Protokoll der Sitzung vom 01.02.2012

Es ist doch allgemein bekannt, dass es aufgrund der demografischen Entwicklung eine Riesenherausforderung ist für alle, egal wer in politischer Verantwortung ist, weil keiner losmarschieren will, der politische Verantwortung hat, und einer Rentnergeneration schlechte Botschaften mitteilen will,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Rente ist sicher! Die Rente ist sicher, Herr Renz!)

dass es eine Riesenherausforderung ist aufgrund der demografischen Entwicklung. Ich weiß nicht, wenn Sie nur noch auf dieses Niveau runterfahren wollen, dann gute Nacht, Marie! So will ich das mal sagen.

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Insofern will ich Ihnen sagen, an dieser Herausforderung, an Lösungen wird gearbeitet durch Ursula von der Leyen, und ob wir da parteiübergreifend dann was hinbekommen, das wird sich zeigen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und dann will ich zum Schluss auch noch mal ein Thema, weil Sie das Land hier schlechtreden ohne Ende, aufgreifen. Diese Thematik Fachkräftebedarf, ich hatte ja zu Beginn gesagt, Sie thematisieren hier etwas, um ein Thema zu haben, weil Ihnen die ja langsam knapp werden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, sonst hätten Sie ja nichts zu reden, Herr Renz.)

Vor Jahren haben Sie ja die fehlenden Lehrstellen thematisiert. Dieses Thema ist jetzt weg. Jetzt kann ich natürlich sagen, das ist logischerweise weg, weil wir so einen guten Wirtschaftsminister über Jahre hinweg hatten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, richtig. Das streitet auch keiner ab. – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja.)

So, an dieser Stelle stand bei mir hier „Widerspruch vonseiten der Opposition“, aber ist leider nicht gekommen, Entschuldigung.

Also, so einfach will ich es mir nicht machen. Die demografische Entwicklung leistet doch ihren Beitrag neben der guten Wirtschaftspolitik, die wir in diesem Lande gemacht haben, ganz klar, aber allein ist die Politik dafür in dem Falle auch nicht zuständig.

Und wenn ich jetzt zum Fachkräftebedarf komme, auch hier haben wir eine demografische Entwicklung, das Lehrstellenproblem ist gelöst. Ich will jetzt nicht sagen, dass die demografische Entwicklung dann den Fachkräftebedarf und damit den Mindestlohn erübrigt, aber ich will sagen, dass ein wesentlicher Beitrag dadurch geleistet wird, sodass wir zu Lohnerhöhungen kommen werden. Wir können dann immer noch politische Scharmützel hier machen,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

aber die Lohnfindung wird durch den Fachkräftebedarf aufgrund der demografischen Entwicklung dazu führen, dass wir steigende Löhne haben werden.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jawohl, das ist richtig.)

Und ich nehme an, Sie werden dann nicht mehr 10 Euro, wenn dieser Zustand eintrifft – Sie brauchen ja dann wieder ein neues Thema –, sondern 12 Euro fordern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gestern haben Sie ja Ihr Gesetz endlich verabschiedet, Herr Renz.)

Das geht am Thema vorbei, insofern sage ich Ihnen, wir lehnen abschließend Ihren Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Das macht die Sache nicht besser, diese Erklärung. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Vielen Dank.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/261. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/261 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Konsequenzen aus dem Asbest-Abenteuer ziehen: Zuständigkeiten klären, Verantwortung wahrnehmen, auf Drucksache 6/247.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Konsequenzen aus dem Asbest-Abenteuer ziehen: Zuständigkeiten klären, Verantwortung wahrnehmen – Drucksache 6/247 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Suhr. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal freuen wir uns über das Ergebnis, dass es nicht zu den Asbesttransporten aus Niedersachsen nach Mecklenburg-Vorpommern und nicht zu einer Einlagerung auf der Deponie Ihlenberg kommt. Wir finden, das ist ein richtiges Ergebnis. Und es ist ein Ergebnis, was aus unserer Sicht auch richtigerweise den Einsatz und das Engagement der Bürgerinitiativen würdigt, die intensiv auf die Problematik hingewiesen haben. Und es ist ein Ergebnis, an dem aus unserer Sicht deutlich wird, wenn sich Menschen vor Ort für ihre Belange und für ihre Anliegen einsetzen, dann kann das erfolgreich sein, auch wenn es zu Beginn so scheint, als wenn alle Messen schon gesungen seien. Das, finde ich, ist auch ein richtiges Ergebnis.

Ich will an dieser Stelle, bevor ich zu einer ganzen Reihe von Kritikpunkten im Laufe des Verfahrens komme, ausdrücklich auch noch mal positiv würdigen, dass wir – der Ministerpräsident ist ja wieder hier – sehr wohlwollend zur Kenntnis genommen haben, dass man eine Position, die man ursprünglich eingenommen hat, im Rahmen eines Verfahrens auch verändern kann.

(Zuruf von Ministerpräsident Erwin Sellering)

Dann ist das aber nach außen hin, Herr Sellering, nicht immer so in dieser Deutlichkeit klar geworden.

(Zuruf von Ministerpräsident Erwin Sellering)

Ich glaube allerdings, dass nach einer Debatte, die relativ intensiv geführt worden ist in diesem Haus, es wichtig ist, noch mal zu einer Wertung zu kommen und – das ist das Hauptanliegen unseres Antrages – auch noch mal zu einer Interpretation und zu einem Schluss zu kommen, wie denn in zukünftigen vergleichbaren Fällen damit umzugehen ist. Und ich möchte bezogen auf unseren Antrag drei Punkte noch einmal besonders herausgreifen.

Der erste Punkt: Wir begehren als Antragsteller, dass der Landtag feststellt, dass sich die Landesregierung zu sehr auf die Genehmigungslage der niedersächsischen Behörden verlassen hat. Und ich will an dieser Stelle sowohl den Wirtschaftsminister Herrn Glawe wie auch Herrn Schulte, der für die SPD-Fraktion gesprochen hat, zitieren. Ich zitiere aus der Sitzung des Landtages vom 17. November. Herr Glawe führte aus, Zitat: „Ich will darauf verweisen, dass im Rahmen der Untersuchungen und Prüfungen in Niedersachsen durch das Gewerbeaufsichtsamt all diese Dinge, die Sie hier vorgetragen haben“, er bezog sich seinerzeit auf den Antrag meiner Fraktion, „Gegenstand der Prüfung sind und die Ergebnisse dann verkündet werden. Von daher ist Ihr Antrag hier heute entbehrlich, übrigens der Antrag insgesamt. Ich kann nicht empfehlen, ihn anzunehmen.“

Das war der Antrag, mit dem wir begehrten, dass es zu einer eigenen gutachterlichen Einschätzung der Landesregierung kommt. In dieser Sitzung ist mit keinem Wort gesagt worden, dass die Landesregierung dieses vorhat. Vermutlich hatte sie es zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. An einer weiteren Stelle im Protokoll führt Herr Glawe aus, ich beginne mit dem Zitat: „Wir sind im Kontakt, von uns sind immer Leute mit dabei, wenn Testfahrten laufen, wenn Besprechungen geführt werden, um auch Mecklenburg-Vorpommern zumindest bei der Entscheidungsfindung hier zu beteiligen. Am Ende wird in Niedersachsen entschieden werden, ob Transporte genehmigt werden und zu genehmigen sind oder ob keine zu genehmigen sind.“ Ich glaube, das muss ich nicht kommentieren. Die Ereignisse haben diese Aussage deutlich überholt.

Herr Schulte sagte in seinem Beitrag für die SPDFraktion unter anderem, er wolle deutlich sagen, dass die Genehmigungsbehörde für den Transport – und der Minister hat eben darauf schon hingewiesen – von Wunstorf-Luthe in Niedersachsen zum Ihlenberg hier bei uns im Land eben nicht hier im Land ansässig ist.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist auch so.)

„Die sitzen nicht in Schwerin, in Grevesmühlen“ und so weiter. Daraus, Herr Schulte, darf man durchaus den Schluss ableiten, dass Sie seinerzeit nicht davon ausgingen, dass wir hier zu einer eigenen rechtlichen Einschätzung kommen sollten. Und Sie sagten kurze Zeit später: „… selbstverständlich können wir von den dortigen Behörden die gleiche Umsicht und die gleiche Verantwortung im Umgang mit solchen Stoffen erwarten wie von unseren eigenen Landesbehörden. Aber zuständig, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bleiben trotzdem die Landesbehörden in Niedersachsen.“

(Jochen Schulte, SPD: Ja.)

Ich schließe daraus, und das ist der Schluss meiner Fraktion, wir könnten eben nicht davon ausgehen, weil sonst wären wir nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen.

Und ich möchte hier an dieser Stelle noch einmal betonen, ohne den engagierten Einsatz der Bürgerinnen und Bürger, der Bürgerinitiativen, wäre es überhaupt nicht zu dieser Überprüfung gekommen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stillschweigend wären in Größenordnungen Asbestschlämme ohne ausreichende Vorkehrungen dort abgekippt worden.

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen will, orientiert auf den Antrag, der da heißt: „Der Landtag stellt fest, dass sich die Landesregierung zu leichtfertig auf Schwellenwerte für die gesundheitliche Ungefährlichkeit von Asbestexpositionen verlassen hat, die es jedoch aus fachlicher Sicht offenkundig nie gab.“

Und ich möchte an dieser Stelle einmal gegenüberstellen, was der zuständige Landesminister Herr Glawe hier ausgeführt hat in der gleichen Sitzung und zu welchem Ergebnis das Gutachten kommt. Herr Glawe führte seinerzeit aus, wieder die Sitzung vom 17. November: „Es gab Probetransporte und bei den vorgestellten ersten Messdaten hat man verkündet, dass keine Asbestfasern nachgewiesen werden konnten, die sozusagen über die Normen hinaus nachweisbar waren.“ Er ging also offensichtlich von bestimmten Normen aus.

In der Zusammenfassung des Gutachtens, welches Sie als Landesregierung zur Grundlage Ihrer Entscheidung genommen haben, heißt es unter Punkt 3, ich zitiere: „Der Begriff der ,gefährlichen Menge‘ lungengängiger Asbestfasern in der Sondervorschrift 168 zum ADR … kann entgegen der Auffassung der Projektbeteiligten“, also auch der Landesregierung beziehungsweise der Gesellschaft, „nicht unter Heranziehung des Expositionswertes … konkretisiert werden. Nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der EU-Asbest-Richtlinie …“ – und so weiter, mehrere Grundlagen sind dann aufgeführt – „gibt es keinen Schwellenwert für die Ungefährlichkeit von Asbestfaserkonzentrationen.“ Ich stelle schlicht und ergreifend fest, hier ist die Landesregierung in ihrer ursprünglichen Betrachtung zu einer falschen Einschätzung gelangt.

Und der dritte Punkt, auf den ich gern eingehen möchte, das Rechtsgutachten, legt Versäumnisse sowohl der niedersächsischen als auch der mecklenburg-vorpom- merschen Behörden offen. Daraus sind die richtigen Konsequenzen und die Schlüsse zu ziehen. Die Verfahrensfehler dürfen sich nicht wiederholen. Hier ist das Vorsorgeprinzip stärker zu berücksichtigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist der zentrale Punkt unseres Antrages. Es darf nicht immer erst zu Bürgerprotesten kommen, um die Landesregierung zu richtigem Handeln zu treiben, sondern das Vorsorgeprinzip muss Grundlage sein. Und deshalb fordern wir die Landesregierung dazu auf, zukünftig das sogenannte Vorsorgeprinzip als wesentlichen Bestandteil der Umwelt- und Gesundheitspolitik im Land zu achten und hierzu zeitnah ein entsprechendes Landeskonzept zur konkreten Ausgestaltung der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 2. Februar 2000 zur Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips darzulegen. Denn, sehr geehrte Damen und Herren, wir halten es für eine Selbstverständlichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger in diesem Land davon ausgehen können müssen, dass ihre Gesundheit absolu

te Priorität hat und dass sie nicht in die Lage versetzt werden, dieses sich erst erkämpfen zu müssen.

Es ist richtig, dass sich der Landtag am heutigen Tage mit dieser Frage noch mal beschäftigt, wohlwissend, dass das Ergebnis positiv herausgekommen ist, einfach um sich zu positionieren, und es ist notwendig, dass wir hier auch Festlegungen treffen, damit sich etwas Derartiges nicht wiederholt.

Und lassen Sie mich zum Abschluss noch mal eine Anmerkung machen zur Frage des Selbstverständnisses. Wir haben uns ja in den Sitzungen hier einiges anhören müssen. Ich will auch hier Herrn Glawe zitieren, der sagte: „Deswegen will ich davor warnen,“ – wieder die Sitzung im November – „dass man weiter Ängste schürt, dass man weiter daran zweifelt, dass die Behörden in MecklenburgVorpommern nicht genau hinsehen, und ich will auch darauf hinweisen, dass heute schon 500.000 Tonnen Asbest …“ und so weiter. Es geht mir ums Hinsehen und es geht mir ums Ängsteschüren. Es war mitnichten Absicht meiner Fraktion und es war mitnichten Absicht der Bürgerinitiativen, in diesem Feld Ängste zu schüren. Wir erwarten einen sorgsamen, einen verantwortlichen Umgang. Deshalb werden wir auch in Zukunft derartige Dinge hier immer wieder thematisieren und wir hoffen, dass Sie diese Vorsorge, die wir an dieser Stelle einfordern, dadurch tragen, dass Sie unseren Antrag unterstützen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)