Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Kolleginnen und Kollegen, mit der Änderung der Landesbauordnung sollen die Änderungen der Musterbauordnung vom Herbst 2012 umgesetzt werden. Das hat der Minister gesagt. Die Ausweitung der Bauvorlageberechtigung sieht die Musterbauordnung aber nicht vor.

(Minister Harry Glawe: Ja, und?)

Darauf möchte ich noch mal aufmerksam machen. Das hat seinen Grund: Bauordnungsrecht ist Länderrecht.

Mit der Annahme der jeweils von der Bauministerkonferenz beschlossenen Musterbauordnung wird eine weitgehende Vereinheitlichung des Bauordnungsrechts der Länder angestrebt. Ich erinnere daran, dass die noch geltende Landesbauordnung aus 2006 auf der Musterbauordnung aus dem Jahr 2002 beruht. Damit verfolgt die Landesbauordnung einen neuen grundsätzlich deregulierenden Ansatz. Ich will noch mal erinnern: Unter anderem wurde das Bauen ohne Genehmigung deutlich erweitert, das System der Bauabnahme verändert und der Umfang der Vorschriften sowie der Sachstandards reduziert. Bauordnungsrecht wurde auf die Gefahrenabwehr zurückgeführt.

Was bedeutet das im Klartext? Der Staat zieht sich aus dem Bauordnungsrecht zurück, indem der Umfang von Prüfungen und Überwachungen stark reduziert wurde. Gleichzeitig verlagerte sich die Verantwortung auf den privaten Bereich – darauf möchte ich noch mal aufmerksam machen –, und das bedeutet deutlich mehr Verantwortung, vor allem natürlich auch für die Planer, das heißt für die Bauvorlageberechtigten.

Die Musterbauordnung vom Herbst 2012 setzt diese Deregulierung fort. Ich wiederhole: Mit der Änderung der Landesbauordnung soll diese Musterbauordnung in Landesrecht umgesetzt werden und die Musterbauordnung 2012 sieht keine Ausweitung des Personenkreises der Bauvorlageberechtigten vor.

In der Tat gibt es einige Bundesländer – darauf hat Kollege Albrecht aufmerksam gemacht –, in denen es die kleine und beschränkte Bauvorlageberechtigung gibt.

(Rainer Albrecht, SPD: Wollen wir mal sehen, ob das funktioniert.)

In diesen Bundesländern gibt es jedoch aber auch flankierende Regelungen in den Landesbauordnungen, um die Risiken abzufangen.

(Rainer Albrecht, SPD: Genau so.)

So müssen in Schleswig-Holstein beim vereinfachten Baugenehmigungsverfahren die Bauvorlagen von eingetragenen Architekten und bauvorlageberechtigten Ingenieuren erstellt werden. Sind die Unterlagen von Meistern, von Technikern oder Studienabsolventen erstellt worden, ist hingegen das ordentliche Baugenehmigungsverfahren

mit allen Prüfungen durchzuführen. Damit wird die Verantwortung – und darauf möchte ich aufmerksam machen – auf die Baugenehmigungsbehörden verlagert. Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man so eine Entscheidung trifft.

Außerdem gibt es in anderen Bundesländern das Wahlrecht der Bauherren, statt der Bauanzeige ein Baugenehmigungsverfahren durchführen zu lassen. Die Bauherren können bestimmen, ob es ein vereinfachtes Verfahren oder ein ordentliches Verfahren ist, bei dem alles geprüft wird. Damit können die Bauherren die Verantwortung wieder auf die Baugenehmigungsbehörden verlagern. Eine Baugenehmigung kostet, aber im Gegenzug können die Bauherren sicher sein, dass nicht im Nachhinein ein Baustopp oder gar eine Abrissverfügung kommt. Entsprechende Regelungen gibt es in der geltenden Landesbauordnung bisher nicht, und sie fehlen auch im vorliegenden Entwurf.

Ich habe mich heute in meinen Ausführungen nur auf diesen einen Punkt konzentriert, aber es gibt noch weitere Themen, denen wir uns zuwenden wollen. Deshalb ist eine gründliche Befassung notwendig und diese gründliche Befassung braucht natürlich auch Zeit. Darum appelliere ich an Sie.

Und ein anderer Punkt noch, Kolleginnen und Kollegen: Handwerkskammern und Bauverband lehnen die Lockerung des Meisterzwanges ab.

(Rainer Albrecht, SPD: Wir auch.)

Das ist gut so. Unlängst forderten Sie als Regierungskoalition eine Evaluierung der Handwerksordnung, um eventuell einige Regelungen aus 2004 wieder rückgängig zu machen.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Auch wir stimmten dem Antrag zu.

(Rainer Albrecht, SPD: Ist auch richtig so.)

Aber genauso lehnen die Architekten- und Ingenieurkammern die Aufweichung der Bauvorlageberechtigung ab. Das Anliegen ist das gleiche: Alle wollen Qualität

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

und die über Deutschland hinaus bekannten hohen Standards sichern. Auch wir wollen das Handwerk stärken, aber natürlich auch die freien Berufe. Eine Stärkung der einen zulasten der anderen Berufsgruppe kann nicht Ziel der Änderung der Landesbauordnung sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir stimmen der Überweisung zu und fordern ausreichend Zeit für eine sachliche Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gerkan.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind

heute erst in der Ersten Lesung. Trotzdem findet eine Aussprache statt, was ich an der Stelle hier begrüße, weil es handelt sich um ein wesentliches Gesetz, was wir am 21. Mai über den Wirtschaftsausschuss noch mal in der Beratung haben, in der Anhörung. Weil hier die Anhörung erst stattfindet, kann ich natürlich noch keine abschließende Beurteilung von mir geben, und ich halte mich an dieser Stelle damit auch ganz bewusst zurück.

Wir Bündnisgrünen begrüßen außerordentlich, dass Verbesserungen im Rahmen des Klimaschutzes Eingang gefunden haben und auch bezüglich der erneuerbaren Energien. Hier dient die Musterbauordnung als Vorlage für die Länder, wie es auch üblich ist. Positiv beurteilen wir die Verfahrenserleichterung hinsichtlich der Anbringung von Solaranlagen an Gebäuden.

(Burkhard Lenz, CDU: Richtig.)

Das Gleiche gilt für die Regelung von Abstandsflächen für Solaranlagen und für die Wärmedämmung. Wir sagen aber auch ausdrücklich, dass weiterführende Maßnahmen zur Unterstützung einer klimafreundlichen Energieversorgung in der Landesbauordnung durchaus vorstellbar wären. So messen wir dem Ausbau der Fernwärmenetze große Bedeutung bei und können uns dazu Regelungen auf Landesebene entsprechend vorstellen. Diese Thematik werden wir bei der Anhörung am 21. Mai weiter vertiefen.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Thema, das uns GRÜNEN am Herzen liegt – es ist bereits gefallen –, ist das Thema Radverkehr. Ich hatte hier auch mal einen Antrag entsprechend eingebracht. Wir begrüßen die neuen Regelungen, dass die Kommunen neben den Stellplätzen für Pkw Stellplätze für die Fahrräder einbringen und erlassen können.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Aber auch hier sind weitere Regelungen vorstellbar, sodass im Rahmen der umweltfreundlichen Mobilität mehr für Fußgänger, mehr für Fahrradfahrer getan wird.

Ein weiterer Punkt ist die stärkere Umsetzung im Bereich Barrierefreiheit. Das findet unsere große Zustimmung. Hier bleiben einige offene Fragen, die wir in der Anhörung hoffentlich hier und da beantwortet bekommen.

Uns ist natürlich nicht entgangen, dass es mit der Einführung kurz vor knapp der kleinen Bauvorlageberechtigung große Konflikte gibt zwischen Architekten, Bauingenieuren und Handwerkern. Bislang wurde in Mecklenburg-Vorpom- mern genauso wie in anderen deutschen, nein, ostdeutschen Bundesländern, muss ich ja sagen, sowie in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Trennung zwischen Bauplanung und Bauausführung aufrechterhalten.

Im Ressortentwurf, wie Regine Lück das auch schon sagte, der uns im letzten Jahr zugegangen ist, gab es noch keine signifikante Änderung, während im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf plötzlich kurz vor knapp diese Planungsberechtigung entsprechend geändert und ausgeweitet worden ist. So sollen zukünftig auch Handwerksmeister, es sollen zukünftig auch Studentinnen und Studenten aus dem Bereich Architektur, aus dem Bereich Bauingenieurwesen diese Planungsleistung vornehmen – ich lasse hier mal bewusst eine Pause –, und zwar für Gebäude bis zu einer Fläche von 250 Quadratmetern.

Inwieweit sich diese Änderungen dann auf die Qualitätssicherung, auf den Bereich Verbraucherschutz und anderes mehr auswirken, wollen wir ebenfalls mit Fachexperten, die wir gemeinsam eingeladen haben, in der Anhörung klären. Natürlich behalten wir uns als BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN vor, entsprechende Änderungsanträge zur Landesbauordnung einzubringen.

(Burkhard Lenz, CDU: Ist ja spannend.)

Wir stimmen der Überweisung des Antrages in den Wirtschaftsausschuss als federführenden Ausschuss und in die anderen Fachausschüsse zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben es schon gehört, entsprechend unserem Koalitionsvertrag in Punkt 48 soll die Landesbauordnung in dieser Legislatur novelliert werden, und Ziel ist es, mein Kollege Albrecht hat es schon gesagt, die Musterbauordnung – sie ist ja am 21. September 2012 verabschiedet worden – zu berücksichtigen. Ebenso gibt es Verordnungen des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen sowie Änderungen von baurechtlichen Regelungen.

Ich muss scheinbar eins vorwegsagen, eine Selbstverständlichkeit: Es ist in meinen Augen natürlich sehr naheliegend, dass die Federführung hier beim Wirtschaftsausschuss liegen soll, quasi spiegelbildlich zum Ressortzuschnitt der Landesregierung. Vorbehaltlich der heutigen Zuweisung dieser Federführung, die ja wohl unstrittig sein sollte, hat sich der Wirtschaftsausschuss sofort, nachdem der Gesetzentwurf als Drucksache vorlag, in der 64. Sitzung am 9. April mit der weiteren Vorgehensweise mit der Landesbauordnung, mit dem Gesetzentwurf befassen wollen. Und dann höre ich heute von den LINKEN: holprig, unüblich, durchpeitschen und es ist eine gründliche Befassung notwendig, wir wollen also gründlich beraten. Ich frage, warum haben Sie es dann nicht getan. Wir hätten Gelegenheit gehabt im Wirtschaftsausschuss,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

und es ist ja wohl unstrittig, dass wir die Federführung erhalten.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das haben wir ja gar nicht gekriegt.)

Als Drucksache lag es vor. Wieso haben Sie nicht darüber beraten? Es ist also völlig unverständlich, wenn Sie im Nachgang von Durchpeitschen oder von nicht gründlicher Beratung sprechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist Durchpeitschen.)

Meine Damen und Herren, ich denke, ein rasches und dennoch gründliches Vorgehen ist gerechtfertigt. Frau Lück, Sie haben selbst die Gründe genannt, was im Landtag mit der Haushaltsberatung und so weiter vor uns liegt.