Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Bis Herr Reinhardt hier vorn ist, erlaube ich mir, noch mal darauf hinzuweisen, dass der Geräuschpegel wieder geradeso an der Oberkante war. Also bitte etwas ruhiger!

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalitionspartner aus CDU und SPD haben bereits im Koalitionsvertrag 2006 vereinbart, dass es in der Schulstruktur keine Experimente geben soll.

(Bernhard Wildt, BMV: Stillhalteabkommen.)

Kein Stillhalteabkommen. Die Ministerin hat das, glaube ich, Herr Wildt, schon ausgeführt, worum es uns dabei geht. Dazu stehen wir auch.

Ich will kurz in die Historie gucken. Es war unter Rot-Rot und ich glaube, im Schuljahr 2006/2007 wurde die Orientierungsstufe eingeführt. Damals …

(Andreas Butzki, SPD: Nee, da wurde sie angegliedert an die Regionalschule und die Gesamtschule.)

Ja, an die Regionalen Schulen angegliedert, genauso ist es. Es wurde damals immer, auch heute noch, verkauft als längeres gemeinsames Lernen. Es war perspektivisch auch geplant, dies bis zur 8. Klasse auszuweiten.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Genau, da haben wir dann einen Kompromiss gemacht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da kamt ihr dazwischen.)

Und, Herr Wildt, soweit will ich Ihnen recht geben, nicht überall im Land ist das tatsächlich ein längeres gemeinsames Lernen, weil die Kinder nach der Grundschule dann auf eine Regionale Schule gehen und meistens nach der 6. Klasse noch mal aufgeteilt werden, weil einige zum Gymnasium gehen.

Es ist auch kein Geheimnis, dass die CDU damals wie heute dafür gesprochen hat, diese Klassen 5 und 6 auch an den Gymnasien anzusiedeln. Wir haben das nur in Ausnahmefällen heute im Land, an den Musik- und an den Sportgymnasien.

(Andreas Butzki, SPD: Das war vorher der Fall, das haben wir ja aufgehoben.)

Trotzdem haben wir uns damals im Koalitionsvertrag und auch in dem Koalitionsvertrag 2011 wieder darauf verständigt,

(Peter Ritter, DIE KINKE: Besonnen, darauf besonnen.)

dass sich an den Schulstrukturen, was die Klassen 5 und 6 betrifft, nichts ändert. Es gibt sicherlich gute Argumente für das eine und auch für das andere. Selbst, wenn man jetzt sagt, wir würden, so, wie wir es in Ausnahmefällen hatten oder haben, die Klassen 5 und 6 ausschließlich an die Grundschulen holen, auch das würde uns vor große organisatorische Herausforderungen stellen,

(Andreas Butzki, SPD: Richtig!)

allein nur, was für Grundschulen wir vor allem im ländlichen Raum stark umbauen müssten, weil sie in der Regel gar nicht über solche Kapazitäten verfügen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, das System so zu belassen, wie es ist. Wir halten es aus unserer Sicht für sehr wichtig, gerade weil wir die Partei des ländlichen Raumes sind, wenn ich das an dieser Stelle noch mal erwähnen darf, vor allem die kleinen Schulstandorte im ländlichen Raum zu erhalten.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ein wichtiger Punkt, warum wir auch an dieser Schulstruktur nicht weiter herumbasteln wollen, …

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Vielen Dank für die Unterstützung, Herr Krüger.

… ist auch – darauf hat die Ministerin verwiesen – die Umsetzung der Inklusion. Dort haben wir uns ja gemeinsam mit den Fraktionen der SPD und der LINKEN aufgemacht, diese bis 2024 umzusetzen bei uns im Land. Damit stehen unsere Schulen vor wichtigen und großen Herausforderungen.

Deshalb glauben wir – so interessant so eine Debatte ist, Herr Wildt, da gebe ich Ihnen durchaus recht –, dass es auch im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler ist, wenn wir jetzt die Orientierungsstufe, wie wir sie im Land haben, so belassen und es dort zu keinen weitreichenden Änderungen kommt. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kolbe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Renz und Herr Butzki, nichts ist ja beständiger als die Veränderung, aber nicht jede Veränderung ist notwendig, geschweige denn, dass sie zwangsläufig immer positive Folgen hat. Gerade, wenn es um Schulen geht …

(Torsten Renz, CDU: Das beste Beispiel ist der Name Ihrer Partei. Der hat sich so schnell geändert, dass man gar nicht hinterherkommt.)

Ach, Herr Renz!

Gerade, wenn es um Schulen geht, wenn Schülerinnen und Schüler betroffen sind, ist stetige Veränderung fehl am Platz,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

da sind wir uns mit der Bildungsministerin durchaus einmal einig.

(Beifall Andreas Butzki, SPD – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und wieder einmal soll hier mittelfristig an der Struktur der Regionalen Schulen geschraubt werden, indem die Orientierungsstufe infrage gestellt wird, so, wie Herr Wildt das gemacht und auch die AfD das getan hat. Dabei hat gerade diese Schule eine bewegte, ja, eine beinahe tödliche Vergangenheit hinter sich. Immer wieder musste sie in den letzten 28 Jahren als Experimentierfeld, gleich welcher Regierung, herhalten. Sie waren Realschulen, dann wurden sie zu verbundenen Haupt- und Realschulen, um zu Regionalen Schulen zu werden, in der es keine Trennung von Berufsreife oder mittlerer Reife mehr gibt. Plötzlich lernten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrkräften, ohne die entsprechende Ausbildung und ohne passende Strukturen. Das Land hat sich in der Vergangenheit auf dem Rücken dieser Schulen saniert, auch das muss man konstatieren.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Die Experimentierfreude – auch ein schwieriges Wort, wir hatten gestern ja schon schwierige Worte – der vorhergehenden Landesregierung und die daraus resultierenden stetigen Änderungen führten letztendlich dazu, dass der Ruf der Regionalen Schulen erheblich gelitten hat. Eltern versuchen zunehmend, ihren Kindern den Besuch an der Regionalen Schule zu ersparen. Sie haben es ja auch ausgeführt. Das ist tatsächlich ein Problem, weil gerade die Regionalen Schulen sind es, die eigentlich die Schulen der Zukunft sind, die Schulen mit dem meisten Potenzial.

(Zuruf von Ministerin Birgit Hesse)

Die Angliederung der Orientierungsstufe, Klassen 5 und 6, an die Regionalen Schulen und die Gesamtschulen ist für den Bestand dieser Schulen auch überlebenswichtig. Das Schulgesetz eröffnet zwar die Möglichkeit, die Orientierungsstufe an einer Grundschule anzugliedern, und im Sinne von kurzen Schulwegen kann das im Einzelfall auch durchaus sinnvoll sein, das haben wir hier schon gehört, allerdings darf die Angliederung der Orientierungsstufe an die Grundschule nicht dazu führen, dass dadurch eine Regionale Schule oder eine Gesamtschule im Bestand gefährdet wird. Gleichzeitig sind Regionale Schulen und Gesamtschulen nämlich gerade Garant für eine flächendeckende Schullandschaft, auch in den ländlichen Gebieten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, längeres, gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern, den Begabten und Hochbegabten, den Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf – diese alle lernen in dieser Schulform gemeinsam. Ausgenommen ist da der Förderbedarf geistiger Entwicklung, aber das wissen Sie.

Die Orientierungsstufe – auch das spielte hier schon eine Rolle – ist durch die rot-rote Koalition aus SPD und damals PDS eingeführt worden,

(Torsten Renz, CDU: Ja, PDS war das noch damals.)

um ein längeres gemeinsames Lernen unserer Kinder zu etablieren. Statt die Orientierungsstufe an den Regionalen Schulen und Gesamtschulen infrage zu stellen, muss es eigentlich aus unserer Überzeugung dazu gehen, den Ruf der Regionalen Schulen und der Gesamtschulen endlich zu verbessern.

Die Ausstattung der Schulen muss aus unserer Sicht so gestaltet werden, dass sie nicht nur das Klischee von Rudis Resterampe, so, wie sie im Volksmund betitelt werden, dauerhaft ablegen kann. Bessere Stundenausstattung in den Klassenstufen 5 und 6 sowie Maßnahmen von Fördern und Fordern müssen an diesen Schulen dazu führen, den Kindern einen erfolgreichen Abschluss der mittleren Reife und der Berufsreife einerseits zu gewährleisten und andererseits auch den Übergang zum Gymnasium optimaler zu gestalten.

Wir brauchen endlich kleinere Klassen an diesen Schulen und mehr Stunden, auch, um bilingualen Unterricht einzuführen. Regionale Schulen müssen die Schulen der Zukunft werden. Hier erhalten die dringend gesuchten Fachkräfte, die Facharbeiterinnen und Facharbeiter, die Handwerkerinnen und Handwerker von morgen die Grundlagen für eine hochwertige Berufsausbildung.

Da bin ich dann auch bei Herrn Kröger. Ich habe mich gewundert, er hat gestern und in vorherigen Debatten immer wieder erklärt, dass die AfD das auch so sieht, dass nicht jeder studieren sollte, nicht jeder aufs Gymnasium gehen muss, nicht jeder Abitur machen muss, und dann reden wir heute über die Orientierungsstufe, wir reden über die Regionalen Schulen und Sie reden die ganze Zeit nur über Gymnasiasten, Sie reden über Abitur und Nichtstudierfähigkeit. Da passt doch irgendwas nicht zusammen, das muss ich Ihnen mal deutlich sagen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wir sind der Meinung, dass diese Schulen gestärkt werden müssen, ausgebaut und ausgestattet werden müssen, sodass sie diesen Platz auch einnehmen können und nicht länger Stiefkind der Bildungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern sind. Das Infragestellen der Orientierungsstufe hingegen ist eine Veränderung, die schadet und nicht nützt. Die Regionalen Schulen und Gesamtschulen sind auf die Orientierungsstufe angewiesen. Diese Schulen, meine Damen und Herren, brauchen endlich Ruhe, frei von grundlegenden strukturellen Veränderungen, um eine Chance zu haben, sich zum Ort der besten Bildung entwickeln zu können. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der SPD hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Butzki.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der BMV hat die Aussprache „Erfahrungen mit der Orientierungsstufe in den Schulklassen 5 und 6 und Konsequenzen für die mittelfristige Planung in Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.