Protokoll der Sitzung vom 01.02.2012

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Und erklären Sie den Leuten auch, wie ihr Mindest- lohn dann – wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, mit Ihren 10 Euro pro Stunde – eine existenzsichernde, auskömmliche Einnahme darstellt. Was Sie Ihrer Klientel verordnen wollen, ist Billiglohnsektor, ist Armut im Alter, weil aus diesen sozialversicherungspflichtigen Einkommen später überhaupt gar kein vernünftiges, auskömmliches Rentendasein gefristet werden kann.

Sie sind Heuchler, nichts mehr, meine sehr verehrten Damen und Herren! Und die Stunde der Wahrheit wird dann kommen, wenn Ihnen Ihr ganzer internationalistischer EU-Wahn hoffentlich bald um die Ohren fliegen wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zahlen Sie in der nationalen Buchsbaumschule eigentlich auch Mindestlohn?)

Wir lehnen Ihren Antrag, weil er heuchlerisch vorgetragen wurde

(Heiterkeit und Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und weil er in der Substanz an sich überhaupt gar nicht durchführbar ist, natürlich ab.

Herr Pastörs, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Foerster von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Pastörs, Sie hatten auch im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit seit dem 1. Mai getitelt, dass es zu einer Poleninvasion kommen könnte, und haben das auch entsprechend plakatiert.

(Udo Pastörs, NPD: Sind doch schon lange im Lande.)

Wie viele sind denn nun tatsächlich in Mecklenburg-Vor- pommern gelandet?

(Heinz Müller, SPD: Der Herr Andrejewski. – Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Andrejewski.)

Das ist doch genauso ein Unsinn, den Sie hier erzählen,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

um Ihre Klientel zu befriedigen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorsicht, er ist Wirtschaftsweiser!)

Wie nicht anders zu erwarten, haben wir von den Rednern der Koalition

(Udo Pastörs, NPD: Die Polen stellen die größte Einwanderungsgruppe der letzten zehn Jahre. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na und? Wo ist denn das Problem?)

die inzwischen sattsam bekannte Litanei zu hören bekommen. Dass Sie, Herr Renz, allerdings zu einem Werbefeldzug für den Niedriglohnsektor ausholen, hatte selbst ich nicht erwartet.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir auch nicht. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und, Herr Renz, wie glaubwürdig Sie sind, das muss man auch mal infrage stellen,

(Heinz Müller, SPD: 1. Februar, Herr Renz ist da.)

denn Sie forderten hier im Parlament bereits und auch in Pressemitteilungen, dass keine unterschiedlichen Tarifabschlüsse mehr in Ost und West

(Marc Reinhardt, CDU: Sie sollten für Ihre Ohren eine Spülung beantragen, vielleicht zahlt das die Kasse in diesem schweren Fall.)

durch die Gewerkschaften ausgehandelt werden sollen. Und derzeit liest man in der Presse, dass Ihr Arbeitnehmerflügel eine Kommission fordert, die eben genau das wieder dürfen soll,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

nämlich regional unterschiedliche Mindestlöhne festzulegen.

(Torsten Renz, CDU: Was lassen Sie denn andauernd zu als Gewerkschafter? – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Torsten Renz, CDU, und Udo Pastörs, NPD)

Zu Ihrer Frage,

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

was ist nun besser, Aufstocken oder tatsächlich dann erst Arbeitnehmer in Mindestlohn zu bekommen,

(Torsten Renz, CDU: Das habe ich nicht gefragt.)

dazu haben wir eine ganz klare Auffassung, denn ein Mindestlohn hat auch etwas mit der Würde von Menschen zu tun.

(Torsten Renz, CDU: Das war nicht meine Frage, Herr Foerster.)

Es ist was anderes, ob ich als Bittsteller zum Amt gehen muss oder ob ich von meiner eigenen Hände Arbeit leben kann.

(Marc Reinhardt, CDU: Es ändert sich an der finanziellen Situation etwas. – Udo Pastörs, NPD: Ach, die Schallplatte ist schon abgelaufen, die kennen wir schon.)

Wenn nun Herr Glawe ankündigt, der Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hamburg beizutreten, dann ist dies tatsächlich das erste Mal, dass Sie initiativ werden. Ich will hier auch noch einmal deutlich sagen, uns geht es trotz unterschiedlicher Auffassung zur richtigen Einstiegshöhe eines Mindestlohnes darum, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer endlich zu wirksamen Verbesserungen zu kommen. Daher sind wir natürlich daran interessiert, dass diese Bundesratsinitiative Erfolg hat.

(Marc Reinhardt, CDU: Was haben Sie denn zehn Jahre als Gewerkschafter gemacht? Waren Sie da noch nicht dabei?)

Ich hatte bereits bei der Einbringung des Antrages angekündigt, in der Debatte mehr zu erläutern, warum DIE LINKE denn nun tatsächlich 10 Euro statt der 8,50 Euro fordert, wie sie beispielsweise DIE GRÜNEN, mehrheitlich auch der DGB und die SPD im Moment vertreten.

Im September 2011 hat die Arbeitnehmerkammer Bremen das Ergebnis einer Untersuchung zum Thema „Mindestlohn für Arbeit und Alter“ – hören Sie zu – in einer Information zur Sozialpolitik veröffentlicht. Im Mittelpunkt stand dabei eben die Frage, welche Höhe ein gesetzlicher Mindestlohn haben muss, damit er nicht nur in der Erwerbsphase, sondern auch darüber hinaus eine existenzsichernde Wirkung entfalten kann.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Aktuell Hartz-IV-Abhängigkeit vermeiden und zukünftig einen gesetzlichen Rentenanspruch begründen, der den Fürsorgebedarf deckt, das war der Anspruch dieser Untersuchung.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dabei wurde natürlich, wie bei wissenschaftlichen Untersuchungen üblich, eine bestimmte Entwicklung unterstellt. Drei wesentliche Annahmen spielten dabei eine Rolle, nämlich die Höhe des monatlichen Existenzminimums, die Haushaltsgröße und die Wochen- beziehungsweise Lebensarbeitszeit. Bezogen auf Lohn und Rente wurde die Berechnung beispielhaft für kinderlose Alleinstehende in Vollzeitbeschäftigung mit einer 38-Stunden-Woche und einer Lebensarbeitszeit von 45 Beitragsjahren vorgenommen.

(Udo Pastörs, NPD: So was gibt es ja schon gar nicht mehr.)

Als Fürsorgeniveau wurden 670 Euro definiert, was einem Zwölftel des steuerlichen Grundfreibetrages im Jahr 2010 entsprach. Das bedeutete beim damals gültigen Hartz-IV-Regelsatz von 364 Euro, dass 306 Euro auf die Kosten für Unterkunft und Heizung entfielen. Nach damaliger Berechnung wären demnach ein Stundenlohn von etwa 7,93 Euro oder ein Monatslohn von 1.303 Euro brutto notwendig gewesen, um aufstockende Leistungen nach SGB II auszuschließen. Zieht man davon dann Steuern und Sozialabgaben ab, landet man bei 970 Euro netto, wovon 300 Euro als sogenannter Erwerbstätigenfreibetrag von der Anrechnung auf den Hartz-IV-Bedarf freigestellt sind. Damit verbleibt dann ein anrechenbares Einkommen von exakt 670 Euro monatlich, sodass rechnerisch kein Anspruch mehr auf aufstockende SGB-IILeistungen bestünde.

Und jetzt mal die entscheidende Frage: Reicht das, um nach 45 Beitragsjahren – und das ist ja auch nicht so leicht zu erreichen, will ich bei der Gelegenheit mal sagen –