(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, gut, dann machen wir die Forschung auch noch für Westdeutschland. Dann brauchen wir aber noch ein paar Stellen mehr.)
Ich möchte nochmals betonen: Es bestreitet niemand, dass es Doping in der DDR gegeben hat. Es bestreitet niemand, dass es Doping neben dem Spitzensport bereits schon an den Kinder- und Jugendsportschulen gegeben hat.
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In Westdeutschland wollen Sie keine Medizinstudenten ausbilden, aber die Forschung wollen Sie übernehmen. Also ich bin dafür.)
Es bestreitet auch niemand, dass die wenigsten Kinder und Jugendlichen wussten, was sie an Mitteln bekamen. Glauben Sie wirklich, dass dies in den drei Nordbezirken anders gewesen ist als im übrigen Rest der Bezirke in der DDR?
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch woanders auch nicht ausgeforscht! Haben Sie sich mal die Enquetekommission angeguckt?)
Vor diesem Hintergrund kann ich beim besten Willen kein besonderes öffentliches Interesse erkennen, welches eine wissenschaftliche Forschung über das Doping beschränkt,
(Heinz Müller, SPD: Frau Präsidentin, was ist denn hier los? – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist sonst auch öfter so laut.)
schauen Sie doch einmal auf das Angebot des Herrn Minister Brodkorb! Vielleicht ließe sich das eine oder andere übernehmen und diese Debatte eventuell für null und nichtig erklären.
Auch für die Präventionsarbeit wäre ein solches Forschungsprojekt aus meiner Sicht unnötig, da wir nicht mehr im DDR-Sportsystem leben
und sich die Gegebenheiten nach 1989 erheblich geändert haben. Das zentral gesteuerte Staatsdoping der DDR unter Kontrolle der Stasi gehört erfreulicherweise in unserem Land endgültig der Geschichte an.
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, und darüber spricht man dann nicht mehr. – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aus den Augen, aus dem Sinn. – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aus dem Sinn.)
Die Frage, wie man den Opfern des Staatsdopings heute ganz praktisch helfen kann, ist dagegen eine aktuelle und wichtige Aufgabe, die aber in Ihrem Antrag leider nicht aufgegriffen wird. Wichtiger als eine weitere Studie über die Vergangenheit
ist heute die Aufklärung junger Sportlerinnen und Sportler über das Doping und dessen gefährliche Nebenwirkungen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Bekämpfung des Dopings auf nationaler und internationaler Ebene.
(Vincent Kokert, CDU: Es ist immer so laut. Ich weiß gar nicht, worum es hier geht. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei dieser Aufgabe müssen sie durch die Sportministerien im Bund und den Ländern unterstützt werden.
Lassen Sie mich noch einmal Punkt für Punkt die Ablehnungsgründe zusammenfassen: Es gibt bereits acht Studien, darunter eine 807-seitige Studie der Humboldt Universität Berlin. Der Bereich des Dopings in der DDR ist also nicht unerforscht, wie Sie es uns weismachen wollen, auch nicht für die drei Nordbezirke, da sich die Studien auf die DDR insgesamt bezogen, und, wie wir wissen, die drei Nordbezirke gehörten auch zur DDR.
(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, mein Gott! – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da es keiner weiteren Studie zum Doping in der DDR bedarf, ist natürlich auch die Finanzierung einer Vollzeitstelle für fünf Jahre mit Kosten von etwa 300.000 Euro nicht notwendig. Eine weitere Wanderausstellung zu einem Thema, zu dem der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen bereits eine konzipiert hat, die jeder kostenlos ausleihen kann, ist ebenfalls überflüssig. Die SPD-Fraktion wird daher aus den eben genannten Gründen Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass der SED-Staat das Doping gerade im Leistungssport de facto anordnete, ist seit mehr als 20 Jahren bekannt. Seinerzeit analysierten Brigitte Berendonk und Werner Franke entsprechende Akten des Ministeriums für Staatssicherheit.
In einem lesenswerten Beitrag von Oliver Fritsch, erschienen am 14. August 2013 auf www.zeit.de, heißt es dazu unter anderem, ich zitiere: „In der Diktatur DDR wurde Doping seit 1974 staatlich angeordnet und … umgesetzt. Damals befahl das Zentralsekretariat der SED auf Wunsch des organisierten Sports den Staatsplan 14.25, das ‚Manhattan-Projekt des Sports‘.“ Und weiter heißt es in dem „Zeit-online“-Beitrag, Zitat: „Gedopt wurde nämlich schon lange vor 1974, … (nicht nur in der DDR). Mit 14.25 wurde Doping zum bürokratischen Akt. Beteiligt waren viele Institutionen, etwa das Ministerium für Gesundheit oder die Arbeitsgruppe Unterstützende Mittel, die beschönigende Bezeichnung der DDR für Dopingmittel.“
„Die Rhetorik verdeutlicht, dass den Verantwortlichen durchaus bewusst war, dass sie unethisch handelten – und übrigens auch illegal. Auch in der DDR war es per Gesetz verboten, Frauen im gebärfähigen Alter und Kinder medizinischen Versuchen zu unterziehen, Jugendliche nur mit schriftlicher Genehmigung der Eltern. Dennoch wurden Frauen und Minderjährige gedopt.“ Zitatende.
Doch chemisch nachgeholfen wurde, wie der Journalist Fritsch ausdrückt, auch jenseits des Eisernen Vorhangs.
Deshalb liegt Ihnen hier auch ein Änderungsantrag der NPD-Fraktion zu der Initiative der Bündnisgrünen vor. Uns geht es vornehmlich darum, weitere Fakten und Hintergründe, die hoffentlich noch zum Doping in den früheren drei DDR-Nordbezirken herausgearbeitet werden, in das konkrete historische Umfeld einzuordnen, und das lautet nun einmal Kalter Krieg.
Meine Damen und Herren, 2013 erschien eine etwa 800 Seiten umfassende Studie der Humboldt-Universität Berlin mit dem Titel „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“. In diesem Bericht wird detailliert beschrieben, in welchem Umfang und mit welcher Systematik zu Zeiten des Kalten Krieges auch in Westdeutschland Doping und Dopingforschung betrieben wurde. Auch der BRD-Staat stellte demnach Steuermittel bereit, um Versuche mit leistungsfördernden Substanzen wie Anabolika, Testosteron, Östrogen und dem Blutdopingmittel EPO zu finanzieren.