unterschiedliche Wege bei der Öffentlichkeitsbeteiligung in Land und Bund ermöglichen. Wir können also die Konkordanzgesetzgebung wahren, es gibt aber andere Möglichkeiten.
Das Land Baden-Württemberg zum Beispiel hat sich hinsichtlich einer besseren Öffentlichkeitsbeteiligung entschieden, mit einer Verwaltungsvorschrift in Kombination mit einem Planungsleitfaden zu operieren. Warum machen wir so etwas nicht? Das ist doch ein interessanter Vorschlag.
Solche Wege wollen wir mit Ihnen, meine Damen und Herren, im Ausschuss ausloten. Ich bitte hier um Ihre Kooperationsbereitschaft und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Verwaltungsverfahrensgesetz, also ich habe davon das erste Mal Anfang der 90er-Jahre gehört.
Damals war ich noch ein junger Bürgermeister. Es gab diese berühmten A1- und A2-Lehrgänge. Ich weiß nicht, wer sich noch daran erinnern kann.
Ja, du warst Lehrer, ich war Schüler. Das war der kleine Unterschied, mein Lieber. Ich kann mich noch gut daran erinnern.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie lange sind Sie schon da? – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das würde mich auch interessieren.)
Ich hatte ihn doch nicht. Ich hätte es vielleicht gar nicht ertragen, wenn der mir Zensuren gegeben hätte, Peter.
Aber wie dem auch sei, ich kann mich noch gut, ich kann mich noch richtig gut erinnern, wie das damals so war: Zustellung, Fristen, Verfahrensgrundsätze, Verwaltungsverfahren, Vollstreckung, Akteneinsicht, Geheimhaltung, Beglaubigung und, und, und. Ich fand das damals so was von unspannend,
wirklich, so was von unspannend. Ich habe immer gedacht, mein Gott, das ist irgendwie nicht deine Bestimmung, also Verwaltung, daran kannst du nichts wirklich so Tolles finden, obwohl es eine Kunst ist, also Verwaltungskunst.
Aber ich wollte in der Sparte nie Künstler sein und habe mir gedacht, na ja, du musst das alles wissen,
Und jetzt, klar, wir müssen das Verwaltungsverfahrensgesetz modernisieren, wir müssen das ändern. Da waren zwei Zielrichtungen: Öffentlichkeitsbeteiligung verbessern, mehr Bürgernähe. Und dann kommt Peter Ritter und sagt, das müssen wir aber unbedingt in Erster Lesung machen. Ich habe dann wieder zurückgedacht: Verwaltungsverfahrensgesetz, das ist doch so … Was will er da eigentlich? So, jetzt weiß ich das.
Peter, du warst heute Morgen nicht dabei, als wir in der Schlosskirche so einen kleinen Gottesdienst hatten. Ich habe da nämlich gesagt, weil ich heute dran war mit der Anhörung, habe ich gesagt, wir sollten vielleicht …
(allgemeine Heiterkeit – Peter Ritter, DIE LINKE: Ein falscher Fehler. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Manche haben es als Anhörung aufgefasst.)