Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

(Vincent Kokert, CDU: Natürlich. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat der SPDFraktionsvorsitzende die Reise von zwei Abgeordneten der LINKEN auf die Krim öffentlich als große,

(Vincent Kokert, CDU: Das ist aber eine andere Qualität gewesen.)

große politische …

(Vincent Kokert, CDU: Das in einen anderen Kontext zu setzen, Hut ab!)

Lieber Kollege Kokert, in der Tat kann man sich über Qualitäten unterhalten und da ist vielleicht die eine Qualität,

(Andreas Butzki, SPD: Das ist aber ein Vergleich.)

wirtschaftliche Gespräche zu führen im Zusammenhang mit der Krise und das nicht anzusprechen,

(Heinz Müller, SPD: Und die anderen haben sich als Wahlbeobachter bezeichnet.)

sich abends an einer Party zu beteiligen und da auch nichts anzusprechen oder zu verurteilen, dass LINKE quasi ein Referendum absegnen,

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

was völkerrechtswidrig ist. In der Tat sind das unterschiedliche Qualitäten.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich wiederhole es noch mal: Es ist noch gar nicht so lange her, da hat der SPD-Fraktionsvorsitzende die Reise von zwei Abgeordneten der LINKEN auf die Krim öffentlich als große politische Dummheit bezeichnet.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wenige Wochen später begrüßt eben dieser Fraktionsvorsitzende die Reise des Ministerpräsidenten zur PutinParty. Ich bin gespannt, Herr Dr. Nieszery – er ist ja leider nicht da –, ich bin gespannt auf die Erklärung, wie das zusammengehen soll.

(Andreas Butzki, SPD: Sie war von Herrn Schröder und nicht von Herrn Putin.)

Und was macht der Koalitionspartner? Zumindest ist Ihnen ja, lieber Vincent Kokert, die interne Kritikfähigkeit noch nicht so ganz abhanden gekommen.

(Vincent Kokert, CDU: Nun bin ich ja gespannt.)

Immerhin war der Vorstand der CDU-Bundestagsfraktion dazu in der Lage, die Teilnahme Ihres außenpolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion auf der besagten Putin-Party zumindest zu rügen.

(Vincent Kokert, CDU: Ah!)

Hier im Land war von der CDU aber nichts zu hören. Anpassung, Opportunismus scheint auch hier die Leitlinie der CDU-Fraktion zu sein.

(Vincent Kokert, CDU: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Wo waren Sie denn mit Ihren kritischen Worten, sehr geehrte Damen und Herren?

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Ministerpräsident hat mit diesem Besuch nicht zum ersten Mal deutlich gemacht, dass diese Landesregierung das Eintreten für das Völkerrecht, für humanitäre und demokratische Werte hintanstellt, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen des Landes geht.

(Jochen Schulte, SPD: Herr Suhr, eine ernsthafte Zwischenfrage: Glauben Sie denn noch, was Sie da sagen?)

Es ist noch nicht mal ein Jahr her, da ist Ministerprä- sident Sellering mit einer großen Wirtschaftsdelegation in die Türkei gereist. Die Türkei sollte als Absatzmarkt für Produkte aus Mecklenburg-Vorpommern gewonnen werden. Besucht wurde auch Izmir, eine Stadt, in der –

vielleicht erinnern Sie sich – die Sicherheitslage sei- nerzeit als sensibel beurteilt wurde, weil türkische Sicherheitskräfte Demonstrationen und Demonstranten niedergeknüppelt hatten. Viele hatten damals gehofft und erwartet – und wir haben es auch gefordert –, dass der Ministerpräsident diese Menschenrechtsverstöße kritisch anspricht. Aber, Herr Sellering, auch damals war von Ihnen nichts zu hören.

Herr Ministerpräsident, diese Politik der Anpassung, der Vorsicht, des Opportunismus darf sich nicht fortsetzen! Dass man das anders machen kann, dass man das nicht schweigend hinnehmen muss,

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

dass man auch öffentlich im Rahmen des Protokolls kritisieren kann, dieses hat kürzlich das Verhalten des Bundespräsidenten in der Türkei deutlich gemacht, der jenseits des Protokolls klare Worte für die Menschenrechtssituation vor Ort gefunden hat.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Und wenn man wirtschaftliche Gespräche führt, dann muss man auf der anderen Seite auch klar ansprechen, was die Missstände in einem Land sind. Das haben Sie nicht getan.

(Vincent Kokert, CDU: Deshalb wollen Sie ja die Türkei auch in die EU holen, Herr Suhr.)

Vielleicht haben Sie es im Hintergrund getan. Da bin ich sehr gespannt auf Ihre Erklärung. Ich erwarte hier die Erklärung des Ministerpräsidenten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Sellering.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in Deutschland üblich, dass die Bundeskanzlerin, der Bundeskanzler, dass die Regierungschefs der Länder zu Beginn einer Wahlperiode dem Parlament eine Regierungserklärung abgeben, so, wie sie jetzt hier von mir gefordert wird. Ansonsten geschieht das in wenigen Ausnahmefällen bei besonders wichtigen Themen und bei besonders wichtigen Anlässen.

Ich denke, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie werden verstehen, dass ich der Aufforderung auf Ihren Antrag hin nicht nachkomme, aber ich bin selbstverständlich gern bereit, im Rahmen dieser Debatte ein paar Worte zu meiner Russlandreise zu sagen.

Mecklenburg-Vorpommern verfügt traditionell über gute Kontakte nach Russland. Manche Verbindungen bestehen schon seit DDR-Zeiten, andere sind in den nun fast 24 Jahren seit der deutschen Einheit neu hinzugekom

men. Das gilt besonders im Bereich der Wirtschaft. Im Jahre 2013 wurden im Außenhandel mit Russland Waren im Wert von deutlich über 600 Millionen Euro importiert beziehungsweise exportiert. Damit steht Russland an vierter Stelle aller Länder. Außerdem befinden sich einige wichtige Unternehmen in unserem Land in russischem Eigentum. Das gilt nicht nur für die Nordic Werften in Wismar und Warnemünde, künftig auch in Stralsund, sondern zum Beispiel auch für den Holzverarbeiter ILIM TIMBER in Wismar.

Von vitalem Interesse ist der Russlandhandel für den Seehafen Sassnitz. Deshalb setze ich, setzt sich Minister Pegel für einen Ausbau der Fährverbindung von Sassnitz nach Ust Luga ein. Es gibt Kontakte in der Ernährungswirtschaft und in der Gesundheitswirtschaft. Russland wird in der kommenden Woche Partnerland der diesjährigen Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft in Warnemünde sein. Und nicht zuletzt ist Lubmin Anlandepunkt der Ostseepipeline von Nord Stream, die Deutschland in den letzten Jahren verlässlich direkt mit Erdgas beliefert hat und deren Bau und in geringerem Maße auch der Betrieb für Arbeitsplätze bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gesorgt hat. Russland ist also ein wichtiger Handelspartner für unser Land und das soll auch in Zukunft so bleiben.

Unsere Zusammenarbeit geht natürlich über Wirtschaftskontakte hinaus. Es gibt zum Beispiel sieben Partnerschaften zwischen Schulen hier und dort. Vor allem aber gibt es eine sehr gute Partnerschaft zwischen Mecklenburg-Vorpommern und dem Leningrader Gebiet, also der Region rund um Sankt Petersburg. Und das Ziel der Landesregierung ist klar: Wir wollen diese guten Beziehungen unseres Landes zu Russland in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Aus diesem Grund planen wir für Ende September einen Russlandtag. Das ist genau genommen eine zweitägige Wirtschaftsveranstaltung, auf der wir Unternehmen aus Russland und Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern zusammenbringen wollen.

Darüber habe ich berichtet, als vor einigen Wochen Vertreter der Firma Nord Stream, darunter auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder, hier in Schwerin zu Gast waren. Dieser Besuch ist ja nicht unbemerkt geblieben. Wir waren zusammen auch bei den Volleyballerinnen vom SSC.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was er da gestaunt hat!)

Nord Stream hat mich bei dieser Gelegenheit zu ihrem Wirtschaftsempfang zu Ehren des früheren Bundeskanzlers nach Sankt Petersburg eingeladen. Ich habe diese Einladung sehr gern angenommen, weil ein solcher Empfang natürlich eine hervorragende Gelegenheit ist, informelle Gespräche zu führen, an schon bestehende Wirtschaftskontakte anzuknüpfen, für unseren Russlandtag zu werben. Das war das Ziel der Reise und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Ziel auch erreicht haben. Ich habe jedenfalls in Gesprächen mit dem Gouverneur unserer Partnerregion und auch auf dem Empfang sehr viele positive Rückmeldungen zu unserem Russlandtag erhalten. Darüber freue ich mich. Ich hoffe sehr, dass das eine erfolgreiche Veranstaltung wird. Wir werden alles dafür tun, und ich finde es gut, wenn die Fraktionen den Russlandtag auch durch ihre Anwesenheit unterstützen könnten.

Meine Damen und Herren, das war eine Reise in schwieriger Zeit. Wir haben in den letzten Wochen erlebt, wie sich der Konflikt um die Ukraine immer weiter hochgeschaukelt hat. Dieser Konflikt beunruhigt viele Menschen in Deutschland, auch bei uns in Mecklenburg-Vorpom- mern. Es muss alles getan werden, damit es eine friedliche Lösung gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Als Landesregierung, das muss ich offenbar deutlich sagen, als Landesregierung führen wir keine außenpolitischen Verhandlungen.