Protokoll der Sitzung vom 24.04.2015

Ich glaube, allein daraus resultiert, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Betroffen sind insbesondere oder in stärkerem Maße Frauen

(Torsten Renz, CDU: Es geht um den Sachgrund.)

und betroffen sind – und wir reden nicht über Ausbildungsverträge – junge Menschen bis 24.

Wenn man sich diese Zahlen anguckt, dann gibt es, wenn man …

(Torsten Renz, CDU: Es soll Absatz 1 geändert werden, „mit Sachgrund“.)

Ja, ich komme dann …

(Torsten Renz, CDU: Was anderes soll nicht geändert werden.)

Es sollen beide Punkte geändert werden, und ich sage Ihnen an dieser Stelle, Herr Renz – vielleicht kann der Antragsteller auch noch mal deutlich etwas dazu sagen –, das, was vonseiten der LINKEN gefordert wird, ist eine, finde ich, zu stark eingegrenzte Regelung.

Herr Foerster, ich würde Sie bitten, vielleicht gleich noch mal darauf einzugehen,

(Torsten Renz, CDU: Kann er ja. Kann er ja.)

weil so, wie der Antrag an der Stelle gestellt ist, können wir ihn in dieser Rigorosität nicht mittragen.

(Torsten Renz, CDU: Das ist total konkret im Punkt 2 definiert.)

Ich bin deshalb der Auffassung, dass dies im zuständigen Fachausschuss noch mal erörtert werden sollte, besprochen werden sollte, und beantrage für meine Fraktion den Verweis in den Sozialausschuss mit der Bitte, das dort umfassend zu erörtern und genau die Fragen, die Sie jetzt hier stellen, Herr Renz, …

(Torsten Renz, CDU: Ich habe keine Fragen. Für mich ist die Lage klar.)

Ja eben, Sie interpretieren sie auf eine bestimmte Art und Weise.

… noch einmal zu besprechen. Für den Fall, dass – was ja zu erwarten ist – CDU und SPD dem nicht folgen, werden wir uns bei dem Antrag enthalten.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Suhr.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Suhr, Herr Foerster hat doch schon gesagt, dass er das gar nicht so ernst meint mit der Festschreibung von zwei Mal,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So habe ich das ja auch verstanden.)

sondern dass das nur so ein Denkanstoß sein soll.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja genau. Deshalb Verweis, Frau Tegtmeier.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst einmal hat die Bundesrepublik mit dem Gesetz über die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge versucht, will ich mal sagen, die Rahmenrichtlinien aus der EU umzusetzen. Ob ihr das gelungen ist, darüber kann man selbstverständlich trefflich streiten. Mir und meiner Fraktion sowie den meisten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind Kettenbefristungen ein Dorn im Auge, aber das nicht erst seit heute.

Um noch mal darauf zurückzukommen, was Herr Foerster und Herr Renz schon angedeutet haben, in unserem Regierungsprogramm seinerzeit stand ganz klar drin, die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung wollen wir abschaffen – also abschaffen! – und den Katalog der Befristungsgründe überprüfen. Das hat natürlich einen guten Grund. Auf der einen Seite ist es tatsächlich so – dagegen habe ich auch gar nichts –, teilweise sind befristete Verträge durchaus sinnvoll. Aber der Missbrauch hat in den letzten Jahren meiner Meinung nach sehr zugenommen. Wenn ich hier höre, was da im öffentlichen Dienst passiert oder bei kommunalen Beschäftigten zum Beispiel, dann denke ich, das geht so nicht.

Viele dieser Kettenbefristungen landen einfach nicht vor Gericht. Ich denke, sonst hätten wir hier auch schon eine etwas andere Lage. Wir haben etliche Bereiche im öffentlichen Dienst, also zum Beispiel Beschäftigte bei Gemeinden, die werden tatsächlich mit der Haushaltsplanung immer wieder befristet – bei den freiwilligen Aufgaben kommt das natürlich zum Tragen, da haben wir manchmal Angebote für Kinder und Jugendliche, die ja freiwillig sind – mit Arbeitsverträgen, die seit 20 Jahren immer auf 1 Jahr befristet sind. Also ich finde, das ist etwas, was nicht geht. Da sollte vielleicht auch mal geklagt werden.

Aber wenn man sich einen Ausnahmetatbestand im Paragrafen 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge anguckt, dann steht da unter 7. als ein Ausnahmegrund: „Ein sachlicher Grund liegt … vor, wenn … der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind“. Das wird entsprechend ausgelegt und dann als sachlicher Grund verwandt.

(Torsten Renz, CDU: Ja, das ist doch aber auch in Ordnung. Ich weiß gar nicht, was Sie daran ändern wollen.)

Was heißt hier, was ich daran ändern will?

(Torsten Renz, CDU: Nee, Sie nicht. Die anderen.)

Daraus entstehen Kettenbefristungen, die mittlerweile schon über 20 Jahre – also 20 Mal und mehr – angewandt werden,

(Torsten Renz, CDU: Wir wollen das auch ändern.)

und das ist nicht mehr in Ordnung, Herr Renz. Da ist bei Weitem eine Grenze überschritten!

Wir haben ja auch eine Rechtsprechung dazu. Hier sind schon zwei Fälle angesprochen worden, es gibt noch zahlreiche andere. Das ging bereits bis zum Europäischen Gerichtshof, der im Jahr 2020, 2012 – Entschuldigung, so weit sind wir noch nicht ganz – ein einschlägiges Urteil gefällt hat. Das ging zurück auf eine Klage einer deutschen Beschäftigten, die über viele Jahre als Stellvertreterin – nein, als Ausfallvertreterin, so will ich es mal nennen – immer wieder ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis bekommen hat. Das ist letztendlich über das Bundesarbeitsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof gegangen, weil man hier um Klarstellung gebeten hat.

Der Europäische Gerichtshof hat seinerzeit klargestellt – das war im Januar 2012 –, dass Zeitverträge „auch nach langer Beschäftigungsdauer und bei einer großen Anzahl von hintereinander geschalteten Vertragsverlängerungen im Allgemeinen rechtens sind“. Das hat der Europäische Gerichtshof festgestellt. Der Europäische Gerichtshof hat zwar gesagt, wenn das in so einer großen Anzahl vorkommt, wie in dem Fall, der da in Rede stand, müssten die damit befassten Gerichte also „mit zunehmender Gesamtdauer des Arbeitsvertrags“, so heißt der Wortlaut, „genauer prüfen …, ob bei der zuletzt vereinbarten Befristung wirklich alles mit rechten Dingen zuging“. Aber das war es dann auch schon. Das gibt ja wirklich nicht besonders viel her in diesem Zusammenhang.

Nachdem nämlich der Europäische Gerichtshof erklärte, dass Vertretungsbefristungen im Allgemeinen noch mal über Jahre hinweg zulässig sind, entschied zum Beispiel das Bundesarbeitsgericht in einem Fall – für die Juristen überraschend – zugunsten der Klägerin. Aber auch das Bundesarbeitsgericht hat keine eindeutigen Obergrenzen festgelegt, sodass eine juristische Einschätzung der Sachlage bei dem Vergleich bereits entschiedener Parallelfälle zu der Aussage kommt, „dass Arbeitnehmer jedenfalls ab einer 10-jährigen Gesamtbeschäftigung und ab 10 oder mehr befristeten Verträgen mit Aussicht auf Erfolg Entfristungsklage erheben können“. Das ist eine juristische Einschätzung. „Unterhalb dieser 10-plus-10Grenze dürften die Chancen dagegen gering sein.“

Nun kann man sagen, das sind ja alles überhaupt keine Gründe, warum wir uns hier in einem ganz engen Rahmen damit befassen sollten. Aber ich finde, das kann man nicht einfach außer Acht lassen, was bereits an gerichtlichen Entscheidungen in diesem Zusammenhang getroffen wurde. Außerdem finde ich den Antrag der LINKEN auch nicht wirklich schlüssig

(Helmut Holter, DIE LINKE: Der ist schlüssig!)

aus dem Gesamtzusammenhang heraus. Wenn man sich nämlich den Paragrafen 14, auf den da verwiesen wurde, insgesamt anschaut, findet man unter Absatz 2 die Ausführungen zur Befristung ohne einen Sachgrund, und das kann man nicht ohne Zusammenhang sehen. Wenn da steht, dass bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren höchstens eine dreimalige Befristung zulässig ist, dann finde ich das schon ein bisschen seltsam, wenn man diesen Aspekt nicht mitberücksichtigt und dazu eine

gravierende oder eine starke Aussage trifft, dass man den milderen Fall stärker reglementieren will.

(Torsten Renz, CDU: So ist es. Genau. So ist es.)

Das erschließt sich mir nicht wirklich und deswegen ist das für mich von der Systematik her auch absolut nicht schlüssig.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist schlüssig.)

Ich habe aber noch zwei andere große Bauchschmerzen mit so einem Antrag und so einem rigorosen Verfahren, so will ich das mal sagen.

(allgemeine Unruhe)

Frau Abgeordnete, bevor Sie Ihre Bauchschmerzen jetzt vortragen,

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

würde ich doch die Damen und Herren Abgeordneten bitten – wir sind im letzten Tagesordnungspunkt –, auch der Rede von Frau Tegtmeier noch den notwendigen Respekt entgegenzubringen, die Lautstärke einzuschränken und hier die letzten Minuten noch mit Anstand über die Bühne zu bekommen. Also bitte!

Frau Tegtmeier, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.