Protokoll der Sitzung vom 17.09.2014

Das Problem war ein Urteil vom OVG Greifswald und die Richter in diesem Land sind immer noch frei. Und das uns als Regierung immer in die Tasche zu schieben, ist schon ein bisschen unverfroren, liebe Kollegin OIdenburg.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Das kann man so sagen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, dem Bildungsminister blieb nichts anderes übrig. Wir müssen ja – was heißt wir, die Exekutive, die Legislative auch – die Judikative ernst nehmen. Wenn so ein Urteil erst mal in der Welt ist, dann muss man sich überlegen, wie man damit umgeht. Ich hoffe, da sind wir uns ganz schnell einig. Man kann so ein Urteil nicht einfach vom Tisch wischen, zur Tagesordnung übergehen und warten, bis der Nächste um die Ecke kommt und sagt, Leute, da schicken wir doch mal die Staatsanwaltschaft zum Kollegen Brodkorb, warum setzen die eigentlich solche Urteile nicht um.

Daraufhin gab es eine Privatschulverordnung, da kann man im Nachhinein geteilter Meinung sein. Ich fand die Verordnung gelinde gesagt auch nicht gerade gelungen, weil sie aus meiner Sicht viel zu weit vom eigentlichen Gesetzestext abwich. Aber sie war wahrscheinlich von schlauen Juristen das notwendige Übel, das man damals machen musste.

Mit dieser Verordnung, das war dann schnell klar, wird ein ganz großer Teil der Schulträgerinnen und Schulträger in diesem Land sehr schnell in schwieriges Fahrwasser kommen. Und ich glaube, es ist dieser Großen Koalition zu verdanken, dass wir mit der gebotenen Sorgfalt und mit einer vernünftigen internen Diskussion in einem relativ schnellen Zeitrahmen zu diesem Schuljahr – deswegen bringen wir es ja auch als Fraktion ein –, zu diesem Schuljahr wieder den Rechtsfrieden an den freien Schulen herstellen können.

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, schaffen wir im Prinzip den Ursprung, den wir immer vorhatten. Wir wollen den Rechtsfrieden mit den freien Schulen. Und wenn wir diesem Gesetzvorhaben schnell unsere Zustimmung im Landtag geben, dann haben die freien Schulen wieder Planungssicherheit. Ich finde, das haben sie auch verdient. – Haben Sie vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Kokert.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Berger für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es tut mir leid, wenn ich jetzt etwas Wasser in den Koalitionswein kippen muss.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Torsten Renz, CDU: Warum denn das?)

Der Bildungsminister hat die Schulen in freier Trägerschaft durch die Änderung der Privatschulverordnung in massive Schwierigkeiten gestürzt. Es mussten Schulgelder erhöht werden, Klassen wurden vergrößert und das Ganztagsschulangebot wurde abgespeckt, weil einfach das Geld nicht mehr ausgereicht hat.

Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt nun diese finanziellen Einschnitte zumindest teilweise zurück. Dies ist zweifellos ein Erfolg der zahlreichen Proteste von Schulträgern, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern, denn ich glaube, es ist gerade kein Zufall, dass just am Tag der großen Demo Anfang Juli hier in Schwerin das Bildungsministerium die Rücknahme der Privatschulverordnung beziehungsweise eine Schulgesetzänderung, die der Rücknahme gleichkommt, verkündet hat. Aber es ist auch eine Bestätigung der Oppositionsarbeit.

Die Bündnisgrüne-Landtagsfraktion hat sich in den vergangenen...

(Vincent Kokert, CDU: Na, nennen Sie lieber nur sich, dann sind Sie auf dem sicheren Weg.)

Sie haben total recht.

Die Bündnisgrüne-Landtagsfraktion hat sich in den vergangenen zwölf Monaten mehrfach und wiederholt gegen diese Kürzungsverordnung gewandt und das Thema hier in den Landtag geholt, denn die Landesregierung hatte bis dahin gehofft, die Einschnitte möglichst geräuschlos

und ohne Parlamentsbeteiligung auf Verordnungsebene vornehmen zu können.

(Vincent Kokert, CDU: Nee, das haben wir nicht wirklich gehofft. – Regine Lück, DIE LINKE: Das kommt mir bekannt vor.)

Dies ist zum Glück misslungen und wir sehen uns damit in unserer Position gestärkt.

Aber ist damit für die Schulen in freier Trägerschaft nun wieder alles in Ordnung? Leider ganz und gar nicht, denn in diesem Gesetzentwurf sind erneut Kürzungen in Millionenhöhe versteckt.

(Vincent Kokert, CDU: Oha!)

Was vordergründig an Kürzungen zurückgenommen wird, wird durch die Hintertür wieder eingeführt. Die finanzielle Schlechterstellung wird am Ende sogar noch drastischer ausfallen, als es die geänderte Privatschulverordnung vorhatte.

(Vincent Kokert, CDU: Was? Wo haben Sie das denn her?)

Dieser Gesetzentwurf zeigt erneut den Kurs der SPD, die Schulen in freier Trägerschaft zu benachteiligen und vor allem Familien mit geringem Einkommen die freie Schulwahl zu erschweren.

(Vincent Kokert, CDU: Und das will die SPD?)

Wenn die CDU-Fraktion diesen Gesetzentwurf als ihren Erfolg verkauft, dann spielen Sie dieses Spiel entweder wider besseres Wissen mit oder Sie haben nicht erkannt, welche Konsequenzen die Gesetzesänderung haben wird.

(Marc Reinhardt, CDU: Das Lob an Frau Berger wird offiziell zurückgenommen.)

Sie erkennen, Herr Kokert, dass Sie die Hoffnung, die ich in Sie setze, leider nur teilweise erfüllen konnten.

(Vincent Kokert, CDU: Ach so? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Meine Damen und Herren, die Debatte um die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft

(Vincent Kokert, CDU: Belegen Sie jetzt Ihre Behauptungen auch noch? Sie müssen Ihre Behauptungen aber auch belegen.)

wurde in der Vergangenheit vonseiten der Koalition nur bedingt transparent geführt. Zuerst hieß es, es würde nicht zu Kürzungen kommen. Ich zitiere die Überschrift der Ministeriumspressemitteilung vom 11. Oktober 2013, also kurz nachdem die Privatschulverordnung geändert wurde: „Minister Brodkorb: Keine Kürzung der Finanzhilfe, aber Nachweis über Verwendung notwendig.“

Neun Monate später hingegen sah die Welt wieder ganz anders aus. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom Juni 2014: „Nach derzeitigem Erkenntnisstand wird etwa die Hälfte aller freien Schulen im Schuljahr 2013/14 nicht

von einer Kappung und damit Reduzierung der Finanzhilfe betroffen sein.“ Das heißt umgekehrt, die Hälfte der Schulen ist von Kürzungen betroffen.

Dem Gesetzentwurf können wir nun entnehmen, dass die Einschnitte im vergangenen Schuljahr ungefähr 2,4 Millionen Euro betrugen. In der Zeit zwischen diesen Pressemitteilungen wurden von der Landesregierung und der SPD-Fraktion die abenteuerlichsten Behauptungen aufgestellt: Betroffen wären nur die Schulen, die ihre Mitarbeiter nicht ausreichend bezahlen. Der Minister ließ sich hier im Landtag sogar zu der falschen Behauptung hinreißen, dass es Schulen gäbe, die mehr Geld bekämen nach der neuen Finanzzuweisung. Und noch am 28. Juli, also vor ungefähr anderthalb Monaten, antwortete der Bildungsminister auf eine Kleine Anfrage von mir, dass der Landesregierung keine Erkenntnisse darüber vorlägen, welche Auswirkungen, wie zum Beispiel Schulgelderhöhungen, die Änderung der Privatschulverordnung mit sich bringt. Seit Sommer vergangenen Jahres wurden die Bedenken von Schulträgern, Eltern und der Opposition immer wieder zurückgewiesen. Uns wurde ein ums andere Mal unterstellt, wir hätten keine Ahnung und am Ende haben sich doch alle Befürchtungen bestätigt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na so was!)

Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, weil die Koalition auch die kommenden Einschnitte nach dem bekannten Muster leugnet.

Wodurch kommt es nun zu den erneuten Einschnitten? Sie entstehen, weil die Landesregierung ihr viel zitiertes 50-Millionen-Euro-Paket nur für die staatlichen Schulen ausgeben und an den Schulen in freier Trägerschaft vorbeischleusen will.

(Vincent Kokert, CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht.)

Nach dem bisherigen Schulgesetz müssten hingegen auch die freien Schulen an diesem Paket beteiligt werden, denn die Berechnung für die Schulen in freier Trägerschaft erfolgt nach dem folgenden System: Man berechnet, wie hoch die Personalausgaben an den staatlichen Schulen sind, teilt das pro Schüler auf und dann bekommen die Schulen in freier Trägerschaft einen festen Prozentsatz.

(Marc Reinhardt, CDU: Richtig.)

Sinken die staatlichen Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr, verringert sich demzufolge die Hilfe für die Schulen in freier Trägerschaft. Steigen aber die staatlichen Ausgaben, erhöht sich der Schülerkostensatz und somit bekommen auch die Schulen in freier Trägerschaft im Folgejahr mehr.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Dieses Prinzip hat einen guten Grund, denn damit soll gewährleistet werden, dass die Finanzierung der staatlichen und der freien Schulen nicht so sehr auseinanderdriftet. Die Schulen in freier Trägerschaft würden mit diesem Prinzip weder einseitig benachteiligt, aber andererseits auch nicht bevorteilt werden.

Durch das 50-Millionen-Euro-Paket haben sich die Personalausgaben für staatliche Schulen bekanntlich erhöht.

Nach dem derzeitigen Schulgesetz würde das ab 2015 zu einer Anhebung der Finanzhilfen pro Schülerin und Schüler an einer freien Schule führen. Der jetzige Gesetzentwurf sieht hingegen vor, dass der Schülerkostensatz auf dem Niveau des Schuljahres 2013/14 für einige Zeit – darauf komme ich später noch zurück – eingefroren wird. Die langen Zahlenkolonnen, die uns jetzt im Schulgesetzentwurf vorgelegt werden,

(Marc Reinhardt, CDU: Pünktlich.)

haben nur einen einzigen Zweck, das 50-Millionen-EuroPaket den Schulen in freier Trägerschaft vorzuenthalten.

Die damit verbundenen Einsparungen dürften für 2015 bei mindestens 2 Millionen – da ist nur ein halbes Schuljahr betroffen –, bei mindestens 2 Millionen liegen, ab dem Jahr 2016 bei 4 Millionen pro Jahr. Das heißt, die Einsparungen liegen weit über den Erhöhungen der Finanzhilfe für die beruflichen Ausbildungsgänge und sie übersteigen auch die Kürzungen durch die Privatschulverordnung, die mit dem Gesetz zurückgenommen werden sollen.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)