Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses Herr Eifler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auf Drucksache 7/1348 liegen Ihnen die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes und mein ausführlicher schriftlicher Bericht vor. Der Wirtschaftsausschuss hat zu dem vorliegenden Gesetzentwurf, der eine Verlängerung des Mittelstandsförderungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2023 vorsieht, intensiv mit der Landesregierung beraten. Im Vordergrund der Diskussion stand die Frage, ob die Zielsetzungen der Koalitionsvereinbarung „Steigerung der Tarifbindung“ und „Schaffung von unbefristeten sozialversicherungspflichtigen, tarifgebundenen Arbeitsplätzen“ im Mittelstandsförderungsgesetz verankert werden sollten – diese Aufforderung hat die Fraktion DIE LINKE vertreten und hierzu einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, der aber mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und BMV abge

lehnt worden ist – oder ob diese Zielsetzung, wie von der Landesregierung vorgeschlagen, im Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern sowie in der GRW-Richtlinie Eingang finden sollte. Für den letzten Weg haben sich ausdrücklich die Koalitionsfraktionen ausgesprochen.

Nachdem die Landesregierung darauf hingewiesen hat, dass sie dem Landtag mindestens zweimal in einer Wahlperiode einen Bericht über die Lage der mittelständischen Wirtschaft erstattet und in den Jahren 2019 und 2021 die nächsten Berichte zu erwarten seien, hat die Fraktion der AfD ihren Änderungsantrag, wonach die Berichterstattung alle zwei Jahre erfolgen sollte, zurückgenommen.

Der Ausschuss hat der Beschlussempfehlung insgesamt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und BMV, bei Gegenstimmen seitens der Fraktion DIE LINKE zugestimmt. Ich möchte Sie nunmehr bitten, die vorliegende Beschlussempfehlung anzunehmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Bernhard Wildt, BMV)

Vielen Dank, Herr Eifler.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst für die Fraktion der AfD der Abgeordnete de Jesus Fernandes.

Frau Präsidentin! Wertes Präsidium! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste! Mit dem Mittelstandsförderungsgesetz in MecklenburgVorpommern vom 22. Oktober 2013 versuchte die Landesregierung einen Vorstoß in die richtige Richtung. Im aktuellen Gesetzentwurf gibt es keine inhaltlichen Änderungen, sondern es soll lediglich die Dauer verlängert werden. Von daher gibt es diesmal seitens der AfDFraktion auch keine großartige neue Kritik an dem Gesetz.

(Thomas Krüger, SPD: Na da haben wir aber Glück!)

Überdies ist das Mittelstandsförderungsgesetz an sich ein Bekenntnisgesetz mit vielen sinnvollen Elementen. Allerdings muss man die Implementierung in den vergangenen vier Jahren kritisch bemängeln, denn konkrete Ergebnisse lassen auf sich warten. Das Wirtschaftswachstum dümpelt weiter bei um die ein Prozent herum.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Spricht man mit Wirtschaftsverbänden, dann gibt es selten positive Worte. Riesige Probleme klaffen an allen Seiten auf, Fachkräfte fehlen fast überall, eine hohe Anzahl an Ausbildungsabbrüchen, schlechte Schulbildung, nervige Bürokratie, starke Steuerbelastung und Probleme mit der Unternehmensnachfolge sind die Stichworte.

Es ist allgemein bekannt, dass in etwa 99 Prozent des Unternehmertums kleine und mittelständische Unternehmen umfassen. Nicht mal ein Prozent der Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern sind Großunterneh

men. Die Mittel der staatlichen Förderung und Begleitung sollten mit Bedacht eingesetzt werden. Sie sollten nicht dazu verwendet werden, großen oder außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern angesiedelten Unternehmen die Bilanz zu verbessern,

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

nur weil diese für ein paar Jahre einigen wenigen glücklichen Personen Arbeitsplätze verschaffen, denn diese Unternehmen haben genug Kapital akkumuliert, um ihr Geschäft zu betreiben, und sie schaffen das Geld aus dem regionalen Geldkreislauf wieder heraus.

Wir von der AfD-Fraktion verlängern das Gesetz gerne mit, in der Hoffnung, dass die Bemühungen des Landes endlich Früchte tragen werden.

(Rainer Albrecht, SPD: Die tragen Früchte.)

Dazu wollen wir als AfD-Fraktion auch endlich eine Evaluation vornehmen können. In Paragraf 16 Absatz 1 des Gesetzes heißt es: „Die Landesregierung erstattet dem Landtag mindestens zweimal in einer Wahlperiode einen Bericht über die Lage der mittelständischen Wirtschaft.“ In den Jahren 2013 und 2015 erschienen die letzten beiden Berichte und ich glaube nicht, dass Sie noch liefern können bis zum Jahresende. Wir würden uns wünschen, dass zügig und dann alle zwei Jahre ein solcher Bericht erscheint, mit Kennzahlen zu einem bestimmten Stichtag.

Insbesondere im Hinblick auf den von der Landesregierung zugesicherten Bürokratieabbau in der Wirtschaft fordern wir Aufklärung. Im letzten Bericht von 2015 steht unter Punkt 4.3.5 „Bürokratieabbau und Deregulierung“ quasi nichts Konkretes, welche Vorschriften und Gesetze gestrichen oder vereinfacht wurden. Im Wirtschaftsausschuss haben wir unsere Zusammenarbeit zur Evaluation mit angeboten und wir hoffen, dass das Versprechen, zügig und regelmäßig alle zwei Jahre einen Bericht vorzulegen, erfüllt wird.

Der Mittelstand, meine Kollegen, ist eine der Säulen unserer Gesellschaft. Er ist der Bewahrer unseres kleinen Wohlstands in Mecklenburg-Vorpommern. Seit dem Staatsversagen der DDR und dem anschließenden Privatisierungsbetrug haben wir ihn uns aufgebaut. Diese Säule bekommt durch die mangelnde Standortwettbewerbsfähigkeit zum Nachbarland Polen und zum Westen durch hohe Steuern, sinnlose Regulierung und Bürokratie, fehlenden Nachwuchs, stagnierende Bruttoanlageinvestitionen immer mehr Risse. Es wird Zeit, zu handeln und das Gesetz endlich umzusetzen. Deswegen werden wir von der AfD-Fraktion diesem Änderungsantrag zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

(Unruhe bei Rainer Albrecht, SPD, Wolfgang Waldmüller, CDU, und Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich

hätte es die Möglichkeit gegeben, auch in einem Gesetz, das nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung und nach der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses jetzt nur verlängert wird, dergestalt Änderungsanträge sowohl im federführenden Ausschuss als auch hier im Plenum noch einzubringen, die sich zum Beispiel inhaltlich mit einer Veränderung auseinandersetzen.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Ich will da nur auf die Kollegen der Fraktion DIE LINKE hinweisen, die ja ganz gezielt im Rahmen der Debatte des Wirtschaftsausschusses, wo dieses Gesetz behandelt worden ist, gesagt haben, sie möchten bestimmte Punkte – also ich nenne einfach mal das Stichwort „sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze“ – an der Stelle dieses Mittelstandsförderungsgesetzes mit aufgenommen haben. Dass der Ausschuss nachher dem nicht gefolgt ist, auch mit den Stimmen der Fraktion der SPD, das sage ich hier ganz offen, weil wir diese Punkte – deswegen spreche ich das auch nur in dem Zusammenhang noch mal an – in den spezialgesetzlichen Regelungen, wie zum Beispiel dem anstehenden Vergabe- und Tariftreuegesetz, und die Ministerpräsidentin ist ja heute Vormittag in der Aktuellen Stunde schon darauf eingegangen, verorten wollen und nicht in dem etwas allgemeiner gehaltenen Mittelstandsförderungsgesetz, ist ja ein ganz anderes Thema. Aber wenn man will, sehr geehrte Herren von der AfD,

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: Und könnte.)

dann kann man. Man muss nur wollen! Und es reicht nicht, sich in der Debatte hinzustellen und zu sagen: Ja, was hätten wir denn ändern sollen, das Datum? Das ist dann schon eine intellektuelle Leistung, die nicht mal mehr über die Teppichkante reicht.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte eigentlich,

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

ich hatte eigentlich gar nicht vor, über ein Gesetz wirklich allzu lange zu reden, das – und die Debatte hat ja auch unter denjenigen, die sich mit dem Gesetz tatsächlich beschäftigen wollten, im Ausschuss stattgefunden – nur über die Jahreswende hinaus verlängert wird. Aber ich glaube, an der einen oder anderen Stelle, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, muss man schon auf die Äußerungen, die gerade eben hier noch mal gemacht worden sind vonseiten der AfD, eingehen.

Da wird dann einfach in den Raum geschmissen, dass nach Auffassung der AfD Unternehmen außerhalb dieses Landes nicht mit Fördermitteln bedacht werden sollen, weil das ja nur dazu dienen würde, deren Bilanzen zu verbessern. Also ich möchte mal gerne an dieser Stelle ein einziges Beispiel genannt bekommen, wo dieses Land Geld gegeben hat an Unternehmen, die ihren Unternehmenssitz nicht in Mecklenburg-Vorpommern haben, das nur dazu gedient hat, dass deren Bilanz verbessert wird. Über all die Jahre, egal, unter welchen Regierungen – das sage ich jetzt selbst für die Regierungen, an denen die SPD nicht beteiligt war –, aber in den ganzen 27 Jahren, in denen in diesem Land Fördermittel

vergeben worden sind, sind die Fördermittel nach den Grundsätzen vergeben worden, dass hier Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, dass hier Unternehmenseinrichtungen angesiedelt werden sollen. Es ist nie Geld vergeben worden nach dem Grundsatz, wir wollen irgendeine Bilanz von einem Unternehmen, wo immer es auch sitzt, aufhübschen, übrigens völlig egal, ob das Unternehmen seinen Sitz hier im Land hat oder woanders.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, man kann immer darüber diskutieren, ob an der einen oder anderen Stelle die Frage einer Mittelverwendung auch im Bereich der Wirtschaftsförderung so oder so ausgelegt werden soll.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Es ist völlig legitim, dass es unterschiedliche Auffassungen von den Reihen der Fraktion DIE LINKE über die SPD, die CDU bis in die Reihen der BMV gibt. Das ist überhaupt nicht das Thema. Wir sind unterschiedliche politische Parteien, unterschiedliche politische Fraktionen und wir haben unterschiedliche politische Schwerpunkte. Aber solche Nullnummern wie die von der AfD, das, bitte schön, brauchen wir in diesem Land nicht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Dietmar Eifler, CDU, und Henning Foerster, DIE LINKE – Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch dieses Schlagwort, das dann wieder rausgeschmissen wird, „Bürokratieabbau in der Wirtschaft“ – ja, meine Herren von der AfD, wie wäre es denn mal mit einem Vorschlag gewesen im Wirtschaftsausschuss, wo konkret Bürokratieabbau in der Wirtschaft stattfinden soll? Aber dann muss ich mich auch daran erinnern, was zum Beispiel früher immer wieder an „Programmatik“ – das ist ja schon ein viel zu hochgestochenes Wort für das, was die AfD abliefert –, was dann immer in den Bereichen geäußert wird, wo Bürokratieabbau in der Wirtschaft ja einst bei Ihnen nur bedeutete, dass Arbeitnehmerrechte eingeschränkt werden sollen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: So ein Unsinn! – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wenn das Ihre Vorschläge sind, bringen Sie sie hier mit in die Plenardebatte ein, dann können wir wenigstens darüber diskutieren. Dass wir so etwas hier ablehnen werden in diesem Haus, das sollte Ihnen auch nach der Aktuellen Stunde eigentlich schon deutlich werden.

Und, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, damit will ich dann auch aufhören, denn es ist eine Sache, dass man sich natürlich mit solchen Äußerungen auseinandersetzen muss, aber man muss der AfD auch nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie eigentlich verdient. Aber sich hier hinzustellen, sich heute hier hinzustellen und darüber zu jammern, dass die mittelständischen und kleinen Unternehmen in diesem Land nicht genügend unterstützt werden, und gestern im Rahmen der Haushaltsdebatte sich hinzustellen und zu sagen, wir wollen im Bereich der Innovationsförderung die vorgesehene Mittelverstärkung für die Werften nicht – und diese Mittelverstärkungen für die Werften kommen zu einem großen Teil dann auch den maritimen Zulieferbetrieben in diesem Land zugute, die genau zu der kleinen und mittelständischen Wirtschaft gehören, für die Sie sich an

geblich gerade eben starkmachen wollen –, das ist schon an Verlogenheit nicht mehr zu überbieten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Foerster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angaben des Statistischen Landesamtes zufolge gibt es in Mecklenburg-Vorpommern circa 70.000 aktive Betriebe, die Beschäftigte haben und einen steuerbaren Umsatz verbuchen. 87 Prozent davon sind Kleinbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten, nur 0,3 Prozent sind dagegen größere Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten. Wenn man sich anschaut, wo unsere Bevölkerung ihr Geld verdient, dann fällt auf, dass der größte Teil, nämlich 30 Prozent, dies in Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten tut, 20 Prozent gehen ihrer Arbeit in Betrieben mit 1 bis 10 Beschäftigten nach und 21 Prozent sind in Betrieben mit 250 und mehr Beschäftigten tätig.