Mit unserem Gesetzentwurf schlagen wir daher konkret vor, die für Beamtinnen und Beamte geltenden Regelungen schlicht und ergreifend auch auf die Mitglieder der Landesregierung anzuwenden, wobei wir das für den Dreijahreskorridor konkretisiert haben. Und ich will anmerken, wir wären dabei auch nicht die ersten, wir würden damit kein Neuland betreten.
Baden-Württemberg ist das Land, Herr Nieszery, wo wir gemeinsam regieren. Ist das richtig, wenn ich das richtig verstehe?
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da steht das doch drin mit dem Ministerpräsidenten, oder? Das hab ich doch mal gehört.)
ob andere Länder Regelungen haben oder nicht, erlaube ich mir durchaus, dass wir als Bündnisgrüne hier Regelungen vorschlagen, die wir für richtig halten.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit seinem bereits aus dem Jahre 2005 stammenden Korruptionsbekämpfungsgesetz gezeigt, wie eine solche Strategie aussehen könnte. In Nordrhein-Westfalen werden die für Beamtinnen und Beamte geltenden Regelungen auf die Mitglieder der Landesregierung angewendet. Das könnten wir hier in Mecklenburg-Vorpommern genauso machen.
Ich fordere Sie daher dazu auf, einer Überweisung – und ich beantrage das gleichzeitig, Frau Präsidentin – in den zuständigen Rechts- und Europaausschuss zuzustimmen. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir dort eine geeignete Regelung hinbekommen. Wenn es eine andere ist, als die von uns ganz konkret im Gesetzesvorhaben oder im Gesetzentwurf vorgeschlagene, sind wir offen, das zu diskutieren. Aber stellen Sie sich einer Anhörung! Stellen Sie sich den Experten und ducken Sie sich nicht weg wie sonst immer, indem Sie jetzt einfach auch wieder noch nicht mal der Beratung in den Ausschüssen zustimmen! Springen Sie über diese Hürde! Eine Regelung ist dringend erforderlich. – Danke schön.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, auch in Baden-Württemberg.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor fünf Monaten, im April dieses Jahres, beantragte meine Fraktion, dass die Landesregierung Karenzzeiten für Mitglieder der Landesregierung einführen sollte. Wir haben damals darauf hingewiesen, dass bereits der Anschein eines Zusammenhangs zwischen im Regierungsamt getroffenen Entscheidungen und nach dem Ausscheiden aufgenommenen Tätigkeiten in der privaten Wirtschaft vermieden werden muss, auch um das Vertrauen der Bevölkerung in Politik nicht weiter zu beschädigen. Die Skepsis ist groß und wird mit jedem Fall größer. Das lässt sich einfach nicht wegreden.
Ich erinnere mich gut daran, wie schwer sich die Koalition in dieser Debatte tat. Die SPD-Fraktion eierte herum. Sie sprach sich zwar grundsätzlich für eine Karenzzeit aus, aber nicht jetzt und nicht so und außerdem sei ja alles so sensibel und, und, und. Die Botschaft der SPD war: Erst einmal abwarten, was auf Bundesebene so passiert.
Und die CDU-Fraktion? Mit zum Teil wirren und kuriosen Argumenten wurde gegen die Einführung von Karenzzeiten polemisiert. Die Krönung allerdings lieferte Herr Innenminister Caffier, der gleich Regierungsmitglieder und Abgeordnete, vor allem natürlich die der Opposition, in einen Topf warf – frei nach dem Motto: Wenn Minister schon eine Karenzzeit nehmen müssen, dann wohl doch auch Abgeordnete. In seinem nahezu blinden Eifer gegen die Einführung von Karenzzeiten hatte Herr Caffier offenbar übersehen, dass seine eigene Partei auf Bundesebene eben diese Einführung im Koalitionsvertrag
vereinbart hat. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag: „Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an.“ Zitatende.
Das mag eine vage Formulierung sein, aber sie zielt zunächst in die richtige Richtung. Wie Sie sehen, hat die Bundesregierung durchaus erkannt, dass der Wechsel aus Regierungsverantwortung in ein Unternehmen ein Problem darstellen könnte. Andernfalls hätte es dieses Thema Karenzzeiten nicht in den Koalitionsvertrag geschafft.
Herr Caffier, es bleibt zu vermuten, dass Sie den Koalitionsvertrag nicht gründlich gelesen haben, denn Sie hätten ja heftig gegen diese Passage wettern müssen. Aber vielleicht ist mir da auch etwas entgangen. Nachdem sie, Herr Caffier, die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zumindest jetzt kennen dürften, empfehle ich Ihnen, die sachlichen Argumente für Karenzzeiten von allen Parteien zu überdenken und zu überlegen, wie sie in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt werden können.
Meine Damen und Herren, soweit mein Rückblick auf die Debatte im April. Heute wissen wir, wie nötig eine Regelung zu Karenzzeiten ist und dass es keinen Grund gibt, noch mehr Zeit verstreichen zu lassen. Der Fall des ehemaligen SPD-Ministers Volker Schlotmann zeigt uns dies.
Halten wir uns sein Beispiel vor Augen. Nur wenige Monate nach seinem Rücktritt als Energieminister – unter anderem zuständig für die Wind- und Solarbranche – heuerte er als Lobbyist für ein Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern an, das eben in dieser Wind- und Solarbranche tätig ist. Geschäftsführer und Minister a. D. Volker Schlotmann kennen sich gut. Wem fällt es da leicht, hierin nicht den Anschein von Interessenkonflikten oder gar mehr zu sehen – abgesehen vielleicht von Altkanzler Gerhard Schröder oder dem ehemaligen Kanzleramtschef Ronald Pofalla, die damit wohl kein Problem hätten.
Wir haben aber wohlwollend die Bauchschmerzen von Ministerpräsident Sellering zur Kenntnis genommen. In seinem letzten NDR-Sommerinterview – auf den Fall Schlotmann angesprochen – sah er gar nicht so glücklich aus. Aber halt, welch ein Glück! Es gibt ja kein Gesetz, das solche fragwürdigen Jobwechsel verbietet. Und warum nicht? Ganz einfach, weil die Landesregierung sich bis heute nicht auskäst und immer noch keine Meinung dazu hat.
Herr Sellering – er ist ja heute leider nicht hier –, drücken Sie sich nicht länger um eine Regelung herum! Nichts tun oder auf die lange Bank schieben schürt nur weiteres Misstrauen. Was sagen Sie eigentlich Ihrem neuen Energieminister, der die Karenzzeiten auch nicht so toll findet? Mit Karenzzeiten seien sogar die Resozialisierungschancen gefährdet, so Herr Pegel in einem großen SVZ-Interview. Und ich dachte immer, über Resozialisierung redet man nur im Zusammenhang mit Straftaten.
Meine Damen und Herren, ein ernstzunehmendes Argument gegen Karenzzeiten gibt es in der Tat: Das betrifft die Einschränkung der Berufsfreiheit.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aha! Das ist ja nicht so wichtig. Das ist ja nur Verfassungsgrundsatz, das schadet nicht.)
Das aber darf nicht dazu führen, dass damit die pauschale Ablehnung von Karenzzeiten begründet wird.
Und um es klar zu sagen: Niemand kann etwas dagegen haben, wenn Herr Schlotmann nach seiner Ministerzeit bei einem Unternehmen anheuert, mit dem er während seiner Ministerzeit kaum Berührungspunkte hatte. So könnte er beispielsweise ohne Probleme in seinem ehemaligen Beruf als Binnenschiffer wieder tätig sein.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, echt?! – Heinz Müller, SPD: Sehr großzügig, sehr großzügig! – Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)
Für die Union gibt es seit Jahren Karenzregelungen von 18 Monaten, für die Beamten in Mecklenburg-Vor- pommern sowieso. Die Regelungen bewegen sich zwischen drei und fünf Jahren. Nur die Ministerinnen und Minister sträuben sich weiterhin. Deswegen bleibt meine Fraktion dabei, dass eine Karenzzeit für ehemalige Regierungsmitglieder in Mecklenburg-Vorpommern festzuschreiben ist.
Nach unseren Vorstellungen sollte sie sich an der Dauer des Regierungsamtes orientieren und grundsätzlich zwei Jahre nicht unterschreiten – ein Vorschlag, kein Dogma, meine Damen und Herren.
Deshalb sehen wir an dieser Stelle den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN etwas kritisch. Hier geht es um eine starre dreijährige Karenzzeit. Das erscheint uns zumindest bei kurzen Ministerzeiten unverhältnismäßig und ist mit drei Jahren möglicherweise über das Ziel hinausgeschossen. Dennoch werben wir natürlich für eine Überweisung des Gesetzentwurfes. So haben wir die Gelegenheit, das Für und Wider der hier vorgeschlagenen Regelung zu diskutieren und Änderungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich bitte namens meiner Fraktion um Überweisung beider Vorlagen. Sollten SPD und CDU den Gesetzentwurf nicht überweisen wollen, bitte ich selbstverständlich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Wie Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, haben wir im Beschlussteil auf weitere Konkretisierungen verzichtet, um so der Landesregierung einen weiten Umsetzungsspielraum einzuräumen.
Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst erst mal die Feststellung, dass im Zuständigkeitsbereich der Staatskanzlei ich die Rede für die Landesregierung halte und damit die Haltung der Landesregierung vortrage, auch die des Ministerpräsidenten.