Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich will einige Beispiele nennen:

Punkt 1: 481 Millionen Euro ruft die Landesregierung im Schwerpunkt „Gesundheit“ auf, allein 360 Millionen Euro davon sind für das Sondervermögen der Universitätsmedizinen in Rostock und Greifswald vorgesehen.

(Egbert Liskow, CDU: Und warum?)

Auf den ersten Blick sagt man sich, na klar, Gesundheitswesen, das ist sicher coronabedingt. Konkrete Nachfragen, welche Ausrüstungsdefizite in welchen Krankenhäusern coronabedingt aufgefallen wären und wie die konkreten Missstände behoben werden sollen, konnten nicht beantwortet werden. Das ist auch nicht verwunderlich, denn es geht eigentlich nicht um CoronaFolgen,

(Tilo Gundlack, SPD: Sie müssen zuhören!)

sondern um die Beseitigung des seit Jahren anwachsenden Investitionsstaus in den Krankenhäusern.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das ist sicher wichtig, aber innerhalb der Schuldenbremse und im ordentlichen Haushalt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Zudem enthält der Mecklenburg-Vorpommern-Schutzfonds Teil 1 noch Reste von 44 Millionen Euro für diese Zweckbindung.

Punkt 2: Im Schwerpunkt Digitalisierung sind von der Landesregierung zusätzliche schuldenfinanzierte 400 Millionen Euro veranschlagt für altbekannte Maßnahmen wie zum Beispiel elektronische Akte und Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Die elektronische Akte steht seit 2014 im Landesverwaltungsverfahrensgesetz, das Onlinezugangsgesetz gibt es seit 2017. Auch im regulären Haushalt gibt es bereits millionenschwere Titel für entsprechende IT-Maßnahmen. Wir sehen in derartigen Maßnahmensplittungen einen Verstoß gegen Haushaltswahrheit und -klarheit. Die veranschlagten Maßnahmen dienen nicht der Bekämpfung der akuten Pandemie. Das von der Regierung gern verwendete Argument, zukünftige Pandemiesicherheit herzustellen, trägt nicht, da dieses als Begründung eines Notlagenkredites verfassungsrechtlich nicht greift, was auch richtig ist.

(Tilo Gundlack, SPD: Das stimmt nicht!)

Die Maßnahmen sind sinnvoll, aber im Rahmen des ordentlichen Haushaltes abzuarbeiten.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD)

Punkt 3: Die Landesregierung fordert 255 Millionen Euro schuldenfinanzierte Mittel für den Schwerpunkt „Bildung und Wissenschaft“. Darunter fallen Maßnahmen zur Ganztagsbetreuung von Kindern, Hochschulausbildung und ein Schulbauprogramm von 100 Millionen Euro. Bezüglich des Schulbaus ist festzustellen, dass die Landesregierung mehr als 70 Millionen Euro aus dem bereits 2015 aufgelegten Schulsanierungsprogramm nicht abgerufen hat. Die Ausgliederung dieser Maßnahmen in das Sondervermögen verstößt wiederum gegen das Haushaltsgrundsätzegesetz und die Landeshaushaltsordnung. Da wir uns der Digitalisierung in Schule und Hochschule nicht verweigern und coronabedingter Distanzbetrieb ermöglicht werden soll, könnten wir eine Veranschlagung von 30 Millionen Euro akzeptieren.

(Egbert Liskow, CDU: Und auf welcher Grundlage?)

Punkt 4: Die Landesregierung will 387 Millionen Euro schuldenfinanzierte Ausgaben für die Kommunen vornehmen, 163 Millionen Euro davon sollen die Finanzausstattung der Kommunen gegen Corona-Einbrüche abschirmen. Damit wären die Kommunen nach Berechnungen des Landesrechnungshofs sogar bessergestellt als vor der Corona-Krise. Die AfD-Fraktion hat sich bereits mehrfach für die Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kommunen eingesetzt. Wir setzen uns auch deutlich für eine hinreichende Kompensation der Pandemiefolgen ein. Corona-Gewinner wollen wir aber nicht haben. Zudem hat hier die Zweckbindung „Breitbandausbau“ im Mecklenburg-Vorpommern-Schutzfonds gar nichts zu suchen, sie gehört in den ordentlichen Haushalt.

Punkt 5: Die Landesregierung veranschlagt als Ausgleich für Steuermindereinnahmen der Kommunen 298 Millionen Euro. Für die AfD-Fraktion ist dies nicht mehr angemessen, weil nämlich inzwischen die Novembersteuer

schätzung die im September angegebenen Steuerverluste um 280 Millionen Euro geringer veranschlagt hat. Zudem stellt die Landesregierung unberechtigterweise auf prognostizierte Steuerausfälle der Jahre 2022 bis 2024 ab, dies ist aber dem kommenden Parlament vorbehalten.

Punkt 6. Besonders kritikwürdig ist die unter „Sonstiges“ benannte Reserve von 134 Millionen Euro. Ein Eventualposten dieser Größenordnung hat weder mit Corona noch mit ordentlicher Haushaltspolitik zu tun.

Auf etliche finanziell kleinere, aber bei Schuldenfinanzierung durchaus auch bedeutsame Maßnahmen kann ich aus Zeitgründen hier gar nicht eingehen.

Unser Fazit: Die AfD-Fraktion hält lediglich eine coronabedingte Aufstockung der Notlagenverschuldung um 283 Millionen Euro für gerechtfertigt. Damit würde der MV-Schutzfonds insgesamt ein Volumen von rund 983 Millionen Euro erreichen. Mit unseren Vorschlägen ständen bis Ende 2021 noch fast 585 Millionen Euro für künftige coronabedingte Bedarfe zur Verfügung. Wir sagen, das reicht.

Dritter Kritikpunkt: kritische Bewertung der Schuldenlast, Mangel an Generationengerechtigkeit. Die Landesregierung bagatellisiert ihre hohe Neuverschuldung mit dem Hinweis, dass es lediglich vorgezogene Investitionen seien, zum Beispiel in Ausrüstung der Krankenhäuser, Digitalisierung, Schulbauten und so weiter. Das mag bei erforderlichen Baumaßnahmen zumindest teilweise zutreffen, bei Ausrüstungen und beweglichen Anlagegütern sieht es schon anders aus. In dem Falle heißt es doch nichts anderes, als wenn ich mir heute zulasten meiner Kinder ein modernes teures Gerät oder zum Beispiel ein Auto kaufe, das ich ihnen dann in zehn Jahren gebraucht vererbe, die Rückzahlung aber laut Schuldenplan insgesamt 25 Jahre läuft.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da haben Sie aber ein schlechtes Geschäft mit Ihrem Autohändler gemacht.)

Zwischenzeitlich dürfen sie mit der Schrottkarre fahren oder die Schuldenlast weiter erhöhen, wenn sie sich ein neues Auto kaufen wollen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo kaufen Sie denn Ihre Autos?)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, dieser Nachtrag belastet unsere Kinder. Bedenken Sie, die Schuldendauer und Abschreibungsraten müssen doch gerade bei Ausrüstungen in Relation stehen. Es ist bemerkenswert, dass die Experten die Tragfähigkeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern für eine Neuverschuldung in Höhe von 2,85 Milliarden Euro als ausreichend bewerteten. Leider konnte dies durch Nachfragen nicht geklärt werden. Der Landesrechnungshof, der den direkten Einblick hat, sieht unseres Erachtens diese Situation durchaus kritischer, denn insgesamt lässt die Regierung den Berg aus Schulden, Bürgschaften und nicht gedeckten Versorgungslasten inzwischen auf die Summe von circa 24 Milliarden Euro anwachsen.

(Minister Reinhard Meyer: Schwachsinn! – Egbert Liskow, CDU: So ein Schwachsinn!)

In den nächsten 25 Jahren …

Wir können das gerne im Detail besprechen.

In den nächsten 25 Jahren werden die Haushalte durch die Tilgung von 2,85 Milliarden Euro und die Zahlungsverpflichtung von 8,3 Milliarden Euro nicht gedeckter Versorgungslasten eine erhebliche regelmäßige zusätzliche Belastung schultern müssen. Für die Bewertung der Schuldenlasttragfähigkeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist eine Mittelfristige Finanzplanung unabdingbar. Da die bisherigen Bemühungen der AfD-Fraktion kein Gehör fanden, haben wir zu den vorliegenden Gesetzentwürfen einen akzessorischen Entschließungsantrag eingebracht, mit dem wir die Landesregierung auffordern, dem Paragrafen 10 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern nachzukommen und, ich zitiere, „den Landtag über erhebliche Änderungen der Haushaltsentwicklung … und deren Auswirkungen auf die … Finanzplanung zu unterrichten“. Zitatende.

Das Parlament hat ein Recht, zu den Handlungsbedarfen im Zeitraum 2022 bis 2024 und den notwendigen Einsparungen ab dem Haushalt 2022 informiert zu werden. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Wir wissen, ab 2022 übersteigen die Gesamtausgaben die Gesamteinnahmen. Der Haushaltsausgleich kann nur durch Handlungsbedarfe gesichert werden, und diese sind für den Zeitraum 2022 bis 2024 auf 1,13 Milliarden Euro angestiegen. Wir fragen uns: Wo bleibt bei diesem Nachtragshaushalt die Generationengerechtigkeit? Wo bleibt Ihr Verantwortungsbewusstsein als Abgeordnete gegenüber der jungen Generation, wenn Sie ihr derart langfristige Kreditbelastungen hinterlassen? Ich bitte, ernsthaft darüber nachzudenken. Wir werden diesem Nachtragshaushalt nicht zustimmen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Egbert Liskow.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin immer noch etwas sprachlos von dem, was ich gerade von Herrn Dr. Jess hier gehört habe,

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Horst Förster, AfD)

aber ich glaube, wir sind es ja schon gewohnt aus dem Finanzausschuss. Ich glaube, Ihnen kann man auch nicht mehr helfen. Aber vielleicht jetzt noch mal zu meiner Rede, die ich jetzt erst mal weglasse und ich versuche mal, auf das Wichtigste einzugehen, was hier gesagt wurde und was uns als CDU-Fraktion wichtig ist.

Zum Ersten. Natürlich haben wir einen Ersten Nachtragshaushalt von 700 Millionen aufgelegt und jetzt einen Zweiten von 2,15 Milliarden. Das ist keine Kleinigkeit, und das wissen wir, und wir machen es bewusst als Koalition. Und ich glaube, auch die Linksfraktion stimmt in vielen Punkten dem Nachtrag zu. Es hat damit zu tun, dass wir in einer Krise nicht kleckern können, sondern klotzen müssen, um die ganzen Risiken, die uns bevorstehen, entsprechend zu bewältigen und die Möglichkeiten zu schaffen, für die Zukunft Vorsorge zu tragen, dass die wirtschaftliche Entwicklung wieder ins Laufen kommt. Ich glaube, das ist unwahrscheinlich wichtig.

Und, Herr Dr. Jess, dass Sie als AfD-Fraktion unserer Wirtschaft, die jetzt schon stottert, noch sozusagen ganz den Garaus machen wollen, das kann ich überhaupt nicht verstehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Gunter Jess, AfD: Nein! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Also wir haben ja festgestellt, dass durch die CoronaPandemie erstens Steuermindereinnahmen da sind, die ausgeglichen werden müssen, dass wir Maßnahmen haben, die für die Corona-Pandemie, die dadurch entstehen, dass die entsprechend bezahlt werden müssen, und dass wir noch ein Konjunkturprogramm brauchen, um die Wirtschaft sozusagen am Laufen zu halten und in Zukunft wieder so aufzustellen, dass sie in der Lage ist, die wirtschaftlichen Folgen und die steuerlichen Einbrüche entsprechend auszugleichen. Darauf kommt es an, dass wir es schaffen im Nachhinein, dass die Wirtschaft wieder ins Laufen kommt, dass die Steuern reinkommen, dass wir alles entsprechend bezahlen können. Und das, glaube ich, ist wichtig.

Und wenn man jetzt behauptet wie Herr Dr. Jess, dass die Unimedizinen unterfinanziert waren, und jetzt sagt, jetzt geben wir denen aber kein Geld für die Zukunft, weil sie sind ja sozusagen, das war ja ein Fehler aus der Vergangenheit und jetzt können wir dies sozusagen nachholen, damit haben wir natürlich ein Problem, weil die Unimedizinen müssen ja sozusagen jetzt reagieren können. Wir wussten ja zur damaligen Zeit noch nicht von den Pandemien und alles, was so da entsprechend auf uns zukommt. Also brauchen wir da auch ein gewisses Sondervermögen, um da reagieren zu können.

Und dann gibt es natürlich noch andere Faktoren, die wir entsprechend hier bedenken müssen, und die haben wir ja als Parlament auch eingebracht, dass wir gesagt haben, wir möchten als Finanzausschuss beteiligt werden, wir wollen den Wirtschaftsplan sozusagen genehmigen und wir wollen alle Veränderungen im Finanzausschuss beschließen, und das ab 1 Million, und entsprechend informiert werden. Auch das haben wir als der Beschluss im Finanzausschuss festgelegt. Und ich glaube, mehr Transparenz kann man nachher auch nicht mehr haben. Im Nachhinein werden wir auch noch über alle Änderungen sozusagen informiert als Finanzausschuss. Und wenn wir dann merken, dass da irgendetwas nicht vernünftig läuft, kann man noch nachsteuern als Parlament. Oder sind Sie nicht Manns genug, dieses zu machen? Wir sind es.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Und wenn man sich jetzt überlegt, nicht die AfD war dabei, die Schuldenbremse einzulegen, sondern das hat das Parlament vor Ihnen gemacht, wo Sie noch nicht beteiligt waren.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der SPD: So ist es!)

Und das haben wir doch alle gemacht in Verantwortung für unser Land. Wir haben doch gesagt, wir wollen keine Schulden machen, wenn es nicht notwendig ist, sondern wir machen nur Schulden, wenn es notwendig ist. Und verantwortungsbewusst sind wir jetzt dabei und sagen,

diese Schulden brauchen wir. Wir geben aber diese 2,85 Milliarden nicht einfach sinnlos aus, sondern wir kontrollieren, dass diese Gelder auch vernünftig angelegt werden und für die Pandemiebewältigung sozusagen ausgegeben werden. Und ich glaube, das kann man, glaube ich, jedem hier auch zutrauen, der hier im Parlament Verantwortung trägt, dass er da auch drauf achtet.

So viel zu diesen Fragen. Und ich glaube, das kann man in den Beratungen im Finanzausschuss auch gut nachverfolgen, dass wir dahinterstehen und dass wir auch darauf achten werden. Deswegen bedanke ich mich erst mal für Ihre Aufmerksamkeit und werde im Notfall noch ein zweites Mal kommen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Na, doll war es nicht! Nichtssagend.)