Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

(Peter Ritter, DIE LINKE: Machen wir.)

Ich glaube, das ist ein Weg in die richtige Richtung.

Das zweite Regelungswerk enthält zum einen das De-Mail-Gesetz an sich und ändert als Konsequenz hieraus das Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes. Auch die Änderung im Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes muss im Landesverwaltungsverfahrens- gesetz simultan abgebildet werden. Der Landesgesetzgeber hat kein selbstständiges Verwaltungszustellungsgesetz verabschiedet, sondern die gesetzlichen Regelungen ebenfalls im Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes geregelt.

Meine Damen und Herren, die uns umgebende Infor- mationstechnologie entwickelt sich rasant weiter. Der Alltag der Bürgerinnen und Bürger verlagert sich dadurch mehr und mehr in den virtuellen Raum des Internets. Deshalb ist es ihnen zunehmend schwerer zu vermitteln, dass sie bei Kontakten mit der Behörde in vielen Anliegen noch auf die herkömmliche Papierform zurückgreifen müssen. Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich gerade in unserem Land mit teilwei-

se weiten Anfahrtswegen zu den zuständigen Ver- waltungseinheiten eine Erhöhung der Servicequalität, durch nutzerfreundliche, effiziente und rechtsverbindliche Angebote die gewünschten Verwaltungsdienste zu erledigen.

Bei der Ersetzung der verwaltungsrechtlichen Schriftform gab es bisher nur die Möglichkeit der qualifizierten elektronischen Signatur. Diese hat sich jedoch zu wenig verbreitet und wird kaum genutzt. Mit dem Gesetz wurden daher zwei weitere technische Verfahrensmöglichkeiten zugelassen, mit denen alle Funktionen der Schriftform abgebildet werden können – auch eine Änderung, die auf die Einwände aus der Gesellschaft, von den Bürgerinnen und Bürgern reagiert.

Das erste dieser Verfahren ist die De-Mail mit der Versandoption „absenderbestätigt“. Der Sender der Nachricht ist dabei durch ein sicheres Anmeldeverfahren identifiziert, das die Nachricht einschließlich aller Metadaten durch eine vom Provider aufgebrachte elektronische Signatur, die sogenannten De-Mail-Provider, gegen Veränderungen geschützt.

Das zweite Verfahren erlaubt die Bereitstellung elek- tronischer Formulare in Verbindung mit sicherer elek- tronischer Identifizierung, insbesondere durch die eIDFunktion des neuen Personalausweises.

Und der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung. Das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung enthält eine Vielzahl von organisatorischen und technischen Regelungen, die auch im Verwaltungsverfahren eine Rolle spielen.

Die Landesregierung hat sich zunächst dafür entschieden, drei Regelungen aus dem E-Government-Gesetz des Bundes in das Landesverwaltungsverfahrensgesetz aufzunehmen. Das sind die Regelungen zur elektronischen Aktenführung, die Regelungen zum ersetzenden Scannen eines Originaldokuments sowie die Regelungen zur Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten.

Meine Damen und Herren, die von der Landesregierung eingebrachten Regelungsentwürfe sind größtenteils

zwingend, um das Verwaltungsverfahren von Bund und Ländern so einheitlich und damit auch so effektiv wie möglich zu gestalten. Wo Handlungsspielräume bestehen, hat sich die Landesregierung dazu entschlossen, die Verwaltungsmodernisierung voranzutreiben und den Strukturen unseres Landes als Flächenland gerecht zu werden.

Ich bitte darum, dass Zweite Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes zur Beratung in die Ausschüsse zu überweisen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da auf Bundesebene die Gesetzesvorhaben beschlossen wurden, müssen diese auch auf Landesebene umgesetzt werden bis zum 1. Juni 2014. Der Innenminister hat darauf hingewiesen. Wir beschreiten damit den Weg der Simultan- oder Konkordanzgesetzgebung. Für mich als Nichtjurist ist das schon eine riesengroße Herausforderung, sich mit so einem Thema auseinanderzusetzen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Du weißt das doch aber.)

Aber ich hatte so das Gefühl, dass das schon für die Koalitionäre so normal und unbedeutend ist, dass die Sinnhaftigkeit meiner Forderung nach einer Debatte zur Ersten Lesung dieses Gesetzes nicht gerade euphorisch begrüßt wurde, lieber Wolf-Dieter Ringguth.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Bisher hat sich das noch nicht erschlossen.)

Aber ich habe mir natürlich die Mühe gemacht, mich mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt und für mich zwei wichtige Komplexe daraus abgeleitet:

Zum einen geht es um den Bereich des Planfeststellungsverfahrens. Hier besteht das Ziel darin, durch die Einführung einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung die Planung von Vorhaben zu verbessern, Transparenz zu schaffen und somit letztlich die Akzeptanz von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren zu fördern. Bislang haben die Bürgerinnen und Bürger nur die Möglichkeit, aktiv einzugreifen – in den meisten Fällen jedenfalls –, wenn diese Feststellungen getroffen sind. Und insofern ist es ein Problem, welches im Land schon lange diskutiert wird, obwohl es große Erwartungshaltungen gibt. Ich glaube, in jedem unserer Wahlkreise gibt es solche Projekte, wo sich Bürgerinnen und Bürger gewünscht hätten, vor Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren aktiver in die Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen demokratiefördernden Ansatz – und schon allein das ist es wert, auch in einer Ersten Lesung zu einem Gesetzentwurf der Landesregierung das Wort zu ergreifen –, allein diesen demokratiefördernden Ansatz dieses Gesetzes unterstützt meine Fraktion selbstverständlich.

Der zweite Bereich betrifft holzschnittartig gesprochen Maßnahmen zur weiteren Ausgestaltung des E-Govern- ments. Es geht um sichere technische Verfahren zur Ersetzung der Schriftform und um Rechtsgrundlagen für eine rechtssichere elektronische Zustellung durch die Behörden. Darüber hinaus soll die elektronische Aktenführung durch die Landesverwaltung normiert werden. Ob sich auch NSA und andere diesen Herausforderungen stellen,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir können uns sicher sein.)

liebe Kolleginnen und Kollegen, das bleibt abzuwarten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Sie machen uns hier aber Vorschläge.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch dies findet grundsätzlich Zustimmung, obwohl ich noch nicht so richtig entdecken konnte, wo das E-Government nicht nur zu Einführungsmehrkosten, sondern im Ergebnis auch zu verifizierbaren Einsparungen, etwa im Personalhaushalt, geführt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf basiert auf einer zwischen Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Grundlage und soll die Basis für die einheitliche Änderung der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder bilden. Hier stellen sich für mich abschließend drei Fragen für die weitere Beratung in den Ausschüssen:

Erstens. Welche Positionen nehmen neben Land und Bund die weiteren beteiligten Akteure beim Planungs- prozess zu diesem Gesetzentwurf ein?

Sind zweitens die Regelungen insbesondere in Para- graf 25 stringent genug für eine wirksame frühe Öffentlichkeitsbeteiligung?

Und welchen tatsächlichen Gestaltungsspielraum hat drittens der Landesgesetzgeber im Rahmen einer Simultan- beziehungsweise Konkordanzgesetzgebung?

Wichtige Fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf im Ausschuss nicht einfach durchwinken, sondern intensiv beraten. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Ritter, ich bekenne mich schuldig. Auch ich habe die Auffassung vertreten, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht erstrangig geeignet ist, um eine besonders ausführliche und besonders feurige Parlamentsdebatte hier zu führen, sondern dass dieses schon etwas ist, was vor allen Dingen im Fachausschuss intensiv diskutiert werden muss. Und ich glaube, diese Position ist auch richtig. Aber selbstverständlich können wir hier im Plenum in einer Ersten Lesung über dieses Thema reden.

Konkordanzgesetz und Änderung von Verwaltungsverfahren, das klingt ja nun auch nicht gerade sehr aufregend. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir in das Gesetz reingucken, dann, und meine beiden Vorredner haben das schon herausgestellt, finden wir in der Tat in diesem Gesetzentwurf Dinge, die nicht so langweilig sind, wie vielleicht die Überschrift klingt, sondern die ausgesprochen spannend sind. Das Thema „Bürgerbeteiligung, Zeitpunkt der Bürgerbeteiligung, Beteiligung von Interessenverbänden“, das ist in der Tat etwas, was bei großen Vorhaben immer wieder zu politischen Auseinandersetzungen führt. Ich finde es sehr gut und ich finde es sehr richtig, wenn wir hier moderne Regelungen vorsehen, die Bürgerbeteiligung früher im Gesamtprozess ansetzen, die Verbände stärker in den Prozess einbeziehen und ihre Rechte ausbauen. Dieses ist alles ein sinnvoller Ansatz. Und ob die Detailregelungen wirklich unseren Wünschen entspre

chen, das ist dann Gegenstand unserer Diskussion im Ausschuss.

Der zweite Aspekt: Ich vereinfache jetzt mal und nenne nur das Schlagwort „Elektronische Verwaltung“. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, glaube ich, etwas, was sich als schleichender Prozess in den letzten Jahren in unseren Verwaltungen ohnehin abspielt und wo wir als Politik natürlich auch Maßstäbe setzen, ob wir diesen Prozess haben wollen, ob wir ihn beschleu- nigen wollen oder ob wir mehr Gefahren als Chancen sehen.

Ich denke, wir werden einerseits aus Kostengründen, wir werden aber andererseits auch weil Verwaltung nicht hinter gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen herhinken darf, uns dem Prozess der elektronischen Verwaltung, der stärkeren Einführung elektronischer Verwaltung stellen. Wir werden ihn steuern und werden ihn regeln müssen, und dazu dient dieser Gesetzentwurf. Und wir werden dabei eine Reihe von Fragen zu beantworten haben. Ich stelle mir zum Beispiel die Fragen, warum wir denn elektronische Aktenführung, die in diesem Gesetzentwurf vorgesehen wird, als Sollbestimmung erst im Jahre 2020 einführen wollen oder welche sachlichen Gründe es für eine solche zeitliche Festlegung gibt. Das sind sicherlich spannende Fragen, über die wir uns im Ausschuss unterhalten werden.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf im zuständigen Innenausschuss sehr ausführlich beraten. Ich bin ganz nahe bei Peter Ritter, dass das kein so kurzes, schnelles Durchwinken sein wird, sondern dass wir uns intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Der Inhalt dieses Gesetzentwurfes ist sehr viel spannender als der Titel und deswegen lassen Sie uns in aller Ruhe und in aller Gründlichkeit im Innenausschuss darüber diskutieren. Wir stimmen der Überweisung zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Saalfeld von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wo Öffentlichkeitsbeteiligung draufsteht, soll- te auch Öffentlichkeitsbeteiligung drin sein. Doch die rotschwarze Landesregierung bietet unseren Bürgerinnen und Bürgern den gleichen Etikettenschwindel an, wie es die schwarz-gelbe Bundesregierung zuvor auf Bundesebene gemacht hat. Ich komme gleich auf das Problem der Konkordanzgesetzgebung zurück. Es gibt auch Möglichkeiten, davon abzuweichen.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll die drei Bundesgesetze mehr oder weniger eins zu eins in Landesrecht überführen, und zwar ohne dass die Kritik der Sachverständigen aus den Anhörungen des Deutschen Bundestages berücksichtigt wird. Bei den drei Bundesgesetzen handelt es sich erstens um das Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren, zweitens um das Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten und drittens um das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung.

Zunächst also zum Gesetz mit dem wohlklingenden Namen „Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeits- beteiligung“. Darin soll angeblich eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung sichergestellt werden. Diese soll laut Gesetzesbegründung in einer möglichst frühen Phase der Planung von Großvorhaben stattfinden und dadurch die Transparenz von Entscheidungsprozessen verbessern sowie Konflikte vermeiden helfen. Das hört sich alles gut an. Das sind wohlklingende Worte, meine Damen und Herren. Aber um diese Ziele auch wirklich zu erreichen, ist die Neuregelung nach Ansicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unzureichend, und zwar unzureichend, weil viel zu weichgespült.

Ich lese Ihnen den wortgleichen, neuen Paragrafen 25 Absatz 3 des Bundes und des Landes einmal vor, Zitat: „Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die Mittel, es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet (frühe Öffentlichkeitsbeteili- gung). Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll möglichst bereits vor Stellung eines Antrags stattfinden. Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor Antragstellung durchgeführten … Öffentlichkeitsbeteiligung soll der betroffenen Öffentlichkeit und der Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen unverzüglich mitgeteilt werden.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, fällt es Ihnen auch auf, dass Bundes- wie Landesregierung im Gesetzgebungsverfahren nicht wie Asterix in ein Fass von Zaubertrank,

(Zuruf aus dem Plenum: Das war Obelix.)