Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Und im Frontberichterstattungsorgan MUPINFO heißt es dazu, ich kann es Ihnen nicht ersparen, ich zitiere: „Einige Sitzblockaden wurden elegant umgangen und ansonsten sorgte die Polizei für den gebührenden Abstand,

die sich – anders als eine Woche zuvor in Rostock – gegen renitente Linksextremisten konsequent durchsetzte. Die Feierstunde fand in diesem Jahr sogar völlig störungsfrei statt.“ Zitatende.

„Die Demokraten müssen dort demonstrieren, wo sie die Nicht-Demokraten sehen“, so unser Landesprogramm. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun ist es nicht vor- dergründig Aufgabe dieses Tagesordnungspunktes, die Möglichkeiten oder Nichtmöglichkeiten des Agierens von Demokratinnen und Demokraten am 1. Mai in Rostock oder am 8. Mai in Demmin zu analysieren. Wollen wir uns aber, wollen wir uns und das vom Landtag beschlossene Programm zur Stärkung von Demokratie und Toleranz ernst nehmen, werden wir nicht daran vorbeikommen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die vorliegende Unterrichtung stellt im ersten Teil die Ergebnisse der Tätigkeit der Landesregierung im Themenfeld „Demokratie und Toleranz“ in den vergangenen zwei Jahren dar. Im zweiten Teil werden der Qualitätsentwicklungsprozess des landesweiten Beratungsnetzwerkes und die Umsetzung der Empfehlungen der wissenschaftlichen Begleitung erläutert.

Neben den Beratungen zur Unterrichtung in den Ausschüssen hat sich meine Fraktion ausführlich auf einer Sitzung gemeinsam mit dem Direktor der Landeszentrale für politische Bildung und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit dem aktuellen Stand der Umsetzung des Landesprogramms befasst. Ich möchte daher an dieser Stelle zunächst den Dank meiner Fraktion an die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeszentrale und ebenso an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter im landesweiten Beratungsnetzwerk aussprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Unter nicht immer einfachen Rahmenbedingungen, sich stets ändernden Zuständigkeiten und Förderinstrumenten ist es vor allem ihr Verdienst, dass immer wieder die notwendigen Impulse zur Umsetzung unseres Landesprogrammes gesetzt werden.

Nach der Landtagswahl 2011 wechselte die Zuständigkeit für das Landesprogramm vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Und so, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es auch nicht verwunderlich, dass sich ein Großteil der Unterrichtung den Aktivitäten des Bildungsministeriums widmet. Andere Bereiche der Landesregierung, wie das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- oder das Energieressort, fallen da weit bescheidener aus, obwohl das Landesprogramm in seinem ressortübergreifenden Charakter auch diesen Bereichen konkrete Aufgaben zuordnet.

Ein Bereich, der gänzlich fehlt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Staatskanzlei. Schon bei der Erarbeitung des Programms 2005 hatte ich vorgeschlagen, die Federführung bei der Umsetzung des Programms der Staatskanzlei zuzuordnen. Das hätte den Vorteil, dass eben diese Zuständigkeit bei Regierungsneubildungen nicht immer gewechselt werden muss, und es würde deutlich, dass die Umsetzung des Programms nicht nur Chefsache, sondern ein wichtiges Anliegen der

gesamten Regierung ist. Ich musste damals akzeptieren, dass mein Vorschlag nicht umgesetzt wurde. Ich bin aber nicht bereit zu akzeptieren, dass die Staatskanzlei in der nun vorliegenden Unterrichtung zur Umsetzung des Landesprogramms gar nicht vorkommt.

Kritisch zu hinterfragen ist ebenso die Tatsache, dass der Bereich der Kommunen zum Beispiel in der Berichterstattung des Innenministeriums keine Widerspiegelung findet. Abgesehen von der Tatsache, dass in noch keiner Kommune mit der im Programm vorgeschlagenen Erarbeitung von „Leitlinien demokratischer Kultur“ begonnen wurde, ist es – auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kommunalwahlen – dringend notwendig, die kommunale Ebene noch stärker zu befähigen, die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu führen.

Unverzichtbar ist auch, die Strukturen in der Bildungsarbeit, in der Jugendarbeit, in der Kultur und im Sport weiter zu stärken. Wir dürfen nicht nachlassen, entsprechende Angebote vorzuhalten. Wenn in öffentlichen Haushalten Mittel gekürzt werden müssen, werden viel zu eilig und unüberlegt Mittel in den Bereichen Soziales und Kultur gestrichen. Die Folgekosten für die Gesellschaft sind enorm. Die Kommunen müssen daher in die Lage versetzt werden, ein flächendeckendes Netz an Freizeit- und Bildungsangeboten für alle Einwohnerinnen und Einwohner anbieten zu können. Es ist daher wünschens- und empfehlenswert, dass in der nächsten Unterrichtung zur Umsetzung des Landesprogramms nicht nur der Landessportbund oder der Landesfeuerwehrverband Erwähnung finden, sondern auch die kommunalen Landesverbände. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Interessenvertretungen der Wirtschaft.

Ebenso fehlen in der Unterrichtung Analysen, wie Kirchen und Religionsgemeinschaften oder auch die Medien zur Umsetzung des Landesprogrammes beitragen. Auch für diese Bereiche, liebe Kolleginnen und Kollegen, schlägt das Landesprogramm Handlungsoptionen vor, deren Wirksamkeit es nach acht Jahren Existenz des Landesprogramms zu hinterfragen gilt.

Nachdem eine Evaluation der Arbeit der Regionalzentren vorgenommen und die Umsetzung der wissenschaft- lichen Empfehlungen in der Unterrichtung widergespiegelt wurden, schlägt meine Fraktion vor, das gesamte Landesprogramm einer Evaluierung zu unterziehen und dem Landtag dann ein überarbeitetes, den neuen Bedingungen und Herausforderungen angepasstes Landesprogramm zur Stärkung von Demokratie und Toleranz in unserem Land zur Beschlussfassung vorzulegen. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, was passiert mit der heutigen Unterrichtung? Wir werden sie zur Kenntnis nehmen und dann zur Tagesordnung übergehen. Das ist aber nicht Sinn und Zweck des Ganzen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Lassen Sie mich daher zum Schluss an einigen wenigen weiteren Beispielen den Fortschreibungsbedarf unseres Landesprogramms darlegen: Bestandteil des Programms ist auch das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Erst 21 der 566 Schulen des Landes haben sich erfolgreich an diesem Prozess beteiligt. Nur eine landesweit tätige Koordinatorin ist hier viel zu wenig, um den Prozess gestalten und begleiten zu können, denn der Weg zum Titel ist beschwerlich. Es bedarf einer Begleitung über einen langen Zeitraum. Landesschülerrat

und Landeselternrat müssen hier stärker mit eingebunden werden.

Auch die Rahmenpläne, vor allem in den Fächern Sozialkunde, Geschichte und Sachkunde, müssen überarbeitet werden. Es mangelt an didaktischem regionalem Material zur Demokratieerziehung beginnend ab der Grundschule, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Anfang kommt es an. Nicht umsonst wurde das Landesprogramm als „Pro-Programm“ entwickelt als Programm für die Stärkung von Demokratie und Toleranz, und mit der Vermittlung dieser Werte kann man nicht früh genug beginnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Landesprogramm wurde zu Recht im Leitbild formuliert, ich zitiere: „Der Zu- spruch der extremen Rechten in Mecklenburg-Vorpom- mern beruht nicht auf der Substanz ihrer Inhalte,“ – das erleben wir hier auf jeder Landtagssitzung – „sondern resultiert aus den vorhandenen Defiziten in der demokratischen Kultur und politischen Handelns. Demokratiefeindliche Ideologien können umso erfolgreicher für ihre Positionen werben, je brüchiger die Bindung an das demokratische Gemeinwesen ist und je schwieriger sich die Lebensbedingungen darstellen. … Die Verwirklichung einer aktiven Bürgergesellschaft muss daher Primat haben.“ Zitatende. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Barlen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, deutlich besser hätte die überraschende Unterbrechung dieser Landtagssitzung zur Durchsetzung von Durchsuchungsbeschlüssen im Zusammenhang mit dem NPD-Abgeordneten Petereit, glaube ich, zeitlich nicht passen können,

(Stefan Köster, NPD: Wann lagen die Beschlüsse oder die Anträge dem Landtag vor? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

zeigt sie doch, mit wem wir es hier tagein, tagaus an der Fensterfront in der NPD zu tun haben.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns das – und Minister Brodkorb ist in seiner Rede eingangs darauf eingegangen – noch einmal in Erinnerung rufen.

(Stefan Köster, NPD: Wollen Sie sich hier starkmachen für Kinderschänder? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Gleich zu Anfang können wir einen braunen Blütentraum, der uns hier am Rednerpult immer wieder präsentiert wird, platzen lassen. Die absolut überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, der Wählerinnen und Wähler in unserem schönen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wählt die NPD explizit nicht. Das, meine Damen und Herren, ist eine Wahrheit. Und eine zweite Wahrheit,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Stefan Köster, NPD: Die überwiegende Mehrheit wählt auch nicht die SPD. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

eine zweite Wahrheit ist, dass viele Wählerinnen und Wähler in unserem Bundesland überhaupt nicht von ihrem Recht

(Udo Pastörs, NPD: So ist es. Das ist die Mehrheit.)

auf eine demokratische Abstimmung Gebrauch machen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.)

Und nur dieser Umstand,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist der Punkt.)

dass leider sehr viele Menschen von diesem Recht,

(Stefan Köster, NPD: Das liegt an den Lügen der etablierten Parteien.)

zu wählen und sich aktiv einzubringen und ihrer Stimme Gewicht zu verleihen, keinen Gebrauch machen, nur von diesem Umstand profitiert eine extremistische Splittergruppierung, die NPD heißt,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die einen deutlich höheren Stellenwert in der Aufmerksamkeit erlangen kann, als ihr eigentlich zustehen würde.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und, meine Damen und Herren, seitens der demokratischen Fraktionen

(Zuruf von David Petereit, NPD)

darf ich Ihnen versichern, dass wir die Tatsache, dass so viele Wählerinnen und Wähler nicht an die Urne schreiten, nicht einfach hinnehmen, sondern dass wir das sehr wohl als Problem und auch sehr wohl als Herausforderung begreifen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das ist für uns auch ein Grund mehr, das Landesprogramm für Demokratie und Toleranz nicht nur fortzuschreiben, sondern gemeinsam strategisch weiterzuentwickeln und gemeinsam mit den vielen äußerst mutigen und äußerst engagierten Menschen in unserem Bundesland dafür zu werben,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dass die Menschen die Werte unserer demokratischen Grundordnung als ihre Werte begreifen, dass sie die demokratische Teilhabe und auch die Wahlbeteiligung erhöhen, und das ist nachvollziehbar, meine Herren von der NPD.

Genau vor diesem Werben für mehr Demokratie und genau vor diesem Werben für eine höhere Wahlbeteiligung haben Sie Angst.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie haben nämlich Angst davor, dass, wenn viel mehr Menschen zur Wahlurne schreiten, die NPD dann deut