Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

denen so zu bieten hat. Vielleicht sind sie aber auch nur Handlanger des Bauernverbandes.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Handlanger des Bauernverbandes?!)

Jede Krise eine Steuererleichterung – das neue Leitbild konservativ, liberal und sozialistische Agrarpolitik.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Handlanger des Bauernverbandes, das ist ja wohl der Gipfel!)

Aus meinen vorangegangenen Ausführungen ist eines wohl ganz klar geworden: Für die SPD-Landtagsfraktion gibt es eine Vielzahl von guten Gründen, warum wir die Forderung des Deutschen Bauernverbandes und der Opposition nach einer steuerfreien Auftragsrücklage nicht unterstützen.

Die Gerechtigkeit und die Wirksamkeit dieses Instruments sind für uns fraglich. Außerdem wird diese Form der Rücklage gegen das EU-Beihilferecht verstoßen. Sie fordern also von uns, dass wir uns für einen Rechtsverstoß einsetzen sollen. Wie bereits unsere Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und die SPD-Bundestagsfraktion bevorzugen wir als Instrument in Krisenzeiten einen branchenweiten Fonds, ähnlich dem Modell unserer Tierseuchenkasse, in den alle Betriebe, möglicherweise unter Beteiligung des Staates, einzahlen und der im Krisenfall als solidarisches Hilfsinstrument ausgeschöpft wird. Wir lehnen Ihre Anträge gänzlich ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Hersel.

Ehe Herr Hersel ans Rednerpult tritt, möchte ich eine neue Besuchergruppe auf der Tribüne begrüßen. Wenn ich richtig informiert bin, sind das Bürgerinnen und Bürger aus Güstrow und Umgebung. Ist das richtig? – Herzlich willkommen!

Bitte, Herr Hersel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben vorhin den Agrarminister gehört, der offenbar seine Eröffnungsrede von der MeLa hier gehalten hat, stellvertretend.

(Minister Dr. Till Backhaus: Leider nicht, ich kann ja nicht da sein.)

Einen Großteil dieser Rede kann man, glaube ich, überall halten. Da ist so viel heiße Luft drin gewesen,

(Minister Dr. Till Backhaus: Da haben Sie nicht zugehört.)

das gefällt jedem.

Aber bevor ich auf die allgemeinen Gegenargumente noch eingehe, möchte ich mich kurz mit dem Co-Antrag der LINKEN befassen. Ich weiß nicht …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist kein Co-Antrag.)

Ja, Herr Ritter, wir sind hier in einem Tagesordnungspunkt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ein Antrag meiner Fraktion, kein Co-Antrag.)

deswegen sind wir in einem Co-Antrag.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, ist es nicht.)

Ich weiß nämlich nicht, ob ich Ihren Antrag so ganz richtig verstehe.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Verbundene Aussprache mit zwei Anträgen.)

Vielleicht ist Dr. Weiß etwas freundlicher zu mir jungem Padawan und erklärt mir ein bisschen mehr zu Ihrem Inhalt. Sie fordern ja eine Rücklage von bis zu 20 Prozent der durchschnittlichen Jahresumsätze der vorangegangenen Jahre. Wenn ich mal versuche, mir das ganz simpel zurechtzurechnen, würde das bedeuten, dass, wenn mein Betrieb in den vergangenen Jahren im Mittel einen Umsatz von 100.000 Euro hatte, ich bis zu 20.000 Euro in diese Rücklage einzahlen kann. Wenn ich nun aber mal davon ausgehe, dass ich in meinem Betrieb lediglich einen Gewinn von zehn Prozent habe, also 10.000 Euro, und ich mal ganz dezent Wirtschaftskamikaze betreibe, 20.000 Euro in diese Rücklage packe, aber nur 10.000 Euro eigentlichen Gewinn habe, habe ich dann noch einen 10.000-Euro-Verlust-Vortrag für die kommenden Jahre? Haben wir da noch weitere? Es wäre schön, wenn Sie darauf nachher noch mal eingehen könnten, ob dieses so gewollt ist.

Herr Minister Backhaus hat in einem seiner wenigen direkten Worte uns unterstellt, wir würden mit unserem Antrag hier eine Sofortmaßnahme einleiten wollen. Das ist mitnichten richtig. Eine Risikoausgleichsrücklage ist natürlich kein kurzfristiges Allheilmittel. Wenn Sie uns also damit suggerieren, dass auch künftig Hilfspakete gepackt werden müssen, dann werde ich Ihnen angesichts der derzeitigen Subventionsgängelung im Agrarsektor nicht widersprechen, aber jeder Betrieb, der aus eigener Kraft Krisenjahre übersteht, jeder Landwirt, der selbstbewusst aus einer existenzbedrohenden Lage durch eigene Risikovorsorge hervorgeht, ist bereits ein Erfolg unseres Antrages.

(Beifall Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Auch dem Finanzminister – wir hörten gestern, dass er krank ist, auch von mir hier noch beste Genesungswünsche – möchte ich ein kleines Bonbon zuwerfen.

(Zurufe von Manfred Dachner, SPD, und Tilo Gundlack, SPD)

Bei Betrieben und Landwirten, deren Ausgleichsrücklage zu niedrig oder bereits aufgezehrt ist, bei denen ohne Zweifel es vonnöten ist, Hilfszahlungen auszuzahlen, denen könnte man beispielsweise auf ihrem Rücklagenkonto ein Darlehen zur Verfügung stellen, was man im Verlauf weiterer Jahre natürlich dann durch eine Wiedereinzahlung auf das Konto beziehungsweise eine Rückzahlung des Darlehens dem Steuerzahler zurückgeben könnte.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das hilft erst recht nicht.)

Herr Backhaus sprach auch die beliebte SPD-Fondslösung an. Ohne darüber Genaueres erfahren zu haben, klingt das für mich schon jetzt wie eine neue Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in verschiedenen Ministerien.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Gucken Sie sich mal die Tierseuchenkasse an! Die funktioniert hervorragend.)

Das ist schön.

Herr Kliewe hat dann noch die Versicherungslösung ins Spiel gebracht. Auch das klingt nach einem Konjunkturprogramm der Versicherungswirtschaft, hilft aber nicht denen, die selbstständig für sich sorgen wollen.

(Tilo Gundlack, SPD: Wissen Sie überhaupt, was Sie da erzählen?!)

Weil hier immer wieder wissenschaftliche Studien, insbesondere der Uni Hohenheim, vorgebracht werden: Ja, diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Ausgleichsrücklage nur marginale Wirkung entfalten würde, aber – auch hier habe ich leider ein Aber für Sie –

(Dr. Till Backhaus, SPD: Okay.)

Sie müssen dabei bedenken, dass die Datengrundlage und der Zeitraum, in dem diese Datengrundlage entstanden ist,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Sehen Sie!)

von nur sehr geringen Einkommensschwankungen geprägt war. Das waren die Wirtschaftsjahre 1999/2000 und die Wirtschaftsjahre 2008/2009. Die Datengrundlage entstand in einem Zeitraum, der sozusagen einen Idealfall darstellt. Risikoausgleich bedeutet aber nun mal nicht, für einen Idealfall vorzusorgen, sondern für das immer präsente Risiko einer extremen Wetterlage, wie beispielsweise die große Trockenheit im letzten Sommer.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Deswegen heißt das ja nicht umsonst Risikorücklage.)

So weit zu meinen Ausführungen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst danke ich dem Minister ausdrücklich für seine klaren Worte im Hinblick auf seine Position, was unsere Sorge anbetrifft im Hinblick auf die Existenzfähigkeit und die Funktionstüchtigkeit unserer Landwirtschaftsbetriebe. Da unterscheidet uns offensichtlich nichts.

Wir verstehen diesen Vorschlag, den wir heute gemacht haben, als einen Teil eines Gesamtkonzeptes. Sie lagen mit dem Gesamtkonzept schon völlig richtig, aber ein Gesamtkonzept besteht natürlich aus Mosaiksteinen eines Bildes, besteht aus Schritten auf einem Weg. Egal,

welches Bild wir hier jetzt benutzen, das ist natürlich nur eine Variante. Im Unterschied dazu kann ich die Polemik von Herrn Gundlack nicht ganz ernst nehmen. Entschuldigung, aber das war völlig am Thema vorbei.

(Peter Ritter, DIE LINKE: „Handlanger“ ist schon keine Polemik mehr.)

Die SPD-Vorschläge einer Fondslösung mit Zwangsabgabe im Unterschied zu dem, was wir hier vorschlagen, würde aus meiner Sicht eigentlich die Betriebe viel eher noch in die Bredouille bringen, vor allem dann, wenn sie nicht so stark aufgestellt sind.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Was die Fragestellung der Berechnung anbetrifft, Herr Hersel, ich will hier nicht in die Verlegenheit gebracht werden, den ursprünglichen Mathematiklehrer, der ich auch bin, herauszukehren. Machen wir mal vielleicht eine Rechenstunde in der Pause, das führt sonst zu weit. Ich denke, so, wie wir das aufgeschrieben haben, ist das in der Landwirtschaftsfinanzpolitik üblich. Gucken Sie noch mal rein, vielleicht haben Sie da auch etwas überlesen! Es ist ein ganz übliches Verfahren mit diesen fünf Jahren – Erstes und Letztes streichen, also Bestes und Schlechtestes, und dadurch den Durchschnitt zu bilden.