Ihre Auftaktbemerkungen, liebe Frau Borchardt, zeigen mir doch eigentlich nur – bezogen auf die Umfrage, die wir in Auftrag gegeben haben –, dass Sie doch relativ berührt sind von diesem Umfrageergebnis,
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, wenn ich mal die ganzen Unterlagen bekommen würde. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)
sonst hätten Sie sich nicht so ausführlich darauf eingelassen. Insofern fühlen wir uns/fühle ich mich bestätigt mit dieser Umfrage. Der Vergleich zu dem hier vorliegenden „ROLAND Rechtsreport“, der hinkt, aber dazu komme ich vielleicht noch.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag wird eine der wesentlichen Diskussionen der Rechtspolitik angesprochen. Es geht hier um den Ausgleich zwischen effektiver Rechtsgewährung und den beschränkt zur Verfügung stehenden Ressourcen. Da sind sicherlich die öffentlichen Haushaltmittel zu nennen und selbstverständlich die personelle Ausstattung.
Meine Damen und Herren von den LINKEN, zur Wahrung des Rechtsstaates müssen Gerichte und Staatsanwaltschaften angemessen nicht nur mit Sachmitteln, sondern auch mit Personal ausgestattet sein. Und insofern, was den Punkt 1a Ihres Antrages betrifft, sind wir eigentlich bei Ihnen.
In allen weiteren Punkten allerdings liegen wir da meilenweit auseinander. Der sogenannte „ROLAND Rechtsre- port 2014“ stellt auf über 110 Seiten eine Umfrage zum deutschen Rechts- und Justizsystem vor. Der Situation der Staatsanwalten – Entschuldigung, Staatsanwaltschaften, es ist schon ein bisschen spät –, Staatsanwaltschaften und Gerichte sind in diesem Report 48 Seiten gewidmet.
In der Tat trifft der Report kritische Aussagen, die zunächst aufhorchen lassen. Ich möchte an dieser Stelle das Ganze ein bisschen abkürzen, weil die geschätzte Kollegin Frau Drese in ihrem Beitrag ausführlich darauf eingegangen ist. Sie hat sehr viele Zahlen genannt. Ich will das jetzt nicht wiederholen. Das können wir abkürzen. Sie hat ausführlich dargestellt, in welchen Bereichen dort Abfragen durchgeführt wurden, wie auch die Zufriedenheitsskala aussieht. Das ist also umfangreich dargestellt worden und insofern möchte ich das in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit nicht alles wiederholen.
Aber in der Tat – und diese persönliche Meinung und Auffassung ist mir beim Lesen des Reports natürlich schon gekommen, das hat Frau Drese ebenfalls gesagt –, es gibt keinerlei fundierte Aussagen zu den einzelnen Bundesländern, somit auch nicht zu Mecklenburg-Vorpom- mern. Daraus kann man keine Rückschlüsse ziehen. Ich habe jedenfalls an keiner Stelle entdecken können, wie viele Richter und Staatsanwälte aus Mecklenburg-Vor- pommern befragt worden wären. Es ist also auch keine detaillierte Darstellung vorgenommen worden, was die Pensen betrifft. Wie sieht das eigentlich aus im bundesweiten Vergleich? PEBB§Y wird ja bundesweit angewandt, aber es gibt zum Beispiel keine Aussagen darüber, wie das in den einzelnen Bundesländern detailliert aussieht.
Insofern, liebe Frau Borchardt, kann man nur darüber spekulieren, dass es in Mecklenburg-Vorpommern genauso aussieht, wie es die gefühlte Situation im „ROLAND Rechtsreport“ darstellt. Das ist in keiner Weise nachge- wiesen. Und auch die Themen Verfahrensdauer und welche Einflüsse darauf wirken, warum dauern Verfahren so lange oder so lange, sind in keinster Weise aus diesem „ROLAND Rechtsreport“ abzusehen.
Insgesamt fand ich aber erwähnenswert – Frau Drese hat es gesagt –, dass 98 Prozent der befragten Richter und Staatsanwälte das deutsche Rechtssystem als gut beziehungsweise sehr gut empfinden,
und zwei Drittel sind mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden und würden ihren Beruf wieder ergreifen. Das zeigt doch, dass hier also eine überwiegende Zufriedenheit herrscht, und das kann man nachvollziehen. Ich könnte ja auch ein bisschen provokatorisch sagen, der Spruch fällt mir natürlich in diesem Zusammenhang ein: Fragt die Frösche, wenn man den Teich trockenlegen will!
Also insofern bin ich da wirklich sehr skeptisch, was die Aussagefähigkeit des Rechtsreports für unser Bundesland insgesamt bedeutet.
Auch meine Aussagen zum PEBB§Y, zum Personalbedarfsberechnungssystem, spare ich mir an dieser Stelle. Frau Ministerin ist nach meiner Auffassung ausführlich
darauf eingegangen, wie ist die Situation bei uns im Lande. Das brauche ich jetzt auch alles nicht zu wiederholen, will ich auch gar nicht. Sie hat die Situation in unserem Bundesland ausführlich dargestellt.
Eine Bemerkung vielleicht noch, nämlich dass die Justiz auch im Ringen um Nachwuchsjuristen zunehmend in Konkurrenz mit der freien Wirtschaft steht. Es ist somit eine wichtige Herausforderung, die Bedingungen auch im Justizdienst für den Personalnachwuchs attraktiv zu gestalten. Das ist sicherlich eine Aufgabe, der wir uns auch in Mecklenburg-Vorpommern stellen müssen. Ich bin der Auffassung, dass die Personalarbeit der Justiz in Mecklenburg-Vorpommern hinlänglich dargestellt ist. In Gesprächen mit Amtsrichtern und mit Amtsgerichtsdirektoren wurde bestätigt, dass auf Personalbewegungen beziehungsweise auf Fallzahlen eingegangen wird. Insofern haben wir diese Berücksichtigung der Fallzahlen in Mecklenburg-Vorpommern bereits jetzt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über diesen Antrag könnte man auch schreiben: „Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Marmelade Fett enthält“, denn der Landtag soll ja auch feststellen, dass eine am Arbeitsaufwand orientierte Personalausstattung in den Gerichten und Staatsanwaltschaften für eine effektive und so weiter entsprechende Justiz unerlässlich ist. Ja, da hätte ich noch ein paar Änderungsanträge. Wie wäre es mit „der Landtag stellt fest, dass eine am Arbeitsaufwand orientierte Ausstattung mit Glühbirnen und elektrischem Strom auch unerlässlich ist für eine funktionierende Justiz und vielleicht auch noch mit Toilettenpapier und mit Klammeraffen“? – Das ist doch eine völlige Selbstverständlichkeit. Was soll dieser grobe Unfug?
Dann berufen Sie sich auf diesen „ROLAND Rechtsreport“. Der hat nicht die allerseriöseste Grundlage. Ich hab mir mal angesehen, wer den erstellt hat. Das ist eine Rechtsschutzversicherung in Zusammenarbeit mit Allensbach, ein Demoskopieinstitut. Auch nicht so umwerfend, da muss man auch nicht gerade sagen, das ist die Bibel. Was steht drin? Ja, es steht drin, dass um die 80 Prozent der Richter und Staatsanwälte sagen, sie hätten nicht genug Personal. Allerdings, wer den Staatsapparat kennt, weiß, dass das jeder sagen muss, also egal ob Polizeirevier, Bundeswehrkaserne, Gericht oder Behörde, selbstverständlich. Wenn ich gefragt werde, hast du genug Personal und Geld, sage ich natürlich nicht Ja, denn dann wird im nächsten Jahr gekürzt. Da sagt man natürlich immer Nein, Nein, damit man das behält, was man hat. Das weiß auch jeder, der wenigstens schon mal zwei Jahre bei der Bundeswehr war und ein bisschen in den …
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was haben Sie denn da gemacht? – Peter Ritter, DIE LINKE: Hat aber scheinbar nicht geholfen.)
Und daher weiß ich ein bisschen, wie das läuft. Man sagt nicht, ja, ich hab genug. Deswegen gibt es auch das Dezemberfieber, dass man nämlich, wenn man tatsächlich Mittel übrig hat, die schnell noch verbrennt, damit man im nächsten Jahr nicht Mittel gekürzt kriegt. Das heißt, wenn ich wissen will, ob das Gericht oder die Justiz genug Stellen hat oder nicht, schaue ich mir ein paar Größen an, dann brauche ich diesen komischen Antrag nicht. Ich schau mir erstens die Verfahrensdauer an, muss natürlich vorher festlegen, was mir als Verfahrensdauer angemessen erscheint. Zwei Jahre beim Verwaltungsgericht, würde ich sagen, sind zu viel, aber wenn man das für angemessen hält und es eingehalten wird, dann herrscht kein Personalmangel. Bei der Strafjustiz sieht man sich die Revisionsfestigkeit der Urteile an. Wenn zu viele Urteile von der Revisionsinstanz aufgehoben werden wegen Mängeln, dann scheint offenbar auch Personalmangel vorzuliegen. Man sieht sich dann noch den Krankenstand an. Daran sieht man, ob die Leute überlastet sind oder überaltert. Wenn das alles in Ordnung ist, besteht kein Personalmangel und wenn nicht, dann ja. Aber dazu brauche so einen komischen Antrag nicht. – Danke.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)
Aber Sie haben es nicht mal ausgewertet, sonst wären Sie vielleicht auf die Idee gekommen, das zu thematisieren.