Protokoll der Sitzung vom 18.10.2017

(Egbert Liskow, CDU: Nein! – Torsten Renz, CDU: Nein, Herr Reinhardt.)

Bei mir ist angemeldet Herr Liskow.

(Torsten Renz, CDU: Können Sie mal eine Ausnahme machen, Frau Vizepräsidentin? Ich nehme den Fehler auf mich.)

Aber ich lese die Rednerliste so vor, wie Sie hier angemeldet sind.

(Minister Harry Glawe: Herr Eifler ist gemeint.)

Okay, Herr Eifler, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Torsten Renz, CDU: Sorry!)

Zunächst einmal, Frau Präsidentin, danke schön, dass ich zu diesem Antrag für die Fraktion der CDU reden darf, obwohl ich nicht angemeldet war.

(Beifall Egbert Liskow, CDU: Oooh! – Marc Reinhardt, CDU: Oooh!)

Herr Lerche, Sie kommen mit dem Antrag und da ist natürlich die Situation, dass, wenn man Steuern nicht erheben muss oder Steuern senken kann, das natürlich immer angenehm ist und gut zu verkaufen ist. Aber Sie nennen in der Tat etliche Kriterien, an die Sie die Vergünstigungen oder diese Regulierung binden wollen. Genau das ist das entscheidende Problem – der Minister hat es auch angesprochen –: Sie produzieren einen Verwaltungsapparat, einen Verwaltungsaufwand, der in keinem Verhältnis dazu steht. Das ist nur ein Aspekt.

Auch ist es formal geboten – und so kennen wir das eigentlich aus der Arbeit im Finanzausschuss –, dass, wenn finanzrelevante Konzepte vorgestellt werden, dann auch eine Gegenfinanzierung gesagt wird. Sie haben überhaupt nichts dazu gesagt, über welche Steueraufkommen wir reden. Dankenswerterweise hat Minister Brodkorb das hier in den Raum gestellt, dass wir über einen Betrag von round about 170 Millionen Euro reden. Und

wenn ein Anteil davon entfällt für den Ersterwerb – hier stellen sich auch die Fragen: Was ist ein Ersterwerb? Wer soll das prüfen? Wie soll das geprüft werden mit den Kriterien, die Sie angeben, Familie mit der Wohnbindung oder mit der Pflichthaltungsdauer? –, wie wollen Sie dann damit umgehen, wenn plötzlich aufgrund einer Arbeitssituation Menschen den Wohnort wechseln müssen?

(Minister Harry Glawe: Genau.)

Wollen Sie das alles noch mal verwaltungstechnisch aufgreifen? Das ist ein Verwaltungsmonster, was Sie hier installieren wollen. Schon aus dem Grund werden wir auch überhaupt nicht zustimmen.

Ich als Bürgermeister der Gemeinde bei Stralsund kann auch nicht bestätigen, dass, als 2012 die Grunderwerbsteuer angepasst worden ist von 3,5 auf 5 Prozent – es hat eine heftige Diskussion hier im Haus gegeben, und das ist für alle, die Grunderwerb tätigen wollen, nicht erfreulich gewesen –, es in meiner Gemeinde und ringsherum dazu geführt hat, dass keine Grundstücke mehr verkauft worden sind. Mittlerweile gibt es in meiner Gemeinde kaum noch Grundstücke zu kaufen, weil alles weg ist, was bebaubar war. Das Interesse der Menschen richtet sich nicht allein an der Grunderwerbsteuer aus, sondern ganz gewiss an der Attraktivität und an der Möglichkeit, an dem Wohnort tatsächlich ihren Lebensunterhalt zu verdienen und dort vernünftige und gute Lebensbedingungen zu finden.

Dann noch einen Aspekt, Herr Lerche: Der Antrag richtet sich an Gut- und Besserverdienende genauso wie an Einkommensbezieher, die nicht so ein hohes Einkommen beziehen, die auch den Gedanken haben, sich ein Grundstück oder eine Wohnimmobilie zu kaufen. Wie wollen Sie das differenzieren? Im Grunde ist das, was Sie hier vorschlagen, eine Besserstellung der Besserverdienenden, die ein gutes Einkommen erzielen. Das muss ja grundsätzlich nicht unsozial sein, aber den Aspekt darf man nicht außer Acht lassen, weil er schon, finde ich, sehr, sehr von Bedeutung ist.

Die Kriterien, die Sie zu dem Antrag benennen, um die Grunderwerbsteuer für den Ersterwerb abzusenken oder abzuschaffen, bezeichne ich einfach als lebensfern. Aus diesem Grund, sehr geehrte Herren von der Fraktion der AfD, werden wir diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion der BMV hat das Wort der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern lehnt den vorliegenden Antrag ebenfalls ab. Ich möchte das mit vier Punkten begründen:

Was angeblich das Hauptziel des Antrages ist, ist die Förderung von Familien. Da sind wir sehr dafür. Auch wir möchten gerne Familien fördern, aber das geben die Details des Antrages nicht her. Wie Herr Eifler auch gerade gesagt hat, es wird gar nicht differenziert, das heißt,

das Rentnerehepaar, was zum Beispiel aus einer Mietwohnung aus München nach Rostock zuzieht, würde genauso von diesem Freibetrag profitieren wie die Familie mit Kindern. Da geht es bei 100.000 Euro immerhin um 5.000 Euro Steuergeschenk Grunderwerbsteuer.

Im zweiten Moment muss man dann aber sehen, was passiert, wenn eine Familie zum Beispiel umziehen muss, bevor diese zehn Jahre Haltefrist abgelaufen sind, vielleicht, weil der Vater die Arbeit verloren hat oder aus ähnlichen Gründen. Dann käme tatsächlich diese Rückzahlungspflicht in Gang. Bei zwei oder drei Kindern mit jeweils 100.000 Euro Freibetrag wären das Beträge von 10.000/15.000 Euro, die allein schon für die Kinder zurückzuzahlen wären. Also, wie gerade erwähnt, Arbeitslosigkeit, Umzugskosten und dann auch noch die Rückzahlung der damals entfallenen Grunderwerbsteuer – das würde diese Familie noch mal bestrafen und von der Mobilität abhalten. Das lehnen wir auch ab.

Dann wurde erwähnt, dass die Nebenkosten ja so ein wichtiger Faktor sind. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wenn das Baugeld schon so günstig ist und auch die Immobilienpreise zumindest in Teilen des Landes noch relativ niedrig sind – in einigen Teilen sind sie natürlich auch sehr hoch –, dann kann es eigentlich nicht an den Nebenkosten liegen, ob man eine Immobilie erwirbt oder nicht. Das würde im umgekehrten Fall dazu führen, dass man Familien, die sich das eigentlich gar nicht leisten können, dazu verleitet, eine Immobilie zu erwerben und sie damit dann einem enormen Risiko ausgesetzt sind.

Wenn das Land tatsächlich auf Einnahmen verzichten möchte – was der Herr Finanzminister natürlich sowieso nicht möchte, aber nehmen wir mal an, das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern würde das wollen –, dann gäbe es sicherlich bessere Möglichkeiten zur Kinderförderung als so einen komplizierten Weg über die Grunderwerbsteuer. Außerdem muss man immer noch berücksichtigen – das zeigt die Vergangenheit immer dann, wenn es solche Programme gab –, dass die Immobilienpreise gleichmäßig ansteigen. Also immer dann, wenn man auf eine Steuer verzichtet, führt es dazu, dass die Immobilienpreise eigentlich steigen.

Ja, und der letzte Grund wäre, dass die AfD das jetzt auch über den Bundestag initiieren könnte. Da müssten sich die Landtagsfraktionen oder die Landtage gar nicht damit beschäftigen. Aber auch das ist nicht mehr nötig, wie Frau Kröger schon gesagt hat, das Thema gibt es ja schon. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und BMV)

Für die Fraktion der SPD hat das Wort Herr Gundlack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Antrag der AfD habe ich mir gleich mehrere Fragen gestellt, denn Ihr Antrag ist doch ziemlich unbestimmt, inhaltlich mager und kommt außerdem zu spät, wie es schon mehrfach gesagt wurde.

Der Antrag fordert die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu starten. Nordrhein-Westfalen hat bereits in der Bundesratssitzung am 22. September 2017 – Frau

Kröger sagte es schon – einen Antrag „Einführung eines Freibetrags für selbst genutztes Wohneigentum im Grunderwerbsteuerrecht“ eingebracht. Die Bundesratsdrucksache kann ich auch sagen: 622/17. Und Schleswig-Holstein hat parallel dazu eine „Entschließung … zur Beseitigung von Steuergestaltungen im Rahmen von share deals und zur Unterstützung des Ersterwerbs von eigengenutzten Wohnimmobilien“ eingebracht. Die Bundesratsdrucksache ist hier 627/17. Vielleicht lesen Sie sie einfach einmal durch?! Beide Drucksachen sind in die Bundesratsausschüsse überwiesen worden und werden am 3. November erneut im Bundesrat beraten. Daher kommt der Antrag der AfD zu spät. Die Bundesratsinitiative läuft bereits. Ich empfehle Ihnen, Herr Lerche, den Antrag einfach zurückzuziehen.

Jetzt mache ich aber doch noch einige inhaltliche Anmerkungen. Sie begründen den Antrag unter anderem auch damit, dass die Wohneigentumsquote in unserem Land stagnieren würde. Das ist falsch. In einer aktuellen Studie des Pestel Instituts vom Januar 2017 „Eigentumsbildung 2.0 – Stand und Entwicklung der Wohneigentumsbildung auf der Ebene der Länder und der Kreise und kreisfreien Städte –“ ist nachzulesen, dass gerade in den neuen Bundesländern die Wohneigentumsquote von 2011 bis 2015 gestiegen ist. Lediglich im Süden der Bundesrepublik und entlang des Rheins stagniert oder sinkt die Wohneigentumsquote. Insofern ist das nicht das dringendste Problem in unserem Land. Wer weiß, wo die AfD diesen Antrag abgeschrieben hat!

Dann sind auch noch die vielen Unbestimmtheiten im Antrag ein Problem. Ich frage mich, welchen Begriff von „Familie“ meint die AfD eigentlich, hier insbesondere „Familien mit Kindern“. Im Wahlprogramm der AfD zur Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern 2016 definierten Sie die Familie mit Vater, Mutter, Kindern. Was ist mit gleichgeschlechtlichen Familien? Müssen Familien im Stand der Ehe sein? Meinen Sie auch ausländische Familien? Dazu sagen Sie nichts. Wie ist das mit den 100.000 Euro je im Haushalt lebendem Kind im Sinne des Einkommensteuergesetzes? Was ist das konkret für Sie? Steuerfrei gibt es bei 18 Jahren, bei 21 Jahren und bei 25 Jahren. Alle drei Altersstufen sind je nach spezifischen Merkmalen im Einkommensteuerrecht qualifiziert. Also wieder einmal nichts Konkretes, nur Wischiwaschi im Antrag.

Es ist eher zu befürchten, dass es erhebliche Mitnahmeeffekte durch diesen Antrag geben wird. Die gesparten Grunderwerbsteuern holen sich doch ruckzuck die Immobilienverkäufer und -makler zurück. Was ist mit der Pflichthaltedauer der Immobilie von zehn Jahren? Wie bei Ihren konkreten Regelungen zur Erfüllung der Voraussetzung der Wohnselbstnutzung steht dazu nichts zu lesen im Antrag. Was ist bei Scheidung, bei Tod oder bei Umzug eines Familienangehörigen? Ich bin mir auch nicht sicher, ob die AfD die verwaltungstechnischen Auswirkungen ihres Antrages in den Blick genommen hat.

Die Einführung der Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer würde komplexe Regelungen erfordern. Es bedarf einer Definition des Begriffs der Familie und einer konkreten Regelung zur Erfüllung der Voraussetzung bei Wohnselbstnutzung. Ist zum Beispiel die ausschließliche Wohnnutzung gemeint? Soll auch eine berufliche oder gewerbliche Nutzung erlaubt sein? Soll auch eine berufs- oder familienbedingte Unterbrechung der Selbstnutzung

erlaubt sein oder müsste dann die Grunderwerbsteuer nachgezahlt werden? Es gäbe einen erheblichen Prüfungs- und Überwachungsmehraufwand bei den Finanzämtern, der zu den Steuerausfällen noch erhöhte Verwaltungskosten erzwingen würde.

Die Grunderwerbsteuerstelle, die allein den Erwerbsvorgang als in sich abgeschlossenen Steuerfall bearbeitet, verfügt über keine Vernetzung mit den Grunderwerbsteuerstellen anderer Bundesländer. Um eine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung von Erwerbern auszuschließen, bedürfte es der Schaffung einer bundesweiten Datenbank nur für diese Zwecke. Damit würde ein erheblicher Mehraufwand für die Finanzämter entstehen. Und in der Haushaltsdebatte im Finanzausschuss fordert die AfD noch Einsparungen bei den Finanzämtern. Das ist doch eher sehr widersprüchlich als wegweisend.

Bei Ihrem verspäteten und somit auch überflüssigen Antrag haben Sie nicht über eine Kompensation der Einnahmeausfälle gesprochen. Der Bundesratsantrag von Nordrhein-Westfalen spricht wenigstens von, ich darf zitieren, „hierbei eine angemessene Beteiligung des Bundes an den durch die neue Begünstigung entstehenden Einnahmeausfällen der Länder vorzusehen“. Wie will die AfDFraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die Ausfälle kompensieren? Zur Erinnerung: Sie wollen eine kostenfreie Kita, Sie wollen mehr Rente, Sie wollen eine einheitliche Schulkleidung, Sie wollen mehr Geld für Straßen, mehr Geld für Kommunen, mehr Geld für Polizei und so weiter, und so weiter – ein breites Spektrum an Wünschen oder besser an Nebelkerzen.

Letztlich sagen Sie nichts über eine Kompensation der Ausfälle, denn immerhin reden wir über Einnahmen 2016 von geschätzten 168 Millionen Euro an Grunderwerbsteuern. Denken wir hierbei an das aktuelle FAG und den Gleichmäßigkeitsgrundsatz, dann kommen wir jetzt bei 168 zum Anteil der Kommunen bei 57 Millionen Euro und beim Land von 110 Millionen Euro. Komme ich mal auf den kleinsten, auf ein Drittel, bei 56 Millionen Euro, dann hat die kommunale Ebene einen Schaden von 19 Millionen Euro und wir von 36,97 Millionen Euro. Denken Sie tatsächlich, dass die kommunale Ebene da nicht mit Ansprüchen an das Land herankommt? Das ist doch wirklich völliger Quatsch, was Sie da erzählen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe in dem Antrag auch eine Menge Ungerechtigkeiten. Es wurde schon mal angesprochen – sogar von der CDU, ich war ein bisschen erstaunt –, Sie wollen Bezieher kleiner Einkommen und Bezieher hoher Einkommen bei der Besteuerung gleichstellen. Warum? Es gibt keinen sachlichen Grund, Grundstückserwerber hoher Einkommen beim Erwerb von Wohneigentum von der Grunderwerbsteuer zu entlasten. Die Frage von Wohnungsnot in Städten hat andere Ursachen als die Grunderwerbsteuer, zum Beispiel Immobilien als Finanzobjekte, die teilweise leer stehen. Ich darf an die Hafencity in Hamburg erinnern oder an den Stadthafen Rostock.

Es wird behauptet, es wird zu wenig gebaut. Richtig ist, es wird sehr teuer gebaut und dass die entstehenden Wohnungen nicht für normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlbar sind. Zweit- und Drittwohnungen, die zwei- bis dreimal im Jahr bewohnt werden, blockieren die Bebauungsflächen. Auch der zunehmende Bestand an Ferienobjekten in besonders schönen Urlaubsregionen führt künstlich zur Verknappung des

Wohnraums. Die monetären Interessen von Immobilienbesitzern sind größer als das Interesse daran, dass es bezahlbaren Wohnraum überhaupt für alle in Deutschland gibt.

Jedenfalls ist das Problem nicht allein durch die Freibeträge in der Grunderwerbsteuer zu lösen. Der Ansatz von Schleswig-Holstein, die Share Deals zu verbieten, wäre ein guter Ansatz dagegen. Share Deals sind Steuerumgehungsmodelle, bei denen nicht die Immobilie erworben wird, sondern ein Geschäftsanteil an großen Gewerbeimmobilien oder großen Wohnungsbeständen wird gekauft. Dadurch entsteht keine Pflicht zur Grunderwerbsteuer. Frau Kröger sagte es auch schon. Allerdings ist dies ein recht schwieriger Komplex. Die Landesregierung sollte sich daher im Bundesrat offen für Lösungsansätze verhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alles in allem ist das ein schlechter und unnötiger Antrag der AfD. Wir lehnen diesen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion der AfD hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Lerche.

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt noch mal ganz kräftig!)

Sehr geehrte Präsidentin! Werte Kollegen! Werte Bürger im Lande!