Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Aber wenn Greifswald kein vernünftiges Angebot machen kann, müssen wir sie in Vorpommern irgendwo unterbringen. Dazu gibt es derzeit Untersuchungen vom Bildungsministerium. Frau Hesse sagte ja schon, dass man Stralsund untersucht, Greifswald untersucht, dass wir aber auch Ludwigsburg im Blick haben, denn, wenn wir in Ludwigsburg die pommersche Geschichte einmal darstellen wollen, dann muss man natürlich auch diesen Standort in Betracht ziehen.

Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Wildt?

Sehr gerne.

Herr Liskow!

Bitte schön. Ich muss erst mal das Mikro zuschalten. Okay.

Ja. Danke.

Herr Liskow, ich bin jetzt ein bisschen verwirrt, um die Lage insgesamt einzuschätzen. Sie sagen, schon seit zehn Jahren wird das Thema bearbeitet. Jetzt möchte ich eigentlich nur wissen: Ist Gefahr im Verzug, dass wirklich Akten unwiederbringlich verloren gehen, oder sagen Sie, Sie haben das im Griff und es kann nichts Schlimmeres passieren?

Vielen Dank für die Frage. Es gab ja mal in der Landesregierung Überlegungen, das Landesarchiv gemeinschaftlich für Vorpommern und Mecklenburg hier in Schwerin zu machen. Dagegen haben wir als Vorpommern uns vehement gewehrt und haben gesagt, das geht nicht. Das hat sozusagen auch eine kleine Verzögerung erzeugt. Wenn ich es richtig verstehe, werden die Akten, die beschädigt sind, ja an sich trotzdem aufgearbeitet, auch an dem Standort. Aber wir wissen, dass die Akten an der Stelle, wo sie jetzt gelagert werden, nicht langfristig gelagert werden können. Sie können natürlich restauriert und saniert werden.

Wir haben es natürlich auch besonders schwer, an der Stelle eine Akteneinsicht für Kundige zu organisieren, weil die natürlich unter schwierigen Bedingungen dort gelagert sind. Also es muss ein modernes Archiv geschaffen werden, um auch zukünftig das Archivgut aufzunehmen. Es geht ja nicht nur um das alte Archivgut, es geht auch um neues Archivgut. Da sind wir im Gespräch

mit Professor Kohler und mit anderen Leuten, die aktiv sind. Also das Problem ist bekannt. Ich wäre dankbar und froh, wenn wir schon weiter gewesen wären, aber ich glaube, dass wir derzeit auf einem guten Weg sind.

Vielen Dank.

Ja, um zu einem guten Schluss zu kommen: Ich glaube, das Thema muss schnellstens einer Lösung zugeführt werden. Da weiß ich, wir hatten uns mit Herrn Minister Brodkorb in seiner Zeit als Bildungsminister auch schon intensiv darum gekümmert. Ich kann mich an einen Brief aus dem Jahre 2015, April 2015, erinnern, als wir diese Thematik schon mal bearbeitet haben und sozusagen die Grundlagen gelegt haben, um dieses Thema jetzt wirklich endgültig zu bearbeiten und auf die richtige Schiene zu bringen.

Ich denke mal, dass der Antrag, den Sie haben, die Akten in der Zukunft allein in Greifswald zu archivieren, zu kurz greift, sondern wir müssen sehen, dass sie in Vorpommern bleiben und sozusagen in einem würdigen Archiv untergebracht werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Kröger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Landtages! Bei der gestrigen Eröffnung dieses Plenarsaals sagte Frau Präsidentin Bretschneider sinngemäß, Aufgabe des Parlamentes sei es, hier im Plenum auch den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, wer welche Argumente hat und wie wir unsere Entscheidungen begründen. Das finde ich richtig und das möchte ich hiermit auch gerne tun.

Das Anliegen dieses Antrages ist wichtig, es gehört aus unserer Sicht aber in den zuständigen Fachausschuss. Gemeinsam mit Experten, Betroffenen und im Gespräch mit der zuständigen Ministerin muss man detailliert über das Thema sprechen. Deshalb sind wir für eine Überweisung in den Ausschuss,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

um an der Sache zu arbeiten und die von der Ministerin angesprochenen Lösungswege zu behandeln.

An die Adresse der AfD-Fraktion, die eben noch geklatscht hat und es wahrscheinlich gleich lassen wird,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

möchte ich Folgendes richten:

(Zuruf von Jörg Kröger, AfD)

Professor Norbert Lammert sprach gestern darüber, dass Demokratie Streit bedeutet, und Streit solle sich an der Sache orientieren. Hier wird ja neuerdings gern über diese Sachlichkeit gesprochen. Aber Sachlichkeit und konstruktive Auseinandersetzung gibt es nicht im Dauerabo. Ich verstehe zurzeit nicht, warum ich mich als LINKE sachlich und konstruktiv mit Ihnen auseinandersetzen sollte.

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Wieso denn nicht?)

Wir mussten gerade ganz offiziell und nachweisbar erfahren, dass es Leute in Ihrer Partei gibt, die offensichtlich Spaß dabei empfinden, sich vorzustellen, wie man Politikerinnen wie mich aufhängt, an die Wand stellt oder in Gruben wirft, um sie mit was auch immer zu überschütten. Ich werde das nicht ignorieren, ich werde nicht so tun, als sei das alles nicht geschehen, und ich werde auch nicht so tun, als gäbe es keine Leute in Ihrer Fraktion und in Ihrer Partei, die genauso denken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Torsten Renz, CDU)

Deshalb möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mit Ihnen aktuell nichts abzumachen habe. Darüber müssen Sie sich nachher auch nicht künstlich aufregen. Finden Sie sich einfach damit ab! – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dahlemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrter Herr Professor Weber! Zunächst will ich auf Ihren doch so weisen Vorschlag eingehen, der SPDLandtagsfraktion Ratschläge geben zu müssen, sich in Vorpommern zu bewegen. Ich kann Ihnen sagen, die SPD-Landtagsfraktion ist die einzige Fraktion dieses Hauses, die bei einer Fraktionsklausur in der vergangenen Legislatur in Stettin war, mit den polnischen Kolleginnen und Kollegen gesprochen hat,

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

sich dem gesamten Thema der Metropolregion Stettin widmet und deshalb in dieser Hinsicht von Ihnen diesen Ratschlag garantiert nicht braucht. Ich rate Ihnen, ziehen Sie nach!

Ein zweiter Hinweis. Ich glaube, das ist schon fast an Frechheit nicht zu überbieten: Die Anspielungen, explizit und immer wieder das Strategiepapier der AfD zu erfüllen und an dieser Stelle auf Frau Özoğuz zu verweisen – wenn wir uns mal den Herkunftsort, den Geburtsort anschauen, dann muss ich feststellen, Herr Professor Weber, Sie sind Baden-Württemberger, Frau Özoğuz ist in Hamburg geboren.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Die Mentalität der Norddeutschen ist in Hamburg näher mit den Vorpommern als mit den Baden-Württembergern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Und ich möchte damit keinem Baden-Württemberger zu nahe treten, ich bin da ja durchaus privat etwas verbandelt.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Bernhard Wildt, BMV)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wilhelm von Humboldt hat einmal gesagt: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Ich bin sicher, mit dieser Aussage hat er sehr recht. Deshalb ist es wichtig, dass sich Bund, Land, Kommunen, Kirchen und weitere Träger genau dieser Verantwortung stellen. Archivalien sind dabei unter anderem Originalkirchenbücher, Kirchenbuchduplikate, Einwohnerlisten, Steuerlisten, Stadtbücher, Bürgerbücher, Innungsakten, Musterungsrollen und vieles mehr. Details dazu werden bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern durch das Archivgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern geregelt, übrigens in 14 Paragrafen.

Auf einen Paragrafen möchte ich explizit eingehen. Paragraf 9 regelt die Nutzung des Archivgutes. Hier heißt es: „Jeder … hat das Recht, das Archivgut … zu nutzen.“ Das ist ein wichtiges Recht für die Menschen bei uns im Land. Zur rechtlichen Nutzung und zum rechtlichen Zugang gehört selbstverständlich auch der tatsächliche, und dazu gehört der Zustand dieser Akten. Deshalb bin ich der Bildungsministerin Birgit Hesse nicht nur für die detaillierte Sachdarstellung in dieser Rede eben sehr dankbar, sondern vor allem auch für ihr sehr, sehr klares Bekenntnis. Sie sagt, die Akten bleiben in Vorpommern. Das ist für die regionale Identität der Menschen bei uns – Egbert Liskow ist eben darauf eingegangen – von großer Bedeutung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, die Bildungsministerin, der Finanzminister, der BBL, die jeweiligen Staatssekretäre, Oberbürgermeister Fassbinder und im Übrigen Bischof Abromeit sind genau zu diesem Thema in sehr guten Gesprächen, die deutlich konstruktiver ablaufen, als lediglich immer den großen Schaulauf dieser Bühne zu nutzen. Aber ich will Ihnen auch sagen, worauf wir uns in der Vergangenheit verständigt haben, und wie wir das zügig umsetzen werden. Ich bin dem Finanzminister sehr dankbar: Wir werden Mittel aus dem Vorpommern-Fonds in Höhe von 50.000 Euro zur Vorfinanzierung nutzen, um schnellstmöglich den dringendsten Bestand der Akten, die erhalten werden müssen, zu erhalten,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

das liquiditätstechnisch – da kennt sich der Finanzminister haushalterisch deutlich besser aus als ich – auch so wieder verwurschteln, dass wir das aber sehr zeitnah machen können.

Meine Damen und Herren, deshalb kann ich jetzt ganz entspannt und erst recht nach dieser guten Verabredung sagen, wir können den Antrag der AfD ablehnen.

Und, Herr Weber, ich sage Ihnen, ja, wir brauchen eine Alternative für das Archiv, aber wir brauchen keine Alternative für Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Ich möchte nur ganz kurz antworten. Zum einen: Wenn Sie Ohren haben, um zuzuhören – ich habe sehr wohl dargestellt, dass es seit zehn Jahren

Lösungsdiskussionen gibt, die auch alle Hand und Fuß haben können, dass aber zur Lösung selbst, nämlich gegen den Zerfall der Akten, seitdem nichts Wesentliches geschieht. Darum geht es mir. Natürlich kann man die Akten in Greifswald in einem Neubau des Stadtarchivs oder des Landesarchivs unterbringen, mit der Nordkirche zusammen in Stralsund, wobei natürlich das Unterbringen in Greifswald schöner wäre, sage ich jetzt mal als Wahlgreifswalder, das habe ich nie abgestritten, aber es geht darum, dass der Zerfall dieser Akten beendet werden muss.