Als Landesregierung, das muss ich offenbar deutlich sagen, als Landesregierung führen wir keine außenpolitischen Verhandlungen.
Das tut die Bundesregierung. Und ich muss deutlich sagen, ich bin sehr froh darüber, dass die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister das mit sehr viel Umsicht und Besonnenheit tun.
Allerdings bin ich auch davon überzeugt, dass funktionierende Regionalpartnerschaften wie die zwischen Mecklenburg-Vorpommern und dem Leningrader Gebiet in solch einer schwierigen Situation einen wichtigen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis leisten können. Und auch deshalb war mir die Reise wichtig. Der Gesprächsfaden nach Russland muss gerade auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten bleiben.
Meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ihre Argumente gegen diese Reise überzeugen mich nicht. Ich halte insbesondere Ihre Forderung, dass wir als Landesregierung angesichts der von Deutschland und den anderen EU-Staaten beschlossenen Sanktionen auf eine Pflege unserer Wirtschaftskontakte nach Russland verzichten sollen, für völlig falsch.
Das würde bedeuten, dass wir in Mecklenburg-Vorpom- mern über die beschlossenen Sanktionen hinausgehen. Ein solches Vorgehen wäre nach außen völlig bedeutungslos, aber es würde nach innen eine fatale Wirkung haben, denn das würde all den Unternehmen im Land schaden, die im Russlandgeschäft tätig sind, und mit ihnen Tausenden von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Deshalb sage ich Ihnen ganz klar: Diesen Weg wird die Landesregierung nicht gehen. Wir setzen weiter auf partnerschaftliche Lösungen. Deshalb bleibt es auch beim Russlandtag.
Und, sehr geehrter Herr Suhr, Sie sehen die Dinge ja auch dann ein bisschen anders, wenn es um den eigenen Wahlkreis geht. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Sie vor einigen Wochen kamerawirksam mit dem Fahrrad zum Tor der Werft geradelt sind.
Dort haben Sie die Landesregierung aufgefordert, die Werft auf keinen Fall zu zerschlagen, möglichst schnell an einen Schiffbaubetrieb zu übergeben, und Sie haben sehr begrüßt, dass wir den Zuschlag für Nordic Yards erteilt haben. Keine zwei Wochen später kritisieren Sie, dass ich in das Land reise, aus dem der neue Investor der Stralsunder Werft stammt, dass ich an einem Empfang der Firma teilnehme, für die er früher gearbeitet hat, dass ich Gespräche führe, in denen ich natürlich auch unser Interesse an russischen Werftaufträgen deutlich gemacht habe.
Meine Damen und Herren, es ist ja bekannt, dass es zum grünen Selbstverständnis gehört, sich über andere moralisch zu erheben. Aber, lieber Herr Suhr, dies ist wirklich eine peinliche Doppelmoral.
und deshalb haben Sie sich in Ihrer Rede heute sehr stark auf den Nord-Stream-Empfang konzentriert. Ich habe Ihnen vorhin ausdrücklich dargelegt, warum ich an dieser Veranstaltung teilgenommen habe. Dass Präsident Putin auch unter den Gästen sein würde, stand vorher keineswegs fest, wobei natürlich klar ist: Angesichts des sehr engen Verhältnisses zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin hat es darüber Vermutungen gegeben. Ich sehe in der Teilnahme von Putin auch überhaupt kein Problem.
Die Bundesregierung hat diesen Empfang genutzt und den deutschen Botschafter extra dorthin geschickt und ihn in einem Vieraugengespräch am Rande der Veranstaltung Präsident Putin ihren Standpunkt, ihre Wünsche übermitteln lassen. Und ich denke, das wäre sicherlich erheblich weniger wirkungsvoll gewesen, wenn sein Gesprächspartner nicht Putin gewesen wäre.
Auch Gerhard Schröder hat die Gesprächsgelegenheit mit Präsident Putin genutzt und sich für die Freilassung der Geiseln in der Ukraine eingesetzt. Inzwischen sind die Geiseln frei und ich bin dem früheren Bundeskanzler sehr dankbar, dass er sein großes Gewicht in Russland und seine guten persönlichen Beziehungen zum russischen Präsidenten auf diese Weise genutzt hat, und ich meine, das sollte auch Anerkennung finden.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig. – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich bin in den letzten Tagen bei meinen Terminen im Land sehr oft auf die Russlandreise angesprochen worden. Ich habe lange nicht mehr
eine solche Resonanz erlebt und ich sage Ihnen, sie war in den allermeisten Fällen eindeutig positiv. Die Menschen wissen sehr wohl, dass man gerade in schwierigen Zeiten miteinander reden muss und dass man Konflikte nur friedlich und nur gemeinsam lösen kann. Ich bin davon überzeugt, diese Reise war wichtig. Es liegt im Interesse unseres Landes, unsere Beziehungen zu Russland in den nächsten Jahren weiter auszubauen, und es ist auch in schweren Zeiten besser, miteinander zu reden, als Brücken abzubrechen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Worum geht es? Die GRÜNEN fordern, dass der Landtag den Ministerpräsidenten auffordern möge, eine Erklärung über seine Russlandreise nach Sankt Petersburg vom 28.04.2014 bis zum 29.04.2014 abzugeben. Hintergrund ist die Krise in der Ukraine im Hinblick auf die Teilnahme des Ministerpräsidenten am Empfang der Firma Nord Stream mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anlässlich der 70. Geburtstagsfeier des Bundeskanzlers a. D. Gerhard Schröder.
Für meine Fraktion, für die CDU-Fraktion stelle ich erstens fest, dass die Pflege der deutsch-russischen Wirtschaftskontakte das zwischen uns, zwischen den Koalitionspartnern vereinbarte Ziel dieser Reise war. Dafür gibt es nachvollziehbare und dafür gibt es auch gute Gründe und auf die werde ich später noch eingehen.
Zum Zweiten stelle ich für meine Fraktion fest, dass den Erklärungen des Ministerpräsidenten, die wir eben gehört haben, aus Sicht meiner Fraktion nichts hinzuzufügen ist. Das gilt insbesondere für den Teil seiner Erklärung, als der Ministerpräsident Herr Sellering deutlich darauf hingewiesen hat, dass Außenpolitik eben gerade nicht das Ziel der Reise war, denn für die deutsche Außenpolitik – und das wird doch niemanden überraschen, das wissen alle, das weiß auch Herr Suhr – ist ansonsten das Auswärtige Amt unter Leitung von Walter Steinmeier zuständig und in außenpolitischen Grundsatzfragen, um die es sich hier ohne Zweifel handelt, stimmt es sich eng mit dem Bundeskanzleramt und der Bundeskanzlerin Angela Merkel ab. Und ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass das Außenministerium und das Kanzleramt beim Management der Krise mit Umsicht und einem hohen Grad an Verantwortung ausgezeichnete Arbeit leisten.
Das drückt sich doch unter anderem auch darin aus, dass die Kanzlerin und der Außenminister sehr darum bemüht sind, die Gespräche mit den russischen Partnern immer aufrechtzuerhalten. Und es ist allemal besser, miteinander zu reden, miteinander zu sprechen.
Darüber hinaus bin ich fest davon überzeugt, dass die in der Presse viel diskutierten Sanktionen ein wirksames und vernünftiges Mittel sind, um die Krise in der Ukraine zu beenden. Die Sanktionen haben zumindest dazu beigetragen, Herr Suhr, dass die Geiseln, die auch im Antrag der GRÜNEN erwähnt sind, mittlerweile freigelas
sen wurden. Ich möchte daher im Folgenden kurz auf das Thema Sanktionen eingehen, denn dieses Thema wird auch von den Medien immer wieder, wie ich meine, falsch dargestellt.
Der Erlass der EU-Sanktionen durch die Europäische Union im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik folgt einem zweistufigen Verfahren. Danach erlässt der Rat zunächst einen Beschluss über den Erlass von Sanktionen. Diese können sich gegen einen oder mehrere Drittstaaten sowie gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nicht staatliche Einrichtungen richten. Dieser Beschluss im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik muss in der Regel einstimmig gefasst werden, er muss auf ein Tätigwerden der EU gerichtet sein und zumindest den Adressaten und die Art der Sanktionen näher beschreiben.
In einem zweiten Schritt erlässt der Rat sodann die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses. Der Umsetzungsbeschluss des Rates ergeht auf gemeinsamen Vorschlag des hohen Vertreters und der Kommission mit qualifizierter Mehrheit. Und der Rat hat eben im März 2014 beschlossen, dass sich die Sanktionen gegen Personen richten, die für Handlungen verantwortlich sind, die die territoriale Unversehrtheit,
Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, sowie gegen Personen, die mit diesen verbunden sind. Die Sanktionen richten sich ausdrücklich nicht gegen Staaten, sondern gegen Personen und auch gegen Unternehmen.
Für Interessierte: Die ganze Liste kann man im Internet finden und sich informieren. Insgesamt – auch das ist bekannt – stehen aktuell 61 Personen auf der Sanktionsliste sowie mehrere Unternehmen, etwa ein Gaslieferant mit Lizenzen für Bohrungen im Schwarzen Meer und eine Firma, die ein wichtiges Ölterminal betreibt. Auf der Liste finden sich übrigens nicht nur russische Staatsbürger, sondern auch zahlreiche Ukrainer, zum Beispiel ehemalige Regierungsmitglieder und die Anführer der separatistischen Bewegung in der Ostukraine.
Ich habe die Freilassung der Geiseln unter anderem auf die Wirksamkeit der Sanktionen zurückgeführt und möchte noch ein weiteres Beispiel nennen, nämlich das Beispiel Iran. Wegen des umstrittenen iranischen Atomprogramms verhängte die EU im November 2012 Wirtschafts- und Reisesanktionen gegen den Iran. Diese Maßnahmen haben gewirkt. Der Iran war dann nämlich zu Zugeständnissen bereit und hat sein Atomprogramm deutlich eingeschränkt. Die Anreicherung von Uran auf mehr als fünf Prozent wurde ausgesetzt, ein Teil der Uranvorräte wurde verdünnt. Die IEA-Kontrolleure können nun auch ungestört im Iran arbeiten. Im Gegenzug wurden dann die Sanktionen gegen den Iran gelockert.
Es besteht – und das will ich Ihnen damit sagen – also Grund zu Optimismus, dass die Sanktionen auch in diesem Falle erfolgreich sein werden. Im Übrigen möchte ich betonen, dass in der Presse und auch von politischer Seite vielfach der Eindruck erweckt wurde, Russland und die Europäische Union seien Gegner.
Das ist natürlich völliger Unsinn und das lässt sich auch belegen. Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind eng, und zwar seit Jahren, und auch enger, als es die gegenwärtigen Berichterstattungen Glauben machen.
Seit Juli 2007 sind zwischen der EU und Russland ein Visumerleichterungs- und ein Rückübernahmeabkommen in Kraft. Darin sind zum Beispiel Ausnahmen von der Visumspflicht auf vereinfachte Verfahren bei der Beantragung von Visa für bestimmte Personengruppen sowohl aus den Schengen-Staaten als auch aus Russland geregelt. Zudem ist die EU bei Weitem, Herr Suhr, bei Weitem – das ist wichtig und das ist auch vom Ministerpräsidenten noch mal verdeutlicht worden – der wichtigste Handelspartner Russlands. Und auch für uns in Mecklenburg – tradiert schon aus der Zeit der DDR, das ist gesagt worden – gibt es hier zwischen Unternehmen immer noch sehr gute Beziehungen, die sich in der Zeit danach völlig neu angelassen haben oder noch einmal miteinander verstärkt wurden. Etwa die Hälfte des gesamten russischen Außenhandelsvolumens wird mit der EU abgewickelt, ungefähr die Hälfte. Besonders wichtig sind für beide Staaten die Handelsbeziehungen im Energiebereich. Die EU deckt circa 20 Prozent ihres Öl- und circa 45 Prozent ihres Erdgasbedarfs eben mit russischen Lieferungen, Tendenz steigend,
und aus der EU werden vorrangig Maschinen- und Transportausrüstungen, Chemikalien, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Textilien nach Russland exportiert. Die EU ist demnach nicht Gegner, sondern Partner Russlands. Aber deswegen schließt die enge Partnerschaft mit Russland die Sanktionen gegen russische Staatsbürger eben nicht aus.
Ich bin mir sicher, dass, wenn die Europäische Union und wir, Deutschland, außenpolitisch sauber und klar Kurs halten, die Krise in der Ukraine überwindbar sein wird. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dafür, dass sich der Landtag mit außenpolitischen und friedenspolitischen Fragen beschäftigt, auch wenn wir vordergründig dafür nicht zuständig sind.
Wir haben in der Aktuellen Stunde heute davon gesprochen „Europa tut gut“, wir sind ein Bundesland mitten in Europa, wir sind abhängig von den europäischen Beziehungen. Insofern liegt es doch auf der Hand, dass wir uns auch mit solchen Fragestellungen beschäftigen.