Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Klar ist auch – noch mal –, nur gesunde Tiere können hohe Leistungen vollbringen. Ich hoffe, dass Sie das zumindest akzeptieren. In Mecklenburg-Vorpommern werden durch die Landesforschungsanstalt – und da haben Sie einen Teil dessen herausgegriffen, was ich hier noch mal unterstreichen möchte – zusammen mit dem Rinderzuchtverband, mit den Bauern und jetzt mit der RinderAllianz seit über zehn Jahren Leistungs- und funktionelle Daten, auch was die Tiergesundheit betrifft, berücksichtigt. Gehen Sie doch mal hin! Gehen Sie einfach nach Karow, wenn dort die neuesten Tiere und deren Entwicklung vorgestellt werden! Wir können immerhin 18 größere Milchviehherden systematisch begleiten und untersuchen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Es zeigt sich nämlich, entgegengesetzt zu dem, was Sie hier angedeutet haben, dass eine hohe Herdenleistung mit einer hohen Nutzungsdauer korreliert, korrelieren kann, und dass die Anzahl der Behandlungen auch bei den Tieren mit einer hohen Leistung je Lebenstag nicht höher ist als bei solchen Tieren, die eine niedrige Leistung bringen. Im Umkehrschluss heißt das, ein gutes Management und eine gute Tierhaltung führen zu hohen Leistungen und zu einer langen Nutzungsdauer.

Ich bin auch stolz darauf, dass das Blaue-Liste-Institut in Dummerstorf mit der Leibniz-Gesellschaft an der Lang- lebigkeit im Forschungsverfahren arbeitet. Das verdeutlicht, dass die Haltung gesunder, langlebiger Milchkühe durch ein sehr gutes Management in der Tierhaltung, natürlich auch, was die artgerechten Bedingungen anbetrifft – eine ausgewogene Fütterung sowie die prophylaktischen Gesundheitsmaßnahmen –, bei einem hohen Leistungsniveau möglich ist und dies im Land umgesetzt wird.

Ich sage noch einmal, ich bin stolz auf das, was die Milchbauern in diesem Bundesland leisten. Schade, dass die Medien das nicht stärker aufgreifen und manchmal eher die kritischen Haltungen zu Wort kommen lassen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, dazu sind sie da, die Medien.)

Das passt aus meiner Sicht nicht zu dem, was hier im Lande geleistet wird.

Doch die GRÜNEN wollen, so habe ich den Eindruck, wieder stärker staatlich zentral organisierte Milchproduktion und damit wirtschaftliche Entwicklung gestalten, ohne zu sagen, wie man das finanzieren soll und wie sich das wirtschaftlich darstellen soll. Das ging schon einmal schief, Frau Karlowski. Da haben wir mehr Erfahrung.

Eine staatlich organisierte Beratung im Sinne des vorliegenden Antrages, darauf werden Sie ja noch eingehen, sehe ich als nicht notwendig an.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was Sie da hinein- interpretieren, das ist abenteuerlich.)

Das haben Sie wahrscheinlich wieder aus Niedersachsen oder aus anderen Regionen abgeschrieben. Wir haben hier keine Kammer. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

(Beifall Thomas Krüger, SPD)

Ich selber habe das damals verhindert – ein Segen, dass wir das haben. Wenn Sie hier wieder Zwangsbeiträge von den Landwirtschaftsbetrieben einziehen wollen, dann ist das auch keine Lösung des Problems.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das kommt noch.)

Ach, sehen Sie, das wird schon noch kommen! Das heißt, Sie wollen gegebenenfalls Enteignungen vornehmen für bestimmte Strukturen?

Auch die Offizialberatung, das heißt die landwirtschaftliche Beratung durch die öffentliche Hand, gibt es in diesem Lande nur noch in ganz wenigen Ausnahmen. Ja, die sozioökonomische Beratung nehmen wir vor, und zwar für die Betriebe, die in Not geraten sind und denen wir helfen, wieder aus dieser Situation herauszukommen. Im Übrigen sind wir das einzige Bundesland in Deutschland, das die Beratungsförderung in dieser Förderperiode aufgelegt hat. Das habe ich Ihnen auch schon mal erläutert in den verschiedenen Veranstaltungen. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Hierbei gelten im Übrigen die Gesetze des Marktes, das heißt, wir wollen die marktwirtschaftlichen Grundsätze nicht außer Acht lassen, aber was die Beratung anbetrifft, werden wir neue Weg gehen. Wir werden die klare Ausrichtung auf überwiegend gemeinwohlorientierte Schwerpunkte, nämlich öffentliches Geld für öffentliche Leistungen einzusetzen, in die Beratungen einfließen lassen, um Naturschutz-, Klima- und Umweltprobleme mit einzubinden oder den Erhalt der biologischen Vielfalt mit zu verknüpfen, aber selbstverständlich auch in der Landwirtschaft dafür zu sorgen, dass die ökologischen Standards, Wasser- und Bodenschutz, oder die Fragen des ökologischen Landbaus mit aufgegriffen werden. Aber auch die Schwerpunkte, sich mehr mit betriebsorientierten Inhalten der Diversifizierung, mit Beihilfen zu unterstützen, sehe ich als sehr sinnvoll an. Das heißt, nutzen Sie dann doch bitte unsere Internetseite. Wir haben ja gerade intensiv über die neuen Förderprogramme informiert.

Das Prinzip der Freiwilligkeit, auch der Beratung, gilt für mich. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch zur Kenntnis genommen haben.

Ich komme zum Schluss: Ich glaube, dass wir, was die Bildung betrifft, hier auf einem vernünftigen Weg sind. Ich glaube, wir haben eine gute Ausbildung in den Landwirtschaftsbetrieben organisiert. Im Übrigen weise ich ausdrücklich darauf hin, dass die Ausbildungsverordnung nicht durch das Land erlassen wird, sondern das ist eine Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe, daran arbeiten wir. Ich gehe davon aus, dass wir alles daransetzen werden, und das sollten wir auch tun, dass sich der Agrarstandort Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickeln kann und dass die Landwirtschaft zum Wohle der Allgemeinheit

ihren Weg in die Zukunft erreichen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Burkhard Lenz, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp von der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift mit ihrem Antrag ein durchaus aktuelles Problem auf, bleibt allerdings eine auch nur ansatzweise Problemlösung schuldig.

Fakt ist, im Rahmen der Reform des Milchmarktes hat sich die Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für das Auslaufen der Quotenregelung ausgesprochen. Obwohl in den Jahren 2010 bis 2015 die Quote jeweils um ein Prozent erhöht wurde, wurde diese von den deutschen Milchbauern überliefert. Die Quotenregelung kostete, das haben wir vom Minister auch schon gehört, die deutschen Bauern, die Milchbauern ganz konkret, circa 15 Milliarden Euro. Deshalb bietet das Ende der Milchquotenregelung den Erzeugern durchaus auch eine Chance, von der weltweit steigenden Nachfrage nach Milchprodukten zu profitieren. So haben sich die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern mit Neuinvestitionen auf das Ende der Quotierung und den Ausbau der Milchproduktion eingestellt.

Aktuell ist mit dem Auslaufen der Milchquote kein Verfall des Milchpreises zu verzeichnen. Dies liegt wohl weitgehend darin begründet, dass die Molkereien sich langfristig auf das Quotenende vorbereiten konnten, Verarbeitungskapazitäten ausgebaut und Produktsortimente erweitert haben. Nur so sind sie in der Lage, die Abnahme der angelieferten Milch in Zeiten volatiler Märkte mit erheblichen Schwankungen zu sichern.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Folgenden möchte ich meine Feststellung, dass der vorliegende Antrag nicht geeignet ist, um die aktuell anstehenden Herausforderungen zu meistern, näher untersetzen.

Zu Punkt 1 Ihres Antrages verweise ich darauf, dass schon heute der Fokus im Bereich der Zucht von Milchkühen auf Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und Fitness gelegt wird. Dennoch bleibt festzustellen, dass die heutigen Hochleistungskühe nicht allein auf Grundfutterbasis die notwendigen Leistungen erbringen können, um betriebswirtschaftlich und rentabel Milch zu produzieren. Eine kraftfutterfreie Produktion von Milch war mit Blick auf Wirtschaftlichkeitsaspekte in den zurückliegenden Jahren nicht möglich, ist heute nicht möglich und wird auch zumindest in der näheren Zukunft nicht möglich sein, selbst wenn Sie in Ihrer Begründung des Antrags etwas anderes behaupten.

Ich habe natürlich versucht herauszufinden, auf welche wissenschaftlichen Forschungsergebnisse Sie sich beziehen. Ich weiß jetzt allerdings nicht, ob ich die richtige Quelle gefunden habe. Ich vermute sie in der Studie „Wirtschaftlichkeit einer kraftfutterfreien Milchviehhaltung in Deutschland – erste Zwischenbilanz eines neuen Forschungsprojekts“ von Karin Jürgens, Onno Poppinga und

Urs Sperling. Wenn es nicht so sein sollte, können Sie das in der Aussprache ja gerne noch mal korrigieren, aber das war das Einzige, was ich gefunden habe,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

was dem näherkam, was Sie hier vorgetragen oder zumindest in dem Antrag begründet haben.

Wenn ich jetzt hier vorgelesen habe „erste Zwischenbilanz“, heißt das schon mal, die wissenschaftlich basierten Ergebnisse stehen noch aus. Das hätte man der Fairness halber, wenn es sich denn um diese Quelle gehandelt hat, auch erwähnen sollen.

Auch wenn von Hinweisen darauf gesprochen wird, dass das wirtschaftlicher sein könnte, fehlt mir da die Untersetzung. Selbst in den Tabellen findet man nicht den Gewinn ausgewiesen, sondern findet einen Gewinn plus Personalaufwand je Hektar Landfläche. Das sagt mir letztendlich noch gar nichts über die Wirtschaftlichkeit. Aber viel interessanter ist ja: Welche Datenbasis liegt denn den ersten Zwischenergebnissen zugrunde?

Wenn ich jetzt diese Studie heranziehe, dann wurden 56 Milchviehbetriebe ausgewählt mit dem Ziel, Aussagen über Milchviehbetriebe im Süden – Bayern, BadenWürttemberg – und auch im Norden – Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Nordrhein-Westfalen – treffen zu können. Dabei handelt es sich ausschließlich, bis auf zwei, um ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe mit im Durchschnitt 40 Milchkühen. Die kleinste Milchviehherde hatte 11, die größte Herde 150 Kühe, bei einer durchschnittlichen landwirtschaftlichen Nutzfläche von 77 Hektar. So viel zur Übertragbarkeit auf Mecklenburg-Vorpommern. Ich denke, die Zahlen, die wir hier im Lande haben, brauche ich jetzt nicht näher zu erläutern.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: So hat sie das ausgelegt, zu ihren Gunsten.)

Auch die unter Punkt 2 Ihres Antrags geforderte Beratung zur Direktvermarktung ist aus Sicht meiner Fraktion wenig zielführend. Schon heute gibt es ausreichend Möglichkeiten der Beratung und der Förderung im Bereich der Direktvermarktung von Milchprodukten. Ein Defizit ist hier meines Erachtens nicht zu erkennen. Inwieweit es Aufgabe der Landesregierung ist, Milchviehbetriebe bei der Direktvermarktung zu beraten, wage ich zu bezweifeln. Hierfür gibt es zahlreiche Beratungsunternehmen, die ausreichend qualifiziert sind, diese Aufgabe wahrzunehmen.

Für meine Fraktion gibt es dennoch Möglichkeiten, die zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Milchvieh haltenden Betriebe in unserem Land beitragen. Hier nenne ich stellvertretend nur die Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen, den Bürokratieaufwand im Bereich Tierkennzeichnung, die Bereitstellung von Eiweißfuttermitteln, aber auch die Verbesserung der Vermarktungsmöglichkeiten im Bereich der Milchwirtschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der vorliegende Antrag offenbart mit erschreckender Deutlichkeit, dass Sie zwar durchaus die Themen zur Kenntnis nehmen, die in verschiedenen Bereichen der Agrarwirtschaft diskutiert werden, aber völlig ignorieren, welche Lösungsansätze aus den Reihen der

Praktiker für prüffähig oder umsetzbar gehalten werden. Naturgemäß gibt es dabei durchaus auch kontroverse Auffassungen.

Meine Fraktion jedenfalls teilt die Auffassung der Experten, dass neue Formen zur Preisabsicherung, unter anderem eine steuerliche Risikovorsorge oder eine stärkere Absicherung an Terminmärkten, geeignetere Instrumente sind, sich den Herausforderungen des künftigen Milchmarktes zu stellen. Hierbei wollen wir die Landwirte unterstützen, ebenso wie bei der Verbesserung des Risikomanagements. Dabei kommt der EU-Milchmarktbeobachtungs- stelle sicherlich eine nicht unwesentliche Rolle zu. Am Ende sind es allerdings unternehmerische Entscheidungen, ob ein Landwirt in die Milchproduktion investiert oder ob er aussteigt.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Für mich steht fest, dass Mecklenburg-Vorpommern für die Milchproduktion ein Gunststandort ist und dass das entsprechende Know-how in der Züchtung als auch bei Landwirten von hoher Qualität ist.

(Thomas Krüger, SPD: Genau. Richtig.)

Von daher wird es Sie sicherlich nicht verwundern, wenn ich am Schluss meiner Rede sage, dass wir als CDUFraktion Ihren Antrag ablehnen werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Dr. Till Backhaus, SPD)

Vielen Dank, Frau Schlupp.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Professor Dr. Tack für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einer Kurzfassung: Die Fraktion DIE LINKE sieht in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine Alternativen für die Milchwirtschaft und leider auch keinen Weg aus der sogenannten Wachstumsfalle. Ich könnte an dieser Stelle Schluss machen, das mache ich aber nicht.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich bemühe mich, ein paar Dinge auseinanderzunehmen, und will mich mit Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, unterhalten.

Als ich vorletzte Woche die Überschrift Ihres Antrages, sehr verehrte Kollegin Dr. Karlowski, gelesen habe, hoffte ich, dass ich darin wirkliche Alternativen für notwendige Veränderungen in der Milchwirtschaft – und Milchwirtschaft heißt für mich, die Milcherzeugung, also die Milchviehhaltung und die -verarbeitung, das gehört alles zur Milchwirtschaft mit dazu – finden würde. Dem ist leider nicht so.