Protokoll der Sitzung vom 02.07.2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bildungsminister hat ein paar Zahlen in die Debatte eingespeist, die ich natürlich nicht so ganz unkommentiert stehen lassen will.

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

Er meinte, dass wir, wenn wir uns die Bildungsstatistik anschauen, doch besser abschneiden als von der Fraktion DIE LINKE prophezeit. Ich will mal ein paar andere Zahlen hier in die Runde werfen, wohl wissend, dass Zahlen natürlich nicht alles sind und wir uns auch hier gegenseitig mit Zahlen befeuern können.

(Rainer Albrecht, SPD: Und das wieder schlechtreden.)

Aber was ganz wichtig ist, ist, dass wir definitiv eine Schulabbrecherzahl von 9 Prozent landesweit und im Übrigen einen Unterschied zwischen Vorpommern und Mecklenburg haben. Wir haben gerade die ganz aktuellen Schulabbrecherzahlen und Schulabschlusszahlen für den Landkreis Vorpommern-Greifswald bekommen. Dort liegen die Schulabbrecherzahlen bei 12,2 Prozent. Die Zahlen sind vom Montag. Das macht auch noch mal diesen Unterschied – landesweit 9 Prozent, besonderer Fokus Vorpommern: 12,2 Prozent – deutlich.

(Heinz Müller, SPD: Dann müssen die in Mecklenburg aber bei 5 Prozent liegen.)

Vielleicht ist es so. Ich sage Ihnen, wie die Zahlen ganz aktuell aus dem Landkreis Vorpommern-Greifswald sind, Herr Müller.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Die Schlüsse müssen Sie daraus ziehen.

(Manfred Dachner, SPD: Also lernen müssen die Schüler schon alleine.)

Wir haben rund 35 Prozent der Studierenden, die das Studium abbrechen. Zu den Schulabbrecherzahlen habe ich gesprochen. Damit hat Mecklenburg-Vorpommern den dritthöchsten Wert. Bundesweit liegt der Durchschnitt bei 24 Prozent.

20 Prozent der Schüler verlassen das Fachgymnasium ohne Abitur. Im Bundesdurchschnitt sind es 12 Prozent. 16 Prozent der Berufsschüler fallen durch die Abschlussprüfungen. Das ist bundesweit der zweithöchste Wert. Im Bundesdurchschnitt sind es 10 Prozent. Hinzu kommen noch einmal 16 Prozent der Auszubildenden, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig ablösen.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Diese Zahlen kommen nicht von ungefähr, denn wenn wir uns den Bildungsfinanzbericht des Bundesamtes für Statistik anschauen – wie gesagt, höchst offizielle Stelle –, dann können wir sehen, dass die Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern pro Schüler deutlich niedriger sind als im Bundesdurchschnitt. Die liegen hier bei 1.243 Euro. Selbst wenn wir uns den Bundesdurchschnitt nur der ostdeutschen Bundesländer angucken – ich will Mecklenburg-Vorpommern gar nicht mit Baden-Württem- berg oder Bayern vergleichen –, sehen wir, dass dort 29 Euro pro Einwohner mehr ausgegeben werden als in Mecklenburg-Vorpommern.

(Heinz Müller, SPD: Pro Einwohner oder pro Schüler? Was ist denn jetzt interessant?)

Pro Einwohner!

(Heinz Müller, SPD: Ach so!)

Pro Einwohner!

Das heißt: Wollten wir den Bundesdurchschnitt erreichen, müssten wir noch mal locker 230 Millionen,

(Heinz Müller, SPD: Aber wie sehen denn die Zahlen pro Schüler aus?)

230 Millionen Euro obendrauf tun.

(Heinz Müller, SPD: Aber wie sehen denn die Zahlen pro Schüler aus? Das wäre doch spannend.)

Aber ich will diese konkrete Zahlendiskussion eigentlich gar nicht führen, weil Fakt ist, …

(Vincent Kokert, CDU: Aber Sie haben sie doch angefangen.)

Nein, angefangen hat sie der Bildungsminister.

(Vincent Kokert, CDU: Aber der hat fundierte Zahlen. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

… weil Fakt ist, diese neuen …

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bildungsfinanzbericht des Bundesamtes für Statistik ist keine solide Zahl, Herr Kokert.

Fakt ist, das sind Zahlen, mit denen wir uns nicht zufriedengeben können.

(Vincent Kokert, CDU: Das stimmt.)

Die Ursachen dafür liegen in fehlender individueller Förderung, die liegen in einer fehlenden Inklusion in Mecklenburg-Vorpommern.

(Vincent Kokert, CDU: Wir geben uns ja auch mit den Zahlen nicht zufrieden. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das schien aber so.)

Vielleicht liegen sie auch an langen Schulwegen. Denn wenn ein Schüler morgens um fünf oder halb sechs aufsteht, um dann um sieben in der Schule zu sein oder um halb acht,

(Manfred Dachner, SPD: Genau.)

vielleicht liegt es dann auch an mangelnder Konzentration. In jedem Fall gibt es viel zu tun für unser Land

(Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

und darauf kommt es an.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Oldenburg von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Kollegin hat schon einiges von dem vorweggenommen, was ich sagen wollte. Der Beitrag vom Bildungsminister hat mich an unser beider Freund erinnert, und zwar an Karl Marx „Thesen über Feuerbach“:

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU und Udo Pastörs, NPD)

„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt darauf an, sie zu verändern.“ Das ist, glaube ich, das Anliegen von allen demokratischen Parteien, die hier sitzen.

Es ist nicht so, dass das Bildungswesen in MecklenburgVorpommern glänzt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das macht die Debatte besonders wichtig.)

Es ist einfach so, der eine sucht sich die Zahlen raus, der andere vielleicht die, und die Wahrheit liegt in der Mitte.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, Sie sind ja nicht die Mitte.)

Und die Mitte, da müssten dann auch SPD und CDU ehrlich sein.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wenn ich mich mit einer Schulabbrecherquote von 15 Prozent beschäftige, die es 2008 gegeben hat, habe ich mich immer gefragt: Warum werden vom Bildungsminister immer die 15 Prozent von 2008 genommen? Warum werden vom Ministerpräsidenten immer die 15 Prozent von 2008 genommen?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)