Protokoll der Sitzung vom 14.03.2018

An unserem Ziel halten wir weiter fest, da eine aktualisierte Fachkräftebedarfsanalyse eine Richtschnur für die Ausbildungsplatzplanung bis 2023 darstellt, die durch das Bildungsministerium vorgenommen wird. Ihrem Antrag werden wir aus diesen Gründen daher nicht zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion der BMV hat jetzt das Wort die Abgeordnete Weißig.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die BMV-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag zustimmen. Der Antrag „Fachkräftemangel von Erzieherinnen und Erziehern entgegenwirken“ ist auch zwingend notwendig. Es müssen endlich mal ehrliche Zahlen her. Wenn wir jetzt nicht die Ausbildungskapazitäten anpassen, stehen wir in ein paar Jahren vor der Entscheidung, ob wir Kitapersonal teuer abwerben oder Quereinsteiger durch Miniqualifizierungskurse jagen, denn schon heute fehlen an allen Ecken und Enden Fachkräfte, besonders pädagogische, in den Kitas. Doch diese Engpässe sind nichts gegen den drohenden Personalnotstand, der Mecklenburg-Vorpommern mittelfristig blüht.

Im neuen Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode haben sich SPD und CDU auf einen Rechtsanspruch für eine Ganztagsbetreuung im Grundschulalter geeinigt. Die BMV-Fraktion begrüßt das erst einmal grundsätzlich, aber wie dieser Rechtsanspruch umgesetzt werden soll, das ist schleierhaft.

2015 wurden bundesweit 75.000 Kinder mehr geboren als im Jahr 2011, also etwa so viele wie zuletzt zur Jahrtausendwende, wie das Statistische Bundesamt bekanntgab. Die Zahlen aus den Jahren 2016/17 sind noch nicht veröffentlicht. Aber ein Trend zu mehr Kindern ist deutlich erkennbar. Da stellt sich doch eine Frage von selbst: Wie soll der unvermeidliche Mehraufwand an Kinderbetreuung in den entsprechenden Einrichtungen abgedeckt werden? In den Krippen und Kitas müssen doch heute schon die Erzieher immer mehr leisten. Burn-out und eine Häufung von psychischen Krankheiten bei dieser Berufsgruppe sind die Folge und bürden den Kollegen zusätzliche Arbeit auf. Das schlägt – wie könnte es anders sein – auf die Qualität der Betreuung durch, auch wenn die Erzieher oft über ihre Grenzen gehen, um die Kinder bestmöglich zu betreuen.

Am Rande bemerkt, ich habe die Sorge, dass mit der kostenfreien Kita alles noch schlechter werden könnte, denn dann muss das Land sich finanziell noch einmal gewaltig strecken. Hoffentlich wird es auch dazu bereit sein. Die Grundlage zur Umsetzung einer Ganztagsbetreuung ist eine vorzunehmende Fachkräfteanalyse, flapsig gesagt, wie viel brauchen wir wovon. Habe ich die Zahl der Geburten in einem Jahr und kenne die Betreuungsschlüssel, kann ich auch den Bedarf an Fachpersonal für Erzieher, Lehrer und perspektivisch sogar Pflegepersonal in Altersheimen abschätzen. Die Betonung liegt ja auf dem Wort „Fachpersonal“. Nur dieses auch pädagogisch ausgebildete Personal ist in der Lage, den gewachsenen Anforderungen in allen Facetten der Kinderbetreuung gerecht zu werden.

Da durch gesetzliche Neuregelungen in diesem Bereich eine besonders große Schere zwischen verfügbarem Personal und bestehendem Bedarf klafft, muss hier dringend nachgesteuert werden. Eine Anpassung der Ausbildungsplatzplanung, wie im Punkt 2 des Antrages vorgesehen, hält die BMV-Fraktion deshalb für dringend erforderlich. Auch der Fachkraft-Kind-Schlüssel mit pädagogischem Personal sollte, wie hier im Plenum ja nicht zum ersten Mal diskutiert, den gestiegenen Anforderungen angepasst werden.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Dabei ist zu berücksichtigen, nicht nur die Zeiten, in denen die Fachkraft zur direkten Betreuung der Kinder zur Verfügung steht, auch die Zeiten der Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche, Urlaubs- und Krankheitsvertretungen, Fort- und Weiterbildungen müssen in der Fachkräftebedarfsanalyse ihren Eingang finden. So kann ein realistisches Bild über die Bedarfe für die nächsten Jahre entstehen. Dann können die Ausbildungskapazitäten so angepasst werden, dass ein Mangel an Fachkräften erst gar nicht entsteht. Das ist doch ein mehr als guter Grund, dem Antrag zuzustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und BMV)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es an der Uhrzeit oder an dem Wetter liegt, aber nach der Einführung von Frau Bernhardt bleibt der Eindruck für mich bestehen, dass DIE LINKE unter Wahrnehmungsstörungen leidet.

(Beifall Andreas Butzki, SPD – Zurufe aus dem Plenum: Oh, oh, oh!)

Frau Bernhardt war letzte Woche leider nicht dabei, als wir mit dem Sozialausschuss auswärtig getagt haben und uns unter anderem in Rostock an der Beruflichen Schule „Alexander Schmorell“ mit Auszubildenden der neuen Praxisintegrierten Erzieher/-innenausbildung getroffen und informiert haben.

(Minister Dr. Till Backhaus: Warum war sie denn nicht mit?)

Dort wurde ein deutlich anderes Bild gezeichnet, ein sehr gutes.

(Thomas Krüger, SPD: In den Kitas auch!)

Richtig, in den Kitas auch.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was ist mit den Kitas, die ihr zugemacht habt?)

Es war ein sehr gutes und interessantes Gespräch mit motivierten jungen Frauen und Männern, wie ich finde, und ich denke, die Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, werden mir zustimmen. Natürlich haben wir auch über Herausforderungen und Kinderkrankheiten dieser neuen Ausbildung gesprochen. Daher war es wichtig, sich vor Ort und im direkten Gespräch dort auszutauschen. Eine stetige Evaluierung ist nötig. Das sieht auch das Ministerium so und wird es so handhaben. Die Ministerin hat es gerade angekündigt, wir begleiten selbstverständlich gern kritisch mit.

Im Übrigen war dies wohl eine der schnellsten Gesetzgebungen überhaupt. Das kann Gefahren mit sich bringen, richtig. Allerdings wird somit auch schnell gehandelt. Die fehlende Schnelligkeit in der Politik und Verwaltung wird ja oft bemängelt. Somit gehen wir hier mit gutem Beispiel voran.

Wie gesagt, schade, dass Sie nicht dabei waren, Frau Bernhardt. Unter anderem war auch Thema der letzten Woche, dass die Zahlen für die Ausbildung der herkömmlichen Staatlich anerkannten Erzieher/-innen stabil geblieben sind. Wir bilden also zusätzlich aus und nicht parallel, wie Sie es eben behauptet haben. Diese Ausbildung stellt hohe Ansprüche an die Männer und Frauen. Allerdings ermöglicht sie vielen auch erst, ihren Traumberuf ergreifen zu können. Oft haben die Auszubildenden bereits andere Ausbildungen hinter sich und selbst schon Familie. Die Ausbildungsvergütung ermöglicht ihnen nun trotzdem, noch mal neu zu starten und ihren Wunschberuf ergreifen zu können. Dafür sind viele dankbar.

Diese Möglichkeit wurde durchaus gelobt in der letzten Woche. 125 neue Erzieherinnen und Erzieher können so seit dem letzten Jahr zusätzlich ausgebildet werden. Und die Nachfrage für das neue Ausbildungsjahr ist groß. Auch die Träger werden zunehmend aufmerksam auf

diese Möglichkeit und werden diese stärker nutzen wollen. Ist das keine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel?

(Rainer Albrecht, SPD: Wir haben 32 Bewerber auf 4 Plätze.)

Das ist doch der entscheidende Punkt, es geht um den Fachkräftemangel und mit welchen Maßnahmen wir dem begegnen müssen. Wir wissen – und das ist bekannt –, dass die Nachfrage nach Kitaplätzen steigt. Gleichzeitig wissen wir, dass ein Großteil der heute noch tätigen Erzieherinnen und Erzieher in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen wird. Das Thema Fachkräftesicherung, gerade im Kitabereich, ist daher wichtig und die Koalitionsfraktionen haben das erkannt und mit der Einführung der neuen Ausbildung entsprechend reagiert.

Nun sagt die Linksfraktion mit ihrem Antrag, wenn wir eine aktuelle Ausbildungsplanung haben, dann wird alles gut. Und ich sage Ihnen, dass das vielleicht ein Baustein sein kann, aber noch lange nicht junge Leute motiviert, in diesen Beruf einzusteigen. Ich will ja gar nicht bestreiten, dass die geforderte Fachkräfteanalyse sowie die Ausbildungsplatzplanung langfristige Steuerungsinstrumente sind, zur Fachkräftesicherung tragen sie aber unmittelbar erst mal nichts bei. Aber es wird gemacht. Sie fordern also mal wieder, was schon gemacht wird, und das löst die Probleme der Fachkräftesituation im Land nicht.

Ein wichtiger Schritt war, dass wir im letzten Jahr die praxisorientierte Ausbildung eingeführt haben, und ich sage Ihnen, meine Damen und Herren der Linksfraktion, das war doch entscheidend, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Diesem Schritt, wir erinnern uns, haben Sie sich kategorisch verweigert. Sie haben sich mit Händen und Füßen gegen diese Ausbildung gewehrt. Die jungen Leute, die wir letzte Woche getroffen haben und die begeistert von der Ausbildung waren, hätten doch da letzte Woche gar nicht gesessen, wenn es nach der Linksfraktion gegangen wäre. Das macht aber nichts. Ihr Wohlwollen letzte Woche haben wir sehr wohl wahrgenommen.

Und das ist auch das, was ich Ihnen vorwerfe: rummäkeln, aber nichts zur wirklichen Lösung beitragen. Ihren Antrag lehnen wir daher ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde auf die einzelnen Beiträge einfach mal eingehen, weil ich glaube, da ist genug drin.

Zunächst zu Frau Drese. Ich muss Sie eigentlich fragen: Sind Sie völlig an der Realität vorbei? Unterhalten Sie sich in den Kitas mit den Erzieherinnen und den Erziehern? Waren Sie beim Kitaleitungskongress gestern?

(Ministerin Stefanie Drese: Na wenn ich eine Einladung gehabt hätte, bestimmt.)

Wenn man die Fachkräfte hört, wenn man hört, was beim Bundeskitagesetz für Fachkraftrelationen eigentlich notwendig wären, ich sage mal, bei den 0- bis 1-Jährigen 1 : 2, 1- bis 3-Jährigen 1 : 4, bei den 3- bis 6-Jährigen 1 : 9, dann sind wir davon in Mecklenburg-Vorpommern meilenweit entfernt.

(Thomas Krüger, SPD: Beantragen Sie das, mit Deckung!)

(Thomas Krüger, SPD: Beantragen Sie das, mit Deckung!)

Wo wollen wir denn hin mit unseren Fachkraft-KindRelationen?

(Thomas Krüger, SPD: Wo sparen Sie Dinge?)

Auch so was muss doch in die Ausbildungsplatzplanung hinein.

Sie sagen, Sie sehen jetzt den Fachkräftemangel. 2015, als wir den Antrag gestellt hatten und Sie uns fragten, was man, wenn er denn da wäre, machen würde, machen könnte, hätten Sie damals angefangen mit einer Ausbildungsplatzplanung, hätten wir heute ordentlich ausgebildete, Staatlich anerkannte Erzieher und würden nicht einen Schnellschuss bei PiA machen. Das wäre ein Vorschlag gewesen. Insofern haben wir langfristig vorausgesehen, dass dieser Fachkraftmangel auf uns zukommt.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Sie haben ihn damals noch verleugnet. Insofern war das damals und auch heute ein ziemlich kurzfristiges Agieren.

(Andreas Butzki, SPD: Mäkeln, mäkeln, mäkeln!)

Sie setzen halt eher auf Schnellschüsse als auf Qualität in den Kitas.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Sie kommen dann dazu, dass PiA ja die große Lösung wäre, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen,

(Andreas Butzki, SPD: Eine sehr große, genau.)